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Fintech

Unter diesem neuen Stichwort bezeichnet man junge und kreative Finanztechnologie-Firmen, welche mit ihren Ideen in den lukrativen Geldmarkt mit ihren neuen Produkten drängen. Dabei werden unterschiedliche Bereiche der Finanzmärkte berührt, von der Kreditvergabe über neuartige Plattformen, der Zahlungsverkehr über smartphones, crowd – Finanzierungsplattformen für Risikokapital oder technische Analysehilfen für den Anlagemarkt.

Die Presse spricht mittlerweile von einer Revolution und von einem tiefgreifenden  Umbruch für die Geldbranche, welche diese Entwicklung vor allem in Deutschland verschlafen haben soll.

In den USA soll es bereits rd.  8.000 Fintechs geben, angeheizt von den Erfolgen von face-book, google & Co. In Deutschland sollen nur  knapp 300 Fintechs an den Markt gegangen sein. Allerdings kann man trotz der schon relativ hohen Anzahl dieser Branchenteilnehmer außer der massenhaften Produktion von smartphone-Apps für alle möglichen (Informations)Bedürfnisse dieser Welt offiziell noch keine größeren Umbrüche erkennen.

Irgendwie erinnert einen das an das Mitte der  90er-Jahre aufgeflammte dotcom-Zeitalter, welches dann Anfang dieses Jahrhunderts jäh in einem Crash endete.  Das muss jetzt für die Fintechs nicht ebenso zutreffen, für den Anleger heißt das aber, große Vorsicht walten zu lassen.

Die jungen Wilden, wie sie auch genannt werden, bringen sicherlich frischen und notwendigen Wind in den von etablierten Spielern beherrschten Finanzmarkt. Leider hat diese Wildheit erfahrungsgemäß gezeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit nicht immer zusammen passen und viele dieser wilden Fintechs die Bühne wieder verlassen müssen, man spricht in den nächsten 10 bis 15 Jahren von etwa 90% Ausschuß.

Betrachtet man die ausgeheckten Produkte dieser Fintechs, so wird man ein gewisses Unbehagen nicht ganz abstreifen können. Analysiert man beispielsweise die diversen Kreditplattformen, bei denen man von privat zu privat Kredite gewähren oder bekommen kann, stellt sich die Frage, ob die Kreditgeber (Anleger) überhaupt in der Lage sind, die Bonität des Kreditnehmers beurteilen  und mit den notwendigen Regularien umgehen zu können . Da scheinen sich enorme Geldverbrennungsmaschinen immer mehr zu etablieren. Betrugsfälle können dabei keineswegs ausgeschlossen werden.

Oder schauen wir uns das Crowd-Financing an, in welcher sich die Kleinanleger an irgendwelchen Firmen oder Ideen beteiligen können. Ich frage mich nur, wie diese Kleinfirmen mit keiner entsprechenden Finanzlogistik, die beispielsweise  ein Kapital von € 100.000 über jeweilige Anteile von  € 100,-, also über  rd. 1.000 Anleger einsammeln, diese 1.000 Anleger über die Geschäftslage zeitnah informieren wollen und können. Man muss eher befürchten, dass diese Informationskosten zu einem erheblichen Teil das eingesammelte Kapital von  € 100.000 aufbrauchen und somit der Erfolg dieses jungen Unternehmens gefährdet ist. Nicht vergessen werden dürfen hierbei die Gebühren der vermittelnden Plattformen (Makler), welche nicht unerheblich sind und daran sehr gut verdienen.

Man kann daher jeden möglichen Crowd-Finanzierer nur empfehlen,  nur solches Geld zu investieren, welches man nicht benötigt. Die Wahrscheinlichkeit, diesen Einsatz zu verlieren ist nahezu bei 100%.

Ein ganz besonderes Grummeln beschleichen  mich die modernen Analysesysteme der Fintechs. Siehe auch hierzu den Beitrag „Robo-Adviser, ein virtueller Ausbeuter der Anleger“ vom 19. April 2015 auf diesem Blog. Hier zählen Geschwindigkeit, ausgeklügelte Algorithmen  und Rechnerkapazität der EDV-Systeme über den Erfolg einer  Anlage, oder anders ausgedrückt, wer über das schnellere front-running-System verfügt und damit praktisch wie ein Insider andere Markteilnehmer benachteiligt, kann den Ertrag für sich verbuchen. Die Masse der Anleger nimmt hier nur die Rolle der Ausnehmenden ein, welche auf solche modernen Analysesysteme vertrauen.

Im Zahlungsverkehr träumt man schon davon, Gelder von smartphone zu smartphone ohne Bank übertragen zu können. Damit würde eine Geldmengenaufblähung entstehen, die jeder steuernden Zentralbank das Grausen bringen würde. Irgendwie ähnelt das den so genannten OTC (over the counter) – Geschäften, den Derivatengeschäften  ohne Einschaltung einer Börse,  welche zu einem extrem aufgeblähte Derivatemarkt geführten und womit ein ungeheuer großes und sehr beunruhigenden Derivatevolumen entstand, welches  zwischenzeitlich das zehnfache Volumen des Welt-BiB von über 600 Billionen US$ eingenommen hat. Jetzt versucht man mühsam über Meldesysteme der Banken, deren Kosten natürlich die Kunden wieder zu tragen haben, diesen Wildwuchs einzudämmen.

