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EZB-Irrweg geht weiter

In der letzten Sitzung des Zentralbankrates hat Herr Draghi beschließen lassen, die ultralockere Geldpolitik unverändert zu lassen, obwohl die definierte Inflation der gewünschten Größe von 2% recht nahe gekommen ist.

Andererseits halten Draghi und sein von ihm dominierter Zentralbankrat die Inflationsentwicklung noch nicht für stabil genug , weil sie sich  vor allem auf kurzfristige statistische Effekte beim Ölpreis stütze.

Hört hört, da scheint ein Erkenntnisfortschritt erfolgt zu sein, dass die Inflationsentwicklung trotz außergewöhnlicher Maßnahmen der EZB letztlich nur durch die Ölpreisentwicklung das gewünschte Maß erzielt hat, kurzum die bisherigen Maßnahmen der EZB zur Förderung der Inflation,

  • welche die Märkte kaputt aufgekauft haben,
  • Sparer und damit die wichtige Mittelschicht = Leistungsträger unserer Gesellschaft sukzessive in eine Enteignungsspirale gestoßen
  • und eine hohe Inflation im Vermögensbereich geschaffen haben
  • damit enorme Risiken und Blasen geschaffen haben,

für die Katz gewesen sind.

Daher muss wiederholt die Frage nach dem Warum gestellt werden. Ich bleibe dabei, der Investmentbanker Draghi und seine Gefolgsleute in den diversen Gremien der Finanzindustrie möchten ein anderes Banksystem auf der Denke der Investmentbanken. Sollte ich mich darin getäuscht haben, kann es nur Unvermögen bedeuten, was genauso schlimm ist.

1.Mai 2017

Elmar Emde

Autor des Buches ” Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch www.emde-fiveko.de




Draghi`s saurer Zucker

Beitrag von Herrn Ottmar Beck, Firma Alltrust AG, Schweiz

Sehr geehrter Herr Emde,

in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung konnte man kürzlich lesen „Zucker hält eine wichtige Lektion bereit: dass etwas so Verführerisches fast zwangsläufig verheerende Folgen hat. Ein guter Grund also, skeptisch auf den Zucker zu blicken.“ Draghi hat uns auf der letzten Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder Zucker gegeben. So soll die aktuelle geldpolitische Ausrichtung im Rahmen der Dezember-Sitzung der Notenbank überprüft werden, wenn die überarbeiteten Inflations- und Wachstumsprognosen zur Verfügung stehen. Aufgrund dieser Äußerung setzte ein Feuerwerk an den Börsen ein. Nachdem der Dax-Index Ende Oktober noch eine Wertentwicklung von -1,6 Prozent für 2015 Prozent hatte, lag diese Ende Oktober bei 11 Prozent. Ich habe allerdings bisher gelernt, dass hauptsächlich gute wirtschaftliche Daten, steigende Gewinne und Umsätze zu steigenden Kursen an den Börsen führen. Zumindest konnte bisher in der Vergangenheit noch niemand beweisen, dass stagnierende Umsätze, fallende Margen und billiges Geld die richtige Mischung für einen nachhaltigen Kursanstieg sind. Noch wirkt wohl der QE-Zauber.

Auch Walmart gehört zu den Unternehmen, die für das aktuelle Geschäftsjahr stagnierende Umsätze erwarten. Trotzdem hat der Einzelhändler angekündigt, die Löhne der Belegschaft anzuheben. Wegen der gestiegenen Personalkosten, die das Unternehmen nicht weitergeben kann, wird der Gewinn im nächsten Jahr um 12 Prozent fallen. Auf der anderen Seite hat die Firma Caterpillar all ihre Prognosen zurückgenommen und angekündigt, 10.000 Mitarbeiter zu entlassen.

In der Summe bestätigen solche Meldungen eine Studie des Economic Policy Institute, das zu dem Schluss kam, dass der derzeitige Wirtschaftsaufschwung der erste seit dem Zweiten Weltkrieg ist, der keine Gehaltsaufbesserung für die breiten Schichten der Erwerbstätigen brachte. Zwar hat sich die Arbeitslosenquote seit der Rezession zumindest in Amerika halbiert und in Deutschland ist sie fast verschwunden, doch Haushalte mit aktiv Beschäftigten verdienen oft weniger als vor der letzten Rezession. Deshalb verfehlen die Notenbanken auch ihr Ziel einer höheren Teuerungsrate.

