Kulturwandel Barclays Bank (= der britischen Banken)?

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Einen Lichtblick, aber nur einen kleinen, konnte man in einem  sehr überraschenden Pressebericht (Handelsblatt vom 18.1.2013), welcher den Kulturwandel der britischen Barclays Bank behandelte, wahrnehmen. Anzumerken wäre noch, dass gerade die britischen Banken den Kulturwandel auf ihre Fahnen geschrieben haben, zumal sie von der Bankenaufsicht in England und den USA sehr kräftig aufgrund ihres Fehlverhaltens, oder besser gesagt Betrug am Kunden, zu hohen Geldstrafen verdonnert worden waren und immer noch werden.

Aufgrund des Libor-Skandals, d. h. die Manipulation des LIBOR-Zins­satzes, an der die Barclays Bank maßgeblich mitgewirkt und die vielen Anlegern viel Vermögen gekostet hatte (die tatsächliche Schadenssumme wird sicherlich nie veröffentlicht werden) musste bekanntlich der alte Vorstandschef Bob Diamond seinen Platz räumen. Sein Nachfolger wurde ein Herr Anthony Jenkins, ein Karriere Banker (lt. Zeitung The Guardian), der seine Karriere hauptsächlich über das Kreditgeschäft und das Kreditkarten­geschäft gestaltet hatte. Auch daran kann man sehen, dass man auch Karriere mit dem herkömmlichen Bankgeschäft machen kann.

In einem Brief an seine 140.000 Mitarbeiter äußerte er folgende, sehr selbstkritische Worte:

„Über einen Zeitraum von beinahe 20 Jahren wurde die Banken­branche zu aggressiv und koppelte sich von den Bedürfnissen von Verbrauchern und Kunden ab. Nie wieder dürfen wir uns in eine Position begeben, in der wir Menschen belohnen, die Geld auf unethische Weise verdienen.

Aber es mag einige geben, die sich mit meinem Prinzip, das Leistung so klar mit der Einhaltung unserer Werte verbindet, nicht wohl­fühlen. Meine Botschaft an diese Menschen ist einfach: Die Regeln haben sich geändert, Barclays ist nicht der Platz für Sie. Sie werden sich nicht wohlfühlen, und, um ehrlich zu sein, wir würden uns mit Ihnen auch nicht wohlfühlen“.

Diese Worte verlangen einen großen Respekt ab, Mr. Jenkins – dachte ich –  könnte eigentlich mein Buch geschrieben haben. Die vorgenannten Herren der er­wähnten Banken in den davor veröffentlichten Beiträgen könnten sich daran ein Beispiel nehmen. Jedenfalls ist es ein klares Eingeständnis der verqueren und betrügerischen Machen­schaften der Bankenbranche der letzten 20 Jahre. Ich erinnere daran, dass in diesen 20 Jahren das jetzige Investmentbanking entstanden ist und es letztlich diese Auswüchse zu verantworten hat.

In dem Pressebericht wurde dann die Frage gestellt, wie denn nun die Werte genau aussehen, an denen der neue Vorstandschef seine Mitarbeiter messen will? Vier Prinzipien (erinnert doch irgendwie an die der Deutsche Bank) wurden dabei von Herrn Jenkins in den Fokus gestellt:

  • Respekt
  • Service
  • Integrität
  • Verantwortung

Was aber ist an diesen Prinzipien wirklich neu? Eigentlich hat man das von jedem Banker bisher vorausgesetzt.

Aber

  • anscheinend gab es keinen Respekt vor den Kunden und den Gesetzen der Gesellschaft,
  • anscheinend gab es keinen Service für die Kunden (wovon ich aus meiner Treasury Arbeit bei Unternehmens-Mandaten mit Bezug auf britischen Banken ein leidvolles Lied singen kann)
  • anscheinend gab es unter den Banken keine integren Banker, sondern nur Verkäufer mit unlauteren Absichten und
  • anscheinend gab es bisher verantwortungslose Banker bis in die obersten Spitzen der Banken, die nur an den eigenen pekuniären Vorteil gedacht haben, egal, ob es für den Anleger schädlich war.

Für mich sind das nur leere Worte, die auch ein Politiker von sich hätte geben können.

Kein Wort davon, dass vom unlauteren Verkauf strukturierter Finanzprodukte, basierend auf Wahrscheinlichkeitsrechnungen mit In­sidercharakter, und dem Verkauf von komplexen Derivaten Abstand genommen wird usw. usw.

