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Altersarmut, vom Staat gefördert!

 

In den letzten Monaten konnte man sehr viel in der Presse über die Altersarmut lesen. Bisher hat sich aber noch kein Politiker Ge­danken darüber gemacht, dass diese Altersarmut auch eine wesent­liche Ursache in der hohen Steuer- und Abgabenquote hat.

Zwischenzeitlich müssen nahezu alle Bürger, angefangen vom Angestellten, Facharbeiter, Handwerker oder Unternehmer nahezu die Hälfte ihres Arbeitslohnes an den Staatsapparat und die sozialen Einrichtungen abliefern. Da bleibt einfach kaum etwas übrig für die private Vorsorge, insbesondere dann, wenn noch Kinder vorhanden sind.

Ich möchte daran erinnern, dass es früher wegen des „Zehnten“ = 10 % Steuern blutige Bauernaufstände gab.

Bei diesen rd. 50 % sind die noch vielen Abgaben, die auf allen Gütern in Form einer Mehrwertsteuer (welcher Mehrwert? für den Bürger sicherlich nicht), Benzinsteuer, Branntweinsteuer, Versicherungssteuer usw. und dann noch die kommunalen Abgaben zwecks Unterhalt der immer größer werdenden kommunalen Verwaltungen, noch nicht gerechnet.

Ganz schlimm wird diese Rechnung, wenn man die effektiven Kosten, die ein Arbeitnehmer einem Unternehmen verursacht, ins Verhältnis zu dem setzt, was dem Arbeitnehmer dann noch zum Leben übrig bleibt.

Folgendes Beispiel eines Angestellten in einem mittelständischen Betrieb:

Bruttogehalt € 2.800 + Sozialabgaben des Arbeitgebers € 608,86 = € 3.408,86 Gesamtpersonalaufwand des Unternehmens für den Mitarbeiter.

Bruttogehalt € 2.800 abzüglich aller Abgaben über € 1.046,59 = € 1.753,41 Nettogehalt.

Das bedeutet, dass von einem Gesamtaufwand des Arbeitgebers in Höhe von € 3.408,86 ein Betrag von € 1.655,45 = rd. 49 % in das staatliche System (Einkommenssteuer, Krankenkasse, Rentenver­sicherung usw.) fließen.

Von diesen € 1.753,41 müssen dann die erwähnten sonstigen Abgaben wie Mehrwertsteuer, die diversen Stromsteuern usw. usw. nebst den kommunalen Abgaben bezahlt werden. Berücksichtigt man dann diese Beträge, kann man von weiteren rd. € 300 – € 500 pro Monat ausgehen, so dass das echte Nettogehalt bei diesem Beispiel bei etwa € 1.400 liegen dürfte. Davon sind Miete oder noch diverse Kreditraten z.B. für den Kauf eines Autos usw. zu bezahlen. Hat man dann noch (kleine) Kinder, sieht die Rechnung noch katastrophaler aus, bzw. manche Familien bewegen sich damit hart an der Armuts- und Verschuldungsgrenze.

Das ist eine Ausbeutung der Bürger par excellence zu Gunsten der nicht endenden Ausgabenwünsche der Politik und es machen sich nirgendwo Absichten breit, diesen ausbeuterischen Wahnsinn zu stoppen.

Die Vorsorge-Programme der Banken und Versicherungen haben zwar steuerliche Vergünstigungskomponenten, diese werden aber letztlich von den hohen Gebühren dieser Institute am Anfang und während der Laufzeit mehr als aufgefressen.

Ich habe mir mehrmals die Mühe gemacht, solche Vorsorge­angebote mit ganz normalen Sparverträgen mit gleicher Laufzeit und gleichen Sparleistungen, aber ohne staatliche Zuschüsse, zu vergleichen (über Excel ganz leicht nachzuvollziehen bei Beherrschung der simplen Zinsformel). Das Ergebnis ist nieder­schmetternd. Ein solcher Sparvertrag wäre deutlich günstiger gegenüber dem Vorsorgeprodukt auch inkl. der „versprochenen“ Überschüsse, man käme sogar auf ein höheres Endkapital und könnte den Rest ohne Abzüge für die Banken und Versicherungen weiter vererben.

