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Das Scholz Komplott

Mein Vater gab mir einmal den Rat, traue niemals einem Schrotthändler, der wird stets versuchen, dich über den Tisch zu ziehen.

Verfolgt man nun das Drama um den Schrotthändler, der Scholz-Gruppe in Essingen /Baden-Württemberg, so ist genau das eingetreten, die Anleihegläubiger werden brutal und dann noch mit Hilfe des österreichischen und britischen Rechtssystems, über den Tisch gezogen und letztlich enteignet.

Der Fall Scholz erinnert sehr stark an den Fall Schefenacker, in welchem die Gläubigerrechte mit Hilfe der engagierten Banken und der liberalen britischen Insolvenzordnung ausgehebelt wurden.  In 2013 hatte mich das u.a. bewogen, einen Beitrag mit der Überschrift „ Mittelstandsanleihen, die neuen Subprimes“ in diesem Blog am 27. November 2014 zu veröffentlichen.

Die Geschichte zur Scholz-Gruppe ist kompatibel mit der von vielen mittelständischen Unternehmen, welche Anleihen begeben haben, viele auch deswegen, weil ihnen die Banken kein Geld mehr gegeben haben.

Die Geschichte ist meistens immer dieselbe. Zunächst werden solche Unternehmen von  Banken finanziert. Das Geschäft und der Umsatz wachsen, so auch die Kredite bei den Banken. Die Kosten und Risiken wachsen weiter an, Tochtergesellschaften in großer Anzahl werden gegründet, um diverse Umstände der Unternehmensgruppe besser „verbilanzieren“  zu können, allerdings versäumen viele Unternehmenslenker, die betriebswirtschaftliche Struktur auch mitwachsen zu lassen.

Irgendwann, spätestens beim ersten Verlust, merken es die Kredit gebenden Banken und schließen sich zu einem Bankenpool zusammen, lassen sich alle möglichen Sicherheiten geben, um im guten Glauben auf eine Verbesserung der finanziellen Lage der Unternehmensgruppe wieder aus dem Tal helfen zu können. Vieles ist dabei aber kontraproduktiv, wie z.B. das dann installierte, für das Unternehmen sehr ungünstige und weit über dem Markt liegende Konditionsgefüge bei den Krediten, welche wie Bleischuhe wirken und in vielen Fällen der Beginn vom Ende des Unternehmens sind.

Wie es nun so kommt, bewegt sich das Unternehmen einmal positiv und dann wieder negativ, das finanzielle tiefe Tal kann einfach nicht durchschritten werden, die Kreditverbindlichkeiten sind aber weiter angestiegen, da sich die Banken mit der Installierung des Bankenpools selbst an die Unternehmensgruppe gebunden haben. Es folgen viele lange und zermürbende Banken-Poolsitzungen, die Gesamtlage wird einfach nicht besser.

Und da kommen dann die schlauen Investmentbanker ins Spiel, getrieben vom Fokus der hohen Provisionseinnahmen und unterstützt von einem von ihnen geschürten Kapitalmarkt-Hype, mit der der Kapitalmarkt für die mittelständischen Unternehmen eröffnet wurde. Man empfiehlt der Unternehmensgruppe (Emittent)  die Begebung (Emission) einer Unternehmensanleihe und stattet diese mit einem weit über dem Markt  liegenden Zinssatz aus, um Bonitätsüberlegungen der künftigen Anleihegläubiger damit in alle Winde zu zerstreuen, zumal diese auch wissen, dass die wenigsten Anleihegläubiger den Inhalt eines Wertpapierprospektes verstehen.

Meistens unterliegen diese Anleihen dann noch aus steuerlichen oder aus Gründen wie auch immer  einem ausländischen Recht (Luxemburg, Österreich, Niederlande, Großbritannien), die selbst für Juristen eine Herausforderung darstellen und womit schon die erste Stufe der Aushebelung der Anleihegläubigerrechte installiert wird.

Zu diesen Anleihen wird dann jeweils ein über 220 Seiten starkes Wertpapierprospekt inkl. Konzernbilanz erstellt, in der letztlich alle wichtige Details zur Unternehmensgruppe, der Anleihebedingungen und irgendwo dazwischen in seitenlangen Ausführungen alle Risiken aufgelistet werden (der Einschlag eines Meteors fehlt dabei noch), allerdings in einem juristischen Deutsch, welche letztlich nur juristisch und finanztechnisch beruflich ausgebildete Anleger verstehen.

Damit diese Unternehmensanleihen dann noch eine gute Bonität erhalten, werden heimische Ratingagenturen beauftragt, ein Unternehmensrating zu erstellen, welches in der Regel mit einem BBB, entweder mit einem Minus oder einem Plus endet.

Kurzum, die wenigsten Anleihezeichner lesen dieses voluminöse Wertpapierprospekt und verlassen sich auf von dem vom Emittenten erstellten Flyer mit der schönen Welt des übergroßen Wachstums und der damit risikolosen Anlage unter Hinweis auf das „gute erstellte“ Rating, für dass der Emittent eine Menge Geld bezahlt hat und somit schon mit einem großen Fragezeichen zu versehen ist.

Hier mache ich erst einmal einen Stop und komme wieder auf die Scholz-Gruppe zurück, deren Geschichte als Fanal für alle mittelständischen Anleihen exemplarisch herangezogen werden kann.

Vor Begebung der ersten Anleihe in Höhe von € 150 Mio. im Frühjahr 2012   finanzierte sich die Scholz-Gruppe größtenteils über die Scholz AG als Holdinggesellschaft schon lange über einen großen Bankenpool unter der Führung der LBBW, der zahlreiche Banken wie Bayerische Landesbank, Norddeutsche Landesbank und Commerzbank u.a. angehörten. Davor wurden schon viele Kredite über endfällige Schuldscheindarlehen refinanziert, welche aufgrund ihrer Konstellation an Investoren weiter verkauft werden können, womit die Banken, welche das eigentliche Risiko des Schuldners kennen, sich des Risikos entledigen können und bei Scholz entledigt haben.

Bankenpools werden nicht nur deswegen gegründet, weil es den Banken und den Unternehmen Spaß macht, sondern diese werden in der Regel errichtet, um einem Unternehmen aus einer misslichen finanziellen Situation herauszuhelfen. Zu diesem Zweck werden dem Bankenpool letztlich so gut wie alle möglichen Sicherheiten übereignet und vom Bankenpoolführer verwaltet, der sich dafür auch noch fürstlich entlohnen lässt.

Allein dieser Umstand zeigt schon, dass die Scholz-Gruppe zu diesem Zeitpunkt für die Begebung einer Anleihe nicht reif gewesen wäre, wie es auch die noch folgenden Ausführungen zeigen werden. Die Bafin hat zwar hierzu ihren Segen indirekt durch Akzeptierung des luxemburgischen Votums gegeben, allerdings nur zur Aufmachung des Wertpapierprospektes und nicht zum Risiko. Vergleichbar wäre das mit dem TÜV, der nur den Lack  auf die richtige Zusammensetzung der Farbe begutachtet und nicht die Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugs. Hier gibt es enormen Veränderungsbedarf von Seiten der Bafin und der Politik.  

Das erste Rating im August 2011 von Euler Hermes lautete auf BB (Definition: noch ausreichende zukunftssichere Strukturen, sind größeren Unsicherheiten ausgesetzt usw.)  mit Ausblick stabil. Allerdings stellt sich beim Blick auf die stark schwankenden Umsatzerlöse und damit auf die im Verhältnis zum Umsatz geringe Ertragslage (Jahresüberschuss 2008: € 35,8 Mio/ Jahresfehlbetrag 2009: € 32,3 Mio/ Jahresüberschuss  2010: € 30,9 Mio.) und der Eigenkapitalausstattung (EK-Quote 2008: € 18,8%/ 2009: 14,5% /2010: 14,7%)  ein nicht stabiles Bild dar.