Bei aller Sympathie für das Neue, muss man auch hier die Kirche im Dorf lassen und auf der Hut bleiben. Es ist nicht alles Gold was glänzt und es bleibt zu befürchten, dass mit den Produkten der Fintechs die Masse der Anleger nur ausgebeutet werden sollen zwecks Erhöhung der Ertragslage der Finanzindustrie.

Beunruhigend hierbei ist die immer größere Vernetzung alles mit allem und dadurch die größere Durschaubarkeit aller und von allem.

31. Juli 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Flugzeugfonds? Lieber nicht!

Flugzeugfonds werden in der Regel im Rechtsrahmen eines geschlossenen Fonds vertrieben und stellen eine unternehmerische Beteiligung dar, d.h. die Anleger schlüpfen in die Funktion eines Kommanditisten, aus der sie nur schwerlich wieder herauskommen.

Die Finanzierung erfolgt in der Regel zu 40% aus Eigenkapital (eingeworbenes Kommanditkapital) und zu 60% über Darlehen von Banken, die auch über ein erstrangiges Pfandrecht verfügen. Das vom Fonds gekaufte Flugzeug wird an Fluggesellschaften für meistens 10 Jahre und einer Verlängerungsoption von 2 Jahren verleast.

Diese Flugzeugfonds selbst  haben  Laufzeiten, die deutlich über den Laufzeiten des Leasingsvertrages  liegen, somit besteht nach Beendigung des Leasingsvertrages das Risiko, dass aufgrund der dann veralteten Technik keine weitere Vermietung mehr stattfindet und somit das Flugzeug verkauft werden muss mit ungewissen Ausgang. Da die neuen Flugzeuge im Verbrauch immer sparsamer werden und diese Sparsamkeit  den Eckpfeiler der Wettbewerbsfähigkeit der Fluggesellschaft darstellt, ist dieses Risiko bei der rasanten Weiterentwicklung der Technik sehr hoch einzuschätzen. Einige Fluggesellschaften haben daher schon verlauten lassen, dass sie genau aus diesem Grund ihren Flugzeugpark sukzessive austauschen werden.

Die bisher erfolgten Ausschüttungen sind keine Renditen, sondern im Wesentlichen Kapitalausschüttungen, welche bei finanziellen Schwierigkeiten des Fonds wieder zurück gefordert werden können.

Bevor sich ein Anleger zum Kauf eines solch unflexiblen und sehr risikoreichen Vermögensproduktes entscheidet, sollte er sich folgende Fragen stellen:

  • Erfolgt während der Laufzeit des Leasingvertrages zumindest die Volltilgung der Fremdfinanzierung? Wird das bejaht, ist damit aber immer noch nicht die Rückzahlung der Kommanditeinlage gesichert. Erst am Ende der Laufzeit des Fonds (15-20 Jahre) kann der Erfolg eines solchen Fonds errechnet werden.
  • Wie setzt sich die Fremdfinanzierung des Flugzeuges zusammen? Welche Derivate werden hier eingesetzt, insbesondere zur Währungsabsicherung, da der Kauf von Flugzeugen in US$ quotiert wird.
  • Verfügt der Leasingnehmer, d.h. die Fluggesellschaft über eine gute Bonität in der Weise, dass sie den langen Leasingvertrag durchhalten kann?
  • Existiert beim Leasingvertrag eine Ausstiegsklausel in welcher Form und Grund auch immer?

Das sind nur einige wenige und wesentliche Fragen und müssen noch durch weitere ergänzt werden. Hilfestellung hierzu kann der Herausgeber leisten.

Insbesondere bei aktuellen offensiv Angeboten von Flugzeugfonds mit dem Airbus A380, wie erst kürzlich von der Dr. Peters –Fondsgesellschaft, bleibt zu bedenken, dass lt. Airbus die Produktion dieses Flugzeuges in 2017 wegen Erfolglosigkeit und den vielen bekannten Schadensfällen vermutlich eingestellt werden soll. Dies könnte zu erheblichen Verlusten von Flugzeugfonds zur Finanzierung eines solchen führen, deren Ausmaße derzeit nicht absehbar sind.

Fazit:

Geschlossene Fonds sollte der vorsichtige Anleger unverändert meiden. Die Imponderabilien aus den komplexen Vertragswerken dazu und die sich daraus ergebenden enormen Risiken, die hohen Vertriebskosten (bis zu 10% +x) und die hohe Inflexibilität sind einfach zu groß.

12. Januar 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Geschlossene Fonds

Die Anlageform “geschlossene Fonds” ist eine Vermögenskastration in reinster Form, man kann sie zwischenzeitlich auch in die Kategorie Kapitalver­nichtung erster Güte einreihen.

Sie sind mit hohen weichen Kosten belastet, zu langfristig ausgelegt und zudem äußerst illiquide, bzw. nur schwer am hierfür speziellen Markt (Name: Zweitmarkt) und dann nur zu deutlichen Abschlägen zu veräußern. Die hoch gepriesenen Ausschüttungen, in der Regel 6 %, werden dabei grundsätzlich mit der Rendite verwechselt und stellen nichts anderes dar, als eine Kapitalrückzahlung, d. h. der Anleger bekommt in Scheibchen – wenn überhaupt – sein Geld zurück abzüglich der vielen weichen anfänglichen und dann später die jährlichen Kosten, womit eine Armada von Fondsmanagern, Steuerberatern und Rechtsanwälten sowie Banken permanent gefüttert werden.

