Kulturwandel der Sparkassen?

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Auch dieser Beitrag ist meinem Buch „Die strukturierte Ausbeutung“ , welches Ende 2013 erschien, entnommen worden und wurde nun mit aktuellen Gegebenheiten ergänzt.

Vorab bleibt festzuhalten, dass ich damals schon als Vertreter einer Großbank die Sparkassen und ihr Selbstverständnis als Bank des „kleinen Mannes“, womit der größte Teil unserer Gesellschaft er­fasst wird, stets bewundert habe. Insbesondere im Kreditgeschäft spielen die Sparkassen unverändert eine hervorragende Rolle und sind die Stütze des deutschen Mittelstandes. Ähnlich sehe ich das mit den Volksbanken, welche mit den Sparkassen einen Banken-Markt­anteil von über 60 % einnehmen, somit die eigentliche und maß­gebende Kraft in der deutschen Bankenlandschaft darstellen. Zusammen mit den Privatbanken /­ Geschäftsbanken tragen diese das oft kritisierte und in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts von vielen „Wirtschaftsjournalisten“ großer Tageszeitungen oft als antiquiert kritisierte Drei-Säulen-Modell. Dieses Drei-Säulen-Modell > Sparkasse> Volksbanken> Geschäfts-/­Privatbanken hat jedoch Deutschland vor den Folgen der schwersten Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg bewahrt und maßgeblich zur jetzigen starken Stellung Deutschlands in Europa und der Welt beigetragen.

Die Sparkassen genießen beim „kleinen Mann“ oder sagen wir beim „Normalbürger“ ein sehr hohes Vertrauen und halten dadurch in Deutschland auch den größten Banken -Marktanteil von weit über 40 %.

Diese gewaltige Marktmacht fällt nicht besonders auf, da diese in zahlreichen Einzelgesellschaften, d. h. in selbstständigen Sparkassen mit eigener Bilanzierung organisiert und damit auf die gesamte Bundesrepublik verteilt sind. Allerdings wirkt der Sparkassenver­band zusammen mit den Oberinstituten der Sparkassen, den Landesbanken, sehr stark auf die Geschäftspolitik der jeweiligen Sparkassen ein.

Dieser hohe Marktanteil und damit die hohe Vertriebsstärke ist insbesondere für die Investmentbanken hochinteressant, nicht nur in Bezug auf die große Anzahl der Sparkassenkunden, sondern auch mit Blick auf die Sparkassen selbst, welche durchweg über hohe eigene Cash-und Wertpapier-Polster verfügen.

Mitte 2013 gab es nach zahlreichen Fusionen nur noch rd. 420 Spar­kassen mit bundesweiten rd. 14.400 Geschäftsstellen, welche über 240.000 Mitarbeiter beschäftigten. Somit fallen Fehlinvestitionen und Unternehmensinsolvenzen nicht so stark der Öffentlichkeit wie bei den Groß­banken auf, bei der sich solche Vorgänge in deren Zentralen u.a. in Frankfurt  konzentrieren.

Dieses Potenzial haben im Übrigen auch die bekannten angelsächsischen Unternehmensberatungsgesellschaften erkannt, die auch über die Landesbanken bei den Sparkassen tätig wurden und daraufhin das Bankgeschäft mit den gleichen Bezeichnungen, die mir Jahre vorher schon in der Dresdner Bank geläufig waren, neu organisierten.

Die meisten Sparkassen haben aber nicht die Research- und Ana­lyse­ka­pa­zi­täten, wie die Groß- und Investmentbanken. Dieses Wissen wird von deren Landesbanken entweder selbst erstellt (mit fragwürdigem Ausgang > siehe Finanzkrise) oder von den Invest­mentbanken und Großbanken – je nach dem – bezogen. Auch kreieren sie keine eigenen Finanzprodukte und Derivate, das erledigen die Landesbanken und die Dekabank.

Die Dekabank betrachtet sich als den zentralen Assetmanager der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe. Mit dieser Bezeichnung kann man schon sehen, dass man die Sparkassen als Gesamtgruppe und damit sehr mächtige Gruppe innerhalb unserer Gesellschaft sehen muss.

