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Principal Investment

Geschäftsfeld Investmentbanken: Die Investmentbanken treten nicht nur als Dienstleister der oben aufgeführten Geschäftsbereiche in Erscheinung, sondern beteiligen sich auch direkt mit ihren eigenen Mitteln an diversen Unter­nehmen, ähnlich dem Geschäftsgebaren einer Private Equity Gesell­schaft, welche ihr interessant und entwicklungsfähig erscheinen, um sie dann später mit viel Gewinn wieder veräußern zu können. Entweder über einen Börsengang oder Verkauf an einen strategischen Investor (so nennt man die Käufer, die aus derselben Branche kommen).

Da die Investmentbanken auch in diesem Bereich sehr große Erfolge verzeichnen können, nährt sich auch hier der Verdacht, dass trotz „hoher Chinese Walls“ Kenntnisse aus anderen Bereichen eine nicht unerhebliche Rolle zum Wohle der Investmentbank und zum Nachteil der Käufer oder Verkäufer ausgenutzt werden.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Mergers & Acquisition

Geschäftsfelder Investmentbanken: Mit diesem Geschäftsbereich stellte sich das Investmentbanking in der breiten Öffentlichkeit zunächst vor. Es ist eine Dienstleistungs­einheit, welche kauf- und verkaufswillige Unternehmer in der Ab­wicklung dieses Vorgangs berät, ebenso bei Fusionen (beide Seiten stimmen zu) oder Übernahmen, welche in vielen Fällen feindlicher Art sind, da der zu Übernehmende aus den unterschiedlichsten Gründen mit dem kaufwilligen Unternehmen nicht zusammengehen will.

Zunächst akquiriert/­bewirbt (deshalb „Acquisition) diese Einheit Unternehmen, welche entweder kaufen oder verkaufen oder sich mit einem anderen Unternehmen – aus Gründen wie auch immer – zusammenschließen /­ fusionieren wollen. Grundlage für den dann verhandelten Kaufpreis sind die meistens von diesen Abteilungen erstellten Unternehmensbewertungen, welche je nach Beauf­tragung unterschiedlich hoch oder niedrig ausfallen können und führen dann im Auftrag ihres Kunden die entsprechenden Ver­hand­lun­gen.

So kann es dann vorkommen, dass sich zwei M&A Abteilungen von unterschiedlichen Investmentbanken gegenübersitzen und Strategien bis zum
Erbrechen auf beiden Seiten gefahren und ver­worfen werden. Entweder unterstützt eine solche Einheit das kauf­willige Unternehmen oder sie wird gerufen, um Strategien und Maßnahmen zur Abwehr einer feindlichen Über­nahme, die eine andere M&A Einheit aufgestellt hat, zu entwerfen.

Bei diesem Geschäft sind Kaufpreisvolumina von einigen hundert Millionen, bzw. einigen Milliarden keine Seltenheit. Die Ver­gütungen dieser M & A Abteilungen richten sich zum einen nach der Konjunkturlage dieser Branche, d. h. nach der Nachfrage zu solchen Leistungen und zum anderen nach der Expertise und Professionalität dieser Einheit und liegen in der Regel bei 4-5 % +x des Transaktionsvolumens.

Hier eine Auswahl von großen Übernahmen und Fusionen der letzten Jahre (entnommen aus Wikipedia):

Jahre Käufer Ziel Transaktionswert
1998 Daimler Benz Chrysler  35 Mrd. €
1998 Exxon Mobil Oil  85 Mrd.US$
2000 Vodafone Mannesmann 203 Mrd.US$
2000 Time Warner AOL 182 Mrd.US$
2000 Pfizer Warner Lambert  89 Mrd. US$
2002 Pfizer Pharmacia Corporation  59 Mrd US$
2007 Royal Bank of Scotland ABN AMRO Holding  91 Mrd. US$
2000 Glaxo Wellcome PLC SmithKline Beecham  76 Mrd. US$
2004 Royal Dutch Shell Transport & Trading  75 Mrd. US$
2006 AT & T Bell South Corp.  73 Mrd. US$
2004 Sanofi Aventis  60 Mrd. US$

 

Die Höhe dieser Transaktionsvolumina bescherte den Banken bei den erwähnten Provisionssätzen einen reinen Geldsegen, aber nicht nur für diese M & A Dienstleistung, sondern auch für die dann nachfolgenden Finanzierungen, entweder in einer Lead-Position (Führungsposition mit den höchsten Provisionssätzen), die eine Strukturierung der Gesamtfinanzierung beinhaltetet oder als Co-Leader (mit deutlich geringeren Provisionssätzen). Und wenn es „ungünstig“ läuft nur als Finanzierungspartner, welcher dann aber immer noch  kräftige Zins- und Provisionseinnahmen verbuchen kann.