Zu diesem Zeitpunkt setzte sich die Scholz Gruppe aus einem (unübersichtlichen) Geflecht von über 208 Gesellschaften weltweit zusammen. Euler Hermes  besuchte das Unternehmen zum Zwecke der Ratingerstellung am 1. und 2. August 2011, somit reichten ihr nur 2 Tage  aus, um das Unternehmen – sicherlich auch anhand umfangreicher Unterlagen – bewerten zu können. Dieser Umstand allein  setzt eine Menge Fragezeichen.

Zur Verteidigung von Euler Hermes muss allerdings noch erwähnt werden, dass das Rating BB nicht gerade positiv ist und auch auf die diversen o.e. Schwachpunkte der Unternehmensgruppe bis auf den Beteiligungsbereich, welcher dann in 2014 brutal offensichtlich wurde, hingewiesen hatte. Außerdem wurde in der Folgezeit das Rating deutlich zurück genommen bis auf C  am 15.1.2016.

Da anscheinend die Platzierung der Anleihe so gut lief, hatte die Scholz AG ein Jahr später die Anleihe im Frühjahr 2013 (Bilanz 2012 mit bereits ersten Abschreibungen auf den Beteiligungsbereich  war noch nicht veröffentlicht) um € 32,5 Mio auf € 182,5 Mio aufgestockt. Die Anleiheerlöse wurden größtenteils zur Rückzahlung der Bankkredite verwendet. Auch das wäre bereits ein Grund für den Anleger gewesen, eine solche Anleihe nicht zu zeichnen, zumal damit indirekt offenkundig wurde, dass zu diesem Zeitpunkt die Scholz-Gruppe bereits ein Sanierungsfall war.

Am 10. Juni 2014 unterzeichnete die WP-Gesellschaft Ernst & Young GmbH die Ziffern per 31.12.2013, allerdings schon unter dem Hinweis, dass die Scholz AG seit dem 22. Mai 2014 unter der Scholz Holding GmbH firmierte, also eine Rechtsformänderung von der AG in eine GmbH stattgefunden hatte. Auch das wäre ein weiterer Grund für den Anleger gewesen, die Anleihe wieder zu verkaufen, da damit die strengen Vorschriften der Aktiengesellschaft zum Schutz der Gläubiger eliminiert wurden. Inwiefern die Scholz AG die Anleihegläubiger auf diese Rechtsformänderung hingewiesen hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Interessanterweise hat einen Tag vor der Rechtsformänderung, am 21. Mai 2014 die Euler Hermes das bereits in 2013 zurück genommene schlechte Rating von B stabil bestätigt. Hat man vor der Änderung der Rechtsform erst das Rating von Euler Hermes abgewartet?

In diesem Ratingbericht vom  21.Mai 2014 wird eine positive Entwicklung des Ratings innerhalb der nächsten 12 Monate aufgrund einer verbesserten Ertragsentwicklung im ersten Quartal 2014 erwartet. Außerdem wird die beabsichtigte  Beteiligung der Toyota Tsusho Corp., Nagoya/Japan als weiterer positiver Punkt für die Kapitalstruktur und Liquidität der Scholz AG genannt. Daraus lässt sich wiederum schließen, dass die Euler Hermes weder von der Rechtsformänderung noch von dem heraufziehenden Unwetter,  welches etwa 2 ½ Wochen später der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young  in Form des Testats unter der Konzernbilanz unterzeichnete, Kenntnis hatte.

Dieses war dann das Konzernergebnis 2013, welches neben einen drastischen Umsatzeinbruch von  € 4,67 Milliarden auf 3,7 Milliarden sowie einem gigantischen Jahresfehlbetrag von € 349,5 (Vj. JÜ € 0,4?) Millionen u.a. wegen € 213,5 Mio. nicht näher beschriebener (??) Abschreibungen auf das Umlaufvermögen und       € 58,2 Mio auf Beteiligungen zurückzuführen war.

Aufgrund dieses Verlustes entstand ein Negativkapital von € 72,9 Mio., welches sich im Geschäftsjahr 2014 um weitere  € 144 Mio auf € 216,6 Mio nach einem weiteren Jahresverlust von €  123 Mio  ebenfalls nach einem weiteren drastischen Umsatzeinbruch und Abschreibungen auf Beteiligungen und Umlaufvermögen erhöhte.  Mir ist es ein Rätsel, warum bei diesen finanziellen Verhältnissen nicht schon im ersten Halbjahr 2015 Insolvenz angemeldet wurde. Es riecht förmlich nach einer krassen Insolvenzverschleppung oder hat man hier schon die Anleiheverbindlichkeiten in Höhe von   € 182,5 Mio  als Eigenkapitalersatz eingeplant? Mag sein, dass man Hoffnungen auf Toyota gesetzt hatte, welche sich zum 30.6.2014 mit 39,9% an der Scholz-Gruppe beteiligte und durch ein Gesellschafterdarlehen über € 60 Mio zur Verbesserung der Liquidität der Gruppe beitrug.

Später stellte sich dann heraus, dass Toyota an Scholz das Interesse verloren hatte und weder zu einer Kapitalerhöhung noch zum Einschuss weiterer Darlehensmittel bereit war. Das lässt vermuten, dass der tiefe Einblick in die finanziellen Verhältnisse der Scholz-Gruppe Toyota die Augen geöffnet hatte und diese Reaktion hervorrief.

Auch bekommt das Ganze ein besonderes Geschmäckle, dass erst nach Emission der Anleihen größere Wertberichtigungen auf Beteiligungen und das Umlaufvermögen vorgenommen worden sind. Dies müsste schon länger auch in den Bankenkreisen bekannt gewesen sein.

Und nun kam die Zeit der Winkeladvokaten, welche sich den rechtlichen Rahmen der Anleihemission und somit das österreichisch Rechtssystem zu Nutze machten, bzw. Schritte einleiteten, welche die Aushebelung der Anleihegläubigerrechte zum Ziel hatten. Die Poolbanken unter der Führung der LBBW machten sich nun die Dienste einer auf „Sanierung und Insolvenz“ spezialisierten Investmentbank, der  Houlihan Lokey (oder Houligan Lokey 🙂 ) zu Nutze und engagierten eine Reihe von auf internationales Recht spezialisierte Rechtsanwälte (u.a. Clifford Chance & Co), und ließen diese im Namen der Poolbanken sprechen.

Schritt 1: Verlegung des Sitzes der Scholz-Gruppe am 14. Januar 2016 von Essingen nach London, in welcher angeblich der Sitz der Hauptinteressen (Center of Main Interests)  der Scholz-Gruppe wäre, obwohl in der Konzernbilanz 2014 keine einzige Beteiligung oder Niederlassung in Großbritannien aufgeführt ist bzw. bestand. Zu diesem Zweck wurde eine neue Gesellschaft in Großbritannien gegründet und ein Büro mit Einzimmercharakter (Office Nr. 610) in einem großen Geschäftshaus in London angemietet. Die hierfür notwendige Managementgesellschaft zur Durchführung der Sanierung hat aber unverändert seinen Sitz in Essingen. Warum nicht in London?

Eigentlich ist dies ein purer Witz, es sei denn, man sieht das Hauptinteresse darin, die sehr liberalen und  Gläubiger feindlichen Insolvenzverordnungen in Großbritannien mit deutlich weniger Auflagen für die Geschäftsleitung und deutlich längeren Fristen bis zur  Insolvenzanmeldung für eigene Zwecke und zum totalen Schaden der Anleihegläubiger ausnutzen zu können. Die britischen Insolvenzverordnungen erlauben es zudem über aufwendige juristische Verfahren (Scheme of Arrangement / Pre-Pac-Verfahren), die Gläubigerrechte u.a. aus fadenscheinigen volkswirtschaftlichen Gründen völlig auszuhebeln, bzw. die Anleihegläubiger damit letztlich zu enteignen.

