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Geschlossene Fonds

Die Anlageform “geschlossene Fonds” ist eine Vermögenskastration in reinster Form, man kann sie zwischenzeitlich auch in die Kategorie Kapitalver­nichtung erster Güte einreihen.

Sie sind mit hohen weichen Kosten belastet, zu langfristig ausgelegt und zudem äußerst illiquide, bzw. nur schwer am hierfür speziellen Markt (Name: Zweitmarkt) und dann nur zu deutlichen Abschlägen zu veräußern. Die hoch gepriesenen Ausschüttungen, in der Regel 6 %, werden dabei grundsätzlich mit der Rendite verwechselt und stellen nichts anderes dar, als eine Kapitalrückzahlung, d. h. der Anleger bekommt in Scheibchen – wenn überhaupt – sein Geld zurück abzüglich der vielen weichen anfänglichen und dann später die jährlichen Kosten, womit eine Armada von Fondsmanagern, Steuerberatern und Rechtsanwälten sowie Banken permanent gefüttert werden.

In den meisten Fällen ergibt sich bei diesen geschlossenen Fonds in der Gewinn- und Verlustrechnung ein Verlust aufgrund einer hohen Abschreibung des damit finanzierten Produktes neben den Kosten des Managements inkl. der ein­gebundenen Berater. Der Fonds hat aber dennoch genügend Geld in der Kasse, da die Abschreibungen nur fiktive und steuerliche Auf­wendungen sind. Somit wird praktisch die Abschreibung aus­geschüttet und kein Gewinn, d. h. jede Ausschüttung bei einer Ver­lustsituation reduziert entsprechend die jeweilige Kommanditein­lage.

Tritt nun der worst case ein, machen die Banken dicht oder die Liquidität fehlt aufgrund der Verluste weit über der Abschreibung, kann der Fonds verlangen, dass die erfolgten Ausschüttungen sogar wieder zurückgezahlt werden müssen(siehe §HGB 161).

Die eigentliche Rendite am Ende einer z. T. 20 jährigen Laufzeit, nachlesbar in der Gesamtausschüttung, die in den Prospekten meistens mit deutlich über 100 % angegeben wird (100 % ist die Höhe der Zeichnung des Fonds ohne das obligatorische Agio von 5 %) ergibt sich meistens erst am Ende der Fondslaufzeit und zwar dann, wenn das über den Fonds finanzierte Gut (Immobilie, Flug­zeug, Schiff usw.) und zwischenzeitlich voll abgeschriebene Gut veräußert wird. Und das erfolgt dann in 10 bis 30 Jahren zu Zeit­punkten, nachdem die Verkäufer dieser Produkte längst von der Bildfläche verschwunden sind. Ende eines solchen geschlossenen Fonds, vergleichbar mit einer geschlossenen Anstalt, daher völlig offen.

Mit geschlossenen Fonds werden im Wesentlichen einzelne oder mehrere Objekte langfristig (10 – 30 Jahre) finanziert, entweder nur mit „eingeschwätz­tem“ Eigenkapital oder auch im Zusammenhang mit Fremdkapital /­ Bankkredite. Beliebt sind hier hauptsächlich größere Immobilienobjekte, Schiffe, Windparks, Biogas- und Solar­parkanlagen, Flugzeuge, Unternehmensbeteiligungen (Private Equity Fonds), Lokomotiven und Waggons und neuerdings auch die Suche nach Gold und sonstigen Metallen. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Diese geschlossenen Fonds werden in der Regel in der Rechtsform einer GmbH & Co.KG geführt, welche sich dann an einer Objekt­gesellschaft beteiligen, die das zu finanzierende Objekt aktiviert und in welcher sämtliche Kosten verbucht werden. Meistens wird dem Inhaber eines geschlossenen Fondsanteils die Einsicht in die Bilanz dieser Objektgesellschaft vorenthalten, nur finden in diesem Zahlenwerk die gesamten sehr fraglichen Buchungen     – meistens zu Gunsten des Initiators – auf diesem Feld der Vermögensanlagevernichtung statt. Kosten werden dort verbucht auf Teufel komm raus und sind daher schwer nachzuvollziehen, insbesondere wenn sich diese Gesellschaft im Ausland befindet.

Das ist jetzt eine einfache Version eines geschlossenen Fonds, die komplizierteren sind in ihrer Gesellschaftsstruktur noch weiter auf­gesplittert und mit vielen Saugnäpfen, d. h. weiteren Beteiligungen belastet.

Der Käufer eines geschlossenen Fonds tritt bei Erwerb in die Funktion eines Kommanditisten ein, wird also Gesellschafter und geht damit eine unternehmerische (Risikoübernahme-) Funktion ein, was den Anlegern in den allermeisten Fällen nicht so bekannt und auch nahe gebracht wird.

Die Aufzählung der Risiken erscheint hier wie bei den offenen Fonds in seitenlangen Ausführungen, welche sich die meisten Anleger nicht durchlesen und auch nicht verstehen. Unternehmerische Funktion heißt aber auch, dass bei Verlusten des Fonds es passieren kann, dass je nach rechtlicher Konstruktion der Anleger = Kommanditist zu einem Kapitalnachschuss verpflichtet ist, so ge­schehen bei einigen Schiffsfonds.

Ist der Kommanditist nicht verpflichtet, wird mit markigen Worten das Schicksal des Fonds heraufbeschworen und versucht, in einer einberufenen außerordentlichen Gesellschafterversammlung weiteres Kapital zur Sanierung des Fonds einzusammeln.

Bei einem solchen Schiffsfonds hatte ich das „Vergnügen“, für einen Mandanten an einer Schicksals- Gesellschafterversammlung in Hamburg teilnehmen zu dürfen. Bezeichnend war für mich, dass sich der anwesende Gesellschafterkreis aus relativ betagten Herr­schaften zusammensetzte, denen je nach Kapital-Gewicht ein Betreuer des Fonds zur Seite gegeben wurde. Dieser Betreuer hatte dann die Aufgabe, die für einen Laien schwer verständliche Fonds­sprache wohlwollend und freundschaftlich zu übersetzen, ja sogar ihnen zu zeigen, an welcher Stelle sie ihr Kreuzchen machen sollten. Das für mich Unverschämte war dann noch, dass keine aktuellen Zahlen des Schiffsfonds vorlagen, der agile Redner sich während seines Vortrags dabei auf zwei Jahre alte Ziffern berief. Meine dies­bezüglichen Hinweise wurden mit bösen Blicken der älteren Herr­schaften, die anscheinend Unternehmer spielen wollten, abgestraft, manche Blicke entsprachen dem eines Richters des Jüngsten Gerichts.

Positiv anmerken möchte ich aber hierbei, dass ich als Vermögens­betreuer, was ein Family Officer ist, mit Bankausbildung zu dieser Gesellschafterversammlung zugelassen worden bin. Bei einigen sehr risikoreichen geschlossenen Fonds wurde mir die Vertretung des Mandanten sogar verweigert unter Hinweis auf eine Vertretungs­klausel im Gesellschaftsvertrag des geschlossenen Fonds. In diesem steht der Passus, dass entweder der Gesellschafter selbst an diesen Gesellschafterversammlungen teilnehmen darf (wie großzügig!!) oder ein zur Verschwiegenheit verpflichteter Berufsangehöriger, womit qua Definition ein Rechtsanwalt, ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater gemeint ist. Ein Family Officer, der wie kein anderer das Vermögen seines Mandaten kennt und die persönlichen Dienstleistungen nur leisten kann aufgrund seiner äußersten Ver­schwiegenheit, fällt somit nicht unter diese Definition. Ich wurde sogar mehrmals von einem Immobilienfonds  mit ausländischen Wurzeln unter Hinweis auf diese Klausel ausgeladen.

Diese Einschränkung wird von den meisten geschlossenen Fonds mit Bedacht gewählt und zwar aus folgenden Gründen. Rechts­anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind hoch bezahlte Fachleute ihres Fachs, Stundensätze von € 250,- aufwärts bis € 600,- sind keine Seltenheit. Da nun die Gesellschafter der Fonds meistens weit verstreut in unserer Republik domizilieren, wären Reisespesen, Flug oder Bahnfahrt und dann auch noch die Reisezeit entsprechend zu bezahlen. Die Gesellschafterversammlungen dauern je nach Brisanz ein bis vier Stunden +x, wenn dann noch ein Witze reißender Fondsmanager, wie der Herr Jagdfeld der Fundus Gruppe einer ist und ich dieses Talent schon mehrmals an der Adlon-Ge­sellschafterversammlung vernehmen durfte, bis zu 2 Stunden die Gesellschafter unterhält, kann es sogar noch länger dauern.