Die Einnahmemöglichkeiten der Banken waren in solchen Fällen extrem hoch und nahmen nicht selten 9 – 10-stellige Summen ein, verführten aber wiederum diese Institute, diese Verbriefungs­möglichkeiten und die daraus entstehenden verschiedenen Anlage­vehikel des Anlagemarktes den Unternehmen minderer Bonität nur zum Zwecke ihrer Provisionseinnahmen zur Verfügung zu stellen. Derzeit kann man eine ähnliche Entwicklung bei den „Anleihen mittelständischer Unternehmen“ beobachten (siehe Kapitel Mittel­stand in Gefahr“)

Zu meiner Zeit in Frankfurt (1988 bis 1991) bekam ich hautnah die Übernahme von Kraft Foods durch Philip Morris im so genannten Konzernstab Kredite, der damaligen Kaderschmiede der Dresdner Bank mit, in welcher die künftigen Führungskräfte für ihre Aufgaben vorbereitet oder besser gestriezt wurden. Es war mit US$ 11,6 Milliarden Transaktionsvolumen die damals größte freundliche Übernahme und eine Sensation, verglichen mit den oben er­wähnten Übernahmen sind das aber „peanuts“, um in der Banker­sprache zu bleiben.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Mittelstandsanleihen, die neuen Subprimes

Erinnern wir uns daran, dass die rd. 300.000 mittelständischen Be­triebe in der Bundesrepublik zwei Drittel des BIB (Bruttosozialprodukt) und 80 % der Beschäftigung stemmen. Hier spielen im Wesentlichen Familienbetriebe die größte Rolle, bei denen man eine deutlich sozialere Einstellung als bei den unpersönlichen und gesichtslosen Konzernen konstatieren kann. Die Halbwertszeiten für die Konzernvorstände von nur wenigen Jahren erinnern mich sehr stark an die Zeitarbeitsbranche nur mit dem Unterschied, dass bei Be­endigung der Funktion diese fürstlich zu Lasten der Substanz des Unternehmens entlohnt werden. Manchmal fragt man sich für was.

Die Mechanismen der Investmentbanken reichen zwischenzeitlich in weite Teile der mittelständischen Betriebe und führen mittel- bis langfristig sukzessive zu einer Konzentration mit immer größeren Gruppierungen und Konzernen, deren Intentionen – wie bei den Investmentbanken – die reine Ertragsmaximierung ist.

Diese Entwicklung wird sehr stark forciert über die M & A Abteilungen der Banken, aber auch von den vielen Private Equity Gesell­schaften, welche in den wenigsten Fällen saldiert einen Mehrwert für die Volkswirtschaft geleistet haben. Letztlich verdienen nur wenige an solchen Deals. Konzerne werden dadurch immer größer oder kaufen sich dadurch künftig hohe Verluste ein. Oder Hedgefonds quetschen waidwunde Firmen weiter aus, bis schließlich die Insolvenz dem Unternehmen den letzten Todesstoß gibt. Auf der Strecke bleiben stets Arbeitsplätze und eine verdünnte Industrie- und Dienst­leistungslandschaft.

Aktuell wird diese Entwicklung durch den prosperierenden Markt der mittelständischen Unternehmensanleihen unterstützt. Auslöser ist wiederum das derzeit sehr niedrige Zinsniveau, welches Wasser auf die Mühlen der Investmentbanken und – abgeleitet davon – der Hedgefonds schüttet.

Die Anleger befinden sich derzeit in einer sehr misslichen Situation, bzw. in einem Anlagenotstand. Die Gründe sind die politisch ge­drückten niedrigen (seriösen) Zinsen, welche z. T. nicht einmal die offizielle Inflationsrate neutralisieren, eine durch politische Maß­nahmen induzierte volatile Börsenlandschaft sowie dadurch explodierende Preise für gute Substanzanlagen. Der Ursprung für diese Situation ist auch hier in der immer noch andauernden Finanz- und Schuldenkrise, u. a. auch ausgelöst und gefördert von den Produkten der Investmentbanken zu finden.

