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The big short

Unter dem Titel “The big short” läuft derzeit ein sehr zu empfehlender Film in den Kinos. Eigentlich müsste dieser “The big fraud” (der große Betrug) heißen.

Er erzählt die Geschichte von einigen wenigen Finanzfachleuten in den USA, welche schon frühzeitig die miese Qualität der Hypothekenanleihen erkannten – später nannte man sie “Subprimes” –  und dagegen “short” gingen, d.h. mit einem Swap auf fallende Kurse dieser Hypothekenanleihen setzten. Zur Erklärung: Setzt man auf eine Wertsteigerung des Wertpapiers, geht man eine “long”-Position ein.

Damals galten die Hypothekenanleihen als äußerst sichere Wertpapiere. Diese verkörperten Kreditforderungen, welche durch Hypotheken auf US-Immobilien besichert waren. Anfangs setzten sich diese Hypothekenanleihen aus AAA-Ratings zusammen, nachdem diese aber ausgingen, vermischte man sie mit Hypothekenanleihen minderer Qualität und Rating und ließ diese von den bekannten Ratingagenturen gegen Bezahlung, besser gegen korrupte Bezahlung, dennoch mit einem AAA-Rating versehen unter dem Hinweis, dass diese aufgrund der Masse der vielen Kreditforderungen nicht ausfallen könnten. Eigentlich ein Blödsinn!

In diesem Hype hatte man die mit Hypotheken besicherten Kredite wie am Fließband produziert, egal ob die Kreditnehmer kreditwürdig waren oder nicht. Sowohl den Maklern als auch den Banken war dies völlig egal, zumal man diese Kredite über die Verbriefung in eine solche Anleihe wieder loswerden konnte. Damit das Ganze dann auch nicht so ruchbar wurde, hat man diese Hypothekenanleihen mit anderen Hypothekenanleihen zusammen verwurschtelt, bzw. daraus ein Wertpapier kreiert, auch  CDO`s (Collateralized Debt Obligations) genannt, und am Peak dieser Entwicklung diese CDO´s zu neuen CDO`s zusammengepackt. Somit wusste bald keiner mehr, was in diesen CDO`s steckt.

Als Parameter für den Wert dieser CDO`s galt die veröffentlichte Ausfallrate der Hypothekenkredite. Obwohl diese permanent stieg und Anfang 2007 schon die zweistellige Prozentzahl mehr als überschritten hatte, fiel der Wert dieser CDO`s nicht, die Wetten dagegen wurden sogar immer noch mit hohen Nachzahlungen belegt.

Daraus kann man nur schließen, dass die US-Banken, welche sich im Glauben an ein renditestarkes Wertpapier mit diesen CDO`s vollgesogen hatten, den miesen Wert dieser CDO`s erkannten und nunmehr alles daran setzten, diese toxischen Wertpapiere wieder los zu werden. Damit diese Luftnummern nicht offensichtlich wurden, hat man die Kurse wider besseres Wissen einfach hoch gehalten und alles daran gesetzt, sie an nicht informierte Banken und Investoren weiter verkaufen zu können. Da diese Entwicklung nie richtig geahndet wurde, muss man auch zu dem Ergebnis kommen, dass die US-Politik an diesem Betrugsvorgang maßgeblich die Hände im Spiel hatte.

Dankbare Abnehmer waren die europäischen Banken, insbesondere die Landesbanken in Deutschland, welche zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, wohin mit der aufgenommenen Liquidität vor dem Ende der Gewährträgerhaftung. Diese endete im Dezember 2005, jedoch galt diese noch für alle davor aufgenommenen Verbindlichkeiten, d.h. die Bundesländer in der BRD hafteten noch dafür mit der Konsequenz, dass die Investoren diesen Landesbanken das Geld regelrecht hinterher warfen.

Die Jahre 2002 bis Mitte 2007  galten als das goldene Zeitalter der Investmentbanker, welche unverschämt hohe Gewinne einfahren konnten und die Wirtschaftsjournalisten in Verzückung geraten ließen. Ich frage mich ständig, warum es nicht möglich sein kann, diesen Schrottverkäufern ihren Schrott wieder zurückzugeben. Kauft man eine schadhafte Waschmaschine, kann diese auch wieder zurück gegeben werden.

Folge dieser Schrottverkäufe ist eine seit dieser Zeit schwärende Bankenkrise in Europa. Setzt man beispielsweise die Bilanzsummen der jeweiligen Bad Banks ins Verhältnis zum Eigenkapital der jeweiligen Mutterbanken, muss man erschreckender Weise feststellen, dass die Mutterbanken nach einer folgerichtigen Wertberichtigung dieser Bad-Bank-Assets hätten Insolvenz anmelden müssen. Das gilt für alle Mutterbanken der Bad Banks wie Deutsche Bank, Commerzbank, HSH – Nordbank, LBBW und Bayern-LB.