Kurzum, ein ganzer Tag würde  so für einen „zu Verschwiegenheit Verpflichteten“ mindestens ins Land, nicht zu vergessen die dann folgenden Schriftsätze. Dieser Spaß könnte somit einem Anleger um die € 1.000 bis € 3.000 plus x kosten, was von den meisten Anlegern, die sich nach meiner Erfahrung aus der Mittelschicht zusammensetzen, doch als recht schmerzhaft empfunden wird mit der Konsequenz, dass daher solche zur Verschwiegenheit Verpflichtete nicht eingesetzt werden. Außerdem stellt sich dann noch die Frage, ob diese „zur Ver­schwiegenheit Verpflichteten“ über die zur Beurteilung eines komplexen Fonds notwendige Kreditexpertise verfügen, die man bei einem guten Family Officer voraussetzen muss.

Diese Teilnahmeverhinderungsklausel führt dann dazu, dass die Beiträge der anwesenden Gesellschafter äußerst dürftig ausfallen und von den agilen und rhetorisch geschulten Fondsmanagern schlankweg ausgehebelt werden. Ist dann einmal ein guter und kritischer Beitrag eines Gesellschafters oder eines seiner Vertreter vernehmbar, wird von Seiten des Fondsmanagers darauf hin­gewiesen, dass er später noch darauf zurückkommt, um es dann aber zu vergessen oder er wird gebeten, aufgrund der Komplexität seiner Fragestellung es schriftlich dem Fondsmanagement einzu­reichen. Ist dann aber ein sehr guter Fragsteller am Werk, dauert es nicht lange, bis missmutige und genervte Zwischenrufer, die nur auf das Büfett ungeduldig warten, dem Frage-Antwort-Spiel ein Ende machen wollen.

Auch muss ganz klar festgehalten werden, dass die BaFin auch hier nicht die Risiken und die Gebührenpolitik des geschlossenen Fonds überprüft. Sehr oft wird im Prospekt der Hinweis auf den ersten Seiten angebracht, dass die BaFin die Voraussetzungen für diesen Fonds überprüft hat und der Fonds von dieser zugelassen wurde, womit man auch hier suggerieren möchte, dass die Bafin auch das Risiko überprüft hat und es sich aufgrund dessen um ein seriöses Anlageprodukt handelt. Liest man den Hinweis genau durch, er­kennt man diese Fehleinschätzung.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Finanz-/ Staatsschuldenkrise

(= zweite vom Investmentbanking ausgelöste Krise)

Ab 2003 fingen sich die Börsen nach einer fast drei Jahre andauernden Baisse langsam wieder. So wie die Anleger beim Kauf dieser Heiße-Luft-Aktien während der Dotcom-Blase verrücktspielten und die Aktienkurse in ungeahnte Höhen trieben, genauso reagierten sie umgekehrt beim ersten Stich in die Blase und ver­kauften ihre „wertvollen“ Papiere als hätten sie die Pest. Betroffen waren letztlich alle Aktien, ob gute oder schlechte Papiere. Der Verkaufsdruck erreichte auch die Blue Chips mit hoher Substanz und Marktakzeptanz, welches im Übrigen in Baisse Szenarien als typisch und normal anzusehen ist. In solchen Situationen werden alle Papiere in den Strudel mit hineingezogen. Beispielsweise stürzten die Aktien der Allianz von über € 400 (1999) bis auf rd. € 34 (2003) ab und ebenso bei vielen anderen damals seriösen Aktiengesellschaften in ähnlicher Weise.

Billiges Geld der FED sorgte dann dafür, dass die Stimmungen welt­weit wieder besser und die Anleger wieder risikofreudiger wurden.

Die nun folgenden Jahre kann man als die Blütezeit der Invest­mentbanken ansehen. Es begann wieder das Strukturieren, eine Lieblingsbeschäftigung der Investmentbanken, welche zwischen­zeitlich die Geschäftspolitik aller großen Banken weltweit erfasst hatte und den Eigenhandel der Banken völlig vereinnahmte.

Mit dem Eigenhandel wurden die extrem angestiegenen hohen eigenen Mittel der Banken aus den Gewinnen verwaltet, stellen somit die Vermögensverwaltung der jeweiligen Bank dar. Obwohl permanent beschworen wurde, dass die (Insider) Informationen aus dem Bankgeschäft hier keine Verwendung fanden, so genannte „Chinese Walls“ (auf Deutsch: Chinesische Mauern /­ damit soll eine Abschottung des Insider- Informationsflusses innerhalb eines Bank­hauses suggeriert werden) aufgebaut wären, um das zu verhindern, war es doch sehr verwunderlich, warum gerade diese Abteilungen wesentlich zum Jahresergebnis der jeweiligen Bank beitrugen.

Die alt herkömmlichen Wertpapiere wie Anleihen und auch Aktien verschwanden immer mehr aus den Angebotsregalen der Banken, dafür wurden Aktienfonds, Rentenfonds, Geldmarktfonds, offene Immobilienfonds, Asset Backed Securities und sonstiger strukturierter Krimskrams in die Regale gestellt.

Ich erinnere mich noch an die Anrufe meiner alten Bankerkollegen auf der Anlageseite, welche wieder ein ganz neues und tolles Produkt für meine Mandanten anzubieten hätten, mit den aus­gefeiltesten Strukturen und den besten Gewinnchancen und das kam dann nahezu wöchentlich vor. Das Zeitalter des Produktes der Woche war geboren und wurde zunehmend bei den Banken ein­geführt.

Gott sei Dank bekam ich diese Entwicklung nur bis in den Herbst 2004 noch mit und Gott sei Dank befand ich mich noch auf der Kreditseite, welche noch relativ traditionell, aber auch schon mit merklichem Investmentbank-Geruch geführt wurde, d. h. zunehmend Zins- und Währungsswaps das Angebotsprogramm erweitert hatten, die im Nachhinein betrachtet meistens zu Ungunsten der Unternehmen ausgingen.

Fakt war (und ist), dass an jedem Montag in den so genannten Teamsitzungen das Produkt der Woche vorgestellt und das kurz­fristig zu verkaufende Volumen festgelegt wurde. Am Mittwoch wurde dann nachgefragt, warum man noch nicht die Verkaufs-Soll-Zahl erreicht hat mit dem Hintergedanken, den Mitarbeiter coachender Weise unter Druck zu setzen und am Freitag musste er sich erklären, warum seine Verkaufsziele nicht erreicht worden sind mit dem Hinweis, sich über das Wochenende zu überlegen, wie er es besser machen könne. Drohungen, seinen Arbeitsplatz zu ver­lieren, wenn es nicht besser würde, waren nicht selten und wenn auch nur indirekt angedeutet.

Je nach Qualität der Führungskräfte, hier auch Teamleiter genannt, entstand ein regelrechter Verkaufsterror, welcher viele Mitarbeiter in die Kur führte und den Kunden so langsam aber sicher auf die Nerven ging. Diesen Terror gab man von ganz oben kaskadenförmig nach unten weiter, nach oben zurück ging aber nichts, da gab es eine Mauer und legt damit die Basis für nicht geerdete Vor­stände.

Dieser überspitzte Controlling-Terror führte dazu, dass ein eben erst ernannter junger Vorstand der Dresdner Bank, welcher im Übrigen Herrn Blessing (jetziger Vorstandvorsitzender der Commerzbank) damals vorgezogen worden war, bereits am 4. Januar eines Jahres (die ersten 2 Tage dieses Jahres waren Samstag und Sonntag gewesen) per Rundschreiben den Mitarbeitern zur Kenntnis gab, das bereits am 4. Januar das Provisionsergebnis stark rückläufig wäre und daher alle Anstrengungen unternommen werden müssten, dieses Defizit wieder aufzuholen.

Nach Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank war dieser Herrn Blessing vorgezogener Vorstand einer der ersten, welcher das neue Gesamthaus Commerzbank verlassen musste.