Die Unternehmen, insbesondere die mittelständischen, befinden sich ebenfalls in einer sehr misslichen Situation. Die Bankenlandschaft, welche für die Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebes bei der überwiegenden Anzahl der Unternehmen unerlässlich geworden ist, auch wegen der hohen Steuerbelastung und damit einer ver­minderten Eigenkapitalbindung, hat sich u. a. aufgrund dieser Finanz­krise nur noch auf wenige Bankengruppen reduziert. Diese sind die Geschäftsbanken Deutsche Bank, Commerzbank, Unicredit/­Hypo­ver­eins­bank, die Sparkassen und ihre Landesbanken sowie die Volks- und Raiffeisenbanken zusammen mit der DZ-Bank, also nur noch 5 ernst zu nehmende Bank-Gruppierungen, wobei die Sparkassen/­Landesbanken und Volks-Raiff­eisenbanken mit der DZ-Bank weit über 60 % des Marktanteils vereinnahmen. Darüber hinaus sind diese verbliebenen Bankgruppierungen nunmehr gezwungen, ihr Kapital zu erhöhen (Basel III), welches viele Banken durch Abbau von Kreditrisiken und damit Reduzierung der Bilanzsumme, wodurch die EK-Quote automatisch steigt, zu erreichen versuchen.

Vielen, insbesondere mittelständischen Unternehmen, wird bei sich abzeichnenden Risiken somit langsam der Kredithahn zugedreht, der Kreditnotstand wird eintreten, auch wenn dies von allen Seiten geleugnet wird. Dazu beitragen werden im Übrigen auch die von staatlicher Seite lächerlich hohen Anforderungen an das Kredit­geschäft, als hätte diese Seite des Bankgeschäftes zu der Finanzkrise geführt, während die für die Prüfer anscheinend zu komplizierte Anlageseite unverändert ein Prüfer-Aschenputteldasein führt.

Wen wundert es, wenn die Unternehmen diesem oft sehr schroffen Diktat der Banken entfliehen wollen und in andere Finanzierungs­formen flüchten, bzw. die Anleger höhere Renditen suchen und dabei die Risiken vergessen. Beliebt sind derzeit die Unternehmensanleihen, welche anfangs nur den (DAX-) Unternehmen im Investment-Grade-Bereich vorbehalten waren. Nun erscheinen auch solche von mittelständischen Unternehmen mit einem Rating deutlich darunter auf dem Markt.

Dieser Zyklus erinnert sehr stark an die Entstehung der Subprimes (strukturierte Anleihen auf Basis minderwertiger Hypothekenkredite). Zuerst wurden nur hochwertige Hypothekenkredite in Anleihen verpackt. Nachdem sich diese Anlageform insbesondere für die vertreibenden Banken als profitabel erwiesen hatte, wurde den guten immer mehr schlechte Hypotheken beigemischt, bis nur noch schlechte = Subprimes auf den Markt geworfen wurden und nach Bekanntwerden dieses Risikos ihr Ende in der Finanzkrise fanden.

Ähnliches zeichnet sich jetzt bei den Anleihen mittelständischer Unternehmen ab. Nachdem die Anleihen von Unternehmen mit hoher Bonität auf dem Markt großen Anklang gefunden haben, werden inzwischen hoch verzinsliche Anleihen von Unternehmen mit wesent­lich schlechterer Bonität emittiert, die somit bei weitem noch nicht reif hierfür sind und daher ein gewaltiges Risiko sowohl für den Zeichner der Anleihe = Anleger als auch für das emittierende Unter­nehmen selbst darstellen.

Risiken für das emittierende Unternehmen:

Die Volumina von mittelständischen Unternehmensanleihen nehmen nicht selten eine Größe ein, welche für die meisten Unternehmen einen reinen Geldsegen darstellen, soll er doch damit die hohen Kosten der Strukturierung (6-10 % Nebenkosten + Anleihezins selbst von 6 % bis 9 % + x) vergessen machen. Diese Höhe übersteigt nicht selten die bestehende Bilanzsumme des emittierenden Unternehmens oder erreicht die Höhe aller bisherigen Bankkredite, womit bei Umsetzung eine sehr einseitige Abhängigkeit von einem Finanzierungsinstrument entsteht.

Nimmt dann die Höhe der Unternehmensanleihe eine Größe (€ 10 – € 20 Mio.) ein, welche an der Börse – so sie denn zum Börsenhandel zugelassen wird – aufgrund der geringen Größe meistens zu sehr volatilen Kursbewegungen führen kann, ist nicht auszuschließen, dass bei interessanter Marktstellung oder bei einem interessanten Produkt Aufkäufer (Investmentbanken /­ Hedgefonds, Konkurrenz usw.) mit immensen Geldmitteln für den Ankauf der Anleihe bereit stehen. Das kann u. a. dazu führen, dass bei schwacher Nachfrage oder schlechten Unternehmensnachrichten die Kurse dieser Anleihen sehr schnell fallen und die Aufkäufer sukzessive in den Besitz dieser Unter­nehmensanleihen zu Preisen weit unter dem Ausgabekurs kommen, um sie bei Fälligkeit mit 100 % wieder zur Rückzahlung zu präsentieren.