Die Dekabank produziert wie eine Investmentbank eine breite Palette von Aktien-, Renten, Immobilien- und Mischfonds aller Art. Der Vertrieb dieser Produkte erfolgt hauptsächlich über die Spar­kassen und Landesbanken.

Der Dekabank-Konzern verwaltete Ende 2012

  • 518 Wertpapier-Publikumsfonds (Volumen ca. € 90 Mrd.)
  • 4 Offene Immobilienfonds (Volumen ca. € 21 Mrd.)
  • 468 Wertpapier-Spezialfonds (Volumen ca. € 52 Mrd.), ich vermute, dass diese Spezialfonds Wertpapieranlagen diverser Sparkassen ver­walten.
  • 11 Offene Immobilien- Spezialfonds (Volumen ca. 1,7 Mrd.)

und nimmt bei den Publikumsfonds meines Wissens den dritten Platz hinter der DWS/­Deutsche Bank-Gruppe und Allianz Asset Management-Gruppe ein. Zudem ist die Dekabank der größte Anbieter von Offenen Immobilienfonds in Deutschland, einer seit Jahren  in den negativen Schlagzeilen befindlichen Anlageklasse.

Man kann somit die Dekabank als einen der größten Anbieter von strukturierten Finanzprodukten bezeichnen. Bei Anleihe- und Aktienemissionen, also Ausgabe von direkten Anlagen, ist mir die Dekabank bisher nicht groß aufgefallen, eher als Vertriebspartner in der zweiten und dritten Reihe.

Sollte der Leser ein Sparkassenkunde sein und zudem Geld anlegen wollen, wird er sicherlich feststellen, dass ihm im Wesentlichen Fonds der Dekabank (= strukturiertes Finanzprodukt) angeboten werden, wie im übrigen dies auch bei den anderen Banken ebenfalls mit deren hauseigenen Fonds der Fall unverändert sein wird.

Meine Erfahrungen mit Fonds der Dekabank sind nicht positiver Natur. Auch konnte man in der Presse schon mehrmals nachlesen, dass die Deka-Fonds im Konkurrenzvergleich schlecht abschneiden.

Bei einem recht betagten Mandanten, der Anfang 2000 rd. € 600.000 in diverse Dekafonds angelegt und zum Leidwesen der Sparkasse bis zu meinem Erscheinen in 2007 kaum bewegt hatte, musste ich einen Verlust von rd. € 228.000 fest­stellen. Außerdem hatte man diesem Mandanten noch ein Vermögensver­waltungs­man­dat beim Ableger der Deka in der Schweiz verkauft, welches Hedgefonds- und Private Equity Papiere nebst Aktien-, Renten-, Geldmarkt- und Immobilienfonds, also das gesamte Sammelsurium der strukturierten Finanzprodukte, enthielt. Auch dieses Ergebnis war – wie sollte es auch anders sein – schon nach relativ kurzer Laufzeit negativ.

Der hierfür zuständige Sparkassen-Vorstand bezeichnete ein solches Depot als ein „Ergebnis einer fachmännischen Anforderung an eine Vermögensberatung“. Es war eher eine fachmännische Anforderung an das Provisionsergebnis dieser Sparkasse, welche durch die Vermittlung in die Schweiz provisonsmäßig daran partizipierte.

Mein Versuch, die Sparkasse dadurch zu einer teilweisen Rück­erstattung des Verlustes oder zumindest zu einer Rückvergütung der bis dahin gezahlten saftigen Depotgebühr zu bewegen, brachte mir unsachliche Vorwürfe  ein. Normalerweise werden für Fonds aus der eigenen Gruppe keine Depotgebühren verlangt, zumal die vermittelnde Bank einen kräftigen Anteil an den Ausgabeaufschlägen nebst Halteprämien u.ä. erhält. Aber auch selbst dies verweigerte dieser Kundenvor­stand, verleugnete sogar, dass die Deka zur Gruppe der Sparkasse gehörte. Das stimmt nicht ganz, da an der Deka-Bank die Spar­kassen über ihre Verbände an der Deka- Bank beteiligt sind und an jedem Stadtbus mit einer Werbung der Sparkassen Finanzgruppe dies ganz deutlich wird.