Dies wird zwar von vielen Prozessbeteiligten bestritten, die Folge dieser Sitzverlegung war aber am 15. Januar 2016, also einen Tag später, die Herabsetzung des Euler Hermes Ratings auf C (warum wohl?), womit die geringste Zukunftssicherheit für alle bestehen soll, bzw. der Schuldner extrem schlechte Voraussetzungen hat, seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Ramschniveau eben.

Schritt 2: Forderung nach Stundung der am 8. März 2016 fälligen Zinszahlungen aus den emittierten Anleihen in Höhe von ca. € 15 Mio. bis 31.5.2016, womit nach offizieller Version Zeit für eine ordentliche Restrukturierung gewonnen werden soll, jedoch bleibt zu befürchten, dass diese Zeit zur Aushebelung der Anleihegläubigerrechte genutzt wird, welches  auch als „ordentliche“ Restrukturierung von Seiten Scholz vermutlich bezeichnet wird.

Schritt 3: Ernennung eines Kurators wenige Tage danach – hier ist es eine charmante Kuratorin – nach österreichischem Recht, da die Zahlstelle der Anleihen in Wien/ Österreich ist. Ein Kurator ist unabhängig und soll, ich wiederhole soll, der Vertreter der Anleihegläubiger sein. Zwecks Darstellung der komplexen Situation u.a. durch die Sitzverlegung nach London und Anhörung der Anleihegläubiger wurde am 9.2.2016 eine erste Anleihegläubigerversammlung in Wien abgehalten, um auch die Vertrauensleute der Anleihegläubiger wählen zu können. Die Vertrauensleute sollen das Sprachrohr der Anleihegläubiger gegenüber dem Kurator sein, dieser muss sich deren Empfehlungen zwar anhören, ist daran allerdings nicht gebunden.

Bei den anwesenden Anleihegläubigern brach helles Entsetzen über die bereits eingeleiteten rechtlichen Schritte aus. Begründet wurde diese Sitzverlegung von einem Rechtsanwalt namens Stefan Sax von Clifford Chance damit, dass nur eine operative Niederlassung das „Center of Main Interests“ sein kann. Eine Holdinggesellschaft, welche die Geschicke einer Gruppe in allen Bereichen – außer dem Sortieren von Schrott – vornimmt, würde nach dessen Meinung  nicht das „Center of Main Interests“  sein. Dass diese nach Rechtsverdrehung mutende Meinung bei den Anwesenden auf keinerlei Resonanz stieß, muss nicht näher kommentiert werden. Viele fühlten sich für dumm verkauft. Verwunderlich war zudem, dass die anwesende Handelsrichterin dieser falschen Aussage keinen Einhalt gebot, woraus man evtl. eine fehlende Rechtskenntnis vermuten konnte.

An dieser ersten Anleihegläubigerversammlung nahmen nur rd. 10% des Anleihekapitals teil. Hier zeigte sich wieder einmal, dass die Zahlstelle Wien nicht aus Jux und Tollerei gewählt worden war, sondern aus reinem Kalkül. Je weiter weg der Ort der Gläubigerversammlung für mehrheitliche Entscheidungen von den Wohnorten der meisten Anleihegläubiger ist, in diesem Fall Deutschland, umso geringer ist die Anzahl der Anleihegläubiger bei  Gläubigerversammlungen und umso mehr Freiheit hat der bestellte Kurator bei seinen eigenen Entscheidungen und nimmt damit eine unangreifbare, Vormund ähnliche Stellung gegenüber den Anleihegläubigern ein.

Ein Woche später (??) fand dann eine zweite Anleihegläubigerversammlung wiederum in Wien statt mit dem gleichen Ergebnis einer geringen Anwesenheit der Anleihegläubiger. In dieser machten die Vertrauensleute gegenüber der Kuratorin einen Kompromissvorschlag, welche eine 75%ige Stundung der Zinsen vorsah und nur die restlichen 25% = € 3,75 Mio ausgezahlt werden sollen.

Schritt 4: Aufbauen eines Drucks gegenüber der Kuratorin dahingehend, dass im Falle einer fehlenden Zustimmung zur Stundung der Anleihezinsen die Scholz-Gruppe Insolvenz anmelden müsste.  Diese Aufgabe übernahm vermutlich die auf Sanierung und Insolvenz spezialisierte Investmentbank Houlihan Lokey, welche sich erfahrungsgemäß hohe Erfolgsprämien ausschütten lässt, und dann auch den Kompromissvorschlag der Vertrauensleute rundweg ablehnte mit Blick auf die sehr enge Liquiditätslage der Scholz-Gruppe. Später stellte sich dann heraus, dass diese Investmentbank bei Erfolg ein Honorar von mehreren Millionen Euro einstreichen wird und die Verlegung des „Firmensitzes“ (COMI-shift) nach London eine Summe von € 20 Mio. (u.a. Rechtsanwaltskosten, div. Honorare  von Houlihan Lokey, Gutachten usw. usw.) verschlingen wird. Ob hierzu auch das Honorar der Kuratorin in einer hohen sechsstelligen Zahl sowie die Erfolgsprämie für Houlihan Lokey mit eingeschlossen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Dies zum Thema „enge Liquiditätslage. Wenn man dann noch vernimmt, dass Herr Oliver Scholz, geschäftsführender Gesellschafter der Scholz-Gruppe, sich erst kürzlich für über 2 Millionen Euro eine Privatvilla hat bauen lassen, kann man den Unmut der Anleihegläubiger mehr als verstehen.

Gegen dieses Vorhaben wurde von Seiten der Vertrauensleute gegenüber dem Handelsgericht und der Kuratorin Einwände erhoben, diese folgten aber den juristischen Ausarbeitungen der international aufgestellten Rechtsanwälte der Scholz-Gruppe. Es wurden romanhafte Stellungnahmen über Stellungnahmen und Beschlüsse verfasst, welche der typischen Rechthaberei der Juristen entsprach, letztlich haben diese aber nichts bewirkt und die Anleihegläubiger werden vermutlich in die leere  Röhre schauen. Weitere Gläubigerversammlungen in London zeichnen sich ab, dort werden dann Mehrheitsentscheidungen der Anleihegläubiger die Folge sein.  Bei Schefenaker wurden nach Sitzverlegung nach London die Anleihen zunächst  bis auf einen geringen Prozentsatz im Wert reduziert, bis sie im zweiten Schritt ganz im Wert eliminiert wurden. Ähnliches Schicksal dürfte vermutlich auch den Scholz Anleihen blühen.

Mit dem COMI-shift haben die Pool-Banken bereits das Totenglöckchen für die Rechte der Anleihegläubiger eingeläutet. Die letzte Chance, diesen “shift” zu verhindern, hat die Kuratorin mit der Zustimmung zur Zinsstundung vergeben. Erfahrungsgemäß hätten die Banken nachgegeben, da diese bei einer Insolvenz mehr verloren hätten, als es ihnen KPMG, PWC und Deloitte vorgerechnet haben. Diesen Analysen ist sowieso kaum zu trauen, wirken sie, insbesondere KPMG (spielt auch bei Steilmann eine fragwürdige Rolle), bei diesem COMI-shift entsprechend mit.

Fazit:

Initiiert wurde die Aushebelung der Anleihegläubigerrechte von den Poolbanken unter der Führung der LBBW. Auf der ersten Gläubigerversammlung am 9.2.2016 konnten sehr viele ältere Mitmenschen, die viel Geld in diesen Anleihen investiert hatten, beobachtet werden. Diese waren nach meiner Beobachtung auch viele Kunden von  Sparkassen, deren Obergesellschaften ein Teil der Poolbanken sind (LBBW, Bayerische Landesbank, Norddeutsche Landesbank). Diese Poolbanken tragen daher große Mitverantwortung am Verlust des in die Scholz-Gruppe investierten Anleihekapitals und an dem damit weiterhin wachsenden schlechten Ruf von mittelständischen Anleihen, deren Stunde der Wahrheit in den beiden Jahren 2017 und 2018 kommen wird. Es bleibt zu befürchten, das den mittelständischen Unternehmensanleihen der künftige Titel  “German Subprimes” anhaften wird. Wo war hier die Bafin?