Somit sind diese Programme eine hohe Einkommensquelle für die gesamte Finanzindustrie, zumal der propagierte Nutzen für den Sparer erst in 20 oder 30 Jahren offensichtlich wird, die Verkäufer dieser Produkte gibt es dann vermutlich nicht mehr und keiner kann zur Verantwortung gezogen werden. Bisherige Erfahrungen mit abgelaufenen Lebensversicherungen, deren Auszahlungsbeträge bei Weitem nicht den Versprechungen bei Abschluss des Vertrages entsprachen (auch schon vor der jetzigen Niedrigzinsphase), teil­weise sogar noch geringer sind, als die geleisteten Einzahlungen insgesamt, lassen Schlimmes befürchten.

Warum überlässt man dem Bürger nicht selbst, in welche Anlage­form er vorsorgen möchte. Warum haben immer nur die Finanz­produkte der Finanzindustrie steuerliche Anreize. Warum wird ein simpler und vor allem sehr langfristiger Sparvertrag nicht ebenfalls gefördert? Die Frage ist schnell beantwortet: Daran verdient die Finanzindustrie nichts

Ganz unverständlich ist hier die Haltung der Gewerkschaften, welche stets für höhere Löhne zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur plädieren und kämpfen, die schmerzliche Enteignung über die hohen Steuerzahlungen vollkommen ausblenden. Was hilft aber ein höherer Bruttolohn, der zudem viele Mittelständler weitere Substanz kostet und in Finanz- /­Liquiditätsnöte bringt, wenn durch die kalte Progression die Abgaben an den Staatsapparat ansteigen und somit netto für den Arbeitnehmer kaum etwas übrig bleibt. Erste zaghafte Versuche die kalte Progression zu mildern, wurden von der linken Opposition mit „Geschenken“ an die Reichen verglichen. Was für ein Blödsinn. Die eigene steuerfreie Kosten­pauschale aber geht bei allen Parteien dagegen Jahr für Jahr ohne großes Tamtam durch den Bundestag, dem Elfenbeinturm unserer Machtpolitiker.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die derzeitige Politik – und da sind sie mit den Potentaten der Vergangenheit bis ins hohe Mittelalter kaum zu unterscheiden – nicht mit dem ihnen anvertrauten Geld umgehen können und als Folge dessen nur eines im Kopf haben, wie sie die Steuern weiter erhöhen und wie sie weitere erfinden können und das nicht zu gering. Man kann es als ein Steuererhöhungs-Gen bezeichnen, welches quer durch alle Parteien zu finden ist.

Und damit die Bürger diese Entwicklung nicht so wahr­nehmen, wird unser Steuersystem immer komplexer und für den Normalbürger nicht mehr durchschaubar. Die Steuergesetze haben zwischenzeitlich einen Umfang genommen, welche die Finanz­gerichte auf Jahre hinaus beschäftigen und somit die Bürger immer mehr in eine Grauzone hineinwachsen lassen werden.

Dieses komplexe System ist ähnlich aufgebaut, wie das System der strukturierten Finanzprodukte, man könnte fast annehmen, beide Parteien haben sich diese Komplexität der Ausbeutung abgeschaut.

Ich glaube, in meinem Leben werde ich es nicht mehr erleben, dass die Steuern wirklich gesenkt und nicht durch“ Gegen­finanzierungen“ ausgehebelt und neutralisiert, bzw. damit über die Hintertür wieder angehoben werden mit der Folge eines saldierten Null-Ergebnisses für die Bürger.

Den Solidaritätsbeitrag wegen Eingliederung der DDR wird es ver­mutlich in 100 Jahren + x aufgrund vieler anderer und neu erfundener Solidaritätsgründe genauso geben, wie die vor 111 Jahren eingeführte Sektsteuer zur Finanzierung der deutschen kaiserlichen Kriegsmarine, die jetzt am Meeresgrund des Skagerrak dahinrostet oder die Schaumweinsteuer, womit der deutsche Kaiser den Nord-Ostsee-Kanal bauen ließ. Da dieser dringend renoviert werden muss, bin ich gespannt, ob der jetzige Verkehrsminister nicht vielleicht noch eine Steuer einfällt. Die Pkw-Maut ist ja schon auf dem Weg.