Weitere Folge dieser Schrottverkäufe ist die Schaffung eines bisher nicht gekannten Niedrigzinsniveaus zwecks Schaffung eines Anlagenotstandes, um die unwissenden Anleger in die Renditeversprechungen der Anbieter von strukturierten Wertpapieren locken zu können = Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Investmentbanker. In diese strukturierten Finanzprodukte lassen sich nämlich wunderbar diese toxischen Wertpapiere unterbringen, wodurch derzeit eine gigantische Verlagerung dieser Risiken auf die Anleger= Steuerzahler erfolgt. Hier spielt die EZB und damit ihr Präsident Draghi, von Goldman Sachs kommend, eine maßgebliche Förderrolle. Begründet wird diese Niedrigzinspolitik mit der Absicht, das willkürlich propagierte Inflationszieles von 2% damit erreichen zu wollen. Ich dachte immer, die Zentralbanken sollen die Währung vor Inflation schützen anstatt sie zu fördern.

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von maßgeblicheren Kritikern der Niedrigzinspolitik von Herrn Draghi, zuletzt der Chefökonom der Commerzbank, Herr Jörg Krämer. Man fragt sich manchmal wirklich, was Herrn Draghi gebissen hat? Ist es seine Nähe zum Investmentbanking oder seine Nähe zum Heimatland Italien, dessen Verschuldung geradezu explosionsartig ansteigt und dessen Aufkäufer Herr Draghi ist, bzw. letztlich die Steuerzahler in Europa sind.

Ist das nicht auch Betrug?

Die Zukunft wird es – ich fürchte –  zu Tage bringen.

24.Januar 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Aktienanleihen – reloaded

Aktienanleihen – sie sind wieder da! Es lebe das Wettbüro!

Irgendwie ist es  schon verwunderlich. In den letzten Jahren, Monaten und Wochen, in denen die Banken und deren Protagonisten auf steigende Aktienkurse gesetzt hatten und dies auch über die Börsenoptimisten in den Wirtschaftszeitungen immer und immer wieder den Anlegern einbläuen ließen, hat man kaum ein Angebot von Aktienanleihen gesehen. Warum? Die Rückzahlung der Aktienanleihen erfolgt bei Fälligkeit zu dem dann bestehenden Aktienkurs des jeweiligen Aktienbasiswertes. Ist der Kurs am Fälligkeitstag höher als der Ausgabekurs der Aktienanleihe, hat der Emittent ein schlechtes Geschäft gemacht. Er muss neben den hohen Zinsen für diese Wettscheine dann auch noch mehr zurück bezahlen, als er am Ausgabetag eingenommen hat. Somit wird sich jeder Emittent hüten, bei steigenden Kursen oder optimistischen Börsenaussichten solche Aktienanleihen zu emittieren.

Nunmehr scheint sich die Börsenstimmung nach China und den vielen Krisen in dieser Welt in eine negative Richtung umgeschwenkt zu sein und schwuppdiwupp findet man wieder Angebote von Aktienanleihen, wie heute in der FAZ von der Bank Vontobel und der Deutsche Bank.

Basiswerte sind hier große DAX- Unternehmen wie Allianz, BASF, Daimler, Siemens und Bayer. Vermutlich haben deren Wahrscheinlichkeitsrechnungen eine für dieses Jahr negative Börsenstimmung errechnet, welche alle Aktien, auch sehr gute, in den Keller drücken werden mit der Folge, dass am Fälligkeitstag der Emittent (entweder die Bank selbst oder in der Funktion des Garanten) dann weniger zurückzahlen muss, als er am Anfang eingenommen hat.

Um das Investment dem (unwissenden) Anleger noch schmackhaft zu machen, hat man  die Aktienanleihe mit einem hohen Zinskupon ausgestattet (Bank Vontobel mit je 9,5% / Deutsche Bank mit je 6,2%) und als Basiswerte die oben genannten seriöse Aktiengesellschaft als Lockmittel eingesetzt.

In beiden Anzeigen wird auf dieses Aktienkursrisiko nicht hingewiesen, sondern nur auf einen Totalverlust  bei Zahlungsunfähigkeit des Emittenten. Außerdem wiesen beide Banken darauf hin, dass nähere Auskünfte über das anzufordernde Wertpapierprospekt, welches in den wenigsten Fällen sich nur mit wenigen Seiten begnügt und juristischen Doktorarbeiten gleichen, eingeholt werden könnten.