In den meisten Fällen ergibt sich bei diesen geschlossenen Fonds in der Gewinn- und Verlustrechnung ein Verlust aufgrund einer hohen Abschreibung des damit finanzierten Produktes neben den Kosten des Managements inkl. der ein­gebundenen Berater. Der Fonds hat aber dennoch genügend Geld in der Kasse, da die Abschreibungen nur fiktive und steuerliche Auf­wendungen sind. Somit wird praktisch die Abschreibung aus­geschüttet und kein Gewinn, d. h. jede Ausschüttung bei einer Ver­lustsituation reduziert entsprechend die jeweilige Kommanditein­lage.

Tritt nun der worst case ein, machen die Banken dicht oder die Liquidität fehlt aufgrund der Verluste weit über der Abschreibung, kann der Fonds verlangen, dass die erfolgten Ausschüttungen sogar wieder zurückgezahlt werden müssen(siehe §HGB 161).

Die eigentliche Rendite am Ende einer z. T. 20 jährigen Laufzeit, nachlesbar in der Gesamtausschüttung, die in den Prospekten meistens mit deutlich über 100 % angegeben wird (100 % ist die Höhe der Zeichnung des Fonds ohne das obligatorische Agio von 5 %) ergibt sich meistens erst am Ende der Fondslaufzeit und zwar dann, wenn das über den Fonds finanzierte Gut (Immobilie, Flug­zeug, Schiff usw.) und zwischenzeitlich voll abgeschriebene Gut veräußert wird. Und das erfolgt dann in 10 bis 30 Jahren zu Zeit­punkten, nachdem die Verkäufer dieser Produkte längst von der Bildfläche verschwunden sind. Ende eines solchen geschlossenen Fonds, vergleichbar mit einer geschlossenen Anstalt, daher völlig offen.

Mit geschlossenen Fonds werden im Wesentlichen einzelne oder mehrere Objekte langfristig (10 – 30 Jahre) finanziert, entweder nur mit „eingeschwätz­tem“ Eigenkapital oder auch im Zusammenhang mit Fremdkapital /­ Bankkredite. Beliebt sind hier hauptsächlich größere Immobilienobjekte, Schiffe, Windparks, Biogas- und Solar­parkanlagen, Flugzeuge, Unternehmensbeteiligungen (Private Equity Fonds), Lokomotiven und Waggons und neuerdings auch die Suche nach Gold und sonstigen Metallen. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Diese geschlossenen Fonds werden in der Regel in der Rechtsform einer GmbH & Co.KG geführt, welche sich dann an einer Objekt­gesellschaft beteiligen, die das zu finanzierende Objekt aktiviert und in welcher sämtliche Kosten verbucht werden. Meistens wird dem Inhaber eines geschlossenen Fondsanteils die Einsicht in die Bilanz dieser Objektgesellschaft vorenthalten, nur finden in diesem Zahlenwerk die gesamten sehr fraglichen Buchungen     – meistens zu Gunsten des Initiators – auf diesem Feld der Vermögensanlagevernichtung statt. Kosten werden dort verbucht auf Teufel komm raus und sind daher schwer nachzuvollziehen, insbesondere wenn sich diese Gesellschaft im Ausland befindet.

Das ist jetzt eine einfache Version eines geschlossenen Fonds, die komplizierteren sind in ihrer Gesellschaftsstruktur noch weiter auf­gesplittert und mit vielen Saugnäpfen, d. h. weiteren Beteiligungen belastet.

Der Käufer eines geschlossenen Fonds tritt bei Erwerb in die Funktion eines Kommanditisten ein, wird also Gesellschafter und geht damit eine unternehmerische (Risikoübernahme-) Funktion ein, was den Anlegern in den allermeisten Fällen nicht so bekannt und auch nahe gebracht wird.

Die Aufzählung der Risiken erscheint hier wie bei den offenen Fonds in seitenlangen Ausführungen, welche sich die meisten Anleger nicht durchlesen und auch nicht verstehen. Unternehmerische Funktion heißt aber auch, dass bei Verlusten des Fonds es passieren kann, dass je nach rechtlicher Konstruktion der Anleger = Kommanditist zu einem Kapitalnachschuss verpflichtet ist, so ge­schehen bei einigen Schiffsfonds.

Ist der Kommanditist nicht verpflichtet, wird mit markigen Worten das Schicksal des Fonds heraufbeschworen und versucht, in einer einberufenen außerordentlichen Gesellschafterversammlung weiteres Kapital zur Sanierung des Fonds einzusammeln.

Bei einem solchen Schiffsfonds hatte ich das „Vergnügen“, für einen Mandanten an einer Schicksals- Gesellschafterversammlung in Hamburg teilnehmen zu dürfen. Bezeichnend war für mich, dass sich der anwesende Gesellschafterkreis aus relativ betagten Herr­schaften zusammensetzte, denen je nach Kapital-Gewicht ein Betreuer des Fonds zur Seite gegeben wurde. Dieser Betreuer hatte dann die Aufgabe, die für einen Laien schwer verständliche Fonds­sprache wohlwollend und freundschaftlich zu übersetzen, ja sogar ihnen zu zeigen, an welcher Stelle sie ihr Kreuzchen machen sollten. Das für mich Unverschämte war dann noch, dass keine aktuellen Zahlen des Schiffsfonds vorlagen, der agile Redner sich während seines Vortrags dabei auf zwei Jahre alte Ziffern berief. Meine dies­bezüglichen Hinweise wurden mit bösen Blicken der älteren Herr­schaften, die anscheinend Unternehmer spielen wollten, abgestraft, manche Blicke entsprachen dem eines Richters des Jüngsten Gerichts.