Die durch billiges Geld angeheizte Nachfrage zu den nunmehr selig machenden strukturierten Finanzprodukten führte zu einem Anstieg solcher Produktionen. Herr Kopper, damaliger Aufsichtsratsvor­sitzender der Deutsche Bank sprach in einer diesbezüglichen Fern­sehreportage davon, dass man sich vor Nachfrage nach solchen Produkten nicht mehr verweigern konnte (?).

Da die Basis für jedes Anlageprodukt stets ein Kredit ist, wurden u. a. in den USA Immobilienkredite regelrecht produziert, d. h. jedem Idioten wurde eine Baufinanzierung aufgeschwatzt, egal ob er die dafür nötige Bonität besaß. Damit setzte man eine hohe Nachfrage nach Immobilien in Gang, die wiederum die Immobilienwerte ansteigen ließ und den Immobilienbesitzern somit eine Sicherheit vorgaukelte, dass durch Verkauf der Immobilien ein hoher Gewinn evtl. vereinnahmt werden kann.

Dass dies nicht aufgehen kann, insbesondere wenn alle dieses Ziel verfolgen und somit die Preise wieder fallen, war jedem vernünftig denkendem Menschen sofort klar, natürlich auch den finanzierenden US-Banken, welche auch die Bonität der Immobilienkäufer kennen mussten und daher bestrebt waren, dieses Risiko so schnell wie möglich wieder loszuwerden.

Dieses „Loswerden-Instrument“ liefern sehr trefflich die jeweiligen Investmentbanken, indem sie diese Kredite in einen Topf warfen, bzw. diese Kredite zusammenfassten und als Deckung /­ Sicherheit für eine neue Anleihe verwendeten.

Zu Beginn dieses Hypes setzten sich diese Anleihen aus guten Boni­täten zusammen, mit zunehmender Fortschreitung dieses Booms verschlechterten sich die Bonitäten immer mehr bis diese Anleihen nur noch aus schlechten Bonitäten bestanden. Die sogenannten US-Subprimes waren geboren.

Damit die schlechten Bonitäten der dahinter stehenden Kredit­nehmer nicht offensichtlich wurden, fasste man verschiedene Anleihen/­Subprimes zu weiteren neuen Subprime-Anleihen, und vermischte und vermatschte diese wiederum mit anderen Sub­prime-Anleihen letztlich mit vielen tausend Kreditnehmern zusammen, um eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu produzieren, die dann angeblich sehr sehr gering wäre.

Mit dieser Anonymisierung verfolgte diese Investment – Hexen­küche das Ziel, die schlechte Bonität zu verschleiern, um es somit als innovatives und lukratives Investment, versehen mit einer bezahlten triple A-Note (=beste Bonitätsqualität), dem durch entsprechende Marketingmaßnahmen heiß gemachten Markt verkaufen zu können.

Auf der anderen Seite wussten aber die informierten Investment­banker von dieser schlechten Bonitätsqualität und hatten daher mit dem gesamten Derivate-Instrumentarium dagegen gewettet mit der Folge von darauffolgenden astronomisch hohen Gewinnen.

Diesen Vorwurf musste sich Goldman Sachs und andere Invest­mentbanken, darunter auch die Deutsche Bank, gefallen lassen. Goldman Sachs einigte sich diesbezüglich mit der Aufsichtsbehörde SEC und zahlte, um diesen Vorwurf unter den Tisch fallen zu lassen, einige hundert Millionen US$. Ist das rechtsstaatlich?

Das Pech vieler dieser „Masters of the Universe“ war jedoch, dass sie zu viel auf ihre Bilanz genommen, bzw. noch in ihrem Bestand hatten und von der Lehmann-Pleite kalt erwischt wurden, somit diesen Schrott nicht mehr verkaufen konnten.

In diesem Szenario haben allerdings die Wahrscheinlichkeits­rechnungen einiger Banken versagt, da die persönliche Antipathie des damaligen US-Finanz­ministers Paulson, ehemaliger Partner von Goldman Sachs, der die Rettung von Lehmann Brothers hätte ver­hindern können, zum Chef von Lehman Brothers, Richard Fuld, mathematisch nicht errechenbar war.

Ganz clevere oder besser gesagt aufgrund ihrer besseren Wahr­schein­lich­keitsrechnungen gut informierte Investmentbanken hatten auch dieses Risiko des Bestandes noch zusätzlich über Derivate abgesichert. So auch die Deutsche Bank, die trotz hoher Finanzaktiva von € 1,6 Billionen per 31.12.2008 nur rd. € 8-9 Milliarden wertberichtigen musste, was einer Wertberichtigungs­quote von nur ca. 0,6 % entsprach.

Meine diesbezügliche Anfrage, wie diese niedrige Wertbe­richtigungsquote bei dieser hohen Finanzaktiva sein könne, wurde mit der Absicherung durch Derivate, ich vermute u.a. mit so genannten Credit Default Swaps (Kreditversicherungen), begründet.

Zwischenzeitlich muss man aber an dieser Darstellung auch Zweifel anmelden, da im Herbst 2012  die Deutsche Bank eine Bad- Bank, in der die „none-core-assets“, also Aktivwerte, die nicht zum Kerngeschäft der Bank gehören (sehr diplomatische Umschreibung für toxische Wertpapiere) mit einer Bilanzsumme von ca. € 125 Milliarden (Konzern –Eigenkapital der Deutsche Bank  per 31.12.2012 €  54,41 Milliarden) , „ausgelagert“ hatte zwecks breiten Weiterverkauf an die Anleger(?).

Diese Papiere/ Aktivwerte sind sicherlich nicht erst nach der Finanzkrise gekauft worden, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass man diese toxischen Werte einfach unter den Teppich gekehrt hatte. Ähnliches wurde auch schon aus den USA kolportiert. Was soll man daher vom Zahlenwerk der Deutsche Bank halten?

Bei diesen Absicherungsgeschäften hatte die AIG (American Inter­national Group), der größte US-amerikanische Versicherungs­konzern den maßgeblichen Anteil an diesen Absicherungsgeschäften, d. h. dieses Institut war ein wichtiger Gegenpart des Kreditabsicherungsgeschäftes durch Übernahme des Kreditrisikos mit der Folge, dass dieses Institut in 2007 und 2008 durch den amerikanischen Staat mit rd. US 125 Milliarden, insgesamt wurden es dann rd. € 182 Milliarden, zwecks Erhalt der Kreditwürdigkeit und Bonität bezuschusst und damit gerettet werden musste.

Diese staatliche Rettung durch den amerikanischen Steuerzahler brachte letztlich der Deutsche Bank einen zweistelligen Milliardenbetrag bei Glattstellung ihrer diesbezüglichen Derivate ein. Wäre die AIG ebenfalls in die Insolvenz gegangen, hätte auch die Deutsche Bank einer Hilfestellung, wenn nicht sogar Rettung durch den deutschen Steuerzahler bedurft. Jedenfalls haben Steuerzahler, seien es US-amerikanische oder deutsche Steuer­zahler, dieses Bankhaus vor einer vielleicht existenziellen Blamage bewahrt.

Somit hält der permanente Hinweis, dass die Deutsche Bank ohne staatliche Hilfe durch die Finanzkrise gekommen wäre, einer kritischen Prüfung dieses Sachverhaltes nicht Stand, zumal dieses Institut als eines der führenden Investmentbanken in der Welt maßgeblich einen hohen Anteil an diesem Monopoly-Spiel hatte und leider immer noch hat.

Offenbar wurde die Finanzkrise in Deutschland Mitte 2007 mit der IKB (Industriekreditbank), die sich mit solchen strukturierten Finanzmischmasch vollgesaugt hatte und damit in die Illiquidität geriet.

Die FAZ hatte in einem Kommentar einen diesbezüglichen Verdacht geäußert, der eigentlich zu entsprechenden Konsequenzen hätte führen müssen. Einer der maßgeblichen Verkäufer dieser Misch­maschpapiere an die IKB wäre angeblich die Deutsche Bank gewesen, welche der Bafin dann den Hinweis zu diesem Missverhältnis gab, worauf­hin dieses Missverhältnis bekannt und aufgedeckt wurde. In einem darauffolgenden Schritt wäre dann die Deutsche Bank wieder diejenige gewesen, welche die sicherlich nur akzeptablen Papiere zu deutlich günstigeren Preisen wieder zurückgekauft hätte.