Beide Banken wollen das Vermögensverwaltungsgeschäft forcieren, ob sie das mit solchen Wettscheinen auf dem Risikorücken der Anleger schaffen, ist aber fraglich. Beide setzen auf das reine Renditedenken der Anleger (Deutsche Bank:”Da wird das Tagesgeldkonto ganz schön neidisch”/ Bank Vontobel: “Hier spielt die Musik mit Aktienanliehen von Vontobel” mit Hinweis auf Renditematrix), welches leider immer noch sehr verbreitet ist und viele Anleger vor vermeintlich sicheren Anlagen das Denken ausschalten lässt.

Diese Produktangebot zeigt aber wiederum, wohin die katastrophale EZB-Politik führt. Die Banken werden zu Wettbüros, wie vor der Finanzkrise. (Hubert von Goisern: “Des Radl draht si euwei weida, aber sältn werma gescheider”/auf Deutsch: “Das Rad dreht sich immer weiter, aber selten werden wir gescheiter”. Wie wahr, wie wahr.

Hinweis: Die Funktion der Aktienanleihe finden Sie in diesem Blog unter der Rubrik: Strukturierte Finanzprodukte > A > Aktienanleihe vom 26.11.2014.

16. Januar 2016

Elmar Emde

Autor des Buches” Die strukturierte Ausbeutung”

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EZB demontiert Kreditgeschäft

“Finanzaufseher wollen Banken, die Geld verdienen”. Mit dieser Schlagzeile berichtete das Handelsblatt über die Bemühungen der Bankenaufseher = Europäische Zentralbank (EZB) über die  Schwerpunkte, wie sie die in ihrer direkten  Aufsicht stehenden  129 wichtigsten Banken der Euro-Zone in den Griff bekommen will.

Es sind vor allem die anhaltend niedrigen Zinsen sowie die faulen Kredite , die die Kreditinstitute belasten. Das ist doch irgenwie schizophren. Wer hat denn das Null- Zinsniveau geschaffen und damit den Banken eine wichtigte Ertragssäule zu einem Problem gemacht? War es nicht die EZB und ihre beamteten Wissenschaftler im  Zentralbankrat, die vermutlich das Bankgeschäft nur aus der Theorie kennen? Und die “faulen Kredite” sind eine andere Bezeichnung für Anlageprodukte u.a. aus dem angelsächsischen Raum, welche die europäischen Banken in ihrer Dummheit sich haben aufschwätzen lassen und immer noch deren Bilanzen massiv belasten.

Fällt eine wichtige Ertragssäule wie das Einlagengeschäft weg, versucht man natürlich aus anderen Quellen Ertrag zu schöpfen. Entweder kurbelt man den Verkauf strukturierter Finanzprodukte an, welche hohe Provisionserlöse den Banken bescheren, letztlich ein gewollter Weg der EZB, oder man geht entsprechend hohe Risiken im Kreditgeschäft ein und versucht diese gleich wieder an Hedge- oder Investmentfonds weiter zu verkaufen. Diese vermischen natürlich diese Kreditrisiken mit allen möglichen Risiken und verscherbeln sie an die unwissenden Anleger, die sich ihrer Rolle als Kreditgeber nicht bewußt sind. Insofern findet derzeit – wie schon sehr oft in diesem Blog berichtet – eine von der EZB gewollte gigantische Verlagerung der Kreditrisiken auf die unbedarften Anleger statt.

Die Spitze des EZB – Dilettantismus ist die künftige Vorgabe, die Verlustgefahr bei Vergabe eines Kredites künftig sofort einzuschätzen und nicht erst, wenn der Kredit geplatzt ist. Das bedeutet, dass jeder Kreditbetreuer einer Bank bei Kreditvergabe seiner Marktfolge den künftigen Verlust dieses Kreditgeschäftes berichten muss.

Jetzt würde ich gerne von diesen beamteten Bankenaufseher einmal wissen, wie das gehen soll? Zum einen wird kein Kreditbetreuer einen Kredit vergeben und gleichzeitig den möglichen Verlust fixieren. Eine solche Kreditvergabe wird jede Marktfolge und  jeder Kreditvorstand dem Kreditbetreuer um die Ohren hauen. Ergo, der Kreditbetreuer wird versuchen, nur Kredite mit einer astreinen Bonität zu vergeben. Und selbst bei solchen Bonitäten kann man nie sicher sein, dass der Kredit zurückbezahlt wird. Ich habe in meiner langjährigen Bankerzeit Unternehmen mit goldumränderten Bilanzen gesehen, die innerhalb eines Jahres aus den vielfältigsten Gründen Insolvenz anmelden mussten.

