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Benimmregeln für Banker, ein Nasenring für die Anleger

Die Politik geht manchmal schon seltsame Wege. Das mag der Kompromissbereitschaft geschuldet sein aber auch einer nicht vorhandenen Expertise und somit gepaart mit fehlender Kompetenz. Oder, man will das Wahlvolk an der Nase herumführen.

Bei einem Treffen der Finanzminister der G7-Staaten in Dresden diskutierten diese zum ersten Mal einen einheitlichen Verhaltenskodex für die Mitarbeiter  der Finanzindustrie, welcher verpflichtend sein soll, wie z.B. schon jetzt in den Niederlanden. Demnach muss ein niederländischer Banker schwören, dass er sein Möglichstes tun wird, um das Vertrauen  in die Finanzindustrie zu erhalten und zu fördern“. Wie soll er das aber vollziehen können, wenn er von seiner Bank gezwungen wird, intransparente, komplexe und somit nicht durchschaubare strukturierte Finanzprodukte verkaufen zu müssen.

Mit den Verhaltenskodexen ist es so eine Sache. So hat z.B. wenige Wochen vor der Finanzkrise das Derivate Forum, eine Interessengemeinschaft von 8 Emissionsbanken (ABN-Amro Bank, BNP-Pari­bas, Deutsche Bank, Dresdner Bank, DZ-Bank, HVB, Goldman-Sachs, Oppenheim, West-LB)  einen Derivate Kodex vorgestellt, der als frei­willige Selbstverpflichtung Mindeststandards für die Strukturierung, Emission, Vertrieb, Marketing und Handel derivater Wertpapiere formuliert. Und was hat es gebracht auch nach der Finanzkrise? Skandale über Skandale und diese Flut will derzeit einfach nicht abreißen.

Die Exzesse in den Banken tauchten sukzessive mit dem Erscheinen des Investmentbankings bei  gleichzeitiger  Lockerung der Bankregulierungen auf. Investmentbanking bedeutet nicht nur das sicherlich seriöse M&A – Geschäft, sondern und vor allem das „Verstrukturieren“  von allen möglichen Kreditrisiken  und deren Vertrieb u.a.  in Form von in sich komplexen Investmentfonds, Zertifikaten und ETF`s aller Art, in welchem sich aller Anlageschrott der Banken wunderbar verstecken lässt. Warum konnten die Bad-Banks in Deutschland ihre toxischen Assets in einer so kurzen Zeit so deutlich zurückfahren?

Letztlich werden dem normalen Anleger derzeit fast nur noch solche „radioaktiv verseuchten“ Anlagemöglichkeiten offeriert, dank der Niedrigzinspolitik und der Aufkaufprogramme von Herrn Draghi. Aber nirgendwo regt sich Widerstand, es gilt als normal, den Anlegern solche komplexen und intransparenten Finanzprodukte zu verkaufen. So war es vor der Finanzkrise, dann kam der große Aufschrei und kurz danach hat man unverändert weiter gemacht.

Was soll nun ein Banker an der Verkaufsfront machen, wenn ihn seine Bank dazu zwingt, diese strukturierten, intransparenten und komplexen  Finanzprodukte oder „Finanzprodukte der Woche“ an die Anleger zu verkaufen? Das geschieht unverändert mit hohem Druck und Drohungen, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, wenn……

Ist er dann Schuld, wenn die beigemischten toxischen Papiere  zu deutlichen Wertverlusten führen oder die Bank? Im Zweifel immer das Bauernopfer.

Erwähnt werden muss hier noch der Hinweis, dass die Aufsichtsämter, darunter die Bafin, wissen müssen, wohin die toxischen Wertpapiere der Bad Banks gegangen sind. Davon haben diese Angabe gemäß keine Kenntnis! (erinnert mich irgendwie an Herrn Blatter und Herrn Jain). Warum wurde dann der Bankenstresstest durchgeführt, der dieses zu Tage hätte bringen müssen? Übrigens, der Bericht über den Stresstest, der im Mai dieses Jahres veröffentlicht werden sollte, liegt immer noch nicht zur Einsicht vor.

Somit kann und muss man feststellen, dass mit dem Segen der Aufsichtsämter den Anlegern dieser Anlageschrott elegant über die Beimischungen zu den strukturierten Finanzprodukten untergejubelt wurde und das auch noch mit Hilfe der EZB und ihrer desaströsen Geldpolitik. Ist das seriös? Wer wird dann zur Verantwortung gezogen, wenn dies offensichtlich wird und die Anleger horrende Verlust verbuchen mussten. Die Banken und die Politik sicherlich nicht.

Wie verhält es sich im Übrigen mit diesem Verhaltenskodex bei der EZB, welche derzeit marode Staaten aus „politischen“ Gründen mit Krediten versorgt und diese Fässer ohne Boden finanziert. Würde das eine Bank machen, müsste die Bafin diese schließen und das zu Recht, da letztlich die Allgemeinheit diesen  Schaden wieder tragen müsste.

Von den Bankern einen Verhaltenskodex einzufordern, wenn andererseits die Politik die Intransparenz und damit die in sich bestehende Betrugsmöglichkeit der Anlagemöglichkeiten akzeptiert, ist Unsinn und eine Verdummung der Bürger.

Man kann jetzt regulieren und alle möglichen Kodexe verfassen, die aber erfahrungsgemäß nicht einmal das Papier wert sind, auf denen diese fixiert wurden. Die Struktur des Finanzsystems wird solche Exzesse trotzdem unvermindert zulassen, zumal diese äußerst  profitabel sind und diese Profitabilität, oder besser gesagt diese Ausbeutung, von allen möglichen Institutionen und Aufsichtsämtern gefordert wird, die Strafen dagegen eher lapidar zu sein scheinen.

Das Investmentbanking hat uns in diesem Jahrtausend  schon zwei große Finanzkrisen beschert, nämlich die Dotcomkrise in 2000 und die Finanz- und Staatsschuldenkrise in 2008, welche uns nun schon 7 Jahre beschäftigt. Außerdem war sie auch hauptverantwortlich für die bisher größte Finanzkrise in 1928.

Der Nährstoff für das Investmentbanking sind die strukturierten Finanzprodukte und deren Komplexität, die Möglichkeit, schlechte Risiken darin verstecken zu können, welche nur die wenigsten durchschauen und somit Tür und Tor öffnen für Betrugsmechanismen aller Art.

Kurzum, die strukturierten Finanzprodukte müssten verboten werden und durch transparente Anlagemöglichkeiten ersetzt werden. Diese über die Aufsichtsämter in Bezug auf Werthaltigkeit und Nachhaltigkeit überprüfen zu lassen, ist aufgrund der fehlenden und entsprechend ausgebildeten Personalausstattung schier unmöglich bei der hohen täglichen Produktion von ca. 1000 solcher komplexen Produkte.

Wie Rauschgift zersetzen die strukturierten Finanzprodukte zugunsten Weniger das ganze Finanzsystem. Und wenn nur wenige fast alles haben waren Revolutionen die Folge, das hat uns die Geschichte gelehrt.

31. Mai 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de