Im dritten Quartal sollen die Gewinne der S&P-500-Unternehmen um 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gefallen sein. Der niedrigere Gewinn wird mit dem fallenden Ölpreis, dem starken US-Dollar und der schwachen weltweiten Nachfrage begründet. In den vergangenen Jahrzehnten ist in den Vereinigten Staaten, mit einer Ausnahme, auf einen Rückgang der Gewinnmarge der Unternehmen immer eine Rezession gefolgt. Die Gewinnmargen gehen jetzt zurück. Grund hierfür sind oft steigende Lohnkosten, ohne die Möglichkeit, sie über höhere Preise auf den Markt abzuwälzen. Inzwischen wird vor einer Gewinnrezession gewarnt – also davor, dass in zwei Quartalen hintereinander die Gewinne fallen – und nicht mehr vor einer wirtschaftlichen Rezession, bei der das Bruttoinlandsprodukt in zwei aufeinander folgenden Quartalen fällt.

Seit der letzten Fed-Sitzung ist die Hoffnung auf eine baldige Zinserhöhung verflogen. Zwei Mitglieder aus der engeren Führung distanzierten sich von einer Leitzinserhöhung bis zum Jahresende. Auch wies die Fed in ihrem Konjunkturbericht auf die Beeinträchtigung der amerikanischen Konjunktur hin. Die Sorgen wachsen, dass Amerika eher vor einer Rezession als vor einem kräftigen Aufschwung steht. Daher schießen Spekulationen über ein viertes Ankaufprogramm ins Kraut. Auch Chinas Notenbank spielte wieder Feuerwehr und brachte vor 14 Tagen weitere geldpolitische Stimuli auf den Weg. Als Begründung für diesen Schritt verwiesen die Währungshüter auf die schlechte konjunkturelle Lage und die nachlassende Inflationsdynamik, die der Geldpolitik zusätzlichen Spielraum für Lockerungen ermöglichen würde. So lag in China die jährliche Teuerungsrate in den ersten neun Monaten bei lediglich 1,4 Prozent. Gleichzeitig setzte sich auf Produzentenebene der Preisverfall fort. Mit –5,9 Prozent verzeichneten die Erzeugerpreise im September den 41. Monat in Folge Preisrückgänge (im Vorjahresvergleich). Das Beste, was wir für die chinesische Wirtschaft erhoffen können, ist eine Stabilisierung der derzeitigen Lage.

Noch ein Wort zu Franken und Euro. Ein erster Zinsschritt in den USA wäre ein Zeichen für eine geldpolitische Normalisierung gewesen. Die Märkte hätten sich auf steigende Zinsen eingestellt und dies hätte die Attraktivität des Franken gegenüber anderen Währungen tendenziell vermindert. Jetzt entwickeln sich die Dinge aber in einer Weise, die der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nicht zupass kommt. Seit Mitte Oktober schwächte sich der US-Dollar gegenüber dem Euro auf fast
1,15 US-Dollar ab. Ein stärkerer Euro könnte den Aufschwung in Europa zusätzlich bremsen. Dies liegt nicht im Interesse der EZB. Sollte die EZB daher ihr Anleihen-Kaufprogramm erhöhen, bekäme der Euro wohl erneut einen Schwächeanfall und die Zuflüsse in den Franken würden wieder zunehmen. Die SNB dürfte dann wohl noch höhere Negativzinsen als Abwehr-instrument nutzen. Und die Lage kann, wie die USA zeigen, noch ernster werden. Letztes Jahr drohte die Bank J.P. Morgan Chase ihren Großkunden an, die Bargeldeinlagen um mindestens 120 Milliarden US-Dollar senken zu wollen. Das Ziel ist heute erreicht. Die Bank ist mehr als 150 Milliarden US-Dollar an Kundengeldern losgeworden. Sie hatte die unerwünschten Einlagen mit hohen Kommissionen belastet. In anderen Banken ist dasselbe passiert. Nutznießer war die US-Regierung. Denn die Gelder wurden zum großen Teil in kurzfristige Staatsanleihen investiert. Dies erlaubte dem US-Finanzministerium Anfang Oktober zum ersten Mal in der Geschichte Anleihen mit dreimonatiger Laufzeit zum nominellen „Nullzinssatz“ zu verkaufen. Damit akzeptierten die Investoren eine reale Minusrendite, um kurzfristig liquide zu bleiben.