Selbst eine Beschwerde beim damaligen Präsidenten des Spar­kassen­ver­ban­des, Herrn Heinrich Haasis, ging aus wie das „Horn­berger Schießen“. Meine Empfehlung war, diese Verlustbringer sofort zu verkaufen, welches dann auch in 2007 geschah.

In der Vergangenheit hat sich die Sparkassengruppe stets als eine Alternative zu den Großbanken verstanden, welches im Kredit­bereich sicherlich sehr stark unterstrichen werden kann.

Im Anlagebereich – außer den altbekannten Sparbüchern und Spar­briefen – kann das auf keinen Fall gesehen werden. Genau wie die Groß- und Investmentbanken schwimmen diese auf der Welle der strukturierten Finanzprodukte und das schon sehr lange, wie das obige Beispiel gezeigt hat. Auch da haben es die Investmentbanken geschafft, diese fragliche Anlageideologie in die Köpfe der Spar­kassenvertreter einzuimpfen. Und dieser Vorgang hält noch immer an, wie sicherlich jeder Sparkassenkunde, der dort Geld an­legen will, bestätigen kann.

Aufgefallen ist mir dies erstmals in 2005, nachdem ich bei einem Mandanten und dessen Deka-Geldmarktfonds feststellen musste, dass der Anteil der CDS- und ABS-Papiere als so genannte „Bei­mischung zur Erhöhung der Rendite“ von Monat zu Monat immer höher wurde.

Bei den hohen Zinssätzen für Anleihen Anfang des Jahrtausends, die weit über den Geldmarktsätzen lagen, warfen die Geldmarktfonds – sogar nach Gebühren für die Fonds – deutlich höhere Renditen ab, als für Festgelder. Mit dem Rückgang des Zinsniveaus und Auslaufen der hochverzinslichen Anleihen schmolz dieser Vorteil gewaltig zusammen mit der Folge, dass man einen Renditeersatz suchte – auch zur Deckung der Bankgebühren – und fand diese in den oben erwähnten CDS- (Credit Default Swaps = Kreditausfallver­sicherungen) und ABS Papiere (Asset Backed Securities = über Assets /Ver­mö­gens­werte aller Art abgesicherte Kredite), für deren Kauf/­Übernahme die Fonds Prämien erhielten und diese somit zur Erhöhung der Fondsrenditen beitrugen. Zu dieser Zeit hatten die Banken Mitte des letzten Jahrzehnts auch kaum Kreditausfälle zu beklagen, womit das Risiko dieser Papiere als sehr gering erachtet wurde. Später stellte sich dann in sehr vielen Fällen heraus, dass diese Kreditübernahme-Papiere ein doch nicht unerhebliches Risiko be­inhalteten und sogar zu Minus-Renditen bei vielen Geldmarkt- Fonds führten.

Auf diese Erkenntnis wies ich den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Dekabank, Herrn Franz Waas, in einem Schreiben darauf hin. Seine Antwort war für mich niederschmetternd. Seiner Meinung nach ist ein solcher Vorgang üblich, übersetzt heißt das, die Über­nahme von Kreditrisiken aus undurchsichtigen Mischmasch-Papieren gehört in das Depot von Sparkassenkunden, die von solchen Dingen normalerweise keine Ahnung haben.

Ein weiteres Indiz dafür, dass es im Sparkassensektor im Anlage­bereich keinen Kulturwandel gibt, man dafür aber die Kultur sowohl der Investmentbanken  übernehmen will, ist der inzwischen erfolgte Umbau der Dekabank.

Dieser sah unter anderem den Einstieg in das lukrative und ca. € 100 Mrd. schwere Zertifikategeschäft mit eigenen Zertifikaten vor, bzw. will man den Landesbanken weg­nehmen. Man achte auf das Wort „lukrativ“. Alles was für die Bank lukrativ ist, kann für deren Kunden nur zum Nachteil geraten. Eine wundersame Geldvermehrung gibt es auch hier nicht.