Letztlich bedeutet diese neue Bevormundung der Banken durch diese Beamten ohne praktische Krediterfahrung, dass das Kreditgeschäft an den Mittelstand so langsam abstirbt und den Banken damit eine weitere Ertragssäule genommen wird zugunsten eines ausufernden Investmentbankings, da die Banken sofort versuchen werden, ihre Kredite an die Hasardeure des Finanzmarktes zu verkaufen, um den Bericht an die Dilettanten der EZB über den voraussichtlichen Verlust zu vermeiden.

Somit werden den Anlegern und damit den leistungsfähigen Bürgern immer mehr Risiken aufgebürdet und die Kreditnehmer müssen befürchten, dass irgendwann ein Schreiben eines Hedegefonds oder sonstigen Fonds ins Haus hereinflattert, um die Kreditgebereigenschaft dieses Fonds anzuzeigen und aus Gründen wie auch immer den Kredit zurückfordert.

Aus diesem neuen Regulierungswahn kann man feststellen, dass die EZB bald selbst nicht mehr weiß, wie sie die von ihr selbst geschaffenen Risiken eingrenzen soll. Wie wäre es, wenn sich die EZB auf ihre ureigene Aufgabe, nämlich Schutz der Währung (und nicht Schaffung einer Inflation) besinnen  und  die Rolle eines Staatsfinanzierers endlich sausen lassen würde.

7. Januar 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Landflucht, Stadtflucht

Mögliche Immobilienentwicklungen.

Derzeit besteht eine deutliche Flucht der Menschen  vom Land in die Städte. Diese Entwicklung ist überall, insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungsländern, festzustellen mit der Folge dortiger großer Slums.

Triebfeder dieser Entwicklung ist überall die Massierung von Arbeitsplätzen in diesen Städten und damit die Hoffnung vieler Landflüchtlinge, in den Städten Arbeit, Brot und Glück zu finden. Das führt zu einer enormen Ausdehnung der Städte und zu Wohnungsnöten und Lebensräumen, die eingepfercht in anonyme Wohnsilos alles andere als attraktiv sind, dafür aber eine Menge Geld kosten. Das Preis- / Leistungsverhältnis stimmt eigentlich nicht mehr, viele Wohnungen sind menschenunwürdig und entsprechen nicht mehr der Natur des Menschen. Natursehnsucht breitet sich aus und kann in diesen Städten nur nach stundenlangen Fahrten aus den Städten erfüllt werden.

In einer Großstadt kann man die Jahreszeiten nicht mehr „erriechen“. Das Erwachen der Natur im Frühling wird kaum wahrgenommen, ebenso der Geruch des Sommers, Herbst und Winters. Die Luft ist entweder kalt steril oder heiß steril und meistens durchsetzt von Diesel- und Benzingeruch. Das nimmt bei besonderen Wetterlagen sogar gesundheitsgefährdende Ausmaße an, wie jetzt in Peking , Mailand und Rom bzw. auch in anderen europäischen Städten/Metropolen. Paris und Rom mit den engen Innenstadtstraßen sind mir dabei besonders negativ aufgefallen. Hauptsächlich im Sommer erreicht diese Luftverschmutzung auch bundesdeutsche Mittelstädte, welche sich nur noch durch entsprechenden Smogalarm und KfZ-Fahrverbote – wie in den Großstädten – zu retten versuchen.

Die Europäische Umweltschutzagentur (EAU) in Europa schätzt, dass in 2012 über 430.000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung starben, Tendenz steigend, weltweit geht die Weltgesundheitsorganisation  WHO sogar jährlich von  7 Millionen Toten aus, ebenfalls Tendenz steigend.

Neben der Luftverschmutzung spielt auch der Lärm, das permanente Rauschen in den Städten als großer Stressfaktor eine große Rolle der Gesundheitsgefährdung. Mit „the city never sleeps“ hat Frank Sinatra New York gemeint, und in der Tat, das dortige pulsierende Leben produziert einen extrem hohen Lärm, dass ein Telefonat mit dem Handy auf den New Yorker Straßen nahezu unmöglich ist.

Ein weiterer, aber nicht zu unterschätzender negativer und gesundheitsgefährdender Faktor ist die Trinkwasserversorgung in den Metropolen der Welt. In New York z.B. schmecken das Wasser, die Cola oder sonstige Cocktails permanent nach Chlor. In den 70er Jahren hatte das Leitungswasser in Frankfurt einen chemischen Beigeschmack, da das Wasser aus den Tiefbrunnen des Rheins gezogen wurde und der Rhein damals die Chemiekloake schlechthin war. Zwischenzeitlich hat sich das deutlich gebessert, ein Glas Wasser aus dem Wasserhahn ist aber dennoch nicht mit Mineralwasser vergleichbar.