Was lernen wir aus diesem Fiasko?  Hier einige Grundregeln zur Vermeidung von künftigen Verlusten aus Anleihen:

  • Hohe Verzinsung: Liegt diese weit über dem Zinssatz von seriösen Anleihen, wie hier bei Scholz in Höhe von 8,5%, steckt darin bereits die Option auf einen Totalverlust.
  • Bonität: Ratings unterhalb des A-Bereichs garantieren gerade in der jetzigen Zeit keinesfalls die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals, Kapitalverluste sind daher vorprogrammiert.
  • Anzahl der Tochtergesellschaften: Hier ist sehr große Vorsicht, insbesondere bei schlecht gerateten Unternehmen, zu walten. Die Möglichkeiten, hier Verluste zu verschleiern ist damit sehr groß.
  • Ratings von heimischen Rating-Gesellschaften sollten mit Vorsicht betrachtet werden. Zu viele Pleitefirmen wurden von diesen mit Investmentgrade-Ratings versehen.
  • Volumen der Anleihe-Emission: Je geringer das Volumen einer Anleihe-Emission ist, umso geringer ist die Marktliquidität, d.h. die Kurse dieser Anleihen können sehr schnell manipuliert werden und unterliegen extremen Kursschwankungen.
  • Rechtsrahmen: Unterliegt die Anleihe einem ausländischen Recht und ist die Bonität unterhalb eines A-Ratings, sollte man aufgrund der damit hohen juristischen Komplexität die Finger von lassen, es sei denn, man kann sich eines Beraters bedienen, der die Bonität des Emittenten ständig beobachtet.
  • Bisherige Finanzierung des Unternehmens: Bestand vor Begebung der Anleihe bereits seit Jahren ein Bankenpool, sollte man sich diesen genau anschauen und auch die Frage klären, ob damit Zukunft finanziert wird oder ob damit die Forderungen der abgesicherten Banken – wie bei Scholz – reduziert werden sollen.
  • Konsortium der Emissionsbanken: Befinden sich darunter sehr Investmentbank affine Banken, wie bei Scholz seit einigen Jahren die Berenberg Bank und die Close Brother Seydler Bank AG (Close Brother tauchte schon bei Schefenaker auf), welche auch bei der Steilmann-Pleite eine sehr unrühmliche Rolle als Emissionsbank nicht nur für deren Anleihen gespielt hatte, sollte man sich das Investment dreimal überlegen, da diese u.a. in Sachen “britische Restrukturierung” besondere Expertisen aufweisen können (siehe COMI-shift).
  • Last but not least: Der Investor sollte sich das Wertpapierprospekt durchlesen und danach eine laufende Überwachung installieren. Wenn er den Inhalt dann nicht versteht, ansonsten die Finger davon lassen.

Grundsätzlich ist kein Fall wie der andere, Parallelen zeichnen sich aber immer mehr ab.

Ob die Kuratorin nach den geschaffenen Fakten eine wesentliche Quote für die Anleihegläubiger erreichen wird, ist fraglich. Zu hoffen bleibt es.

31. März 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Historie einer Finanzkrise

Vortrag vor dem Europäischen Zentrum für Ethikforschung und Lehre der Universität Straßbourg

Sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchte ich dem hiesigen Europäische Zentrum für Ethikforschung und –Lehre der Universität Straßburg zu ihrem 10 jährigen Jubiläum beglückwünschen und mich gleichzeitig dafür bedanken, aus diesem Anlass den Impulsvortrag „Die strukturierte Ausbeutung“  halten zu dürfen.

Dieser wird  sich mit einer zutiefst unmoralischen und damit unethischen Entwicklung in der Finanzindustrie auseinandersetzen, welche  man als eine perfide Form von Ausbeutung der Bürger über die strukturierten Finanzprodukte bezeichnen kann. Und was noch schlimmer ist, dieses System zwingt rechtschaffene Banker zum Verkauf undurchsichtiger und mit hohem Risiko behafteter strukturierter Finanzprodukte, wollen Sie nicht ihren Job verlieren.

Bevor ich damit beginne, möchte ich mich kurz vorstellen.

Mein Name ist Elmar Emde und ich betreibe seit über 11 Jahren ein   Family Office, welches größere Familienvermögen betreut und die Aufgabe hat, Risiken bei der Vermögensanlage so weit wie möglich zu eliminieren. Diese Aufgabe ähnelt der Funktion eines  Sekretärs und eines Risikomanagers, womit ich täglich mit den strukturierten Finanzprodukten der Finanzindustrie zu kämpfen habe. Außerdem helfen wir mittelständischen Unternehmen beim Aufbau  einer optimalen Liquiditätssteuerung, auch Treasury genannt, welches nichts anderes ist als den Aufbau einer optimalen Kreditversorgung und Abwehr von Risiken aller Art bedeutet. Beide Bereiche ergänzen sich ideal.

Das Bankgeschäft habe ich von Grund auf gelernt. Banklehre, Bankakademie, 4 Jahre in der Auslandsabteilung der Deutsche Bank, danach eine fundierte Kreditausbildung bei der Dresdner Bank,

dort die ganze Karriereleiter über die Zentrale in Frankfurt bis zum Leiter der Filiale Offenburg durchlaufen. Meine Zuständigkeiten waren dort das Firmenkundengeschäft, der Zahlungsverkehr, die Kreditabteilung und das Auslandsgeschäft.

In 2004, nach 27 Jahren,  verließ ich dann die Dresdner Bank aufgrund der Erkenntnis, dass die permanenten Zentralisierungsschritte der Bank – eine Folge des sich immer mehr breit machenden Investmentbankings –  in die Sackgasse führen werden, welches dann 4 Jahre später zur Übernahme durch die Commerzbank geführt hatte, bzw. welche damit selbst in die Bredouille kam und vom Staat gerettet werden musste.

Das zu meiner Person.

Wie kam es aber nun dazu, dass in der Folgezeit die Banken so abrutschten und in Misskredit kamen.

Europa und die Bundesrepublik durchlebten nach dem Krieg eine relativ stabile stets nach oben zeigende Wirtschaftsentwicklung. Es gab in dieser Zeit zwar auch einige Börsen-  und Wirtschaftskrisen, ich denke dabei u.a. an die Ölkrise in den 70er Jahren, diese aber haben sich relativ schnell wieder gefangen und es ging weiter bergauf.

Ende der 80er Jahre fasste das sogenannte Investmentbanking, d.h. das Kapitalmarktgeschäft  in den USA und später in Europa wieder Fuß, nachdem es nach der von ihr verursachten Weltwirtschaftskrise in 1928 – das hat man zwischenzeitlich vergessen  – nahezu verboten  und nur auf einen kleinen Bereich der Bankgeschäfte beschränkt worden war.

Die rasante Ausbreitung des Internets und der damit einhergehende boomartige Verkauf von PC`s ließ ab Mitte der 90er Jahre eine wahre Goldgräberstimmung entstehen. Jede noch so kleine Internetbude, welche nur eine irgendwie plausible Idee mit einem mehr oder minder ausgefeilten Businessplan vorweisen konnte, dafür aber nur wenige gemietet Büroräume  mit Inventar besaß, bewerteten die so genannten Kapitalmarktexperten, wie sich die Investmentbanker damals nannten, mit einigen hundert Millionen DM  und katapultierten diese mit Hilfe der Börsenabteilung an die Börse.