Positiv anmerken möchte ich aber hierbei, dass ich als Vermögens­betreuer, was ein Family Officer ist, mit Bankausbildung zu dieser Gesellschafterversammlung zugelassen worden bin. Bei einigen sehr risikoreichen geschlossenen Fonds wurde mir die Vertretung des Mandanten sogar verweigert unter Hinweis auf eine Vertretungs­klausel im Gesellschaftsvertrag des geschlossenen Fonds. In diesem steht der Passus, dass entweder der Gesellschafter selbst an diesen Gesellschafterversammlungen teilnehmen darf (wie großzügig!!) oder ein zur Verschwiegenheit verpflichteter Berufsangehöriger, womit qua Definition ein Rechtsanwalt, ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater gemeint ist. Ein Family Officer, der wie kein anderer das Vermögen seines Mandaten kennt und die persönlichen Dienstleistungen nur leisten kann aufgrund seiner äußersten Ver­schwiegenheit, fällt somit nicht unter diese Definition. Ich wurde sogar mehrmals von einem Immobilienfonds  mit ausländischen Wurzeln unter Hinweis auf diese Klausel ausgeladen.

Diese Einschränkung wird von den meisten geschlossenen Fonds mit Bedacht gewählt und zwar aus folgenden Gründen. Rechts­anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind hoch bezahlte Fachleute ihres Fachs, Stundensätze von € 250,- aufwärts bis € 600,- sind keine Seltenheit. Da nun die Gesellschafter der Fonds meistens weit verstreut in unserer Republik domizilieren, wären Reisespesen, Flug oder Bahnfahrt und dann auch noch die Reisezeit entsprechend zu bezahlen. Die Gesellschafterversammlungen dauern je nach Brisanz ein bis vier Stunden +x, wenn dann noch ein Witze reißender Fondsmanager, wie der Herr Jagdfeld der Fundus Gruppe einer ist und ich dieses Talent schon mehrmals an der Adlon-Ge­sellschafterversammlung vernehmen durfte, bis zu 2 Stunden die Gesellschafter unterhält, kann es sogar noch länger dauern.

Kurzum, ein ganzer Tag würde  so für einen „zu Verschwiegenheit Verpflichteten“ mindestens ins Land, nicht zu vergessen die dann folgenden Schriftsätze. Dieser Spaß könnte somit einem Anleger um die € 1.000 bis € 3.000 plus x kosten, was von den meisten Anlegern, die sich nach meiner Erfahrung aus der Mittelschicht zusammensetzen, doch als recht schmerzhaft empfunden wird mit der Konsequenz, dass daher solche zur Verschwiegenheit Verpflichtete nicht eingesetzt werden. Außerdem stellt sich dann noch die Frage, ob diese „zur Ver­schwiegenheit Verpflichteten“ über die zur Beurteilung eines komplexen Fonds notwendige Kreditexpertise verfügen, die man bei einem guten Family Officer voraussetzen muss.

Diese Teilnahmeverhinderungsklausel führt dann dazu, dass die Beiträge der anwesenden Gesellschafter äußerst dürftig ausfallen und von den agilen und rhetorisch geschulten Fondsmanagern schlankweg ausgehebelt werden. Ist dann einmal ein guter und kritischer Beitrag eines Gesellschafters oder eines seiner Vertreter vernehmbar, wird von Seiten des Fondsmanagers darauf hin­gewiesen, dass er später noch darauf zurückkommt, um es dann aber zu vergessen oder er wird gebeten, aufgrund der Komplexität seiner Fragestellung es schriftlich dem Fondsmanagement einzu­reichen. Ist dann aber ein sehr guter Fragsteller am Werk, dauert es nicht lange, bis missmutige und genervte Zwischenrufer, die nur auf das Büfett ungeduldig warten, dem Frage-Antwort-Spiel ein Ende machen wollen.

Auch muss ganz klar festgehalten werden, dass die BaFin auch hier nicht die Risiken und die Gebührenpolitik des geschlossenen Fonds überprüft. Sehr oft wird im Prospekt der Hinweis auf den ersten Seiten angebracht, dass die BaFin die Voraussetzungen für diesen Fonds überprüft hat und der Fonds von dieser zugelassen wurde, womit man auch hier suggerieren möchte, dass die Bafin auch das Risiko überprüft hat und es sich aufgrund dessen um ein seriöses Anlageprodukt handelt. Liest man den Hinweis genau durch, er­kennt man diese Fehleinschätzung.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Finanz-/ Staatsschuldenkrise

(= zweite vom Investmentbanking ausgelöste Krise)

Ab 2003 fingen sich die Börsen nach einer fast drei Jahre andauernden Baisse langsam wieder. So wie die Anleger beim Kauf dieser Heiße-Luft-Aktien während der Dotcom-Blase verrücktspielten und die Aktienkurse in ungeahnte Höhen trieben, genauso reagierten sie umgekehrt beim ersten Stich in die Blase und ver­kauften ihre „wertvollen“ Papiere als hätten sie die Pest. Betroffen waren letztlich alle Aktien, ob gute oder schlechte Papiere. Der Verkaufsdruck erreichte auch die Blue Chips mit hoher Substanz und Marktakzeptanz, welches im Übrigen in Baisse Szenarien als typisch und normal anzusehen ist. In solchen Situationen werden alle Papiere in den Strudel mit hineingezogen. Beispielsweise stürzten die Aktien der Allianz von über € 400 (1999) bis auf rd. € 34 (2003) ab und ebenso bei vielen anderen damals seriösen Aktiengesellschaften in ähnlicher Weise.