An unserer Teilsicherung über DAX-Put-Optionen halten wir weiterhin fest. Denn kaum ein Börsenindex ist so sehr von der Weltkonjunktur abhängig wie der DAX. Die jüngsten Kursverluste, vor der Draghi-Rede, sind neben VW auch ein Resultat der schlechteren Wirtschaftslage in China und anderen Schwellenländern. Die meisten DAX-Unternehmen leben vom Export. Daher leiden sie unter einer nachlassende Wachstumsdynamik in den Schwellenländern. Hinzu kommt die Unsicherheit an den Finanzmärkten als Risiko für die Konjunktur- und Inflationsentwicklung.

In meinem Brief vom 4. September dieses Jahres hatte ich Sie vor dem „Sanierungs- und Ablenkungsgesetz“ in Deutschland gewarnt. Nie hätte ich gedacht, dass der erste Fall bei einer Züricher Traditionsbank in der Schweiz vorkommt. Die Bank Hottinger & Cie., deren Wurzeln bis 1786 zurückreichen, steht vor dem Aus. Sie wird liquidiert. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht (FINMA) hat am 26. Oktober den Konkurs eröffnet. Dabei verlieren einige der etwa 1.500 Kunden möglicherweise auch Geld. Die Bank ist über stetige Verluste und ungelöste Rechtsfälle gestolpert. Auch eine Aufstockung der Eigenmittel in Höhe von 12 Millionen Schweizer Franken 2014 hat nicht geholfen. Da die Bank zum Schluss weniger Kapital als gesetzlich vorgeschrieben hatte, beschloss die FINMA die Abwicklung und betonte: Primäres Ziel sei der Schutz der Anleger. Der Konkursverwalter wird daher als Erstes die Kundenguthaben bis 100.000 Schweizer Franken zurückerstatten. Diese Mittel können wohl vollumfänglich ausgezahlt werden. Laut Berichten ist bei jenen 200 Personen, die über 100.000 Schweizer Franken auf dem Konto hatten, noch nicht sicher, ob sie ihr ganzes Geld zurückerhalten. Dazu müssten erst alle Forderungen erfasst werden. Die Einlagensicherung der Schweizer Banken wird nicht einspringen, da diese nur sicherstellt, dass beim Konkurs einer Bank sämtliche Kunden bis 100.000 Schweizer Franken ihre Ersparnisse zurückerhalten, falls die Mittel der liquidierten Bank dafür nicht ausreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Ottmar Beck

Alltrust AG

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3-Säulen-Portfolio: 1,25 %

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Draghi dilettantisch?

Vor Parlamentariern in Rom hatte Herr Draghi Deutschland für den Überschuss, der vor allem durch die deutsche Exportkraft  entstand, kritisiert. Damit reiht sich Herr Draghi in die Riege der linken Kritiker, allem voran Herr Lafontaine, welcher mit seinem wirtschaftspolitischen „Sachverstand“ das Saarland zum Dauerpatienten in Deutschland gemacht hat, ein, die Deutschland für die Misere in Europa verantwortlich machen. Übersetzt heißt das, diejenigen, welche sich wirtschaftlich korrekt verhalten, sind verantwortlich dafür, dass sich die anderen wirtschaftlich unkorrekt verhalten. Ein Irrsinn.

Hier offenbart sich anscheinend eine gewisse Schizophrenie im Denken der EZB. Jeder, der nur etwas über volkswirtschaftliche Kenntnisse verfügt, müsste wissen, dass schwache Währungen die Export- und Dienstleistungsfähigkeit eines Landes stärken. Mit dem unsinnigen Fluten der Märkte mit unverständlich weiterer hoher Liquidität hat die EZB/ Herr Draghi den Kurs des Euros sehr stark in die Knie gezwungen und damit vor allem die Volkswirtschaften in der Eurozone begünstigt, die schon immer über einen starken Export aufgrund starker und konkurrenzfähiger Weltmarktprodukte verfügt haben. Den schwachen, überwiegend auf Importe angewiesene Länder – eben von den Ländern, welche marktkonforme Produkte liefern –, hilft das relativ wenig. Des Weiteren darf nicht vergessen werden, dass z.B. Deutschland einen solchen Exportüberschuss nur erreichen kann, wenn entsprechende Importe aus anderen Ländern, hauptsächlich aus Europa, stattfinden und somit dieser Exportüberschuss auch den schwächeren Ländern hilft.