Diese Schilderung der Steuerbelastungen ist symptomatisch auch auf alle Berufsgruppen übertragbar und führt dazu, dass der Bürger immer weniger Gelegenheit bekommt, für sich selbst und seine Familie vorzusorgen.

Selbst wenn er Geld von seinem versteuerten Geld auf die Seite legt, wohl gemerkt von seinem versteuerten Geld, greift der Staat auch hier noch zu in Form der Abgeltungssteuer zu. Allein dieses Wort „Abgeltungssteuer“ lässt die Frage entstehen, um welche Form einer Abgeltung es sich hier denn handelt? Muss man eine Schuld abgelten, nur weil man vorgesorgt hat?

Diese derzeit hohe Steuerquote von 42%, mit Kirchensteuer und Solidaritätsbeitrag rd. 47%  ab nur € 52.882 Gewinn/Einkommen bei einem unverheirateten Steuerzahler führt dazu, dass viele mittelständische Unternehmer, Selbstständige, Handwerker und letztlich auch die Angestellten und Arbeiter, somit alle Bürger dieses Staates in vielerlei Hinsicht immer mehr in die Fänge der Finanzindustrie geraten, sei es aus Geldmangel wegen der an den Staat abgelieferten hohen Abgaben, sei es, um angeblich Steuern zu sparen und dafür Schrottanlagen verkauft zu bekommen oder sei es, um die optimale private Vorsorgemaß­nahmen einer Bank oder Versicherung zu „kaufen“, woran diese sehr kräftig und vor allem langfristig verdienen.

Dieser Grenzsteuersatz von 42% wurde zwar durch mehrere Schritte von 53%   noch in 1999 bestehend auf die jetzige Größe gesenkt, allerdings dabei auch die Höhe des Einkommens von damals € 61.376 auf die jetzigen               € 52.882.

Diese Relationen haben sich seit 1958 mehrmals jeweils nach „Steuerreformen“ verschoben, erschreckend hierbei ist jedoch die Feststellung, dass sich die Höhe des Jahreseinkommens, bei der dieser Höchststeuersatz einsetzt, seit 1958, also innerhalb von 55 Jahren, kaum verändert hat. In 1958 kam ab einem Jahreseinkommen von € 56.263 der Grenzsteuersatz von 53% zur Geltung, momentan wird dieser von 42% bei einem Jahreseinkommen von € 52.882 berechnet.

Berücksichtigt man die in diesen 55 Jahren erfolgte Geldentwertung und die Einkommenssteigerungen, müsste diese Einkommensgrenze eigentlich deutlich höher liegen, Presseberichten sprechen von rd. € 1,5 Mio.

Fazit:

Mit der derzeit hohen Steuerquote wird die befürchtete Altersarmut unvermeidlich und dem Staat langfristig auf die Füße fallen durch dadurch später einsetzende hohe Sozialausgaben. Vergleicht man die abgegoltene Einkommenssteuer auf Kapitaleinkünfte von 25% zzgl. Kirchensteuer und Soli, also ca. 28% mit der beschriebenen und nahezu doppelt so hohen Einkommenssteuer auf die Arbeitsleistung, deutet sich hier eine echte „Ungerechtigkeitslücke“ an.

Jetzt höre ich schon die Politiker frohlocken und Vorschläge machen in Bezug auf Erhöhung der Kapitaleinkünfte auf das Niveau des Einkommens für Arbeitsleistung. Das würde aber das Kapital aus dem Land jagen, genauso wie es übrigens die hohe Einkommenssteuer für die Arbeitsleistung bereits schon bei hoch ausgebildeten Fachkräften vorführt.  In der Schweiz arbeiten bereits viele deutsche Fachkräfte in Banken und Krankenhäuser.

Warum kann man die Arbeitsleistung nicht auch so besteuern wie die Kapitaleinkünfte? Das würde die Bevormundung und Alimentierung der Bürger zurückschrauben, ebenso die Abhängigkeit von der Finanzindustrie und gäbe dem Staatsgefüge eine solide Basis.  Ich hoffe, man hört diesen Vorschlag.