Sollte dann das Unternehmen bei Fälligkeit in einer wirtschaftlich prekären Situation stecken und nicht fähig sein, die Rückzahlung der Anleihe zu bedienen, entsteht sehr schnell die Forderung nach einem so genannten debt-to-equity-swap, d.h. Tausch der Anleihe gegen Anteile des Unternehmens mit der Folge, dass der Aufkäufer dann sehr preiswert zu einem hoch interessanten Unternehmen gekommen ist, bzw. der Unternehmer sein in Jahrzehnten aufgebautes Unternehmen weit unter Preis – wenn überhaupt – verlieren wird.

Sollte andererseits eine Unternehmensanleihe aus Gründen wie auch immer nicht voll platzierbar sein, kommen auch hier diese Aufkäufer sehr schnell zu ihrem Ziel, indem sie den Rest aufkaufen, um dann genauso zu verfahren, wie oben beschrieben.

Risiken für die Anleger

Viele Anleger werden aufgrund des niedrigen Zinsumfeldes immer mehr dem Lockruf der weit über dem Markt liegenden Zinsen zwischen 4% und 10% folgen und damit grundsätzlich ein sehr hohes Kreditrisiko eingehen. Mittelständische Unternehmen stehen auf der Liste der Insolvenzen weiterhin auf Platz 1 aufgrund vielerlei Umstände. Es gilt daher, das umfangreiche Wertpapierprospekt (ca. 200 Seiten + x) wie ein Kreditprofi zu studieren und zu analysieren. Nur welcher Anleger hat die dafür nötige Kreditexpertise, geschweige denn die Wertpapierberater der Banken, bzw. nimmt sich die dafür nötige Zeit. Die meisten Anleger werden die vielen Fachausdrücke und die darin beschriebenen z.T. sehr komplexen Zusammenhänge kaum verstehen.

Leider muss man auch festhalten, dass bis dato die auf den Mittelstand fixierten Ratingunternehmen eher die dafür anfallende Gebühr im Auge haben als den Schutz des Anlegers  und der Volkswirtschaft. Diese Ratings sind daher mit äußerster Vorsicht zu genießen und nicht zu vergleichen mit den Ratings von S&P, Moody`s und Fitch, den weltweit drei Marktführern dieser Branche.

Bei der oben beschriebenen Konstellationen für Anleihen mittelständischer Unternehmen mit einem für die Börse nur geringen Volumen und damit vorgegebener Volatilität besteht für den Anleger zudem  die Gefahr eines Verfalls des Anleihewertes innerhalb kürzester Frist und sogar Verlust des ein­gesetzten Kapitals. Nutznießer sind die Aufkäufer, deren Gewinn der Verlust der Anleger ist. Wie so oft!

Findet man keine Aufkäufer aufgrund der eingetretenen schlechten Bonität oder will ein Investor das Unternehmen übernehmen, aber ohne die Anleiheverbindlichkeiten, kann es passieren – wie bei Schefenacker bereits geschehen -, dass der Sitz einfach nach London verlegt wird in die Räuberhöhle der Investmentbanken und ein Eldorado für Pleitiers aufgrund sehr lascher Insolvenzverordnungen. Die Folge daraus ist stets das volle Aushebeln der Gläubigerrechte zu Gunsten der finanzierenden Banken. Solche Komplotte, die meistens von Anfang an geplant sind, wird es in den Folgejahren sicherlich noch oft geben.

Mit diesen Ausführungen möchte ich mich jetzt nicht als einen Ab­lehner oder Verweigerer dieser Finanzierungsform outen. Unter­nehmensanleihen können eine sehr wohltuende langfristige Er­gänzung des Finanzierungsmixes eines Unternehmen darstellen, dürfen aber keinesfalls das alleinige Finanzierungsinstrument sein oder dürfen nie eine Größe einnehmen, welche das Unternehmen davon abhängig macht.

Wichtig ist jedoch, dass das Unternehmen hierzu auch reif ist, d. h. über eine gute Bonität verfügt, die Finanzlogistik den hohen An­forderungen der Berichterstattung gerecht und die Produkte auf dem Markt akzeptiert werden sowie ein entsprechend hohes Wachstum vorzeigen können, somit das Unternehmen einer der Marktführer der Branche ist.

Diese seriösen Aspekte und Struktur sichern dem emittierenden Unternehmen eine hohe Unabhängigkeit und machen es vor Auf­käufern sicher. Und den Anlegern gibt es die Sicherheit, dass am Ende der Laufzeit das angelegte Geld wieder zurückgezahlt wird.