Was soll dann also diese unverständliche, nahe an ein ideologisches Gedankengut reichende Kritik? Muß sich Herr Schäuble nun für den hohen Exportüberschuß, ausgelöst durch den von der EZB in Gang gesetzten Kursverfall des Euros und damit Verbesserung der deutschen Exportchancen rechtfertigen? Wenn man einen Zustand kritisiert, sollte man auch Lösungen entwerfen, wie ein solches „Ungleichgewicht“ behoben werden kann. Soll hier auch ein neuer Handel mit „Exportverschmutzungsrechten“ wie bei den Emissionsrechten eingeführt werden? Oder sollen die Nationen mit einem Exportüberschuss mit Länderfinanzausgleichszahlungen belastet werden?  Auch wäre das vergleichbar mit Ausgleichszahlungen erfolgreicher Unternehmen an weniger erfolgreiche Unternehmen oder mit Ausgleichszahlungen gut verdienender Privatpersonen an schlechtverdienende. In der Praxis einfach nicht durchführbar. Außerdem ist das vergleichbar mit einem Sozialismus alter Schule, welcher stets die Leistung bestraft, freies Gedankengut eingeschränkt und zu Rückschritten in der Menschheitsgeschichte geführt hat. Mir ist auf jeden Fall bisher kein erfolgreicher Sozialismus bekannt und die derzeit noch existierenden leben von der Substanz und produzieren Armut.

In seiner Eröffnungsrede zur Einweihung des neuen EZB-Gebäudes meinte Herr Draghi, dass „eine Rückverlagerung der Verantwortung für die Volkswirtschaften auf die nationale Ebene  keine Lösung ist“. Im Umkehrschluss bedeutet das den Ausbau einer zentral regulierten Gesamtvolkswirtschaft für Europa, vermutlich gesteuert aus Brüssel oder Straßburg. Wie das gehen soll nach all den negativen Erfahrungen von zentral regulierten Unternehmen und zentral regulierten Ländern, ist mir rätselhaft. Die sehr kostenträchtige Bürokratie würde jubilieren, welche aber Herr Draghi in seiner Eröffnungsrede zur Einweihung des neuen Hauptsitzes der EZB  gerade  abbauen will. (?)

Erfolgreiche Volkswirtschaften haben ihren Ursprung in einer föderativen Gestaltungsform, welche den Individualismus und die Eigenverantwortlichkeit der Bürger fördert mit einem gleichzeitig aufgespannten sozialen Netz. Warum die Zentralbank einen Zentralismus fördern will, ist mir unverständlich.

In einem muss ich Herr Draghi aber Recht geben. Im vergleich zur Weltwirtschaft ist die Steuerbelastung in Europa viel zu hoch und müsste deutlich gesenkt werden. Auf diesem Ohr sind die Politiker allerdings taub.

29. März 2015

Elmar Emde

Autor des Buches  “Die strukturierte Ausbeutung”

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Dilettantische Europolitik

Betrachtet man die heutige EU und die handelnden Personen, kann man das Gefühl nicht loswerden, dass man es hier mit einer dilettantischen Europolitik zu tun hat, bei der der gesunde Menschenverstand keinen Platz, sondern eine Europaromantik um sich gegriffen hat. Man setzt nur einen allseits  guten Willen voraus und sieht nicht die menschlichen Schwächen und Stärken sowie den gesunden Egoismus als Basis für diese Staatengemeinschaft.

Gerade diese menschlichen Schwächen und Stärken, verbunden mit einem sozialen Verständnis sind aber die Grundlage der sozialen Marktwirtschaft, das Erfolgsmodell schlechthin, welches jedoch durch übersoziales Verständnis vieler nicht mit der täglichen Praxis verbundenen Politiker mehr und mehr ausgehebelt wurde und leider immer noch wird, nur um ja wieder gewählt zu werden.