18. März 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Asset Management

Geschäftsfelder Investmentbanken: Sowohl für institutionelle Kunden als auch Privatanleger mit größerem Vermögen wird in diesem Bereich die Geldanlage organisiert. Es ist letztlich eine Vermögensverwaltung, die sich u. a. auf Spezialfonds stützt, welche die Investmentbank pro Kunde auflegt. Spezialfonds sind bildlich gesprochen nichts anderes als spezielle Wertpapierdepots, welche nach Festlegung einer Invest­mentstrategie verschiedene Wertpapierarten enthält und je nach Marktentwicklung ge- oder verkauft werden.

Für Kleinanleger strukturiert dieser Bereich die so genannten Publikum Fonds wie zum Beispiel Aktienfonds, Rentenfonds, Dach­fonds (Mischfonds), offene und geschlossene Immobilienfonds, Flugzeugfonds, Fonds mit speziellem Geschäftsgegenstand, Zerti­fikate und ähnliches Gebräu.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Asset backed securities (ABS)

Asset Backed Securities sind übersetzt forderungsbesicherte Wert­papiere, d. h. eine eigens dafür eingerichtete Zweckgesellschaft übernimmt Forderungen aller Art mit allen Gläubigerrechten und Gläubigerpflichten, fasst diese Forderungen in einem Pool zusammen, verbrieft diese Rechte und verkauft diese Rechte in Form einer Anleihe an Anlage suchende Investoren aller Art, wie z. B. Versicherungsgesellschaften, Investmentfonds, Pensionskassen usw. Investmentfonds kaufen diese wiederum als so genannte Beimischung zur Verbesserung der eigenen Rentabilität, da diese Anleihen mit höheren Zinssätzen ausgestattet sind.

Vor allem Banken nutzen dieses Instrument zur Refinanzierung ihres Kreditportefeuilles. Das bedeutet nun, dass sich ein ABS-Papier aus einer Vielzahl von Kreditnehmern zusammensetzt mit unterschied­lichen Branchen, Bonitäten, Größen und Geschäftsgegenständen. Diese Forderungen werden zwar mit entsprechenden Bonitäts­ratings versehen, für einen Außenstehenden ist es aber insgesamt äußerst schwierig, die Richtigkeit dieser Ratings zu verifizieren, insbesondere nach den vielen Skandalen der Banken und Ratingagenturen  in Sachen Subprimes.

Aber auch hier gilt das Gesetz „höhere Renditen, höhere Risiken“ und wie bei den CDS ist nicht auszuschließen, dass die Banken über dieses Instrument versuchen, unliebsame oder kritische Kredit­nehmer loszuwerden. Die rechtliche Grundlage zum Verkauf der Kreditforderungen liefern seit einigen Jahren ebenfalls die Kredit­verträge, in welchem ausdrücklich, aber unter Paragraph xy, darauf hingewiesen wird, diese Kreditforderung verkaufen zu dürfen, womit der Kreditnehmer den Segen dafür gibt, die Bank vom Bank­geheimnis zu entbinden (siehe hierzu auch die Ausführungen zu den CDS).

Ein Treppenwitz dieser Konstellation könnte sein, dass der Inhaber /­ Geschäftsführer einer Firma, deren Kredite in einem ABS-Papier verbrieft worden sind, als Investmentfonds – Anlage im Wert­papierdepot des Firmeninhabers /­ Geschäftsführers wieder auf­taucht, womit er seinen eigenen Firmenkredit letztlich mitfinanziert hätte, allerdings mit dem Unterschied, dass die Strukturierer und die Vertriebsorganisationen (Fonds, Banken usw.) an der Kreation dieses ABS-Papers  kräftig verdient haben.

Die CDS- und ABS-Papiere zeigen eine Richtung bei der Re­finanzierung der Kredite auf, womit die Banken /­ Investmentbanken nur noch als Intermediäre auftreten, d. h., sie vergeben die Kredite, verkaufen diese über Verbriefungen an den Markt (das bedeutet an uns alle über die strukturierten Finanzprodukte) wieder zurück. Ob gut oder schlecht strukturiert, bleibt dahin gestellt, jedoch ent­ledigen sich die Banken damit ihrer eigentlichen Aufgabe, Hüter und Wächter eines ordentlichen Kreditprozesses zu bleiben, vor allem aber auch als Ansprechpartner der Kreditnehmer zu fungieren, die auch ein Interesse am Wohlergehen des Kreditnehmers und damit saldiert betrachtet an der Volkswirtschaft haben sollten.