Diesen damaligen Verdacht hat kein geringerer als der Präsident des Deutschen Spar­kassen- und Giroverbandes, Herr Georg Fahrenschon, im Zusammenhang mit der Vertrauenskrise gegenüber den Banken neu aufgewärmt. Früher warb die Deutsche Bank mit dem Slogan „Vertrauen ist der Anfang von allem“, meines Erachtens ein sehr guter Werbespruch, den aber nur solche Banken benutzen sollten, deren Absicht nicht darin besteht, ihren Kunden fragwürdige strukturierte Produkte zu verkaufen und dann gegen diese zu wetten.

Damit wird oder wurde eine Vertrauensbasis kaputt strukturiert, die wieder zu erlangen sehr schwer sein dürfte.

Aussage von Herrn Fahrenschon: „Ein vertrauenswürdiges Kredit­institut darf einem Kunden kein Produkt verkaufen, bei dem es mit deutlich überlegenem Marktwissen selbst die Gegenpartei stellt“.

Diese Aussage kann man nur deutlich unterstreichen, allerdings sollten Herr Fahrenschon und die von ihm vertretenen Sparkassen darauf achten, dass den Sparkassenkunden nicht primär strukturierte Produkte aus der Hexenküche dieser Investment­banken und mit Blick auf die damit generierten hohen Verkaufs­provisionen verkauft werden. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Das gilt letztlich auch für die Volksbanken.

Mit einem hat Herr Fahrenschon auf jeden Fall Recht, das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzugewinnen, dürfte eine Herkulesarbeit für die nächsten Jahre werden.

Die deutschen Landesbanken, in früheren Zeiten mit einer staatlichen Garantie versehen, der so genannten Gewährträgerhaftung der jeweiligen Bundesländer, konnten als triple A-Bank auf dem Markt schalten und walten – Ertrag war nicht so wichtig, bei Verlust würde der Staat einspringen –, haben ab 2005 diese Gewährträgerhaftung und damit die staatliche Garantie aufgrund des berechtigten Einspruchs von Brüssel verloren. Kurz vor Beendigung der Gewähr­trägerhaftung sammelten sie aber mit Ihrer triple A-Bonität enorm viel Liquidität zwecks Vorsorge an, die nun Anlage suchte.

Sie waren daher leichtes Spiel für die hochprofitablen und gewitzten Investmentbanken, glaubten die Landesbanken und auch andere größere Sparkassen und Volksbanken, mit diesen Banken gleich­ziehen zu können nach der Formel, ich kaufe einige mehr oder minder abgehalfterte Investmentbanker zu horrenden Preisen ein und ab geht die Post.

Dabei haben aber diese Banker aus der Provinz vergessen, dass zum Investmentbanking eine hocheffiziente und extrem ausgefeilte Wahrscheinlichkeitsrechnung gehört, über die diese Landesbanken nicht verfügten. Man glaubte einfach den verkaufenden und erfolg­reichen Investmentbanken und bemerkte nicht, dass diese sie vollkommen über den Tisch gezogen haben. Die Landesbanken rissen den Investmentbanken regelrecht jedes strukturierte Papier, ein damaliger Modeartikel auf dem Finanzmarkt, aus den Händen und alle jubelten.

Hier hat auch unsere Bafin kläglich versagt und vermutlich auch den Grundsatz, dass der Anleger Kreditgeber ist, nicht wahrgenommen oder was noch schlimmer ist, sich dafür nicht zuständig gefühlt.

Ich hatte in einem Schreiben den damaligen Chef der Bafin, Herr Jochen Sanio, auf den Mischmasch und die Gefahr dieser strukturierten Papiere hingewiesen. Die Antwort war, dass man für Fonds und strukturierte Finanzprodukte keine Zuständigkeit hatte. Anscheinend sah die Bafin zum damaligen Zeitpunkt ihr Aktionsfeld nicht im Anlagebereich, sondern nur im Bankkreditbereich, ein Zustand, der aktuell extrem ausgebaut /­ verstärkt wird und die Versorgung der Wirtschaft mit Kredit aufgrund der übergroßen Regulierung und Formalitäten mehr als gefährdet.

Für die Risiken im Anlagebereich scheint immer noch keine ent­sprechende Expertise zu bestehen, so dass die Investmentbanker weiter machen können wie bisher.

Zu diesem Thema noch der schon erwähnte Treppenwitz in der Finanzgeschichte unserer Republik, der aber auch zeigt, wie sorglos und naiv hoch angesehene Institutionen vor der Finanzkrise mit dem Thema Risiko im Anlagebereich, insbesondere bei strukturierten Finanz­produkten, umgegangen sind.

Die Pensionsgelder der Bafin-Beamten wurden von der Deutschen Bundesbank, der Inkarnation des deutschen Bankwesens, verwaltet. Die dortigen Vermögensverwalter hatten aber nichts anderes zu tun, als diese Pensionsgelder in Wertpapiere der HRE (Hypo Real Estate) zu investieren, die mit vielen Milliarden des deutschen Steuerzahlers gerettet werden musste. Vielleicht ist das u. a. auch ein Grund für die Rettung dieses Pleite-Bankhauses, um sich die Blamage der Deutschen Bundesbank zu ersparen.

Ein weiterer Treppenwitz der Finanzgeschichte (leider gibt es deren sehr viele) ist die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der Hauptverantwortlichen dieser Finanzkrise durch die Bundesanstalt für Finanzstabilisierung (FMSA). Eine Aufstellung des Finanz­ministeriums ergab eine Gesamtsumme von rd. € 100 Mio. für Beratungsdienste zur Stabilisierung des deutschen Bankenwesens, welche an Deutsche Bank, Bankhaus Rothschild und Goldman Sachs nebst diversen Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern wie KPMG (ist in der Prüfung der geschlossenen Fonds sehr aktiv), Roland Berger und Anwaltskanzleien US-amerikanischen Ursprungs wie Freshfield Bruckhaus Dehringer und White & Case bezahlt wurden.

Eine dieser US-amerikanischen Anwaltskanzleien ist mir persönlich bei einem Mandat sehr unangenehm aufgefallen. Strategie dieser Herren ist es grundsätzlich, jeden Vertrag in Frage zu stellen, diese in kompliziertester Art und Weise umzustricken mit der Folge, dass die Gegenpartei diese Maßnahme ebenfalls einleitet, bzw. darauf eingehen muss und somit Stunden über Stunden, ich meine total unnütze Stunden, zusammenkommen, die abgerechnet werden dürfen. Selbst KfW-Kreditanträge versuchten diese Herren auf ihre Masche umzustricken.

Von diesen € 100 Mio. Beratungshonoraren sollen die Empfänger­banken nur rd. € 8,7 Mio. bezahlt haben, den Rest hätte der Steuer­zahler aufbringen müssen. Dies wurde später vom Finanz­ministerium dementiert, es hieß dann, ein Großteil der Kosten sei an die hilfsbedürftigen Banken und Abwicklungsfonds direkt oder über Pauschalen weiter gereicht worden. Sei wie es sei, letztlich haben die Geschädigten, seien es jetzt die Steuerzahler oder die „hilfsbedürftigen“ Banken, ihre Schadensverursacher noch damit belohnt.

Vergleichbar wäre das mit einem Bankräuber, der eine Bank über­fallen hat, dafür aber nicht belangt wird und das geraubte Geld behalten darf, sondern noch zusätzlich ein gut dotiertes Honorar dafür bekommt, um mitzuteilen, wie man einen solchen Bankraub verhindern kann.

Wie krank ist eigentlich unser System und wie viel Unkenntnis der handelnden Personen in der Politik über die wahren Begebenheiten in der Wirtschaft muss vorhanden sein, dass solche Zustände möglich sind.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Krasses Beispiel eines geschlossenen Fonds

Vorab möchte ich bemerken, dass es von dieser Anlageform der geshlossenen Fonds unzählige krasse Fälle einer strukturierten Ausbeutung gibt, die alle zu beschreiben Jahrzehnte meines Lebens beanspruchen würden. Ich kann daher nicht verstehen, warum man diese Anlageform nicht stärker an die Kandare nimmt oder sogar ganz verbietet.

Hier ist ein ganz besonders krasses Beispiel.