Billiges Geld der FED sorgte dann dafür, dass die Stimmungen welt­weit wieder besser und die Anleger wieder risikofreudiger wurden.

Die nun folgenden Jahre kann man als die Blütezeit der Invest­mentbanken ansehen. Es begann wieder das Strukturieren, eine Lieblingsbeschäftigung der Investmentbanken, welche zwischen­zeitlich die Geschäftspolitik aller großen Banken weltweit erfasst hatte und den Eigenhandel der Banken völlig vereinnahmte.

Mit dem Eigenhandel wurden die extrem angestiegenen hohen eigenen Mittel der Banken aus den Gewinnen verwaltet, stellen somit die Vermögensverwaltung der jeweiligen Bank dar. Obwohl permanent beschworen wurde, dass die (Insider) Informationen aus dem Bankgeschäft hier keine Verwendung fanden, so genannte „Chinese Walls“ (auf Deutsch: Chinesische Mauern /­ damit soll eine Abschottung des Insider- Informationsflusses innerhalb eines Bank­hauses suggeriert werden) aufgebaut wären, um das zu verhindern, war es doch sehr verwunderlich, warum gerade diese Abteilungen wesentlich zum Jahresergebnis der jeweiligen Bank beitrugen.

Die alt herkömmlichen Wertpapiere wie Anleihen und auch Aktien verschwanden immer mehr aus den Angebotsregalen der Banken, dafür wurden Aktienfonds, Rentenfonds, Geldmarktfonds, offene Immobilienfonds, Asset Backed Securities und sonstiger strukturierter Krimskrams in die Regale gestellt.

Ich erinnere mich noch an die Anrufe meiner alten Bankerkollegen auf der Anlageseite, welche wieder ein ganz neues und tolles Produkt für meine Mandanten anzubieten hätten, mit den aus­gefeiltesten Strukturen und den besten Gewinnchancen und das kam dann nahezu wöchentlich vor. Das Zeitalter des Produktes der Woche war geboren und wurde zunehmend bei den Banken ein­geführt.

Gott sei Dank bekam ich diese Entwicklung nur bis in den Herbst 2004 noch mit und Gott sei Dank befand ich mich noch auf der Kreditseite, welche noch relativ traditionell, aber auch schon mit merklichem Investmentbank-Geruch geführt wurde, d. h. zunehmend Zins- und Währungsswaps das Angebotsprogramm erweitert hatten, die im Nachhinein betrachtet meistens zu Ungunsten der Unternehmen ausgingen.

Fakt war (und ist), dass an jedem Montag in den so genannten Teamsitzungen das Produkt der Woche vorgestellt und das kurz­fristig zu verkaufende Volumen festgelegt wurde. Am Mittwoch wurde dann nachgefragt, warum man noch nicht die Verkaufs-Soll-Zahl erreicht hat mit dem Hintergedanken, den Mitarbeiter coachender Weise unter Druck zu setzen und am Freitag musste er sich erklären, warum seine Verkaufsziele nicht erreicht worden sind mit dem Hinweis, sich über das Wochenende zu überlegen, wie er es besser machen könne. Drohungen, seinen Arbeitsplatz zu ver­lieren, wenn es nicht besser würde, waren nicht selten und wenn auch nur indirekt angedeutet.

Je nach Qualität der Führungskräfte, hier auch Teamleiter genannt, entstand ein regelrechter Verkaufsterror, welcher viele Mitarbeiter in die Kur führte und den Kunden so langsam aber sicher auf die Nerven ging. Diesen Terror gab man von ganz oben kaskadenförmig nach unten weiter, nach oben zurück ging aber nichts, da gab es eine Mauer und legt damit die Basis für nicht geerdete Vor­stände.

Dieser überspitzte Controlling-Terror führte dazu, dass ein eben erst ernannter junger Vorstand der Dresdner Bank, welcher im Übrigen Herrn Blessing (jetziger Vorstandvorsitzender der Commerzbank) damals vorgezogen worden war, bereits am 4. Januar eines Jahres (die ersten 2 Tage dieses Jahres waren Samstag und Sonntag gewesen) per Rundschreiben den Mitarbeitern zur Kenntnis gab, das bereits am 4. Januar das Provisionsergebnis stark rückläufig wäre und daher alle Anstrengungen unternommen werden müssten, dieses Defizit wieder aufzuholen.

Nach Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank war dieser Herrn Blessing vorgezogener Vorstand einer der ersten, welcher das neue Gesamthaus Commerzbank verlassen musste.