Leider wird die maßlose Aus­beu­tungs­spirale der Politik in Form der nicht enden wollenden Steuererhöhungen oder Kreationen neuer Ausgaben- und Besteuerungformen, welche den Mittelstand in ein zunehmendes Abhängigkeits- und damit Ausbeutungsverhältnis zur Finanzindustrie bringen, diese Refinanzierungsform weiter befeuern und somit nicht nur den Anlegern sondern den mittelständischen Unternehmen selbst hohe Verluste zufügen.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Kernkapital der Banken

Die Banken als maßgeblicher Teil der Finanzindustrie, stellen einen sehr wichtigen Baustein in unserer Gesellschaftsstruktur dar. Diese Rolle wurde in den letzten zwei Jahrzehnten sehr stark zum Leid­wesen der Anleger gegen sie massiv ausgenutzt und hat zu der Dotcom- und  Finanzkrise geführt.

Das fatale an dieser Feststellung ist, dass die Banken das intransparenteste Wirtschaftsgebilde sind, bei welchen sogar die Wirtschaftsprüfer nicht mehr durchblicken. Keiner der die Banken prüfenden Wirtschaftsprüfer hat in den Jahren vor der Finanzkrise vor den Risiken in den Bankbilanzen gewarnt, geschweige denn sie erkannt. Mag sein, dass das saftige Prüfungshonorar hierbei auch mitgeholfen hat und mag sein, dass in diesem Bereich das Oligopol von nur vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (PWC, KPMG, Ernst & Young, Deloitte Touche) und deren Verquickung mit Beratungsauf­trägen diese Entwicklungen auch unterstützt haben. Dennoch kann es einen sehr nervös machen, wenn selbst die Wirtschaftsprüfer der Banken die Krisenanfälligkeit nicht erkannt haben und erkennen. Wie sollen es dann Außenstehende können?

Für diese sind Bilanzen wie die der Deutsche Bank mit 528 Seiten ein Buch mit sieben Siegeln und auch mich würde es mindestens ein gesamtes Wochenende kosten, um dieses kryptographische Bilanz­werk einigermaßen zu verstehen, geschweige denn die Masse der Seiten lesen zu können.

Dass dann ein solches Haus und viele andere Bankhäuser mit ähn­licher Komplexität auch noch systemgefährdend, bzw. systemrelevant eingestuft werden, ist hoch brisant. Die Gesellschaft gestattet sich somit einen totalen und äußerst gefährlichen Blindflug, insbesondere mit Blick auf die Notwendigkeit, die Bankhäuser mit viel Geld zu retten. Diese werden dann bei angeblichen Problemen mit Liquidität vollgestopft, obwohl keiner so richtig weiß, wie deren Bilanzen zu interpretieren sind.

Der Grund für diese bilanztechnische Kryptographie geht zurück bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, dem Zusammenbruch der Darmstädter Nationalbank (Danat Bank), der damals zweitgrößten Bank in Deutschland, die 1931 aufgrund des Konkurses ihres Kredit­nehmers, der Norddeutschen Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei, zahlungsunfähig wurde, damals den ersten Bankenrun (alle wollten auf einmal ihr erspartes Geld zurück) auslöste und das Finanzsystem in Deutschland aufgrund dessen fast zusammenbrechen ließ.

Damit künftig eine Insolvenz einer solch maßgeblichen Bank und der damit zu befürchtende Bankenrun nicht mehr vorkommt, gestattete man den Banken aufgrund ihrer hohen Stellung in einer freiheitlichen Gesellschaft stärker stille Reserven zu legen als bei anderen Unter­nehmungen, um somit Zusammenbrüche von Kreditnehmern besser auffangen zu können.

Diese Bilanzierungsart wurde dann durch die sich abwechselnden angelsächsischen Buchführungsmethoden und Risikoüberwachungs­systeme pervertiert mit der Folge, dass selbst  die Wirtschaftsprüfer die Sachverhalte nicht mehr durchblicken.

Selbst der Basler Ausschuss, der 1974 von den Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden der G-10 Staaten mit der Hauptaufgabe, einen Beitrag zur Einführung hoher und möglichst einheitlicher Standards in der Bankenaufsicht zu liefern, gegründet wurde, be­klagte die zu großen Unterschiede in der Berechnung des Eigen­kapitals, die für Außenstehende und damit auch für den Basler Aus­schuss nicht mehr nachvollziehbar wären.