Landentwicklungsfonds in Kanada:

Es handelt sich hier um einen so genannten Landentwicklungsfonds (klingt gut), d. h. eine Einzweckgesellschaft = Fonds sammelt Geld ein und kauft damit sukzessive billige landwirtschaftlich genutzte Flächen auf, um diese dann zu deutlich teurem Bauland zu ent­wickeln. Der Unterschied zwischen Einkauf und Verkauf dieser Grundstücke ist sehr hoch und kann somit sehr profitabel sein.

Soweit so gut, klingt sehr plausibel. Die Umsetzung sollte sogar innerhalb weniger Monate möglich sein, wurde zumindest vom Verkäufer des Fonds als Verkaufsargument benutzt.

Studierte man aber das über 200 Seiten starke Prospekt, musste man feststellen, dass die „wenigen Monate“ bis zu 10 Jahren dauern können + x was dann natürlich auch eintrat, und darüber hinaus der größte Teil des Fondskapitals sofort in die Kanäle des Fondsinitiators verschwand.

Das Fondsvolumen von Can$ 33,84 Mio., davon verlorenes Agio von Can$ 1,61 Mio. wurde wie folgt „investiert“:

Fondsvolumen (von den Anlegern voll finanziert): Can$ 33.840.000
Kaufpreis der Grundstücke von Tochtergesellschaft des Initiators: -Can$ 6.424.000
Kauf des Erschließungskonzepts vom Initiator: -Can$ 19.273.000
Vertriebsprovision an Komplementär des Fonds(Initiator) -Can$ 967.000
Vertriebsprovision an „Vertriebspartner“ -Can$ 4.835.000
Sonstige weiche Kosten /­Liquiditätsreserve für sonst. Kosten d. Initiators -Can$ 2.341.000

 

Der Nettowert des Fonds bestand somit nur aus dem Grundstück zu einem Kaufpreis von Can$ 6,424 Mio. = rd. 18 % des Fondsvolumens, welches von einer Gesellschaft des Initiators gekauft wurde, wobei nicht sicher war, ob das der ursprüngliche Kaufpreis war oder ob diese Gesellschaft des Initiators daran auch schon verdient hatte. Den Rest hat sich größtenteils der Initiator (Can$ 22,581 Mio. = rd. 67 %) gegönnt und damit dieses strukturierte Finanzprodukt auch gut verkauft werden konnte, hat man rd. 14,2 % = Can$ 4,834 Mio. an Vertriebsprovision an die Helfershelfer, auch „Vertriebspartner“ genannt, großzügig ausgeschüttet.

Damit aber nicht genug.

Die Fondsgesellschaft = Beteiligungsgesellschaft hat sich mit diesen Can$ 33,84 Mio. an der Objektgesellschaft beteiligt, welche diese Grundstücke hielt. Somit erschien in der Bilanz der Fonds­gesellschaft auf der Aktivseite kein Grundstück, sondern die Finanzbeteiligung an dieser Objektgesellschaft in etwa dieser Höhe.

Neugierig geworden ließ ich mir die Bilanz dieser Objektgesellschaft geben und stellte fest, dass diese Objektgesellschaft plötzlich diese Grundstücke mit einem Wert von rd. Can$ 27,4 Mio. aktiviert hatte, obwohl der Kaufpreis der Grundstücke nur Can$ 6,424 Mio. betrug. Letztlich hat man den Kaufpreis der Grundstücke mit dem „Wert“ des Erschließungskonzeptes von Can$ 19,3 Mio. sowie weitere weiche Kosten zusammenschmelzen lassen und daraus den hohen Wert der Immobilie kreiert, obwohl das Grundstück noch nicht zum Bauland entwickelt worden war.

Normalerweise müsste aus Gründen der Bilanzklarheit und Bilanz­wahrheit das in dieser Bilanz entsprechend dargestellt werden, d. h. Can$ 6,4 Mio. als Immobilie und Can$ 19,3 Mio. + x als Erschließungskonzept oder immaterielle Aktiva (intangible assets). Erklärt wurde mir das dann von einem von dieser Fondsgesellschaft angeheuerten und sichtlich nervösen PWC-Mitarbeiter mit dem so genannten Canadian Gap, was immer das heißen mag. Seine Schweißperlen auf der Stirn wurden dabei immer größer.

Kurzum, ich konnte für meinen Mandanten zumindest die Can$-Einlage wieder zurückholen und sogar ein kleines Plus aufgrund des gestiegenen Can$ damit erreichen, welche nur etwas den ein­getretenen Zinsverlust wettmachte, hätte man dieses Geld in eine normale in eine normale Bundesanleihe gesteckt.

 

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Finanzindustrie

Das Wort Finanzindustrie entstammt wie so viele Ausdrücke im Finanzbereich aus dem englischen Wort „financial industry“ und ist ein Synonym für den wichtigsten Teil der britischen Volkswirtschaft. Eben eine Industrie!! Sehr kritische Zeitgenossen nennen sie die Blutsauger einer Volks­wirtschaft, andere meinen, dass sie ein wichtiger Baustein im Spiel der Marktkräfte und nicht mehr wegzudenken wären bei der Finanzierung des wirtschaftlichen Fortschritts.

Früher konnte man unter dieser Bezeichnung im Wesentlichen nur die Banken (Privatbanken, Sparkassen, Volksbanken) sehen. Jetzt spielen die Banken eine kleinere Rolle und müssen sich diese mit Finanzvertrieben aller Art, diversen Investmentfonds, hoch­spekulativen Hedgefonds unterschiedlichster Kategorie, nicht Bank­konzernen angeschlossenen Internetbanken u. a. mit den abstrusesten Angeboten und den Versicherungen, welche gerne ihre Versicherungspolicen mit den Bankprodukten vermischen wollen oder jetzt sogar aufgrund fehlender Anlagealternativen in das Kreditgeschäft einsteigen, teilen.

Bis etwa in die Mitte der 90-er Jahre bestand das Bankgeschäft hauptsächlich aus dem Kreditgeschäft mit Unternehmen, das Anlagegeschäft mit den Privatkunden war überschaubar und beschränkte sich auf ein relativ transparentes Produktportfolio. Die anderen Bereiche wie Auslandsgeschäft, Devisenhandel und Zahlungsverkehr dienten letztlich dem Unternehmenskunden­kreditgeschäft.

Das Kreditgeschäft mit Privatkunden nahm hier zunächst eine deut­lich untergeordnete Rolle ein, die dann später zu einer über­ragenden wurde. Die Kreditvergabe an Privatkunden und damit der Start in dieses Massengeschäft kamen erst in den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts so langsam in Schwung. Die Vorreiterrolle spielte hier der deutsche „Bankenprimus“, wobei diese Kreditver­gabe noch sehr stark von den jeweiligen Banken sehr strengen Vorgaben und Regularien unterworfen war. Ich erinnere mich noch an archivierte Kreditvorlagen aus den 60iger Jahren in Höhe von DM 50.000, die noch von zwei Vorstandsmitgliedern der Dresdner Bank genehmigt werden mussten.

Somit konnte der Erfolg einer Bank an der Anzahl der betreuten Unternehmen, am Umfang der damit getätigten Bankgeschäfte und der daraus erzielten Erträge sowie der Höhe der Wertbe­richtigungen für Kredite, womit die hohe Professionalität bei der Kreditvergabe der Banken dokumentiert wurde, erkannt werden. Die Bank nahm Geld der Anlagekunden entgegen und gab es an die für gut befundenen Kreditkunden weiter. Hierbei bekam der Anlagekunde für die Überlassung seines Geldes den ent­sprechenden Zinssatz, der in der Regel deutlich geringer war als der Zinssatz, den die Bank vom Kreditkunden verlangte. Diese Zins­differenz, bzw. Zinsmarge war neben den Provisionserträgen aus der Abwicklung des Auslandsgeschäftes und vieler ähnlich ge­lagerter Geschäftsarten der Ertrag der Bank. Das Kapitalmarkt­geschäft spielte hierbei noch keine große Rolle und war nur wenigen Banken mit entsprechender Kapitalmarktexpertise vor­behalten.