Jeden Geschäftsbereich soll Jenkins bereits unter die Lupe ge­nommen haben und dabei nicht nur auf Renditen, sondern auch auf die Gefahren, welche den guten Ruf der Bank gefährden können, geachtet haben. Anscheinend war bisher der Ruf der Bank nicht so wichtig gemäß dem Sprichwort „Ist erst der Ruf ruiniert, lebt es sich weiter ungeniert“.

Das Handelsblatt fragt dann des Weiteren, dass sich an zwei Punkten ablesen lassen wird, wie ernst es Barclays mit dem Kultur­wandel wirklich meint:

  • Macht das Geldhaus Ernst mit dem Rückzug aus dem um­strittenen Handel mit Agrarrohstoffen und
  • gibt die Bank das fragwürdige Geschäft mit der Steuer­optimierung auf?

Auch hier kann man sich fragen, ob das die einzigen Punkte sind, die ein solches Haus auf den Weg der Tugend zurückbringen sollen? Hat auch das Handelsblatt die eigentlichen Treiber unserer Probleme, nämlich den strukturierten Mischmasch, nicht erkannt?

Bei der wenige Wochen später vorgestellten neuen Strategie hat Jenkins dann tatsächlich verkündet, dass auf die Spekulation mit Lebensmitteln sowie das umstrittene Geschäft mit den Steuerspar­modellen verzichtet werden soll. Somit hofft anscheinend die Bank, sich wieder als vertrauenswürdiges Haus präsentieren zu können.

Als man dann noch lesen konnte, dass Mr. Jenkins eng mit dem Auf­sichts­rats­vorsitzenden, Sir David Walker, dessen Karriere im Investmentbanking begründet liegt und der die Geschäftsbereiche Privatkundengeschäft (retail banking) mit dem Investmentbanking verzahnen möchte, hat mich das an Aussagen von Anju Jain und vieler anderer aus dieser Branche wieder auf den Boden der Tat­sachen zurückgeworfen.

Die Vorstellung der neuen Strategie im Februar 2012 unterstrich ganz eindeutig meine Analyse. Es wurde ganz klar festgelegt, dass das britische Geldhaus auch künftig Investmentbanking im großen Stil betreiben wird und die Finanzprodukte daraus den Privatkundenwieder andrehen wird. Barclays wird daher ein mehr oder minder ernsthafter Konkurrent der Deutsche Bank bleiben.

Der ausgerufene Kulturwandel der Barclays Bank ist ebenfalls keiner und entpuppt sich auch hier als reiner Marketinggag, bzw. ist eine reine Desinformationsmaßnahme, um unverändert die strukturierten Finanzprodukte mit einem fragwürdigen Vertrauenssiegel unter das Volk gewinnbringend mischen zu können.

Für diese Reihe „Kulturwandel der Banken?“ habe ich die Barclays Bank als Beispiel für das britische Bankensystem genommen, welches unverändert der ganzen Welt die strukturierten Finanzprodukte verscherbelt.

Das Bruttosozialprodukt von Großbritannien setzt sich zu ca. 40% aus dem Dienstleistungssektor zusammen, ist somit ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig für Großbritannien. In den letzten Wochen konnte man aus der Presse vernehmen, dass es der britischen Wirtschaft wieder deutlich besser geht, wobei der Dienstleistungssektor (= Banken) hierzu wieder einen maßgeblichen Anteil geliefert hat.  Diese verbesserte Wirtschaftsleistung  ist auch der Grund, warum Großbritannien € 2,1 Milliarden in die Brüsseler Kasse gemäß Vertrag einzahlen muss (vergleichbar mit dem Länderfinanzausgleich in Deutschland), wogegen sich die britische Regierung vehement dagegen wehren will.

Man kann somit nur festhalten, dass es dem britischen Bankensystem = i.W. die Investmentbanken wieder gelungen ist, Europa über ihr Finanzsystem auszubeuten, sich dafür aber nicht an die beschlossenen Vereinbarungen zum weiteren Aufbau Europas halten und beteiligen will. Unterstrichen wird die positive Entwicklung auf dem Dienstleistungssektor (= Banken) durch aktuelle Presseberichte, wonach Goldman Sachs, die Ober-Investmentbank und “Oberverstrukturierer” von Risiken seinen Londonern Top-Bankern im Durchschnitt rd. € 3,9 Mio an Boni für deren geleistete Arbeit / Verscherbelei in 2014 auskehren wird  und zwar deutlich mehr als der Durchschnitt der europäischen Konkurrenz (rd. € 1,7 Mio.)

Großbritannien hat schon jahrhundertelang die Welt ausgebeutet und wird dies über ihre Investmentbanken weiterhin tun.

3.Januar 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

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