Mit riesigem Werbeaufwand  wurden Börsengänge von Telekommunikationsunternehmen, IT- und Internetunternehmen, wie z. B. die dann floppende  Deutsche Telekom, oder hier in Offenburg die Softline AG, gepriesen mit der Folge, dass deren Aktien wie Raketen in die Höhe schossen, und dann abstürzten, aber keine Basis in den zugrunde liegenden Geschäftsziffern fanden. Egal wie gut oder schlecht diese waren, die Finanzindustrie  riss sich um Aufträge für solche Börsengänge und die Volumina konnte nicht groß genug sein, hing doch daran auch der Verdienst der Investmentbank.

Damals ging unter den Investmentbankern folgender Spruch um: Egal welches Unternehmen, Hauptsache Börsengang, d.h. entsprechende Kandidaten akquirieren, diese dann strukturieren, mit viel Getöse an die Börse lavieren und sich später dann verdünnisieren und zwar so schnell wie möglich.

Das Ergebnis dieses Hypes ist allen bekannt. Die Aktien stürzen sehr stark ab, der neue Markt, die Verkaufsplattform dieser vielen  jungen Aktiengesellschaften und diese selbst  verschwanden von der Bildfläche, viele Anleger verloren sehr viel Geld, viele sogar ihr Vermögen.

Das war die erste nach dem Krieg von Investmentbankern verursachte Finanzkrise, die zweite folgte dann einige Jahre später mit der Finanzkrise in 2008, die dritte wird irgendwann nicht ausbleiben, denn geändert hat sich am System wenig, es wird derzeit nur alles zugedeckt, bzw. unter den Teppich gekehrt.

An diesem Chart können Sie übrigens die beiden, vom Investmentbanking verursachen Krisen erkennen. Demnach scheint die dritte Krise nicht mehr allzu weit zu sein, wenn sie nicht sogar  eingetreten ist.

Spätestens hier möchte ich Ihnen den Unterschied zwischen einem Banker und einem Investmentbanker anhand eines Apfels erklären.

Ein Apfel ist ein bekanntes Produkt, etwas süß oder wenn er noch nicht ganz ausgereift ist, etwas sauer ist. Den Verkäufer eines Apfels möchte ich jetzt als einen traditionellen Banker bezeichnen. Auch er kann einen nicht so guten Apfel verkaufen, der Käufer weiß allerdings, dass er einen Apfel erstanden hat, der evtl. noch reifen kann und süß wird.

Jetzt kann man allerdings aus einem Apfel verschiedene Produkte erstellen. Zum Beispiel das  eingängige Produkt wie den Apfelmus oder den Apfelsaft. Jedoch kann man den Apfelmus noch verfeinern mit diversen Gewürzen, Farbstoffen  und mit zusätzlichen preiswerteren Stoffen strecken, um das Produkt Apfelmus im Verkaufspreis noch  profitabler zu gestalten, bzw. um mit weniger Äpfeln denselben Profit zu machen wie mit vielen.

Oder nehmen wir den Apfelsaft. Dieser kann mit zusätzlichen Süßstoffen, auch Farbstoffen, Geschmacksverstärkern und mit Wasser versetzt und gestreckt werden, um auch dieses Produkt profitabler zu gestalten. Nur der Käufer weiß nicht, welche evtl. gefährlichen und gesundheitsgefährdenden Stoffe  sowohl der Apfelmus als auch der Apfelsaft enthält, welche erst nach vielen Jahren seine Gesundheit beeinträchtigen könnten.

Diese Verpanscher und Verkäufer eines solchen Mischmasch-Apfelmus oder Mischmasch-Apfelsaftes möchte ich jetzt als Investmentbanker bezeichnen, welche nur im Blickfeld die effiziente Profitsteigerung im Auge haben, die Käufer damit hinters Licht führen möchten und denen sie die  Auswirkungen eines solchen verpanschten Produktes völlig verschweigen. Wie soll der Käufer das auch wissen, da die Wenigsten als Chemiker ausgebildet wurden.

Andere vergleichen die Investmentbanker mit Hütchenspieler, da man nie weiß, was darunter steckt.

Und genauso verhält es sich bei den strukturierten Finanzprodukten, deren Risiken die Wenigsten kennen und beruflich hier auch nicht entsprechend bewandert  sind.

Nach dem Zusammenbruch im März 2000 und die Börsenbaissejahre bis 2003  war aber noch nicht das Ende des Investmentbankings. Die folgenden Jahre bis 2008 möchte ich als die Blütezeit der Investmentbanken bezeichnen. Es begann wieder das Strukturieren – die Lieblingsbeschäftigung der Investmentbanken, welche zwischenzeitlich die Geschäftspolitik aller großen Banken weltweit erobert hatte und den Eigenhandel der Banken, – das ist das Spekulieren mit dem eigenen Geld  – voll bestimmte.

Die Deutsche Bank begann 1989 mit der Übernahme der britischen Investmentbank Morgan Grenfell, die Dresdner Bank folgte in 1995  mit der Übernahme der britischen Investmentbank Kleinwort Benson.

Ab da zogen sukzessiv Investmentbanker in die Vorstände dieser beiden Banken ein und führten sowohl die Deutsche Bank als auch die Dresdner Bank nahe an den Abgrund. Bei der Deutsche Bank stellten und stellen Investmentbanker sogar den Vorstandsvorsitz, bei der Dresdner Bank nahm ein junger Investmentbanker im Vorstand der Dresdner Bank sogar die letzten Reserven, welches zu einer Beinahe – Übernahme durch die Deutsche Bank, kurze Zeit danach aber durch die Allianz und später zur Verschmelzung mit der Commerzbank führte.

Bei beiden Banken konnte man beobachten, wie deren Substanz sukzessive von den Investmentbankern abgeschöpft wurde.

Politische Lockerungen vor allem in den USA und später in Europa  gaben dem Investmentbanking parallel  zu den Börsengängen in den 90er Jahren sukzessive zusätzlichen  Auftrieb und machten sich bemerkbar  durch spektakuläre Firmenübernahmen, welche die M&A Abteilungen der Investmentbanken auch unter steuerlichen Gesichtspunkten  strukturiert hatten. Solche Übernahmen bedurften in dieser Zeit eines riesigen Kreditvolumens, die zunächst von sehr vielen Banken dargestellt wurde.

Bei der damaligen Übernahme der Kraft Foods durch Philip Morris waren Ende der 80iger Jahre für den Übernahmepreis von 11,4 Milliarden US$ über 125 Banken beteiligt. Die Dresdner Bank war eine davon, die Vorstandsvorlage lag damals auf meinem Tisch.

Diese Erfolge bei den Unternehmensübernahmen zogen mehrere nach sich, und nahmen immer größere Volumina  an, so dass die  Finanzierung über Banken alleine nicht mehr ausreichte.

Dieser Finanzierungsbedarf  wurde nun verbrieft und dem Kapitalmarkt zugeführt in Form von Anleihen aller Art. Der Kapitalmarkt, d.h. der Verkauf von Anleihen explodierte.

Somit nahmen die Strukturierungsgepflogenheiten der Finanzindustrie immer größere Ausmaße an.

Insbesondere in den USA wurden Ende des alten, Anfang des neuen Jahrtausends allen US-Bürgern die Finanzierung einer Immobilie sehr leicht gemacht. Die Politik des billigen Geldes  löste einen gewaltigen Immobilienboom aus, der ähnlich wie bei den Firmenübernahmen einen riesigen Kreditbedarf zur Folge hatte.

Diesen konnten die US-Banken alleine nicht mehr stemmen und  fassten diese Kredite ebenfalls zu mit Hypotheken besicherte Anleihen zusammen und verkauften diese sofort  weiter an Investoren weltweit.