Mitte /­ Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fasste dann das so genannte Investment Banking, kommend aus dem angelsächsischen Teil des Globus langsam Fuß in Europa, wobei die Deutsche Bank in 1989 unter Alfred Herrhausen mit dem Kauf der britischen Morgan Grenfell den hierzu größten Schritt unternahm und wiederum sich als Vorreiter profilierte. Andere Banken folgten dann in der Regel wie Lemminge diesem Schritt der Deutsche Bank (in 1995 die Dresdner Bank mit dem Kauf der britischen Invest­ment­bank Kleinwort Benson) mit der Folge, dass gegen Ende der 90er Jahre die Investmentbanker die Vorstandspositionen der Geschäftsbanken sukzessive okkupierten, indem sie alle Geschäfts­arten, welche mit dem Investmentbanking in Berührung kamen, einfach als wesentlichen Bestandteil des Investmentbankings deklarierten.

Die Dresdner Bank rühmte sich sogar damit, einen mit 34 Lebens­jahren an „Erfahrung“ einen der jüngsten Vorstandsmitglieder im Vorstand zu haben. Später gab man ihm dann aber die Schuld dafür, dass er mit seinen forcierten Zukäufen, u. a. die M&A – „Boutique“ Wasserstein (Kaufpreis DM 3,5 Milliarden) wesentlich den Nieder­gang der Dresdner Bank in Gang gesetzt  hatte, da mit diesem Kauf­preis so ziemlich die letzten Reserven der Bank verbraucht worden waren. Dennoch blieben diesem Herrn nach seinem Rausschmiss die Spitzenpositionen in einer bekannten Schweizer Versicherungs­ge­sell­schaft und jetzt als tragender Kopf einer „Finanzgruppe“, welche bedauer­licherweise die BHF-Bank  vermutlich übernehmen wird und mit der
Invest­mentbank Kleinwort Benson vernetzen will (= Verkauf von strukturiertem Finanzmischmasch), nicht ver­schlossen. Selbst eine bekannte Tages­wirtschaftszeitung bemühte ihn als Laudator für eine Preisvergabe. Normalerweise sollte eine solche Ehre erfolgreichen Wirtschaftsführern vorbehalten bleiben.

Eigentlich unfassbar, zeigt es aber doch, wie verdreht die Ethik in der Wirtschaft eigentlich geworden ist.

Die Grundlage für den Einzug oder Siegeszug des Investment­bankings waren die außerordentlich hohen Erträge, welche diese Geschäftssparte erwirtschaftete. Zunächst hunderte von Millionen US$ und später dann mehrere Milliarden und dann im Quartal, Sie lesen richtig, im Quartal. Das überstieg sogar die Ertragslage von Rauschgiftsyndikaten und Waffenhändlern.

Die Fachleute jubelten zusammen mit den „Wirtschafts­journalisten“ um die Wette und sprachen von einem neu angebrochenem Zeitalter der finanziellen Glückseligkeit und lobten vor allem die hierfür verantwortlichen Finanz-innovationen, die immer komplizierter wurden und die zuletzt dann keiner mehr verstand.

Die wenigsten Fachleute sahen diese Entwicklung sehr kritisch, insbesondere die Wirtschaftspresse schien sich keine Gedanken darüber zu machen, dass auf der anderen Seite viele Geschäfts­partner dieser Banken, seien es Sparer oder Kreditkunden, für diese hohen Erträge bezahlen mussten. Gewinne der Bank bedeuten Verluste oder massive Benachteiligungen der Kunden dieser Banken. Dieses System wurde als eine so genannte win-win- Situation der Öffentlichkeit verkauft, war aber letztlich eine brutale Abzocke, welche jetzt durch die zahllosen juristischen Prozesse dieser hoch gelobten Banken mehr als unterstrichen wird.

Letztlich wurden diese hohen Erträge der jeweiligen Volkswirtschaft entnommen, insbesondere dann, wenn diese ertragsstarken Investmentbanken aus Regionen heraus operierten, die mit der jeweiligen Volkswirtschaft nur über Telefondrähte und Internetver­bindungen verbunden waren. Gesteuert wurden diese Geschäfte von nur wenigen Finanzfachleuten in London und an der Wall Street mit astronomisch hohen Gehältern, die diesen Volkswirtschaften in den wenigsten Fällen zugutekamen. Großbritannien und die USA wären hier speziell auszunehmen, in diesen Ländern befindet sich das jeweilige Basislager für die Raubzüge der Investmentbanken.

Insbesondere der deutsche Bankenprimus spielte hier eine maßgebliche Rolle. Mit der Ausgabe der Kennzahl 25 % Eigen­kapitalrendite wurde das Rennen eröffnet und jeder starrte nur auf diese Ertragskennziffer, als gäbe es nur diese. Dies führte dazu, dass die Banken sogar ihr eigenes Kapital durch Aktien­rückkauf­programme zurückkauften, um sie denen als Salär zu geben, welche die hohen Erträge „erwirtschafteten“, wie sich dann später und jetzt in vielen Fällen herausstellte, ergaunerten. Hierzu muss man wissen, dass die zurückgekauften eigenen Aktien auf der Aktivseite = Vermögensseite einer Bilanz verbucht werden, analytisch aber vom Kapital abgesetzt werden müssen, da das eigene Kapital auf der Vermögens- /­Aktivseite der Bilanz, welche durch das Kapital ja finanziert wird, kein Kapital mehr sein kann. Wenn Kapital sich selbst finanziert, beträgt es null, d. h., eigene Anteile auf der Aktiv­seite sind gleichzusetzen mit noch nicht einbezahltem Kapital und müssen daher von der vollen Summe des Eigenkapitals abgezogen werden. Diese Tatsache ist jedem Buchhalter geläufig, den vom Investmentbanking getriebenen Großbankvorständen schien aber dieser Buchungsvorgang unbekannt zu sein.

Mit diesen Rückkaufprogrammen reduzierte sich somit das Eigen­kapital entsprechend, ins Verhältnis gesetzt zum erwirtschafteten Gewinn stieg somit diese Eigenkapitalrendite und alles jubelte über diese hohe Ertragskraft dieser und jener Bank. Dies war schon sehr verwunderlich, legte man doch den Kreditkunden dieser Banken nicht nur zu dieser Zeit sehr nahe, das Eigenkapital doch zu stärken, um bei schlechten Entwicklungen einen Puffer gegen sich dann abzeichnende Verluste zu haben.

Selbst heute noch werden Aktienrückkaufprogramme als sinnvoll dargestellt. Man legt einfach eine Anleihe zu 0,x %, bzw. man nimmt Kredit bei einer Vielzahl von Kreditnehmern auf und kauft damit eigene Aktien zurück, die eine Dividende von 4-5 % normalerweise erbringen und erspart sich somit die Differenz zwischen Kreditzins und Dividendenzins. Zu diesem Vorgang, wie bei Siemens und Intel geschehen, werden dann in Presseberichten („Aktienrückkäufe auf Pump rechnen sich“??) Banker zitiert, welche anscheinend nur auf der Anlageseite ihre Karriere gemacht haben, somit über keine Kreditexpertise verfügen und damit auch nicht den Sinn eines Eigenkapitals verstehen, sondern nur die derzeitige, ich wiederhole derzeitige Ertrags- und Kostenoptimierung im Blickfeld haben. Ent­sprechendes gilt natürlich für die Akteure bei Siemens und Intel & Co. Man kann nur hoffen, dass am Fälligkeitstag dieser Anleihe der Kredit oder die Anleihe aus dem erwirtschafteten Gewinn zurück bezahlt werden kann und zu diesem Zeitpunkt sich das Unter­nehmen in keiner wirtschaftlich schwierigen Lage befindet, in der Kapital dann dringend gebraucht wird. Sollte dies alles zutreffen, wäre ein solches Unternehmen ein gefundenes Fressen für meine „geliebten“ Investmentbanker, der Tod auf Raten wäre dann vor­programmiert.

Damit diese, durch Aktienrückkaufprogramme hervorgerufene Kapitalreduzierung nicht auffiel, haben die Banken – mit Hilfe der willfährigen Politik – die Definition des Eigenkapitals für Banken neu formuliert und das so genannte „harte Kernkapital“ erfunden. Kurzerhand wurden diverse Aktivposten in der Bilanz, u. a. Staats­anleihen oder strukturierte Finanzprodukte aufgrund von Derivateabsicherungen oder unterlegten Risikobewertungs­mo­del­len mit dem Nimbus „risikolos“ bedacht und so betrachtet, als gäbe es diese nicht in der Bilanz. Mit diesem Trick wurde u. a. die Bankbilanzsumme um diese „risikolosen“ Aktivposten reduziert und diese reduzierte Bilanzsumme ins Verhältnis zum dann noch bestehenden Eigenkapital gesetzt. So kam es u. a., dass z. B. die Deutsche Bank mit einer publizierten „harten Kernkapitalquote“ um die 11,4 % per 31.12.2012 aufwarten konnte, obwohl das eigent­liche Eigenkapital nur 2,7 % = € 54,4 Milliarden der Bilanzsumme von € 2,012 Billionen ausmachte. Somit fielen rd. € 1,535 Billionen unter dem Tisch.