Die durch billiges Geld angeheizte Nachfrage zu den nunmehr selig machenden strukturierten Finanzprodukten führte zu einem Anstieg solcher Produktionen. Herr Kopper, damaliger Aufsichtsratsvor­sitzender der Deutsche Bank sprach in einer diesbezüglichen Fern­sehreportage davon, dass man sich vor Nachfrage nach solchen Produkten nicht mehr verweigern konnte (?).

Da die Basis für jedes Anlageprodukt stets ein Kredit ist, wurden u. a. in den USA Immobilienkredite regelrecht produziert, d. h. jedem Idioten wurde eine Baufinanzierung aufgeschwatzt, egal ob er die dafür nötige Bonität besaß. Damit setzte man eine hohe Nachfrage nach Immobilien in Gang, die wiederum die Immobilienwerte ansteigen ließ und den Immobilienbesitzern somit eine Sicherheit vorgaukelte, dass durch Verkauf der Immobilien ein hoher Gewinn evtl. vereinnahmt werden kann.

Dass dies nicht aufgehen kann, insbesondere wenn alle dieses Ziel verfolgen und somit die Preise wieder fallen, war jedem vernünftig denkendem Menschen sofort klar, natürlich auch den finanzierenden US-Banken, welche auch die Bonität der Immobilienkäufer kennen mussten und daher bestrebt waren, dieses Risiko so schnell wie möglich wieder loszuwerden.

Dieses „Loswerden-Instrument“ liefern sehr trefflich die jeweiligen Investmentbanken, indem sie diese Kredite in einen Topf warfen, bzw. diese Kredite zusammenfassten und als Deckung /­ Sicherheit für eine neue Anleihe verwendeten.

Zu Beginn dieses Hypes setzten sich diese Anleihen aus guten Boni­täten zusammen, mit zunehmender Fortschreitung dieses Booms verschlechterten sich die Bonitäten immer mehr bis diese Anleihen nur noch aus schlechten Bonitäten bestanden. Die sogenannten US-Subprimes waren geboren.

Damit die schlechten Bonitäten der dahinter stehenden Kredit­nehmer nicht offensichtlich wurden, fasste man verschiedene Anleihen/­Subprimes zu weiteren neuen Subprime-Anleihen, und vermischte und vermatschte diese wiederum mit anderen Sub­prime-Anleihen letztlich mit vielen tausend Kreditnehmern zusammen, um eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu produzieren, die dann angeblich sehr sehr gering wäre.

Mit dieser Anonymisierung verfolgte diese Investment – Hexen­küche das Ziel, die schlechte Bonität zu verschleiern, um es somit als innovatives und lukratives Investment, versehen mit einer bezahlten triple A-Note (=beste Bonitätsqualität), dem durch entsprechende Marketingmaßnahmen heiß gemachten Markt verkaufen zu können.

Auf der anderen Seite wussten aber die informierten Investment­banker von dieser schlechten Bonitätsqualität und hatten daher mit dem gesamten Derivate-Instrumentarium dagegen gewettet mit der Folge von darauffolgenden astronomisch hohen Gewinnen.

Diesen Vorwurf musste sich Goldman Sachs und andere Invest­mentbanken, darunter auch die Deutsche Bank, gefallen lassen. Goldman Sachs einigte sich diesbezüglich mit der Aufsichtsbehörde SEC und zahlte, um diesen Vorwurf unter den Tisch fallen zu lassen, einige hundert Millionen US$. Ist das rechtsstaatlich?

Das Pech vieler dieser „Masters of the Universe“ war jedoch, dass sie zu viel auf ihre Bilanz genommen, bzw. noch in ihrem Bestand hatten und von der Lehmann-Pleite kalt erwischt wurden, somit diesen Schrott nicht mehr verkaufen konnten.

In diesem Szenario haben allerdings die Wahrscheinlichkeits­rechnungen einiger Banken versagt, da die persönliche Antipathie des damaligen US-Finanz­ministers Paulson, ehemaliger Partner von Goldman Sachs, der die Rettung von Lehmann Brothers hätte ver­hindern können, zum Chef von Lehman Brothers, Richard Fuld, mathematisch nicht errechenbar war.

Ganz clevere oder besser gesagt aufgrund ihrer besseren Wahr­schein­lich­keitsrechnungen gut informierte Investmentbanken hatten auch dieses Risiko des Bestandes noch zusätzlich über Derivate abgesichert. So auch die Deutsche Bank, die trotz hoher Finanzaktiva von € 1,6 Billionen per 31.12.2008 nur rd. € 8-9 Milliarden wertberichtigen musste, was einer Wertberichtigungs­quote von nur ca. 0,6 % entsprach.

Meine diesbezügliche Anfrage, wie diese niedrige Wertbe­richtigungsquote bei dieser hohen Finanzaktiva sein könne, wurde mit der Absicherung durch Derivate, ich vermute u.a. mit so genannten Credit Default Swaps (Kreditversicherungen), begründet.

Zwischenzeitlich muss man aber an dieser Darstellung auch Zweifel anmelden, da im Herbst 2012  die Deutsche Bank eine Bad- Bank, in der die „none-core-assets“, also Aktivwerte, die nicht zum Kerngeschäft der Bank gehören (sehr diplomatische Umschreibung für toxische Wertpapiere) mit einer Bilanzsumme von ca. € 125 Milliarden (Konzern –Eigenkapital der Deutsche Bank  per 31.12.2012 €  54,41 Milliarden) , „ausgelagert“ hatte zwecks breiten Weiterverkauf an die Anleger(?).