Die Ermittlung der so genannten risikogewichteten Aktiva von Banken (gemeint ist die Festlegung der Vermögensteile ohne Risiko und somit Reduzierung der Bilanzsumme zum Zwecke der Erhöhung der Eigenkapitalquote) und die daraus resultierende Eigenkapital­unterlegung würde unterschiedlich gehandhabt. So ergab eine Fall­studie, welche sich auf 16 Banken – darunter Commerzbank, Deutsche Bank, vier amerikanische Institute und zahlreiche europäische Großbanken – bezog, dass bei einem gleichen Portfolio für eine Bank die Eigenkapitalunterlegung von € 13.4 Millionen, im höchsten Fall eine von € 34,2 Millionen errechnet wurde.

Die Berichterstattung hierzu im Handelsblatt hat dazu geführt, dass eine Diskussion zur Vereinheitlichung der Risikoberechnung an­gestoßen wurde. Ausgang offen /­ ungewiss.

Die nicht einheitlich festgelegte Berechnung der risikogewichteten Aktiva nach Basel III ist insofern ein wichtiger Teil der Bank­bilanzierung, da diese bei der Berechnung der „harten“ Kernkapital­quote eine sehr große Rolle spielt. Die risikogewichtete Aktiva setzt sich aus angeblich risikolosen Staatsanleihen oder aus risiko­gewichteten Berechnungsmodellen, womit Aktiva=Vermö­gens­werte über Derivate abgesichert sein sollen, zusammen. Wie wackelig nun­mehr Staatsanleihen sind oder wie „funktionsfähig“ diese risiko­gewich­teten Modelle in der letzten Finanzkrise, die kurz vor einem Beinahe-Zusammenbruch des Derivatemarktes stand, gewesen sind, lässt einen völlig unruhig werden.

Mit der Summe der risikogewichteten Aktiva wird die Bilanzsumme reduziert und aus dieser reduzierten Bilanzsumme dann die „harte“ Kernkapitalquote errechnet. Man lässt somit einen erheblichen Anteil Bankaktiva unter den Tisch fallen und betrachtet diese Vermögens­werte einfach ohne Risiko.

Der Blick auf die jeweiligen Berechnungen der größten Banken von Deutschland ergibt folgendes Bild:

Analyse Kernkapital /­ risikoadäquate Aktiva deutsche Banken per 31.12.2012 – in Mio. € –
A) B) C)   D) E) F)
Konzern – Bank Konzern- Bilanzsumme in Mio. EUR Konzern-Eigenkapital zur Konzern-Bilanzsumme Eigenkapital- Quote publizierte Kernkapital-Quote in %  errechnete Konzern Bilanzsumme auf Basis
publizierte Kernkapitalquote
Differenz B abzüglich E = Aktiva „ohne Risiko“(??)
Deutsche Bank 2.012.329 54.410 2,70 11,40 477.281 1.535.048
Commerzbank 635.878 27.034 4,25 13,10 206.366 429.512
Unikredit (Hypover­einsbank) 348.300 23.269 6,68 17,40 133.730 214.570
BayernLB 231.918 12.988 5,60 18,40 70.587 161.331
NordLB 225.550 7.700 3,41 10,85 70.968 154.582
LBBW 336.326 20.037 5,96 15,30 130.961 205.365
Hessen LB 199.301 6.817 3,42 11,60 58.767 140.534
HSH Nordbank 130.606 5.272 4,04 12,30 42.862 87.744
DZ-Bank 407.236 12.641 3,10 13,60 92.949 314.287
WGZ 50.729 2.143 4,22 15,10 14.192 36.537
IKB (30.09.2012) 31.090 1.340 4,31 9,40 14.255 16.835
HRE 168.977 6.240 3,69 31,20 20.000 148.977
insgesamt: 4.778.240 179.891 3,76 13,50 1.332.917 3.445.323

 

Diese Eruierung der risikoadäquaten Aktiva der größten Banken in Deutschland ergibt bei einer zusammengefassten Bilanzsumme von € 4,778 Billionen somit eine risikolose Aktiva (= risikolose Vermögens­werte) in deren Bankbilanzen in Höhe von € 3,445 Billionen, d. h. rd. 72 % der zusammengefassten Bilanzsumme sind somit ohne Risiko.

Das mag glauben wer will, m.E. ist das utopisch. Unterstrichen wird dieser Unsinn mit der Kernkapitalquote von 31,2 % der HRE (Hypo Real Estate), der Pleitebank in Deutschland schlechthin, bei der rd. € 149 Milliarden bei einer Bilanzsumme von rd. € 169 Milliarden ohne Risiko sein sollen. Und dies vermutlich nur, weil der Staat und damit die Steuerzahler für die Verbindlichkeiten gebürgt hat, woraus man auch schließen kann, dass diese „harte“ Kernkapitalquote nichts anderes ist als ein unseriöses Lockmittel / Täuschu8ngsmanöver.