Hinweis: das Kreditgeschäft nimmt nur einen An­teil von ca.19,7 % ein (?), der Rest besteht größtenteils aus einer Finanzaktiva.

Zwischenzeitlich steht der hier verwendete Begriff „risikolos“ nach Basel III in der Kritik und es zeichnet sich eine neue diesbezügliche Sichtweise ab. Demnach ist die Deutsche Bank, welche zwischen­zeitlich auch als systemgefährdend, bzw. systemrelevant eingestuft wurde, unterkapitalisiert, d. h., es fehlt nunmehr entsprechendes Kapital, was die Investmentbanker mit ihren hohen Boni in der Vergangenheit abgeschöpft haben.

Eigenkapital ist grundsätzlich ein sehr wichtiger Puffer, welchen die damals gottgleichen und mit einem Hofstaat versehenen Bank­vorstände einfach vom Tisch gewischt hatten, nur um schnell eine fragwürdige und „signifikante“ (damals ein gern gebrauchtes Wort dieser Branche) Ertragskennziffer der Presse vermelden zu können.

Diese Aktion erinnert mich sehr stark an Formel 1 Rennfahrer, die zwecks besserem Start zu wenig Benzin getankt hatten, somit leichter und schneller vom Start wegkamen, dafür aber mehrmals auftanken mussten oder auf der Rennstrecke liegen blieben.

Kurzum, mit diesen fraglichen Rückkaufprogrammen begannen die Banken ihren eigenen Ast anzusägen und hatten auch damit unter vielen anderen fragwürdigen Entscheidungen die Saat für die heutige Finanzkrise gelegt.

Wie es nun so kam, konnten die inzwischen auch von der Presse stets geforderten hohen Erträge nicht mit dem herkömmlichen Bankgeschäft erreicht werden, auch nicht mit den gerade hinzu­gekauften, und mit einer völlig anderen Kultur versehenen Invest­mentbanken, so dass man eine für die Banken selbst neue Art des Dienstleistungssektors um Hilfe bat, nämlich die Unter­nehmensberatungsgesellschaften. Da die hohen Ertragsgeschäfte aus dem Angelsächsischen kamen, konnten also nur solche aus dem angelsächsischen Raum diesen Rat erteilen, wobei insbesondere die US-amerikanische Boston Consulting Group (BCG) in den folgenden Jahren eine führende, letztlich aber auch eine desaströse  Rolle einnahm.

Etwa Mitte der 90iger Jahre wurde diese in der Dresdner Bank sehr aktiv. Das erste Ergebnis der Befragungen der Bankmitarbeiter (?) wurde in die so genannte Privatkundenstrategie zusammengefasst, nicht viel später folgte die Firmenkundenstrategie. Beide Strategien hatten eine Aufblähung des gesamten Apparates zur Folge mit dem Ergebnis, dass die Kosten sprunghaft anstiegen, die Erträge aber ausblieben. Dies führte dann zu weiteren Strategien und diesen folgten noch weitere und noch weitere. Vorstände wurden ausgewechselt wie Zeitarbeiter und die Bank kam mit dem Nachdrucken der Briefbögen, welche bei Aktiengesellschaften die Vorstände mit aufführen müssen, nicht mehr hinterher.

Das Schlimme an dieser Geschichte ist, dass alle Geschäftsbanken und um 2005 sogar die Sparkassen und Volksbanken dieser Verein­heitlichung des Bankgeschäftes wie Lemminge folgten.

Ich erinnere mich noch an eine Veranstaltung der Bank, auch „Road-Show“ genannt, bei der dem Firmenkundenbereich der Dresdner Bank die neue Strategie präsentiert werden sollte. Plötzlich brach aber die power-point-Präsentation zusammen, so dass das ganze Programm wieder hochgefahren werden musste. Der junge forsche BCG (Re)Präsentant vergaß aber dabei, dass der Beamer alles an die Wand warf, was der Computer hochfuhr. Und plötzlich erschien die Kundenliste von BCG, auf der alle Banken und viele Sparkassen und Volksbanken dieser Republik aufgeführt waren. Ein starkes Raunen und Gelächter ging durch die Reihen meiner Kollegen, der (Re)Präsentant konnte die Röte seines Gesichtes aber nicht ver­bergen.

Am Ende dieser qualvollen Veranstaltung durften wir uns dann von den jungen BCG- „Experten“, Altersdurchschnitt um die 28 – 30  Jahre, das neue Banking in workshop-ähnlicher Manier erklären lassen. Ich bin sicher, dass verschiedene dieser damaligen Grünschnäbel in verschiedene leitende Positionen in den Banken aufgerückt sind und da immer noch ihr Unwesen treiben.

Von den Kollegen der anderen Bankinstitute habe ich dann ähnliches gehört und man wurde einfach das Gefühl nicht los, dass die gesamte deutsche Bankenlandschaft sukzessive in ein gleich­geschaltetes Fahrwasser gesteuert wurde, welches vom Invest­mentbanking beliefert, gesteuert und am Ende auch brutal aus­genutzt und ausgenommen werden sollte und später auch wurde.

Deren Ziel war und ist es nämlich, die Bankgeschäfte nur in deren Sinne zu drehen zwecks Erzielung eines maximalen Ertrages ohne Rücksicht auf die Volkswirtschaft und die Arbeitsplätze weltweit.

Wie sich später auch herausgestellt hat, sponserten die Invest­mentbanken die (Elite)Universitäten dieser Welt massiv mit hohen Geldbeträgen, schufen damit Lehrstühle nur zu dem Zweck, eine neue Ideologie in diese Nachwuchslehranstalten zu implementieren.

Gerade im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends trug diese Politik enorme Früchte und pflanzte sich in das Denken der jungen Nach­wuchsbanker ein. Verbunden mit dem zu dieser Zeit stark forcierten und verbreiteten Jugendwahn (ab Anfang 40 gehörte man zum alten Eisen), der junge Kollegen plötzlich zu wichtigen Bereichsleitern und Bereichsvorständen aufstiegen lies, setzte sich diese Denke dann an der Basis der Banken fest, begleitet von enormen Vorruhe­standsbeschlüssen, die ganze Heerscharen von älteren und sehr erfahrenen Bankern das Amt und somit auch die Würde kosteten. Diese Entwicklung hat bis heute leider angehalten. Sie müssen z. B. nur in die jeweiligen Schalter /­ Verkaufsstellen der Banken hinein­schauen und werden dann feststellen, dass jungen Finanzberatern ältere Herrschaften gegenüber sitzen, die ihre Großeltern sein könnten.

Das Ergebnis dieser Maßnahmen war eine Zentralisierung diverser Kundenbetreuungseinheiten in den Metropolen unserer Republik streng nach den dadurch bedingten betriebswirtschaftlich und theoretisch erreich­baren Synergieeffekten und damit gegebenen Einsparungen. Dies hatte zur Folge, dass Kundenberater mehrstündige Fahrten zu ihren Kunden in Kauf nehmen oder sich durch die Staus dieser Republik quälen mussten. Man braucht sich nur jeden Morgen die vielen Verkehrsbehinderungen rund um die Metropolen anzuschauen und nur zusammen­rechnen, welche wertvolle Zeit hoch qualifizierte Fachleute in den Staus oder überfüllten U- /S-Bahnen vergeuden und damit hohen volkswirtschaftlichen Schaden zugunsten fragwürdiger betriebswirtschaftlicher Effizienzen ver­ursachen und das in einer nahezu total vernetzten Gesellschaft.