Diese Papiere/ Aktivwerte sind sicherlich nicht erst nach der Finanzkrise gekauft worden, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass man diese toxischen Werte einfach unter den Teppich gekehrt hatte. Ähnliches wurde auch schon aus den USA kolportiert. Was soll man daher vom Zahlenwerk der Deutsche Bank halten?

Bei diesen Absicherungsgeschäften hatte die AIG (American Inter­national Group), der größte US-amerikanische Versicherungs­konzern den maßgeblichen Anteil an diesen Absicherungsgeschäften, d. h. dieses Institut war ein wichtiger Gegenpart des Kreditabsicherungsgeschäftes durch Übernahme des Kreditrisikos mit der Folge, dass dieses Institut in 2007 und 2008 durch den amerikanischen Staat mit rd. US 125 Milliarden, insgesamt wurden es dann rd. € 182 Milliarden, zwecks Erhalt der Kreditwürdigkeit und Bonität bezuschusst und damit gerettet werden musste.

Diese staatliche Rettung durch den amerikanischen Steuerzahler brachte letztlich der Deutsche Bank einen zweistelligen Milliardenbetrag bei Glattstellung ihrer diesbezüglichen Derivate ein. Wäre die AIG ebenfalls in die Insolvenz gegangen, hätte auch die Deutsche Bank einer Hilfestellung, wenn nicht sogar Rettung durch den deutschen Steuerzahler bedurft. Jedenfalls haben Steuerzahler, seien es US-amerikanische oder deutsche Steuer­zahler, dieses Bankhaus vor einer vielleicht existenziellen Blamage bewahrt.

Somit hält der permanente Hinweis, dass die Deutsche Bank ohne staatliche Hilfe durch die Finanzkrise gekommen wäre, einer kritischen Prüfung dieses Sachverhaltes nicht Stand, zumal dieses Institut als eines der führenden Investmentbanken in der Welt maßgeblich einen hohen Anteil an diesem Monopoly-Spiel hatte und leider immer noch hat.

Offenbar wurde die Finanzkrise in Deutschland Mitte 2007 mit der IKB (Industriekreditbank), die sich mit solchen strukturierten Finanzmischmasch vollgesaugt hatte und damit in die Illiquidität geriet.

Die FAZ hatte in einem Kommentar einen diesbezüglichen Verdacht geäußert, der eigentlich zu entsprechenden Konsequenzen hätte führen müssen. Einer der maßgeblichen Verkäufer dieser Misch­maschpapiere an die IKB wäre angeblich die Deutsche Bank gewesen, welche der Bafin dann den Hinweis zu diesem Missverhältnis gab, worauf­hin dieses Missverhältnis bekannt und aufgedeckt wurde. In einem darauffolgenden Schritt wäre dann die Deutsche Bank wieder diejenige gewesen, welche die sicherlich nur akzeptablen Papiere zu deutlich günstigeren Preisen wieder zurückgekauft hätte.

Diesen damaligen Verdacht hat kein geringerer als der Präsident des Deutschen Spar­kassen- und Giroverbandes, Herr Georg Fahrenschon, im Zusammenhang mit der Vertrauenskrise gegenüber den Banken neu aufgewärmt. Früher warb die Deutsche Bank mit dem Slogan „Vertrauen ist der Anfang von allem“, meines Erachtens ein sehr guter Werbespruch, den aber nur solche Banken benutzen sollten, deren Absicht nicht darin besteht, ihren Kunden fragwürdige strukturierte Produkte zu verkaufen und dann gegen diese zu wetten.

Damit wird oder wurde eine Vertrauensbasis kaputt strukturiert, die wieder zu erlangen sehr schwer sein dürfte.

Aussage von Herrn Fahrenschon: „Ein vertrauenswürdiges Kredit­institut darf einem Kunden kein Produkt verkaufen, bei dem es mit deutlich überlegenem Marktwissen selbst die Gegenpartei stellt“.

Diese Aussage kann man nur deutlich unterstreichen, allerdings sollten Herr Fahrenschon und die von ihm vertretenen Sparkassen darauf achten, dass den Sparkassenkunden nicht primär strukturierte Produkte aus der Hexenküche dieser Investment­banken und mit Blick auf die damit generierten hohen Verkaufs­provisionen verkauft werden. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Das gilt letztlich auch für die Volksbanken.

Mit einem hat Herr Fahrenschon auf jeden Fall Recht, das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzugewinnen, dürfte eine Herkulesarbeit für die nächsten Jahre werden.

Die deutschen Landesbanken, in früheren Zeiten mit einer staatlichen Garantie versehen, der so genannten Gewährträgerhaftung der jeweiligen Bundesländer, konnten als triple A-Bank auf dem Markt schalten und walten – Ertrag war nicht so wichtig, bei Verlust würde der Staat einspringen –, haben ab 2005 diese Gewährträgerhaftung und damit die staatliche Garantie aufgrund des berechtigten Einspruchs von Brüssel verloren. Kurz vor Beendigung der Gewähr­trägerhaftung sammelten sie aber mit Ihrer triple A-Bonität enorm viel Liquidität zwecks Vorsorge an, die nun Anlage suchte.

Sie waren daher leichtes Spiel für die hochprofitablen und gewitzten Investmentbanken, glaubten die Landesbanken und auch andere größere Sparkassen und Volksbanken, mit diesen Banken gleich­ziehen zu können nach der Formel, ich kaufe einige mehr oder minder abgehalfterte Investmentbanker zu horrenden Preisen ein und ab geht die Post.

