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Vermögensverwaltungen

Die herkömmlichen Vermögensverwaltungen beschränken sich nur auf das Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren aller Art, je nach Vereinbarung und Festlegung der Vermögensstrategie. Die Betreuung von Immobilien und anderen Vermögensteilen gehört nicht zum Auf­gabengebiet einer Vermögensverwaltung, das ist wiederum die Auf­gabe eines Family Office, welches die Arbeit der Vermögensverwaltungen mitunter überwacht und manchmal auch von diesen nicht gern gesehen wird, da dies meistens eine Reduzierung des eigenen Ertrags oder der erweiterten Ertragsmöglichkeiten bedeutet.

Solche Überprüfungen sind leider notwendig, da die Damen und Herren dieser Vermögensverwaltungen gerne die vereinbarte Strategie verlassen und ab- und zu doch Wertpapiere einfließen lassen, die mehr der eigenen Ertragsmaximierung dienen.

Bei den Vermögensverwaltungen muss man auch hier zwei wesent­liche Arten unterscheiden, nämlich die Vermögensverwaltungen der Banken und die unabhängigen, keinem Finanzinstitut angeschlossenen Vermögensverwaltungen, die meistens in Form einer Sozietät, also mit mehreren Partnern, oder als Einzelkämpfer geführt werden.

Vermögensverwaltungen der Banken:

Vorab muss man schon jetzt ganz klar festhalten, dass diese Einheiten nur ein Ziel haben, nämlich den Ertrag für die Bank zu maximieren, die Refinanzierung der Bank auf unterschiedlichste Weise zu sichern und die strukturierten Finanzprodukte und damit die Risikover­lagerungen /­ Verbriefungen forciert in den Markt zu bringen. Und wenn möglich dieses Depot so oft wie möglich zu drehen, d. h. die einmal gekauften Wertpapiere innerhalb eines Jahres weitestgehend zu verkaufen, um sie durch andere zu ersetzen. Ziel dieser Vor­gehensweise ist die vermehrte Generierung der dahinterstehenden Provisionen und die außerhalb des Gesichtsfeldes des Vermögens­inhabers bestehenden Geschäftsmöglichkeiten zu maximieren.

Betrachtet man solche aktuellen Depots, fällt einem sofort auf, dass die Grundarten der Wertpapiere im Wesentlichen als Aktien, An­leihen und Liquidität bezeichnet sind. Allerdings weist keines der mir bisher vorgelegten Depots von Mandanten die Klassifizierung nach strukturierten Finanzprodukten, d. h. Aufteilung in Fonds oder Zerti­fikate aus.

Als ich einen Vertreter dieser Vertriebseinheit einer hiesigen Großbank darauf ansprach, wollte er mich dahingehend belehren, dass nach seiner Definition ein Fonds kein strukturiertes Finanzprodukt ist (??). Es wäre ein Sonder­vermögen! Aha habe ich mir gedacht, und wer stellt solche Fonds zusammen? Ist die Zusammenstellung solcher Fonds nach allen mög­lichen Branchen, Ländern, Währungen, Aktien- oder Anleihe­gattungen oder ganz schlimm nach weiteren Fonds und Dachfonds und deren Selektierung, verbunden mit einer Reihe von „Ab­sicherungsderivaten“, die nur den Ertrag der die Fondsgesellschaft tragenden Bank erhöhen usw. keine Strukturierung?

Aus der Aussage dieses Bankers kann man auch schon erkennen, wie stark diese Vertriebseinheiten in die Ideologie des Investmentbankings verhaftet sind und entweder aus Pragmatismus oder aus Unwissenheit nicht mehr diesen strukturierten Mischmasch wahr­nehmen oder – und das scheint mir am wahrscheinlichsten – von Ihrer Bank in Unkenntnis darüber gehalten werden, was nach Verkauf dieses strukturierten Mischmasch die Zentrale im Hintergrund damit betreibt.

Weiteres Merkmal dieser Vermögensverwaltungsmandate ist die hohe Anzahl von Wertpapieren. Im Durchschnitt werden pro Wert­papier € 30.000 bis € 50.000 investiert. Je nach Höhe des angelegten Betrages ergeben sich dadurch eine hohe Anzahl von unterschied­lichsten Wertpapieren, welche sich zudem noch je nach Inter­pretation der vereinbarten Vermögensstrategie meistens zur Hälfte + x in strukturierte Finanzprodukte der unterschiedlichsten Kategorien zusammensetzen. Beliebt sind immer mehr Zertifikate der individuellsten Ausprägung und Fonds auf die unterschiedlichsten Indizes.