Neben dieser Zentralisierung fand die Zusammenfassung des Ver­kaufs­personals oder anders ausgedrückt der Kundenbetreuer (inzwischen war das Verkaufen der Produkte das oberste Gebot) in unterschiedliche Teams statt. Damit diese Teams sich dann auch persönlich besser verstehen (offizielle Begründung), wurden in der Dresdner Bank (und wie ich hörte auch in anderen Banken) für alle Teams so genannte „Outdoor Trainingstage“ an bestimmten Wochenenden organisiert. Kurz vor Beginn eines solchen „Out­door Trainings“ strahlte die ARD eine Reportage über diese neu­modischen Maßnahmen aus. Dabei stellte sich heraus, dass der Leiter dieses „Outdoor Veranstaltung“ ein hoch spezialisierter Psychologe war, der die jeweiligen Delinquenten genau be­obachtete, wie er über ein Seil in 15 Meter Höhe balancierte und dabei dem Fernsehteam genau Bericht darüber erstattete, welchen Charakter, welche Ängste und Nöte dieser Mitarbeiter vermutlich hat und wie dieser und jener einzustufen wäre. Die Vermutung, dass hier nicht beeinflussbare und unbekannte Bewertungskriterien eine Rolle spielen, setzte sich bei mir fest.

Daraufhin war für mich klar, an einer solchen Veranstaltung nicht teilzunehmen, da die Ängste und Nöte meinen damaligen Arbeit­geber nichts angehen. Unterstützt wurde diese Entscheidung noch durch einen weiteren Umstand.

Da es damals der Dresdner Bank schon ertragsmäßig sehr schlecht ging, wurden sämtliche „Teams“ der Republik nach Einsparungs­möglichkeiten befragt. Meines Wissens haben fast alle Teams übereinstimmend für die Annullierung dieses „Outdoor“-Kasperle­theaters gestimmt, da dieses pro Team um die DM 60.000 kostete und das Team es dann auch noch selber aus ihrem Ergebnisbeitrag bezahlen musste. Die Annullierung der „Outdoor Trainings“ wurde aber rundweg abgelehnt und mit vertraglichen Verpflichtungen erklärt. Ob die Teams so eine Veranstaltung wollen, wurde vor Abschluss dieses „Vertrages“ aber nicht in Gang gesetzt.

Da mir das ganze sowieso etwas seltsam vorkam, habe ich mich nach dem Veranstalter, einer GmbH in München erkundigt und festgestellt, dass dieses Unternehmen wieder unterschiedlichen Unternehmen gehörte, letztlich einem ganzen Unternehmens­konglomerat, welches teilweise das Wort „Zirkel“ im Firmennamen trug (??). An der Spitze dieser unterschiedlichen Besitzunternehmen tauchte dann ein Verein in Hamburg auf mit einem unbekannten Vereinsvorstand, zu den Vereinsmitgliedern konnte ich keine Informationen bekommen.

Beim Zusammenzählen von eins und eins konnte man letztlich zu dem Ergebnis kommen, dass sich an dieser bundesweiten Maßnahme irgendjemand eine goldene Nase verdient hatte.

Grundsätzlich war ich gegenüber den diversen Maßnahmen der Bank, das Teamverständnis zu fördern und zu festigen, äußerst misstrauisch. Da gab es Veranstaltungen, bei denen man mit Magneten Fische angeln sollte und das Team mit den meisten Fischen wurde dann belohnt. Kurzum ich fühlte mich damals in meine Kindheit zurückversetzt, bzw. als seriöser Banker nicht ernst genommen

Mit diesen „Teamgeist fördernden“  Maßnahmen begann dann der breit gefächerte Verkauf der so genannten strukturierten Finanzprodukte, welche  von den Investmentbanken zusammen gebastelt wurden. Diese hatten aber neben vielen anderen und ähnlich gelagerten Geschäftsfeldern in den meisten Fällen nur das Ziel, Kreditrisiken verbrieft, d. h. zusammengefasst in einem neuen „Wertpapier“, u. a. auch Fonds genannt, an den unwissenden Anleger zu verteilen.

Anfangs wurden damit nur gute Kreditrisiken zusammengefasst und verbrieft. Später sank diese Kreditqualität zusehends, bis nur noch Anlageschrott, auch Subprimes genannt, auf den Markt geworfen wurden. Bonitäten der Kreditnehmer waren nicht mehr gefragt, sondern nur der Verkauf der Kredite, damit sie so schnell wie mög­lich verbrieft und verkauft werden konnten. Rein und raus damit und mit immer schnellerer Drehzahl.

Damals beschrieb man den „cleveren“ Banker wie folgt: Er muss akquirieren, den Deal abschließen, danach verbriefen und verscherbeln können bzw. dann das Weite suchen. Unter aktuellem Licht betrachtet gilt diese Regel heute immer noch.

Ich erinnere mich noch an diverse Restrukturierungen von Unter­nehmen, deren Überlebensfähigkeit auch nach der dritten Restrukturierung zu nichts mehr führen konnte. Die mit sehr viel Mühsal dann doch noch abgeschlossenen Kreditverträge wurden in derselben Sekunde der Unterzeichnung verbrieft und sehr provisionsträchtig weiterverkauft. Als Käufer traten die so genannten „Institutionellen Anleger“ auf, welche damals einen Nimbus der unverwundbaren und äußerst cleveren Anlagefähigkeit hatten. Diese „Fachleute“ des Anlagemarktes waren aber nichts anderes als die Versicherungsgesellschaften, die Pensionskassen und die Investmentfonds aller Kategorien, welche diese Produkte als „Beimischung“ deklarierten. Später kam dann noch der Eigen­handel, insbesondere der europäischen Banken hinzu, welche den Hals nicht voll bekommen konnten und kauften auf, was das Zeug herhielt, bzw. was nur nach so genannter Finanzinnovation roch.

Dadurch stieg die Bilanzsumme aller europäischen Banken bis auf das 3 ½ fache des europäischen Bruttoinlandsproduktes, wogegen die Summe aller Bilanzsummen der US-amerikanischen Banken derzeit kleiner (70 – 80%) ist als das US-Bruttoinlandsprodukt. Daraus muss man folgern, dass die cleveren US-Investmentbanker es geschafft haben, den neunmal klugen europäischen Banken, die den Angelsachsen alles nachgeäfft hatten, ihren gesamten Kredit­schrott angedreht zu haben. Inwiefern dahinter betrügerische Absichten steckten, kann abschließend nicht beurteilt werden, lässt dies aber nach den immer wieder bekannt geworden Skandalen sehr stark vermuten.

Hinter diesen „Institutionellen Anlegern“ stehen aber nichts anderes als die normalen Kleinanleger in großer Zahl, die immer brav ihr Geld in ihre Versicherungspolice, Zusatzrenten und sonstige Altersvorsorgeprodukte eingezahlt haben. Ich bin mir daher bis heute nicht sicher, wie ich die Wertigkeit unserer privat gedeckten Renten noch einzuschätzen habe, von der sozialen Rente, aufgebaut auf (vage) Versprechungen unserer Sozialpolitiker mit hoher Fluktuationsquote, einmal ganz abgesehen. Auf jeden Fall ist nicht auszuschließen, dass bei einem nächsten, leider bald zu befürchtenden Finanz-Rumps der Wert solcher Vorsorgeprodukte stark eingeschränkt wird oder sich sogar in Luft auflöst.

Dieses damals schon penetrante Aufdrängen oder Verkaufen dieses strukturierten Mischmaschs verleitet mich in 2005 diese Art und Weise des Verkaufs in einem Leserbrief in der FAZ (Überschrift: Banken als Wettbüros /­ siehe Leserbriefe) zu kritisieren. Die Resonanz aus allen Teilen der Republik war doch sehr erfreulich, die Anfeindungen meiner Bankerkollegen dagegen nicht (Nestbe­schmutzer usw.).

Diesem Leserbrief folgten in den Jahren 2006 – 2007 noch weitere (u. a. siehe Leserbrief „Fragwürdige Finanzprodukte) und können mir letztlich nur das traurige Gefühl geben, damals die Zeichen der Zeit schon erkannt zu haben.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Finanzindustrie bereits in ver­schiedene Zweige aufgeteilt. Neben den Banken etablierten sich immer mehr andere Institutionen zum Zwecke der Vermögens­anlage. Diese sind diverse Finanzvertriebe (man kann sie auch als grauen Markt bezeichnen), nicht einem Bankkonzern an­geschlossene Internetbanken mit den abstrusesten Anlage­angeboten, Versicherungsgesellschaften, Hedgefonds und die Produzenten dieser Vermögensanlagemischmaschs sowie die Investmentbanken mit ihrem Investmentbanking.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de