Bei der obigen Berechnung nicht enthalten sind die wichtigen und nicht weg zu denkenden Sparkassen und Volksbanken, welche zusammengefasst eine Bilanzsumme von € 1,856 Billionen (Sparkassen € 1.106 Milliarden /­ Volksbanken € 750 Milliarden) ergeben. Legt man auch hier die Quote von 72 % der „risikolosen Aktiva zugrunde angesichts ihrer Stellung als Finanziers der Länder und Kommunen, würde dies eine Summe von € 1,336 Billionen ergeben. Rechnet man dann noch die diversen Privatbanken hinzu, muss man festhalten, dass sich in Deutschland die von den Banken errechnete risikolose Aktiva auf

  1. € 5 Billionen

beläuft.

Das ist die Zahl für Deutschland. Übersetzt man diese Summe und die Quote nur auf die Banken der europäischen Union, deren aufaddierte Bilanzsumme in etwa das 3 ½-fache des europäischen Bruttosozial­produktes (US$ 15,39 Billionen, umgerechnet in Euro 12,21 Billionen) ausmachen soll, also rd. € 43 Billionen und legt man auch hier diese utopische Quote einer risikolosen Aktiva von 72 % zugrunde, ergibt das einen Betrag von

  1. 30 Billionen,

welcher einen noch viel unruhiger werden lässt. Was passiert, wenn sich herausstellt, dass diese Werte alles andere als risikolos sind?

Mit dieser „harten“ Kernkapitalquote suggerieren die Banken ein hohes Maß an Eigenkapital und damit eine gute Bankbilanz. Sogar bei Kundengesprächen, bei denen sich Banken vor Unternehmensver­tretern präsentieren, wird nur von der harten Kernkapitalquote ge­sprochen, um damit eine gesunde Bilanzrelation vorzugeben, die nicht vorhanden ist. Andererseits nehmen sich dann die Banker heraus, die schwachen und verbesserungsbedürftigen Eigenkapital­verhältnisse des nach Kredit nachfragenden Unternehmens zu monieren. Würde man allerdings den Unternehmen eine ähnliche Bilanzierungsart zugestehen und z. B. sichere Warenbestände oder hohe Cash-Bestände oder ganz sichere Firmenimmobilien von der Bilanzsumme abziehen und bei den Firmen ebenfalls nur die „harte“ Kernkapitalquote als Basis der Kreditentscheidung nehmen, würde mancher Vergleich >Bankbilanz versus Unternehmensbilanz< zu Gunsten der Unternehmensbilanz ausgehen.

Langsam scheint sich auch in der Öffentlichkeit eine Diskussion über die Kern­kapitalquote in Gang zu setzen. So hat die US Einlagen­sicherung (FDIC) bei systemrelevanten Banken unter Nichtbeachtung der risikoadäquaten Aktiva folgende Eigenkapitalquoten zur Bilanz­summe errechnet und dieser die Kernkapitalquote gegenüber ge­stellt.

Bank Eigenkapitalquote
zur Bilanzsumme 
1)
Kernkapitalquote  2)
Deutsche Bank (3) 1,63 % 15,13 %
Wells Fargo 7,78 % 11,75 %
Bank of China Ltd. 6,53 % 10,54 %
Standard Chartered Bank 5,77 % 13,45 %
HSBC 5,16 % 13,44 %
BBVA 4,04 % 10,77 %
Banco Santander 2,97 % 11,17 %
Société Générale 2,84 % 12,5 %
Morgan Stanley 2,55 % 17,72 %
UBS 2,52 % 21,29 %

 

Unterhalb dieser Aufzählung waren zu diesen Zahlen folgende An­gaben aufgeführt:

1) unterstellt Bilanzierung nach IFRS, Kapital und Bilanz bereinigt um Sonderposten

2) unter Basel 1 für US-Banken und Bank of China, unter Basel 2 für Banco Santander, BBVA und Standard Chartered Bank und unter Basel 2,5 für Deutsche Bank, HSBC, Société Générale und UBS

3) Kapitalerhöhung vom April nachträglich berücksichtigt.

Allein diese Hinweise unterstreichen die Kryptographie und die Individualität der Bankenbilanzierung, kurzum aus diesen Zahlen­werken kann man einfach nicht schlau werden, eine zu positive Bilanzierung kann daher bei den Banken grundsätzlich unterstellt werden. Unterstrichen wird diese Feststellung durch bisherige Schätzungen zum Kapitalbedarf der europäischen Banken, welche zwischen 300 Milliarden und einer Billion Euro schwanken (lt. Handelsblatt v. 18.7.2013).