Dabei haben aber diese Banker aus der Provinz vergessen, dass zum Investmentbanking eine hocheffiziente und extrem ausgefeilte Wahrscheinlichkeitsrechnung gehört, über die diese Landesbanken nicht verfügten. Man glaubte einfach den verkaufenden und erfolg­reichen Investmentbanken und bemerkte nicht, dass diese sie vollkommen über den Tisch gezogen haben. Die Landesbanken rissen den Investmentbanken regelrecht jedes strukturierte Papier, ein damaliger Modeartikel auf dem Finanzmarkt, aus den Händen und alle jubelten.

Hier hat auch unsere Bafin kläglich versagt und vermutlich auch den Grundsatz, dass der Anleger Kreditgeber ist, nicht wahrgenommen oder was noch schlimmer ist, sich dafür nicht zuständig gefühlt.

Ich hatte in einem Schreiben den damaligen Chef der Bafin, Herr Jochen Sanio, auf den Mischmasch und die Gefahr dieser strukturierten Papiere hingewiesen. Die Antwort war, dass man für Fonds und strukturierte Finanzprodukte keine Zuständigkeit hatte. Anscheinend sah die Bafin zum damaligen Zeitpunkt ihr Aktionsfeld nicht im Anlagebereich, sondern nur im Bankkreditbereich, ein Zustand, der aktuell extrem ausgebaut /­ verstärkt wird und die Versorgung der Wirtschaft mit Kredit aufgrund der übergroßen Regulierung und Formalitäten mehr als gefährdet.

Für die Risiken im Anlagebereich scheint immer noch keine ent­sprechende Expertise zu bestehen, so dass die Investmentbanker weiter machen können wie bisher.

Zu diesem Thema noch der schon erwähnte Treppenwitz in der Finanzgeschichte unserer Republik, der aber auch zeigt, wie sorglos und naiv hoch angesehene Institutionen vor der Finanzkrise mit dem Thema Risiko im Anlagebereich, insbesondere bei strukturierten Finanz­produkten, umgegangen sind.

Die Pensionsgelder der Bafin-Beamten wurden von der Deutschen Bundesbank, der Inkarnation des deutschen Bankwesens, verwaltet. Die dortigen Vermögensverwalter hatten aber nichts anderes zu tun, als diese Pensionsgelder in Wertpapiere der HRE (Hypo Real Estate) zu investieren, die mit vielen Milliarden des deutschen Steuerzahlers gerettet werden musste. Vielleicht ist das u. a. auch ein Grund für die Rettung dieses Pleite-Bankhauses, um sich die Blamage der Deutschen Bundesbank zu ersparen.

Ein weiterer Treppenwitz der Finanzgeschichte (leider gibt es deren sehr viele) ist die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der Hauptverantwortlichen dieser Finanzkrise durch die Bundesanstalt für Finanzstabilisierung (FMSA). Eine Aufstellung des Finanz­ministeriums ergab eine Gesamtsumme von rd. € 100 Mio. für Beratungsdienste zur Stabilisierung des deutschen Bankenwesens, welche an Deutsche Bank, Bankhaus Rothschild und Goldman Sachs nebst diversen Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern wie KPMG (ist in der Prüfung der geschlossenen Fonds sehr aktiv), Roland Berger und Anwaltskanzleien US-amerikanischen Ursprungs wie Freshfield Bruckhaus Dehringer und White & Case bezahlt wurden.

Eine dieser US-amerikanischen Anwaltskanzleien ist mir persönlich bei einem Mandat sehr unangenehm aufgefallen. Strategie dieser Herren ist es grundsätzlich, jeden Vertrag in Frage zu stellen, diese in kompliziertester Art und Weise umzustricken mit der Folge, dass die Gegenpartei diese Maßnahme ebenfalls einleitet, bzw. darauf eingehen muss und somit Stunden über Stunden, ich meine total unnütze Stunden, zusammenkommen, die abgerechnet werden dürfen. Selbst KfW-Kreditanträge versuchten diese Herren auf ihre Masche umzustricken.

Von diesen € 100 Mio. Beratungshonoraren sollen die Empfänger­banken nur rd. € 8,7 Mio. bezahlt haben, den Rest hätte der Steuer­zahler aufbringen müssen. Dies wurde später vom Finanz­ministerium dementiert, es hieß dann, ein Großteil der Kosten sei an die hilfsbedürftigen Banken und Abwicklungsfonds direkt oder über Pauschalen weiter gereicht worden. Sei wie es sei, letztlich haben die Geschädigten, seien es jetzt die Steuerzahler oder die „hilfsbedürftigen“ Banken, ihre Schadensverursacher noch damit belohnt.

Vergleichbar wäre das mit einem Bankräuber, der eine Bank über­fallen hat, dafür aber nicht belangt wird und das geraubte Geld behalten darf, sondern noch zusätzlich ein gut dotiertes Honorar dafür bekommt, um mitzuteilen, wie man einen solchen Bankraub verhindern kann.

Wie krank ist eigentlich unser System und wie viel Unkenntnis der handelnden Personen in der Politik über die wahren Begebenheiten in der Wirtschaft muss vorhanden sein, dass solche Zustände möglich sind.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de