Für mich unverständlich bleibt es unverändert, warum man alle 51 Staaten in Europa zu einem Gebilde zusammenschweißen will, obwohl wir es hier mit den unterschiedlichsten Kulturen und weit über 40 Sprachen zu tun haben und vor allem mit unterschiedlich entwickelten Volkswirtschaften. Die Einführung des Euros bei den nicht industriellen Ländern hat zu eklatanten Verwerfungen geführt (siehe Beitrag „Europa, eine Insolvenzverschleppung“). Eigentlich sollte nur das zusammengehören, was auch zusammenpasst. Stellen Sie sich eine Ehe mit total unterschiedlichen und nicht kompromissbereiten Partnern vor, die Scheidung wäre hier bald vorprogrammiert. Oder lassen Sie eine sehr gute Firma vier schlechte übernehmen mit einer Belegschaft, die arbeitsunwillig ist, die Insolvenz aller fünf Unternehmen wäre bald die Folge. Warum meint man diese Weisheit, geboren aus Erfahrungen und dem gesunden Menschenverstand,  auf der politischen Bühne in Europa aushebeln zu können?

Schauen wir uns in dieser Richtung das Drama um Griechenland an. Wenn die Presseberichte stimmen, wonach man bei der Prüfung des Beitritts von Griechenland offene Fragen zu den volkswirtschaftlichen Zahlen nur per Telefon geklärt hatte und zudem nicht tiefer in die von Goldmann Sachs verschleierten, bzw. über Derivate in die Zukunft verschobenen Schulden hineinschaute, muss man hier von einem krassen Dilettantismus sprechen oder man wollte dieses Missverhältnis nicht sehen aus purer Europaromantik. Die Verantwortlichkeiten hier zu klären wäre sicherlich interessant.

Und jetzt das neuerliche Drama  mit der neuen griechischen Regierung, welche sozialistisch kommunistisch mit einem Schuß Nationalismus geprägt ist. Diese beschimpft und droht allen Europapartnern, insbesondere Deutschland, in rüdester Form, welche so dumm waren, den bisherigen griechischen Regierungen alles zu glauben und ihnen viel Geld in den Rachen zu werfen. Und was macht der Übereuropäer, Herr Juncker, welcher viele europäische Staaten mit seinen Niedrigststeuermodellen um die notwendigen Steuereinnahmen in Milliardenbeträge gebracht hat,  er begrüßt den Ministerpräsidenten Griechenlands mit Küsschen links und rechts, als gäbe es das beste Einverständnis mit diesen Chaoten. Wenn er dann vorher noch sämtliche Verhandlungspositionen aufgibt, indem er einen Ausschluss Griechenlands kategorisch ausschließt, ja was soll da ein solch harter Verhandlungspartner wie Herr Tsipras da nur denken? Dem wird doch sofort klar, dass er früher oder später mit seinen Forderungen durchkommen wird. Und jetzt soll zum x-sten Male eine Liste von marktwirtschaftlich geprägten Reformen vorgelegt werden, welche die vorgehenden konservativen Regierungen schon nicht umgesetzt haben. Und warum soll diese sozialistisch-kommunistisch geprägte Regierung diese jetzt umsetzen?  Allein die Vorlage dieser Liste soll schon nach griechischem Verständnis ausreichen, um wieder die Geldhähne öffnen zu können und das nach den vielen gebrochenen Versprechungen. Man stelle sich eine solche Kreditvergabe nur in der freien Wirtschaft vor, die Bafin würde dem Bankvorstand die Erlaubnis erziehen.

Tsipras & Co. wollen doch nur Zeit gewinnen und den Europäern, auch denen, die weit ärmer sind als Griechenland, das Geld aus den Taschen locken, um evtl. später dann doch einen “eigenen” Weg zu gehen! Hier werden Grundregeln der Verhandlungsführung über Bord geworfen, man kann sie nur dilettantisch bezeichnen.

Hier zeigt sich im Übrigen, dass die einstimmige Beschlussfassung mehr als kontraproduktiv ist und solche Erpressungen nur fördert. Letztlich ein Überbordwerfen eines gesunden Menschenverstandes, trotz aller Küsschen.

Und dann die EZB. Obwohl schon ein Nullzinsniveau besteht und die Anleger auch für langfristige Anlagen so gut wie nichts mehr bekommen oder letztlich nur Anlageschrott dadurch nur übrig blöeibt , also ein absoluter, ich meine gewollter Anlagenotstand herrscht, hat ihr Präsident und der von den insolvent nahen Südländern bestimmte EZB-Rat beschlossen, die Märkte bis 2016 und evtl. darüber mit monatlich € 60 Milliarden zu fluten, um die nach offizieller Machart errechnete Deflation wieder in eine Inflation umzuwandeln, welches gerade den Südländern helfen soll, allerdings auch hier mit großen Fragezeichen.