Nach obiger Darstellung ist die Deutsche Bank von allen inter­nationalen Banken die am schwächsten kapitalisierte systemrelevante Bank, der FDIC-Chef Thomas Hoenig meinte sogar, dass diese „schrecklich unterkapitalisiert“ wäre.

Das hat natürlich prompt eine harsche Reaktion von Herrn Fitschen ausgelöst. Es wäre ein „unerhörter Vorgang, wogegen sich die Bank zur Wehr setzen würde“, sprach davon, dass eine Institution (gemeint ist die FDIC = US Einlagensicherung) zu solchen Berechnungen nicht legitimiert sei (wer dann?) und offensichtlich ein falsches Bild davon zeichne, wie die Bank Verluste „absorbieren“ könne. In der Ver­gangenheit wies die Deutsche Bank einen Kapitalpuffer aus, der sechsmal so groß wie der schlimmste von der Bank zu erwartende Verlust war. Mittlerweile, so Fitschen, sei dieser Puffer auf das 27-fache angestiegen“ (nachzulesen im Handelsblatt vom 26.6.2013).

Interessant wäre hierbei von Herrn Fitschen zu erfahren, woraus sich dieser 27-fache Kapitalpuffer ergibt? Welche intransparente Derivate hier eingesetzt wurden und wer diese Derivate in seinem Depot hat, bzw. wer diese Risiken übernommen hat?

Ein Blick zurück auf bereits erwähnte Fakten relativiert diese Aus­sagen von Herrn Fitschen doch sehr. Die Finanzaktiva dieses Geld­hauses sind durch umfangreiche Derivate abgesichert. Wäre z. B. während der Finanzkrise die AIG vom amerikanischen Staat nicht gerettet worden, wäre der schon damals aufgeblähte Derivatemarkt in sich völlig zusammengebrochen und hätte somit auch der Deutsche Bank eine übergroße Bredouille beschert. Beim nächsten Finanzcrash, der sich leider immer mehr abzeichnet (Frage ist nur wann), wird sich dann zeigen, ob die Kaskade der Derivateabsicherungen hält, was sie versprechen.

Außerdem stehen immer noch im Raum diverse Anschuldigungen in Sachen weiche Bilanzierung von Risiken in erheblicher Größen­ordnung, die immer wieder aufleben. Darüber hinaus lässt die in diesem Jahr installierte „Abbaubank“, in welcher „nicht mehr zum Kerngeschäft gehörende (toxische) Wertpapiere“ im „Wert“ von € 125 Milliarden ausgelagert wurden, die vergangene Bilanzierung doch sehr skeptisch erscheinen, zumal diese der Bank noch hohe Verluste bringen sollen.

Diese hohe Intransparenz der Bankbilanzen hat mittlerweile auch die Großanleger wie Investment-, Hedge- und Pensionsfonds auf den Plan gebracht und diese fordern daher eine Begrenzung der Beratungsaufträge der Wirt­schaftsprüfer und eine Zwangsrotation nach 5 bis max. 15 Jahren bei den Wirtschaftsprüfern einzuführen zum Zwecke der besseren Transparenz. Die Vorschläge der EU-Kommission gehen von einer Zwangsrotation von 6 Jahren aus.

Diese Bilanzkryptographie ist auch der Grund vieler Fondsmanager, Bank­aktien zu meiden. Lt. Fondsmanager Charles Montanaro vom Fonds­haus Montanaro sind diese Unternehmen eher undurchsichtig und machen es daher schwer, sie mit einem gewissen Grad an Sicherheit zu bewerten. Ähnliches äußerten auch Vertreter von Allianz Global und der französischen Comgest (lt. Handelsblatt).

Das wird umso dringlicher und befeuert diese Forderungen, nachdem die europäischen Finanzminister jetzt eine Kaskade der Haftungen im Falle eines Bankenzusammenbruchs aufgestellt haben, der wie folgt aussieht:

  • Haftung Nr. 1: die Eigentümer, bzw. die Aktionäre einer Bank
  • Haftung Nr. 2: die Gläubiger der Bank, die der Bank Fremd­kapital zur Verfügung gestellt haben, d. h. Anleihen u.ä. ge­zeichnet haben.
  • Haftung Nr. 3: die großen Einleger, bzw. Sparer mit Einlagen über € 100.000, verschont bleiben sollen nur die Sparer mit Einlagen unter € 100.000 (Anmerkung: was abzuwarten bleibt und irgendwann die Nr. 4 der Haftungskaskade werden wird)

Mit dieser Haftungsreihe will man zwar künftig die Steuerzahler nicht mehr in die Pflicht nehmen, jedoch wird dabei vergessen, dass die hier künftig in die Pflicht zu nehmenden Haftenden auch Steuerzahler sind und zwar die leistungsfähigen.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de