Bei einem anzulegenden Betrag von € 1 Mio. hätte man es mit etwa 20 bis 30 unterschiedliche Wertpapieren zu tun, bei 2 Mio. wären es dann schon 40 bis 60.

Die Halbwertszeit dieser einmal im Depot befindlichen Wert­papiere beträgt erfahrungsgemäß nur einige Monate, um durch andere, teilweise in ihrer Art kaum unterschiedliche Wertpapiere wieder ersetzt zu werden. Und so weiter und so weiter.

Dies als Nichtfinanzmann zu überprüfen ist schier unmöglich, zumal die Berichterstattung über diese Transaktionen alles andere als trans­parent ist. Die Aufstellungen zum jeweiligen Stichtag geben je nach Bank nicht einmal die Entwicklung des entsprechenden Papiers wieder, d. h. es fehlt das Kaufdatum und evtl. auch der Währungskurs, der Zuwachs oder das Defizit fehlen  oder die aufgelaufenen Stück­zinsen bei investierten Anleihen.

Auch sind die zwischenzeitlich veräußerten Wertpapiere und deren Erträge oder Verluste nur über die zahlreichen Transaktionen, falls eine Liste über die erfolgten Transaktionen mitgeliefert wird, eruier­bar.

Die monatlichen oder vierteljährlichen Depotaufstellungen gleichen somit manchmal einem riesengroßen Zahlenfriedhof, welchen die meisten Anleger dann einfach ablegen nach dem Motto, der aus­gewiesene Zuwachs wird schon stimmen. Begründet wird dies mit der Diversifikation und Risikominimierung, dahinter steckt aber auch Unsicherheit über die Werthaltigkeit des Wertpapiers und dient letztlich damit der Ertragsmaximierung des Vermögensverwalters.

In meinem Family Office werden diese Zahlen in ein eigenes System einge­pflegt, um gerade diese Defizite in der Berichterstattung der Bank-Vermö­gens­verwaltungen erkennen zu können. Und nicht wenig fragen wir uns dann, wie die Bank zu dieser von ihr ausgewiesenen Performance kam. Nachfragen ergeben dann, dass es sich hier um eine brutto ausgewiesene Performance handelt, d. h. ohne Berück­sichtigung der von der Bank-Vermögens­verwaltung vereinnahmten saftigen Verwaltungsgebühr, so dass bei dem derzeit niedrigen Zins­niveau nicht selten ein Ergebnis von plus minus Null zum Ausweis kommt.

Dies wird umso bedenklicher, wenn man den Freibrief über den Ver­mögensverwaltungsvertrag in Bezug auf die Erlaubnis durch den Vermögensinhaber, dass dieser der Vermögensverwaltung auch noch die Vereinnahmung von Provisionen durch die Finanzprodukt­hersteller beim Kauf solcher Finanzprodukte erlaubt. In den Beratungsprotokollen finden sich dann je nachdem solche Beträge, welche ganz schnell den Verdacht aufkommen lassen, dass dies evtl. der Grund für die das häufige Drehen dieser Depots ist.

Zwecks Vermeidung von irgendwelchen prozessualen Akten kann ich jeden Leser oder Anleger die Frage stellen, ob ein solches Handeln als seriös bezeichnet werden kann. Hier wird nicht das Interesse des Vermögensanlegers in den Vordergrund gestellt, sondern nur die Gewinnmaximierung des Vermögensverwalters /der Bank auf dem Risikorücken des Anlegers.

Unabhängige Vermögensverwaltungen:

Der Vorteil dieser Art von Vermögensverwaltung ist die Unabhängig­keit und der meist gute Ruf, den es tagtäglich zu verteidigen gilt. Meistens kann man hier eine eigene Meinung, nicht gefärbt von irgendwelchen Bankstrategen, unterstellen, es sei denn, diese Ver­mögensverwaltungsgesellschaft hat zu enge Kontakte zu gewissen Banken, ist von dieser mit Blick auf Kundenakquisition abhängig und nutzt zu sehr die Logistik dieser Bank in Bezug auf Analyse.

