Kreditrating

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Basis der Errechnung dieses Ratings sind bei Unternehmen die jeweiligen Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen im Mehrjahresvergleich, welche gewisse Entwicklungen der Ertragslage und in den Bilanzen preisgeben. Neben diesen qualitativen Daten werden meistens noch eine Reihe von Fragen an die Produkte des kreditnehmenden Unternehmens, die jeweilige Branchensituation, die Qualität der Geschäftsleitung, die laufende Geschäftsentwicklung, steuerliche Situation usw. usw., gestellt. Bei Privatpersonen werden die persönlichen Vermögensverhältnisse, die Einkommenssituation und viele andere persönliche Details abgefragt.

Das Ergebnis dieser inquisitorischen Befragung nimmt dann eine „black box“ entgegen, die keiner dieser eingebenden Banker selbst kennt (auch ich damals nicht) und sich meines Wissen entweder in den Investmentbankeinheiten in den Vereinigten Staaten oder in London in hermetisch abgesicherten Gebäudekomplexen mit Stacheldraht und Wachpersonal befinden. Auskünfte darüber konnte ich nirgendwo erhalten, bzw. diese Informationen werden so behandelt, als wäre es ein Staatsgeheimnis.

Diese Informationen werden mit den Daten der Vergangenheit abgeglichen, welche je nach dem zu entsprechenden Entwicklungen geführt haben. Man unterstellt somit, dass sich diese in der Vergangenheit stattgefundenen Entwicklungen auch in Zukunft wiederholen und errechnet, bzw. simuliert  damit die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kredites.

Da keiner so richtig weiß, wer für diese „black box“ zuständig ist, muss somit unterstellt werden, dass diese Informationen, welche die Unternehmen und Privatpersonen  preisgegeben haben, zentralisiert und gebündelt in diese Wahrscheinlichkeitsrechnungen qualitativ einfließen. Auch konnte mir keiner sagen, wem diese „Blackbox“ gehört, wer sie pflegt und dann mit welchen Daten usw. sie versieht. Manipulationsmöglichkeiten in alle Richtungen wären damit Tür und Tor geöffnet und können nach den bisher bekannt gewordenen Manipulationsskandalen eigentlich nicht mehr ausgeschlossen werden, ganz zu schweigen von der Industriespionage und den Problemen des Datenschutzes, welche in den USA nicht den hohen Stellenwert genießen wie in Deutschland.

Der Skandal um die NSA unterstreicht diese Unterstellung eindeutig bzw. lässt in diesem Zusammenhang  einem die sehr gute Ertragslage vieler US-amerikanischer Banken mehr als misstrauisch stimmen.

Zwischenzeitlich kann man aufgrund der sich immer mehr verbessernden Rechnerkapazitäten von guten Ratingergebnissen ausgehen. Jedoch gibt es auch hier noch deutliche Unterschiede. Banken mit guten Rechnerergebnissen haben weniger Kreditausfälle zu beklagen als solche mit Kapazitäten minderer Qualität.

Jedoch hängen die abgefragten Informationen auch von der Qualität der Frager ab. Insbesondere die Beurteilung des Managements oder der Privatperson bedarf einer hohen Menschenkenntnis und Fachexpertise. Ob die jungen Bankmanager, welche aufgrund des Jugendhypes an den Schaltstellen der Banken sitzen und zu Kon­zern­apparatschiks mutierten, letztlich nur vorgegebene Fragebögen mit Kreuzchen versehen müssen, diese Qualitäten mitbringen, muss daher bezweifelt werden. Mir scheint auch, dass diese Qualitäten immer weniger gefragt sind und man – auch aus Kostengründen – zunehmend dieser Maschinerie vertraut. Ob eine Maschine die Managementqualitäten jetzt (aber vielleicht später?) richtig beurteilen kann, bleibt dahin gestellt.

Die mir bekannten Ratingsysteme untergewichten diesen meines Erachtens sehr wichtigen Teil einer Bonitätsanalyse mit der Folge einer in die falsche Richtung laufenden Analyse. Gute Bilanzen können durch ein schlechtes Management schlecht werden, aber schlechte Bilanzen können durch ein gutes Management gut werden. Aber vielleicht muss später das Management an einen entsprechenden Gen-Computer angeschlossen werden.

Zu befürchten bleibt, dass mit diesen Kreditratings der angelsächsischen Finanzindustrie ein Machtpotenzial gegeben ist, welches der weltweiten Ausbeutung sehr dienlich ist.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

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