Anfangs bestanden diese mit Hypotheken besicherten Wertpapiere nur aus  Kreditnehmern mit guter Bonität, d.h. diese Wertpapiere sah man als absolut sichere Wertpapiere an. Später, nachdem die Nachfrage zu solchen Wertpapieren immer größer wurde und sprunghaft anstieg, versetzte man solche Wertpapiere mangels guter Bonitäten mit immer schlechteren Bonitäten bis letztlich solche Papiere nur noch aus schlechten Bonitäten bestanden, die so genannten Subprimes waren entstanden.

Da solche Wertpapiere aus einer hohen  Anzahl von Kreditnehmern bestanden, ging man  nur von einem kleinen Prozentsatz von Ausfällen aus, zumal diese auch noch mit Hypotheken besichert waren. Mit dieser Begründung erhielten diese  Wertpapiere ein tripple A- Rating, aber auch deswegen, weil diese Ratingagenturen von den Strukturieren dieser Anleihen   fürstlich bezahlt wurden.

Wenn man nur schlechte Bonitäten in einen Topf wirft, werden diese nicht besser. Es kam wie es kommen musste, die Ausfälle der mit Hypotheken besicherten Kredite stiegen sprunghaft an, die damit finanzierten Häuser mussten verkauft werden.

und verfielen mangels entsprechender Nachfrage im Preis, die Kurse bzw. die Werte dieser Anleihen fielen in den Keller und wurden wertlos.

Da sehr viele Banken und Investmentbanken diese angeblich risikolosen und mit hohen Zinsen ausgestatteten Anleihen u.a. über den Eigenhandel auf die Bilanz, d.h. ins eigene Depot genommen hatten, mussten gigantische Wertberichtigungen vorgenommen werden, welche einigen die Eigenständigkeit kostete,

wie z. B. die IKB, mit der diese Finanzkrise in Deutschland begann. Einigen verloren sogar ihre Existenz, wie die z.B. Lehman Brothers.

Kurzum, die Verluste waren riesig. Man bezifferte diese Verluste auf insgesamt auf rd. 10,5 Billionen US$.

Hierzu gibt es noch einen Treppenwitz der Finanzgeschichte. Die Pensionsgelder der BaFin-Beamten, welche die Banken beaufsichtigen, wurden von der Deutschen Bundesbank, der Inkarnation des deutschen Bankenwesens, verwaltet. Die dortigen Vermögensverwalter hatten  aber nichts Besseres im Sinn, als diese Pensionsgelder  in Wertpapieren der Hypo Real Estate zu investieren, die mit vielen Milliarden des deutschen Steuerzahlers gerettet werden musste. Vielleicht ist das u.a. auch ein Grund für die Rettung dieses Pleite-Bankhauses, um sich die Blamage  der Deutschen Bundesbank zu ersparen.

Vor Beginn dieser Finanzkrise hatten sich aber dennoch viele Banken über so genannte Credit Default Swaps gegen Ausfall dieser Wertpapiere versichert. Unter den großen Risikoübernehmern befanden sich die US-amerikanische Versicherungsgesellschaft AIG, welche letztlich zur Vermeidung des Zusammenbruchs des weltweit riesigen Derivatevolumens  von damals ca. US$ 600 Billionen (zum Vergleich das Welt BIP beträgt  ca US$ 60 Billionen) mit über US$ 180 Milliarden vom amerikanischen Staat gerettet werden musst.

Später stellte sich dann heraus, dass einige Banken wie z.B. Goldman Sachs und Deutsche Bank, auf der einen Seite diese Subprimes massenhaft verkauft  und andererseits aufgrund ihres besseren Produktwissens  über diese CDS dagegen gewettet hatten. Ob das ethisch ist, überlasse ich den geneigten Zuhörer.

Letztendlich erfasste diese Finanzkrise auch die deutschen Banken, insbesondere die Landesbanken aus vielerlei Gründen, da sie im Glauben an das angelsächsische Banking eine Menge solcher toxischen Subprimes auf ihre Bilanz genommen hatten.

Damit sie diese aber nicht sofort abschreiben mussten, kam man mit dem Segen der Aufsichtsämter und der Politik auf die Idee der Gründung einer Bad Bank, auf Deutsch,  Abbaubank, welche die toxischen Papiere aufnehmen sollte zwecks Abbau bzw. Verkauf in den Markt und das noch mit Garantie des Staates.

Der Umfang dieser toxischen Wertpapiere war immens groß.

Dieses Schaubild zeigt Ihnen die  Bilanzsumme der jeweiligen Bad Bank beim Start, das Eigenkapital der jeweiligen Mutterbank, den bereits erfolgten Abbau im 1.Quartal 2013 und den aktuellen Stand des  zwischenzeitlichen Abbaus dieser toxischen Papiere per ……..

Was zeigt uns dieses Schaubild?

Zum einen, dass das Eigenkapital der jeweiligen Mutterbank bei Gründung der Bad Bank deutlich geringer war, als die Bilanzsumme und damit die Höhe der toxischen Wertpapiere der dazu gehörigen Bad Bank. Mit anderen Worten, diese fünf Banken hätten Insolvenz anmelden müssen, hätte man diese Vermögenswerte in der Bad Bank wertberichtigen müssen. Hier sind die Aufsichtsämter diesen fünf Banken sehr weit entgegengekommen, vermutlich auch, um ihr eigenes Versagen zu vertuschen.

Und zum anderen zeigt dieses Schaubild, dass per 31.12.2014 rd. € 424  Milliarden dieser toxischen Wertpapiere „abgebaut“, d.h. in den Markt verkauft wurden.

Aber wohin sind diese Papiere gegangen?

Sicherlich haben auch Wertberichtigungen im kleineren Maß stattgefunden, vielleicht konnten sich auch einige Papiere wieder erholen.  Wo allerdings der sehr große Rest genau hingegangen sind, versucht man geflissentlich unter den Tisch zu kehren.

Diese Frage habe ich der damaligen Leiterin der BaFin, Frau Elke König, gestellt. Leider bekam ich dazu nie eine Antwort. Einige Wochen später gab sie eine Pressekonferenz,  in der sie verlautbaren ließ, dass sie es auch nicht genau wisse, aber vermute, dass Hedgefonds diese gekauft hätten.

Das ist meines Erachtens nicht glaubwürdig, da zu diesem Zeitpunkt der Bankenstresstest abgeschlossen war und Frau König die Frage genau hätte beantworten können. Übrigens, der Bericht zu diesem Stresstest, welcher im Mai 2015 veröffentlicht werden sollte, liegt immer noch nicht vor.

Es muss daher vermutet werden, dass Hedgefonds diese Papiere wiederum mit anderen Wertpapieren  zu einem neuen Wertpapier vermischt haben zwecks Weiterverkauf als alternative Anlage  an Investmentfonds aller Art, welche solche alternativen Anlagen gerne als Beimischung aufnehmen und  als solche auch ausweisen.

Somit muss des Weiteren vermutet werden, dass dieser von den Aufsichtsämtern akzeptierte betrügerische Verkauf – anders kann man dies nicht nennen –  an die breite Masse der Anleger stattgefunden hat und immer noch stattfindet.

Das Perfide daran ist, dass die derzeitige Niedrigzinspolitik der EZB, bzw. der damit entstandene Anlagenotstand dem Verkauf solcher strukturierten und mit hohem Risiko behafteter Wertpapiere in die Hände spielt.

Ja man kann sogar vermuten, dass dies im Sinne der EZB / Deutsche Bundesbank ist, zumal von deren hohen Vertretern den Banken ständig empfohlen wird, sich vom zinsabhängigen Bankgeschäft unabhängig zu machen. Das Dumme ist nur, dass Bankgeschäft  eben Zinsgeschäft ist-

Es stellt sich daher die Frage, was diese Herren, insbesondere Herr Dombret, Vorstand der Deutsche Bundesbank und verantwortlich für die deutsche Bankenaufsicht, damit bezwecken will?