Diese Entwicklung ist sehr beunruhigend und wird von keinem der Politiker wahrgenommen, ja sie fördern sogar diese Entwicklung und damit das unheilbringende Investmentbanking durch immer höher angesetzte Eigenkapitalquoten, die früher nicht nötig waren und dennoch zu einer gut funktionierten Kreditwirtschaft geführt haben, und durch eine unsinnig verschärfte Regulierung des Kredit­geschäftes. Am eigentlichen Problem der strukturierten Finanz­produkte änderte sich bis dato nichts. Es kann immer noch herum­gemischt und vermatscht werden wie bisher.

Besonders krass wird es dann, wenn man eine Website einer Bank z. B. zu den ETF-Produkten öffnet und man bestätigen muss, dass man kein Bürger dieser oder jener Staaten ist, insbesondere kein Bürger der Vereinigten Staaten. Diesen Bürgern ist es sogar verboten, diese Webseite mit den darin aufgeführten Produkten zu lesen, geschweige denn diese zu kaufen.

Diese Restriktion bedeutet nichts anderes, als dass diese Art der strukturierten Anlageprodukte in den Vereinigten Staaten, dem Mutterland der strukturierten Finanzprodukte, verboten ist. Warum wohl? Antwort: Weil das Risiko zu hoch ist.

Wenn man die Bank dazu befragt, wird das mit dem unterschied­lichen Rechts­gebiet und der daraus entstehenden Komplexität beantwortet. Dazu muss man wissen, dass das angelsächsische Recht sicherlich eines der komplexesten ist, aber den höchsten diesbezüglichen Verbraucherschutz beinhaltet.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Aktienrückkaufprogramm

Insbesondere der deutsche Bankenprimus spielte in Sachen Aktienrückkaufprogramm eine maßgebliche Rolle. Mit der Ausgabe der Kennzahl 25 % Eigen­kapitalrendite wurde das Rennen eröffnet und jeder starrte nur auf diese Ertragskennziffer, als gäbe es nur diese. Dies führte dazu, dass die Banken sogar ihr eigenes Kapital durch Aktien­rückkauf­programme zurückkauften, um sie denen als Salär zu geben, welche die hohen Erträge „erwirtschafteten“, wie sich dann später und jetzt in vielen Fällen herausstellte, ergaunerten. Hierzu muss man wissen, dass die zurückgekauften eigenen Aktien auf der Aktivseite = Vermögensseite einer Bilanz verbucht werden, analytisch aber vom Kapital abgesetzt werden müssen, da das eigene Kapital auf der Vermögens- /­Aktivseite der Bilanz, welche durch das Kapital ja finanziert wird, kein Kapital mehr sein kann. Wenn Kapital sich selbst finanziert, beträgt es null, d. h., eigene Anteile auf der Aktiv­seite sind gleichzusetzen mit noch nicht einbezahltem Kapital und müssen daher von der vollen nominellen Summe des Eigenkapitals abgezogen werden. Diese Tatsache ist jedem Buchhalter geläufig, den vom Investmentbanking getriebenen Großbankvorständen schien aber dieser Buchungsvorgang unbekannt zu sein.

Mit diesen Rückkaufprogrammen reduzierte sich somit das Eigen­kapital entsprechend, ins Verhältnis gesetzt zum erwirtschafteten Gewinn stieg somit diese Eigenkapitalrendite und alles jubelte über diese hohe Ertragskraft dieser und jener Bank. Dies war schon sehr verwunderlich, legte man doch den Kreditkunden dieser Banken nicht nur zu dieser Zeit sehr nahe, das Eigenkapital doch zu stärken, um bei schlechten Entwicklungen einen Puffer gegen sich dann abzeichnende Verluste zu haben.