Es bleibt zum einen  zu bezweifeln, dass wir eine aufgrund des niedrigen Ölpreises errechnete Deflation haben. Früher befanden sich die Energiepreise nicht im Warenkorb für die Inflationsberechnung, jetzt werden diese wieder herangezogen. Die Inflation dürfte mit Blick auf die Preisentwicklung vieler Warengruppen des täglichen Lebens viel höher sein, als offiziell „errechnet“.  Schauen Sie sich nur die Entwicklung der Baustoffpreise, die Verteuerung verschiedener Zeitungen, der Lebensmittel und dann die Inflation auf den Wertpapiermärkten, der Immobilien und letztlich überspitzt darlegt, die Inflation bei der Geldmenge usw. usw. an. Man wird einfach das Gefühl nicht los, dass man die Bürger auch hier an der Nase herumführt.

Und zum anderen wird es die Problemländer nicht dazu anleiten, die notwendigen Reformen in der gebotenen Zeit umzusetzen.  Hier wird der Trägheit der mühsamen Reformumsetzung der Vorzug gegeben. Auch eine Weisheit, die auf gesunden Menschenverstand fußt. Außerdem erodiert unser Finanzsystem in den industrialisierten Ländern, welches auf den Zins basiert, immer mehr und wird den entwickelten Staaten und damit Europa künftig voll auf die Füße fallen. Herr Draghi, damit wird Europa nicht zusammengeführt, sondern immer mehr auseinander dividiert.

Weiteres Indiz für die verklärte Euroromantik ist die Zusammenfassung der Geldpolitik und der Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB und noch dazu unter der Leitung nur einer Person, nämlich des Präsidenten der EZB. Hier wird das Prinzip der Demokratie, die Gewaltenteilung, völlig mit den Füßen getreten. Die jetzige akute Griechenlandkrise hat es wieder gezeigt, dass die Trennung praktisch nicht umsetzbar ist. Was hat beispielsweise Herr Draghi auf dem umstrittenen Minigipfel, bestehend aus  Frau Merkel, Herrn Hollande, Herrn Tsipras und den Verantwortlichen aus Brüssel und seiner Person, zu suchen. Spielt er jetzt das demokratisch nicht legitimierte “Zünglein an der Waage“ in Bezug auf die weitere Finanzierung von Griechenland und deren maroden Banken. Ist er jetzt der neue Fugger, der dem damaligen Kaiser = das jetzige Europa, die Schulden erlassen kann? Allerdings ist hier der Unterschied der, dass es damals das Geld der Familie Fugger war und nicht das Geld der Steuerzahler, welche auf ihre Altersvorsorge ein Leben lang gespart haben und nun befürchten müssen, durch diesen Irrsinn von Herr Draghi in die Altersarmut abdriften zu müssen.

Hier zeigt sich im Übrigen ganz deutlich, dass man Geldpolitik und Bankenaufsicht nicht trennen kann und die EZB damit extremen Interessenskollisionen, so wie auf diesem Minigipfel offenbar, ausgesetzt ist. Wie kann man nur ein solches Gebilde aus Interessenkollisionen schaffen und damit einer nicht demokratisch legitimierten Institution eine solche Machtfülle geben und damit einem Präsidenten, welcher ein ausgebildeter Goldman-Sachs Investmentbanker ist.

Zur Erinnerung: Investmentbanker strukturieren Risiken und verscherbeln sie an unwissende Anleger. Momentan kann man fast nur strukturierte Finanzprodukte auf dem Markt zur Freude der Finanzindustrie (und des Herrn Draghi?) finden. Alles Weitere überlasse ich der Phantasie der Leser.

Es bleibt zu befürchten, dass man durch die Außerachtlassung eines gesunden Menschenverstandes das Gebilde Europa aufs Spiel setzt. Wir erleben hier einen Zentralbanksozialismus erster Güte. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit hat sich aber der Sozialismus in den unterschiedlichsten Formen von links und rechts für die Menschheit als nicht wohltuend erwiesen, hat dafür der Menschenverachtung den Vorzug gegeben und zu extremen Fehlentwicklungen geführt.

So ist es aber, wenn man den gesunden Menschenverstand ausschaltet und somit Dilettanten freien Raum lässt.

22. März 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de