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Aktienanleihen

Kurzum, eine Aktienanleihe ist nichts anderes als ein Zertifikat, also ein Wett­schein mit einer Zinskomponente. Seine Chancen sind somit nur auf diese begrenzt.

Mit dem Wort „Anleihe“ will man auch hier den Eindruck vermitteln, dass es sich hier um eine Anleihe mit Zinsertrag handelt, man missbraucht regelrecht das Wort Anleihe, bei der man bei Fälligkeit sein eingesetztes Kapital wieder zurück bekommt. Weit gefehlt. Eigentlich müsste diese Wertpapiergattung „Aktien-Wett­schein“ benannt werden und sollte in den Wettbüros, in welcher Pferde- und Fußballwetten abgeschlossen werden, verkauft werden. Aber pardon, die Banken sind ja bereits Wettbüros. Vielleicht gehören diese Pferde- und Fußballwetten auch bald zum Angebots-Portfolio der Banken. Zu Zeiten der Fußballweltmeister­schaft in Deutschland blitzen solche vereinzelt auf.

Bei relativ hohen Daxständen fällt auf, dass von den Banken „lukrative“ Verzinsungen bei dieser wieder „neuen“ Anlageform in Höhe von 7% bis  10 % p.a. + x angebotenwerden. Emittenten sind u. a. Banken und bonitätsstarke Unternehmen wie Daimler, Allianz, Bayer und BMW, die Laufzeiten bewegen sich im mittel­fristigen Bereich (max. 1-2 Jahre) spielen also in der Zinsrechnung aufgrund dieser relativ kurzen Laufzeit in realen Euros gerechnet keine große Rolle, jedoch lockt der hohe Zins und weckt letztlich die unvernünftige Gier der Anleger.

Beim Kauf der Anleihe wird ein Basispreis festgelegt, welcher unter dem zu diesem Zeitpunkt gültigen Börsenkurs liegt, aber nach den bisherigen Beobachtungen nicht mehr allzu weit weg davon ist. Rückzahlung der Anleihe bei Fälligkeit erfolgt entweder zu 100 %, sollte der dann festgestellte Börsenkurs über dem Basispreis liegen (hohe Kursgewinne werden dadurch nicht berücksichtigt, die vereinnahmt auch hier der Emittent/­die Investmentbank) oder in Form von Aktien, wenn der Basispreis unterschritten oder erreicht werden sollte oder in Form einer Barzahlung zum Preis des dann gültigen Börsenkurses. Somit wird der Anleger an einem evtl. deut­lich höheren Börsenkurs nicht beteiligt, muss aber bei gesunkenem Börsenkurs diesen voll tragen (ähnlich wie bei dem oben beschriebenen Diskont-Zertifikat). In der Anzeige der Deutsche Bank steht folgender Satz: „Rückzahlung zum Nennbetrag, sofern die jeweilige Aktie zum Laufzeitende den festgelegten Basispreis nicht unterschreitet. Andernfalls erfolgt Rückzahlung in Form von Aktien mit 1:1 Partizipation an der negativen Kursentwicklung der Aktie bis hin zum Totalverlust.

Diese letzten vier Worte sollte sich jeder Anleger genau einprägen und sich dann fragen, ob er sein Vermögen einem evtl. Totalverlust aussetzen will.

Sollte der Basispreis also unterschritten werden, entsteht für den Emittenten der Riesenvorteil, weniger zurückzahlen zu müssen, als er bei Ausgabe der Anleihe eingenommen hat. Würden Anleger dann auf die Idee kommen, die Barzahlung auszuschlagen und Aktien als Rückgabepreis verlangen zu wollen, hätte das für den Emittenten dann den weiteren Vorteil, dass durch die Aktienkäufe der Kurs wieder steigt mit all den daraus bekannten Vorteilen. Es sei denn, der Emittent hat im Vorfeld durch eigene Aktienrückkäufe den Börsenkurs schon entsprechend nach oben getrieben (u.U. verbunden mit einer Gegenwette), um die Aktienanleihe noch attraktiver zu machen und dem Anleger dadurch eine lukratives Schnäppchen vorgaukeln zu können, da die Aktien ja nach oben tendieren und somit die Wahrscheinlichkeit einer verminderten Rückzahlung durch einen schlechteren Börsenkurs in weite Ferne rückt oder sogar „unwahrscheinlich“ ist.

Diese Vorgehensweise macht allerdings nur dann Sinn, wenn man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, wie sich ein Aktien­kurs bis zu diesem Fälligkeitszeitpunkt evtl. entwickeln könnte und in diesem Fall nach unten. Diese Wahrscheinlichkeiten können diese hochkomplexen Systeme inzwischen immer mehr und immer treff­licher liefern, insbesondere dann, wenn die Aktienkurse schon gewisse Höhen erreicht haben und die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes besteht.

Meine Anfrage bei der Deutsche Bank, dass man doch dem Anleger auch das Ergebnis dieser Wahrscheinlichkeitsrechnung fairerweise mitteilen sollte, blieb bis dato unbeantwortet.

Diese Wahrscheinlichkeitserkenntnisse muss der Emittent, wenn dieser keine Bank ist, mit entsprechend hohen Gebühren bezahlen, ist somit reines und lukratives Provisionsgeschäft für die Invest­mentbank. Ist der Emittent eine Bank, streicht diese den (hohen) Unterschied zwischen Ausgabepreis und Rückzahlungspreis selbst ein, bzw. sichert damit evtl. ein eigenes Depot ab.

Steigt dagegen die Aktie über den Basispreis, eröffnen sich für die Bank wiederum diverse Ertragsmöglichkeiten außerhalb des Gesichtsfeldes des Anlegers.

Für den Anleger bleibt neben diesem Kursrisiko noch das Emittentenrisiko, d. h. wenn der Emittent – wer es auch immer sei – pleitegeht, verliert der Anleger seinen vollen Einsatz.

Kritisch wird es dann aber, wenn die Bank diese hohe Wahrschein­lichkeit gegenüber dem Anleger verschweigt, andererseits plakativ nur auf hohe Gewinnchancen hinweist (die seitenlangen Fact Sheets lesen die wenigsten) und schließlich noch aufgrund dieser Erkennt­nisse dagegen wettet, wie es bei den US-Subprimes im großen Stil angewendet worden ist. Dies geschieht dann durch entsprechende Leerverkäufe oder Optionen und sonstiges Derivate­gebräu, welche den Börsenkurs noch zusätzlich nach unten dirigieren und somit den Anleger, welcher auf einen stabilen Kurs und somit hohe Zinsen bei Rückzahlung zu 100 % vertraut, eklatant benachteiligt.

Juli 2013

Elmar Emde

 

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de