Selbst heute noch werden Aktienrückkaufprogramme als sinnvoll dargestellt und zwar mit Blick auf das derzeitige Niedrigzinsumfeld.. Man legt einfach eine Anleihe zu 0,x %, bzw. man nimmt Kredit bei einer Vielzahl von Kreditnehmern auf und kauft damit eigene Aktien zurück, die eine Dividende von 4-5 % normalerweise erbringen und erspart sich somit die Differenz zwischen Kreditzins und Dividendenzins. Zu diesem Vorgang, wie bei Siemens und Intel geschehen, werden dann in Presseberichten („Aktienrückkäufe auf Pump rechnen sich“??) Banker zitiert, welche anscheinend nur auf der Anlageseite ihre Karriere gemacht haben, somit über keine Kreditexpertise verfügen und damit auch nicht den Sinn eines Eigenkapitals verstehen, sondern nur die derzeitige, ich wiederhole derzeitige Ertrags- und Kostenoptimierung im Blickfeld haben. Ent­sprechendes gilt natürlich für die Akteure bei Siemens und Intel & Co. Man kann nur hoffen, dass am Fälligkeitstag dieser Anleihe der Kredit oder die Anleihe aus dem erwirtschafteten Gewinn zurück bezahlt werden kann und zu diesem Zeitpunkt sich das Unter­nehmen in keiner wirtschaftlich schwierigen Lage befindet, in der Kapital dann dringend gebraucht wird. Sollte dies alles zutreffen, wäre ein solches Unternehmen ein gefundenes Fressen für meine „geliebten“ Investmentbanker, der Tod auf Raten wäre dann vor­programmiert.

Damit diese, durch Aktienrückkaufprogramme hervorgerufene Kapitalreduzierung nicht auffiel, haben die Banken – mit Hilfe der willfährigen Politik – die Definition des Eigenkapitals für Banken neu formuliert und das so genannte „harte Kernkapital“ erfunden. Kurzerhand wurden diverse Aktivposten in der Bilanz, u. a. Staats­anleihen oder strukturierte Finanzprodukte aufgrund von Derivateabsicherungen oder unterlegten Risikobewertungs­mo­del­len mit dem Nimbus „risikolos“ bedacht und so betrachtet, als gäbe es diese nicht in der Bilanz. Mit diesem Trick wurde u. a. die Bankbilanzsumme um diese „risikolosen“ Aktivposten reduziert und diese reduzierte Bilanzsumme ins Verhältnis zum dann noch bestehenden Eigenkapital gesetzt. So kam es u. a., dass z. B. die Deutsche Bank mit einer publizierten „harten Kernkapitalquote“ um die 11,4 % per 31.12.2012 aufwarten konnte, obwohl das eigent­liche Eigenkapital nur 2,7 % = € 54,4 Milliarden der Bilanzsumme von € 2,012 Billionen ausmachte. Somit fielen rd. € 1,535 Billionen unter dem Tisch.

Hinweis: das Kreditgeschäft nimmt nur einen An­teil von ca.19,7 % ein (?), der Rest besteht größtenteils aus einer Finanzaktiva.

Zwischenzeitlich steht der hier verwendete Begriff „risikolos“ nach Basel III in der Kritik und es zeichnet sich eine neue diesbezügliche Sichtweise ab. Demnach ist die Deutsche Bank, welche zwischen­zeitlich auch als systemgefährdend, bzw. systemrelevant eingestuft wurde, unterkapitalisiert, d. h., es fehlt nunmehr entsprechendes Kapital, was die Investmentbanker mit ihren hohen Boni in der Vergangenheit abgeschöpft haben.

Eigenkapital ist grundsätzlich ein sehr wichtiger Puffer, welchen die damals gottgleichen und mit einem Hofstaat versehenen Bank­vorstände einfach vom Tisch gewischt hatten, nur um schnell eine fragwürdige und „signifikante“ (damals ein gern gebrauchtes Wort dieser Branche) Ertragskennziffer der Presse vermelden zu können.

Diese Aktion erinnert mich sehr stark an Formel 1 Rennfahrer, die zwecks besserem Start zu wenig Benzin getankt hatten, somit leichter und schneller vom Start wegkamen, dafür aber mehrmals auftanken mussten oder auf der Rennstrecke liegen blieben.

Kurzum, mit diesen fraglichen Rückkaufprogrammen begannen die Banken ihren eigenen Ast anzusägen und hatten auch damit unter vielen anderen fragwürdigen Entscheidungen die Saat für die heutige Finanzkrise gelegt.

 

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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