Positiv anzumerken wäre das vielfältige kulturelle Leben in den Großstädten, welches aber zwischenzeitlich in Deutschland auf dem Land auch immer mehr angeboten wird. Und wenn man es nutzen will, fördert das bei uns die gute Infrastruktur der Autobahnen und Bahnen, welche Großstädte innerhalb von 1 bis 2 Stunden erreichen lassen. Die Frage ist nur, ob sich die Stadtbewohner bei den hohen Mieten dieses Kulturangebot überhaupt noch leisten können. Interessant war zu meiner Bankerzeit der Drang der ausgelernten Azubis in die Großstadt Stuttgart, allerdings kehrten diese nach ein bis zwei Jahren wieder reumütig an den Ort ihrer „provinziellen“ Ausbildungsstätte zurück, da hier das Leben für sie anscheinend besser war, als in der anonymen Großstadt.

Ob sich an dieser Situationsbeschreibung kurzfristig etwas ändert, bleibt noch fraglich. Der Zuzug in die Städte steigt unvermindert an und damit auch die Probleme, die Städte werden dadurch  immer unwirtlicher, massiger, unmenschlicher. Die Einbruchskriminalität weist eine stark steigende Tendenz aus, viele Häuser und Wohnungen gleichen zunehmend abgeschotteten Festungen, und der Verkehr und damit die Staus werden weiter zunehmen und damit auch der Lärm. Ich könnte mir daher vorstellen, dass ein Großstadtbewohner  1/8 seines Lebens entweder vor roten Ampeln oder in den U- / und Straßenbahnen verbringt. Zentralisierungsbestrebungen der Banken und Versicherungen und sonstiger Dienstleistungsunternehmen aus fraglichen betriebswirtschaftlichen Gründen befeuern diese Situation, obwohl die Vernetzung über Internet dies überflüssig macht.

Mit dem „Internet“ wird vermutlich ein Kehrtwende in dieser Entwicklung einsetzen bzw. hat bereits begonnen. Bei den Einzelhandelsgeschäften in den Innenstädten, die zunehmend der Konkurrenz des online-Handels und auch der Einkaufszentren vor den Toren der Städte ausgesetzt sind, haben viele die Segel streichen lassen müssen, wird diese andere Entwicklung schon sichtbar, nämlich das Umschwenken von der Landflucht in eine langsam beginnende Stadtflucht. Unternehmen werden irgendwann bemerken, dass es aufgrund der Vernetzung und der bestehenden Infrastruktur  sinnvoller ist, nicht alle Mitarbeiter an einem Ort zu konzentrieren, sie stundenlangen Anreisezeiten und damit Verlust wertvoller produktiver Zeit auszusetzen. Alternative ist dann eine dezentrale Struktur  näher am Kunden, verbunden mit deutlich weniger Kosten. Die Digitalisierung wird diese Entwicklung noch mehr  verstärken, zumal insbesondere in Deutschland –  mit Ausnahme von München als zentraler Wirtschaftsfaktor –  aufgrund der föderalen und freiheitlichen Struktur der Großteil der Wertschöpfungskette bei den mittelständischen Unternehmen liegt und damit in der Fläche, auf dem Land, zu finden ist.

Diese Erkenntnis wird auch dramatische Auswirkungen auf die Immobilienpreise in diesen Städten haben und deren jetzige Blasen sukzessive platzen lassen. Je wohlhabender ein Volk ist, umso mehr schätzt es den Komfort der eigenen vier Wände im Grünen in einer menschenwürdigen Umgebung, zumal die Versorgung in diesen ländlichen Gebieten mit den Dingen des täglichen Lebens genauso attraktiv, wenn nicht sogar attraktiver ist (kurze Anfahrzeiten/ ausreichende Parkplätze usw.), wie in den Großstädten, vom Kulturleben mal ganz zu schweigen.

Insofern sollte sich jeder Investor fragen, ob Immobilieninvestments in attraktiven ländlichen Regionen mit einer gesunden und wachsenden Wirtschaftsstruktur und damit niedriger Arbeitslosenquote, langfristig nicht sinnvoller ist, als in den großen Städten mit den oben beschriebenen Problemen. Natürlich darf hier der Grundsatz ” Lage, Lage und nochmals Lage” damit nicht außer Acht gelassen werden.

2. Januar 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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