Das findet man oft bei Einmann-Vermögensverwaltungsgesell­schaften, die bei einer Bank gelernt, dort die meiste Zeit ihres Berufslebens verbracht und sich danach selbstständig gemacht haben.

Daher gilt es auch hier Vorsicht walten zu lassen, alle kochen nur mit Wasser, brauchen aber etwas davon, um nicht zu verdursten.

Besondere Aufmerksamkeit ist bei solchen Vermögens-verwaltungseinheiten auf den Vermögensverwaltungsvertrag zu legen. Normalerweise sollen die Vermögensverwalter die Interessen des Vermögensinhabers wahrnehmen und nicht die Interessen der Finanzprodukthersteller. Grundsätzlich sollte ein guter Vermögensverwalter nur in direkte Wertpapiere investieren und nicht in strukturierte Finanzprodukte, da diese letztlich auch schon eine Mini-Vermögensverwaltung darstellen und somit der Vermögensinhaber sowohl die Gebühren der Vermögensverwaltung als auch die Gebühren des Managements des strukturierten Finanzproduktes zu bezahlen hat. Und die Letzt genannten sind dann besonders hoch, da davon auch noch der Vermögensverwalter außerhalb des Gesichtsfeldes des Vermögensinhabers Einnahmen zu Lasten des Vermögensinhabers zusätzlich zu seiner Vermögensverwalterprovision generieren kann.

Ganz kritisch kann man dann einen Vermögensverwalter einstufen, wenn auf den ersten Seiten des Vermögensverwaltervertrages festgehalten ist, dass er nur die Interessen des Vermögensinhabers vertritt, aber auf den hinteren Seiten dem Vermögensverwalter so nebenbei das Recht eingeräumt wird, Investmentsfonds zu beraten, was ihm Erlöse einbringt und er des Weiteren noch Provisionen und Gebühren für den Vertrieb von (strukturierten) Wertpapieren behalten darf. Das ist keine Interessenvertretung des Vermögensinhabers.

Sehr kritisch sehe ich auch Beteiligungen am Ertrag eines Depots, welche leider keine Beteiligung am Verlust vorsehen, dann wäre das in Ordnung. Wenn dann noch wöchentlich diese Ertragsbeteiligung abgegriffen wird, wie ich es auch schon bei Vermögensverwaltungen in Liechtenstein wahrnehmen konnte, sollte man grundsätzlich hier die Finger von lassen. Generelle Ertragsbeteiligungen verleiten Vermögensverwaltungen zu risikoreichen Investments, deren wahrscheinlich langfristige Verluste der Vermögensinhaber zu tragen hat.

Bei meinen neu übernommenen Mandaten habe ich mir stets den Spaß gemacht, die Performance der bereits engagierten Vermögens­verwaltungs­gesellschaften mit der Performance einer simplen 10 jährigen Bundesanleihe zu vergleichen.

Hat z. B. mein Mandant vor 8 Jahren der xy-Vermögensverwaltungs­gesell­schaft einen Betrag – sagen wir mal – von € 5 Mio. gegeben, verglich ich die Entwicklung dieses Mandates mit der Entwicklung einer 10 jährigen Bundesanleihe, die ich dann fiktiv ab dem Tag des Eingangs der € 5 Mio. bei der Vermögensverwaltung zu dem dann gültigen Zinssatz (Umlaufrendite für 10 jährige Bundes­anleihen) verzinst habe (über excel leicht darstellbar)

Das Ergebnis war bisher niederschmetternd. Die Bundesanleihe war bei weitem der Testsieger.

Zugegebener Maßen dürfte diese Rechnung nur noch wenige Jahre zugunsten der Bundesanleihe ausfallen, da das irrsinnig niedrige Zinsniveau und die Liquiditätsschwemme die Aktienmärkte derzeitig eindeutig bevorzugt haben. Letztlich ist dieses Missverhältnis aber  Zeichen eines Irrsinns und wird sich zum Zeitpunkt x ins Gegenteil verdrehen, indem gute Anleihen – auch mit Negativzins – über Kursgewinne nach oben schießen werden, was sich schon jetzt bei einer Nestlé Anleihe mit Negativzins herausgestellt hat.

3. April 2015

Elmar Emde

Autor von “Dir strukturierte Ausbeutung”

 Siehe auch http://www.emde-fiveko.de