Mitte Januar 2013 erschien dann in der Presse ein kleiner Hinweis, dass die Deka die ersten Zertifikate auf den Markt gebracht hat.

In diesem Zusammenhang ist ein Auszug aus einem Interview mit Herrn Heinrich Haasis, früherer Präsident des Sparkassen und Giro­verbandes und Vorgänger vom jetzigen Präsidenten, Herrn Georg Fahrenschon erwähnenswert, welches er dem Handelsblatt im November 2010 gegeben hatte.

Es ging dabei um den Verkauf von Lehmann Zertifikaten und darum, dass einige Sparkassen diese auch verkauft hatten und auch dafür eingestanden sind. O-Ton:

Hassis: …… das haben die Sparkassen individuell nachgearbeitet und in klaren Fällen auch Ersatz geleistet und sich bei Kunden ent­schuldigt. Mir macht aber Sorge, dass es jetzt schon wieder Nach­frage nach exotischen Zertifikaten gibt.

Handelsblatt: Sie würden also kein Zertifikat mehr kaufen?

Haasis: Ich habe noch nie eines gekauft.

Diese Aussage eines erfahrenen Bankers ist an sich eindeutig, leider wird sie von der jetzigen Sparkassenorganisation ignoriert.

Erreichen will man diese Neuausrichtung durch einen bereits vor­genom­me­nen Führungswechsel. Neu an der Spitze der Dekabank ist ein Herr Michael Rüdiger. Er kommt von der Credit Suisse, neben der UBS in der Schweiz eine der Banken mit einem hohen Ertragsanteil (ca. 60 %) aus dem Investmentbanking, und hat in Deutschland das Private Banking, Assetmanagement und Invest­mentbanking, verantwortet, woraus auch hier die Verquickung des Investmentbankings mit dem Vermögensanlagegeschäft deutlich wird.

Ein solcher Mann, der einen großen Teil in seinem Berufsleben dem Investmentbanking gewidmet, es betrieben und gefördert hat, wird doch keineswegs dieses Geschäftsmodell fallen lassen und normales und verständliches Anlagegeschäft betreiben! Er hat ja letztlich nichts anderes gelernt und ist die hohen Erträge aus den strukturierten Finanzprodukten des Investmentbankings zu Lasten der Anlegerkunden gewohnt.

Gemäß Pressverlautbarungen (Handelsblatt v. 28.11.2012) will Herr Rüdiger auch „verstärkt auf alternative Investments, wie Infra­strukturprogramme (was immer das heißen mag) setzen. Ent­sprechende Produkte sollen später vielleicht auch Privatkunden angeboten werden“.

Unter dem Stichwort alternative Investments wird heutzutage alles Mögliche, insbesondere undurchsichtige und toxische Anlagen angeboten und mit hohen Provisionen für die Banken vertrieben.

Zwischenzeitlich wird die Dekabank als „Zentraler Fonds- und Zertifikateanbieter“  (besser wäre die Bezeichnung „Zentraler Risikoverlagerer“) bezeichnet und soll künftig die Depots der Sparkassenkunden zentral führen. Die Bündelung  und Abwicklung von Wertpapiergeschäften werde künftig von zentraler Bedeutung  sein, so Herr Rüdiger. Es ist angepeilt, dass die Deka die Depotführung für die Sparkassen übernimmt. Deren Kunden hätten dann für das Wertpapiergeschäft nicht mehr ein Sparkassen-Depot, sondern  ein Deka-Depot.

Diese Presseveröffentlichungen lassen für die Sparkassenkunden nichts Gutes erwarten. Es werden unverändert und vor allem verstärkt strukturierte Finanzprodukte angeboten werden und wieder werden sich die Kunden auf die vertrauensseligen Verkaufs­praktiken der Bankbetreuer verlassen.

Die Sparkassen laufen aber Ge­fahr, ihren immer noch guten Ruf mit diesem Geschäftsgebaren zu verlieren.

Anmerkung: Unter der Rubrik “Strukturierte Finanzprodukte” können die (kritischen) Definitionen zu Fonds(Investmentfonds) und Zertifikaten nachgelesen werden.

26.Dezember 2014

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

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