Hierzu möchte ich nur den Hinweis geben, dass Herr Dombret selbst Investmentbanker ist, und seine bisherigen Tätigkeiten als Investmentbanker  bei J.P.Morgan, Bank of America und  Bankhaus Rothschild, eine Inkarnation des Investmentbankings, in seinem veröffentlichten Lebenslauf sowohl bei der Deutschen Bundesbank als auch in Wikipedia mittlerweile entfernt wurden.

Jetzt fragen Sie sich sicherlich, wie es denn möglich sein kann, dass man solche hohen Risiken so elegant wie möglich auf eine breite Masse verteilen kann.

Fangen wir mit dem Allerweltsprodukt und dem derzeit in Mode gekommenen  Mischfonds an.

Die bildliche Darstellung eines solchen Fonds sieht dann in den von den Banken verteilten Flyern so aus.

Als nächstes möchte ich Ihnen die Funktionsweise  eines  derzeit nicht so gefragten Rentenfonds zeigen

Derzeit in aller Munde sind Zertifikate, welche wie folgt funktionieren

Und als letztes die derzeit sehr modischen ETF`s

Nicht alle ETF`s basieren auf physisch hinterlegten Wertpapieren. Wird beispielsweise ein neuer ETF-Fonds  mit € 100 Mio. gegründet, die Anleger zeichnen aber für € 300 Mio. Anteile, wird der ETF-Fonds sicherlich nicht für € 200 Mio. entsprechende Aktien kaufen. Nein er wird diese synthetisch darstellen, d.h. über Derivate und Optionen.

Die Gefahr besteht nun darin, dass bei einem Aktien Crash plötzlich sehr viele Anteilszeichner ihre  Anteile verkaufen wollen, der Fonds somit gezwungen wird, einen Teil der physisch unterlegten Aktien  zu verkaufen zwecks Bezahlung dieser Fondsanteilsrückgaben. Das würde wie ein Brandbeschleuniger  wirken und den begonnenen Rückgang der Baisse verstärken.

Liegt aber keine physische Unterlegung mehr vor, sondern nur noch die synthetische, muss auf den Risikoübernehmer / Derivate- Optionspartner zurückgegriffen  werden. Man kann  dann nur hoffen, dass hierbei die richtigen Partner ausgesucht wurden und diese ihre Verpflichtungen, die entsprechenden Wertpapiere zu liefern,  erfüllen können.

Zu den ETF`s muss man auch  wissen, dass diese ihre Basis nicht nur in den bekannten  Indices  DAX und S& P 500 haben, sondern zwischenzeitlich in allen möglichen  Zusammensetzungen. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von exotischen Indices auf alle möglichen Depot-, Branchen- und Länderzusammensetzungen, in welche ebenfalls die toxischen Wertpapiere der Banken untergebracht werden können, wie in den anderen strukturierten Finanzprodukten.

In meinem Vortrag habe ich jetzt nur einen klitzekleinen Teil der strukturierten Finanzprodukte dargestellt. Allein bei den Zertifikaten gibt es bereits deutlich über 1 Million Zertifikate  mit unterschiedlichsten Ausprägungen und  aberwitzigen Konstruktionen, welche  auch für Finanzfachleute mit hoher Expertise vom Risiko kaum überschaut werden können.

Das Schlimme und ethisch verwerfbare ist die Tatsache, dass selbst in den kleinsten Dörfern dieser Republik den unbedarften Anlegern solche hochkomplexen strukturierten Finanzprodukte von den Sparkassen und Volksbanken angeboten werden, bzw. angeboten werden müssen, um zu überleben, da ihnen die EZB die wichtigsten Ertragssäulen, das Einlagengeschäft und das Kreditgeschäft mit ihrer aberwitzigen Geldpolitik weggenommen hat.

Es bleibt daher zu befürchten, dass damit schon die nächsten Bankenkrise, gepaart mit einer noch viel größeren Vertrauenskrise die Folge sein wird. Außerdem wird es meines Erachtens die Altersarmut weiter befeuern, da sehr viele für das Alter zurückgelegte Geldvermögen sich in Luft auflösen werden zu Gunsten Weniger, die mit diesem Geld auf Ihren dicken Yachten durch die Welt schippern.

Dier Vermögensanlage ist ein umgekehrtes Kreditgeschäft. Das vergessen sehr viele Anleger, welche bei einer Vermögensanlage die Funktion eines Kreditgebers einnehmen. Die Vermögensanlage, seien es Aktien, Anleihen,  Fonds oder sonstiger strukturierter Krimskrams sind die Kreditnehmer.

Das bedeutet, dass sich der Anleger bei jedem vorgesehenen Investment die Bonität des Kreditnehmers, d.h. der Vermögensanlage anschauen sollte. Und wenn er diese Bonität nicht eindeutig und für ihn verständlich überprüft werden kann, wie dies bei den strukturierten Finanzprodukten einfach nicht möglich ist, sollte er die Hände von diesen Investments mit einer Option auf einen Totalverlust  weg lassen. Nur auf mündliche Äußerungen und auf Hören und Sagen sollte er keinesfalls  vertrauen.

Ich befürchte, dass der Verkauf dieser strukturierten Wertpapiere den Banken wiederum auf die Füße fallen wird und werden wir wieder so ähnliche Schlagzeilen lesen können, wie erst kürzlich im Handelsblatt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Sparer schuld an Negativzinsen?

In einem erst kürzlich veröffentlichten Gastkommentar des Handelsblattes  von Herrn Lorenzo Bini Smaghi, einem ehemaligen Mitglied des Direktoriums der EZB, mit der Überschrift  “Sündenbock der EZB”, verteidigte Herr Smaghi mit schon sehr “grenzwertigen” Thesen die Nullzinspolitik der EZB.

Saldiert betrachtet waren dies folgende Thesen:

Die Sparer, insbesondere die deutschen, sind größtenteils  Schuld an der   Nullzinspolitik der EZB mit der Begründung, dass die Ersparnisse deutlich höher seien, als die Investitionsausgaben und damit die Preise fielen. Hier scheint Herr Smaghi Ursache und Wirkung zu verwechseln. Durch die Nullzinspolitik der EZB entstand eine Geldschwemme ohnegleichen, die letztlich keiner in diesem Ausmaß  benötigt – außer den Problemstaaten –  und nur den Sparern ist es letztlich zu verdanken, dass durch diese  „nichtkonventionellen“ Maßnahmen der EZB  – wie Herr Smaghi das nennt –  die Superinflation nicht eingetreten ist. Da sich diese bisher nicht bemerkbar gemacht hat, wird die Nullzinspolitik noch verteidigt und sogar noch in Aussicht gestellt, die Negativzinsen noch weiter zu erhöhen. Das ist paradox.

Herr Smaghi bemängelt zu Recht die Tatenlosigkeit der europäischen Politik in Sachen Strukturreformen, welche die E$ZB zu einer solchen Politik nötigen würde. Ist das aber nicht auch ein Ergebnis der Nullzinspolitik der EZB, welche es den Staaten sehr leicht macht, Schulden aufzunehmen und zwar mehr als es die Bonität der Länder und die Norm  verträgt, zumal das den jeweiligen Politikern nicht weh tut und man damit eine Garantie erhält, wieder gewählt zu werden? Heizen die Zentralbanken – und damit im besonderen Maße die EZB –  mit ihrer jeweiligen  Nullzinspolitik  nicht die Verschuldung weltweit an? Die Verschuldung der Staaten ist seit der Finanzkrise enorm angestiegen – vor allem in seinem Heimatland Italien –  und in diesem Umfeld rät Herr Smaghi zu noch mehr Schulden? War denn die hohe Verschuldung nicht der Grund für die Finanzkrise in 2008? Hier sollen Schulden mit Schulden bekämpft werden. Vergleichbar ist das mit einem Ertrinkenden, dem man noch mehr Wasser in den Pool schüttet, um ihn vor dem Ertrinken zu bewahren. Das ist ebenfalls paradox!

Herr Smaghi fordert von den Banken eine größere Kreditbereitschaft statt die überflüssige Liquidität bei der EZB zu bunkern. Banken sind aber auf der anderen Seite durch die Bankenaufsicht der EZB zu Recht angehalten, ein ordentliches Kreditgeschäft zu betreiben. Gerade vor wenigen Tagen hat die oberste Bankenaufseherin in Europa die vielen faulen Kredite der Banken, insbesondere in seinem Heimatland Italien (!) beklagt, welches nicht gerade von einer fehlenden Kreditbereitschaft der Banken zeugt. Andererseits halten sich die Banken in der Tat derzeit zunehmend aus den Baufinanzierungsgeschäft zurück, da die Immobilienpreise dank der Nullzinspolitik der EZB regelrecht explodiert sind, sich entsprechende Blasen gebildet haben und die Banken nun  befürchten, wiederum in das offene Messer einer Immobilienblase zu laufen. Und im Übrigen zeichnen sich auf breiter Front Zinserhöhungen im Kreditgeschäft ab, um die von den Banken zu zahlenden Negativzinsen dadurch kompensieren zu können. Das ist auch ein Zechen einer paradoxen Geldpolitik der EZB!

Der Sparer soll sein Geld in risikoreichere Vermögensanlagen wie Aktien investieren. Das ist gelinde gesagt die Aufforderung zur Vermögenskastration.  Nachdem nun Herr Draghi jetzt auch noch akzeptable Unternehmensanleihen  aufkauft, fegt er damit den Anlagemarkt mit den zuletzt noch verbleibenden direkten Anlagen leer. Bankanleihen will er jedoch nicht in sein Depot nehmen, vermutlich sind ihm diese aufgrund seines exklusiven Einblicks in deren kryptografischen Bilanzen zu unsicher, diese kann dann der dumme Anleger kaufen. Die Nullzinspolitik treibt doch schon jetzt die Anleger in obskure Investments, insbesondere in die intransparenten strukturierten Finanzprodukte, alle mit einer Option auf den Totalverlust. Und dann noch in Aktien bei diesen derzeit hohen Indexständen, als wäre der Aktienmarkt durch die Politik der EZB nicht schon aufgeblasen genug. Und ein solcher Vorschlag kommt von einem Ex-Zentralbanker?

Die Agenda von Herrn Smaghi ist gekennzeichnet von einer Karriere in der Banca d`Italia, der Zentralbank von Italien. Danach wechselte er zum Europäischem Währungsinstitut in Frankfurt als Leiter der Abteilung “Politik”. 1998 wurde er kurzfristig stellvertretender Generaldirektor für Forschung der EZB, um als Generaldirektor für Internationale Beziehungen am italienischen Wirtschafts- und Finanzministerium bis 2005 aufzusteigen. In 2005 wurde er Mitglied des Direktoriums der EZB, musste diesen Platz im Oktober 2011 nach der Ernennung von Herrn Draghi zum Präsidenten der EZB räumen, da nach der informellen Regel der EZB zwei Italiener in diesem hohem Gremium nicht vorgesehen waren, jedoch jeweils ein Vertreter der vier größten Wirtschaftsnationen (Nationalitäten-Mischmasch). Herr Smaghi gab dann bekannt, in die Wissenschaft zu wechseln und nennt sich seitdem “Wirtschaftswissenschaftler”.

Aus diesem Lebenslauf kann man wieder feststellen, dass die EZB durchsetzt war und ist von in der Politik groß gewordenen Pseudo-Wissenschaftlern ohne direkten Bezug zum realen Bankgeschäft. Dies hat sich bis heute nicht verändert, wie in meinem Beitrag vom 8.11.2015 mit der Überschrift “Fachexpertise Zentralbankrat” nachgelesen werden kann.

Dies erklärt auch die chaotische Geldpolitik der EZB, welche einem Versuchslabor gleicht als einem Währungshüter.

Ehrlich gesagt, einen solchen Quatsch wie in diesem Gastkommentar von Herrn Smaghi im Handelsblatt, habe ich schon lange nicht mehr gelesen.

25. März 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

 

 

 




Draghis Unverfrorenheit

Es ist schon erstaunlich, mit welcher Unverfrorenheit der EZB-Präsident Draghi sein Mamdat nutzt, um den Anlagenotstand zu forcieren. Zentralbanken sind eigentlich da, die Währung und damit das Finanzsystem zu schützen, mit der Geldpolitik der EZB erfolgt aber genau das Gegenteil. Bewährte Finanzsysteme in Europa werden massiv geschwächt und nicht bewährte, schwache, auf Schuldenmachen ausgerichtete und nicht leistungsbereite Systeme gestärkt.

Neben der Senkung der Leitzinsen auf Null, der Erhöhung des Negativzinses und der Erhöhung der monatlichen Aufkäufe von Staatsanleihen, welches nichts anderes ist als eine reine Staatsfinanzierung, will Draghi jetzt auch noch Unternehmensanleihen aufkaufen, aber – und das lässt einen doch stutzig werden – keine Anleihen von den Banken.

Da stellt sich doch die Frage nach dem Warum? Betrachtet die EZB  die Anleihen der Banken nicht im Status von “investmentgrade”? Hat die EZB durch ihre Funktion als Bankenaufseher und damit die Möglichkeit, tief in die Bilanzen der Banken sehen zu können,  eine andere Bonitätsmeinung als die Ratingagenturen?

Resümierend kann man daher nur feststellen, dass mit dem Ankauf guter Unternehmensanleihen die Anleger immer mehr gezwungen werden, auf risikoreiche Investmentpapiere der Investmentbanken oder Bankanleihen auszuweichen, die guten Anlagemöglichkeiten werden andererseits den Anlegern weggekauft.

Will der Goldman Sachs Investmentbanker  Draghi und sein Marionettenkabinett, welches sich Zentralbankrat nennt,  ein anderes Finanzsystem auf Basis  der Investmentbankdenke? Will er alle Anleger zu Spielern und Wettpartnern mit ungleichen Ausgang umfunktionieren?

Und jetzt denkt dieser Mann auch noch über Hubschraubergeld nach, d.h. jeder EU-Bürger soll evtl. von der EZB Geld überwiesen bekommen zum Verkonsumieren. Mit anderen Worten, er will nun auch noch das viele gedruckte Geld zum Fenster hinauswerfen. Das stellt unsere Leistungsgesellschaft ohne Not total auf den Kopf und riecht nach Sozialismus, nach Zentralbanksozialismus. Irgendwann kauft die EZB auch noch Aktien, nur keine Bankaktien, die will sie den Anlegern überlassen und vielleicht auch noch Immobilien. Wer weiß, was in Draghis Kopf und den Pseudo-Wissenschaftlern im Zentralbankrat alles so herumschwirrt. Wenn das so weiter geht, kann man der EZB bald den neuen Namen Treuhandanstalt geben.

Wer stoppt diesen Chaoten, diesen Realitätsverweigerer, diesen Spieler,  der auf dem Sessel des Präsidenten der EZB nichts zu suchen hat, wie eigentlich alle Investmentbanker in den Zentralbanken?

Aber da befindet er sich in guter Gesellschaft mit der Bundeskanzlerin Merkel, welche ihn damals in diesen Sessel gehoben hat. Trotz erdrutschartiger Verluste Ihrer Partei bei den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag hält sie an ihrer Flüchtlingspolitik fest. Sie und Herr Draghi zerstören  mit ihrer chaotischen Politik das Vertrauen in die hinter ihnen stehenden Institutionen.

Beide haben durch ihre allzu große Machtfülle total abgehoben und sehen die Realitäten nicht mehr. Beide zerstören das, was sie eigentlich aufbauen wollen, nämlich Europa.

14. März 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de