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Atomenergie ist dreckig, teuer und unsicher

Nach Harrisburg 1979 (USA) und Tschernobyl 1986 (Sowjetunion) ereignete sich im März 2011 in Fukushima (Japan) durch ein sehr starkes Erdbeben und einem daraus resultierenden Tsunami die dritte Havarie eines Atomkraftwerkes, mit der wieder keiner gerechnet hatte, mit unabsehbaren Folgen für die dort lebenden Menschen. Die hieraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen für Japan sind erheblich und werden dem Land noch enorme, kaum zu beziffernde Folgekosten bescheren. Die Gegend um Fukushima wird wie um Tschernobyl mindestens für einige hundert Jahre bzw. für immer unbewohnbar bleiben, die Verseuchung des Pazifiks aufgrund der immer noch nicht gelösten Entsorgungsthematik dieses havarierten Kernkraftwerkes wird weiter fortschreiten. Mit fast krimineller Energie verniedlicht man diese Gefahren von der Atomindustrie, obwohl ihr die Spätfolgen bewusst sind.

Erst kürzlich teilte das von Erdbeben permanent geschüttelte Japan mit, dass die Atomkraftwerke des Landes wieder sukzessive hochgefahren werden. Das muss nach Fukushima mehr als verwundern und es scheint, dass sich Japan der hieraus resultierenden Gefahren trotz Fukushima immer noch nicht bewusst ist. Zur Unterstreichung dieses Vorhabens hat ein hoher politischer Funktionär sogar Obst aus der Region Fukushima vor den Augen der Presse zu sich genommen. Ob dieses Obst wirklich aus dieser Gegend stammt, bleibt aber fraglich.

1954 wurde das erste Atomkraftwerk in der damaligen Sowjetunion gebaut. Im Juli 2015 befanden sich noch  438 Kernreaktoren  (davon in Europa 97, allein in Frankreich 58/ in den USA 99 / in Japan 54 und in Russland 31) weltweit  in Betrieb, weitere 72 befinden sich noch im Bau (lt. Wikipedia).

Bei rd. 140 Kernreaktoren liegt das Alter schon bei über 30 Jahren, bei rd. 220 Kernreaktoren liegt dieses bei 20+ x Jahren. Das Werk Beznau (Kanton Aargau, Schweiz) mit dem am 1. September 1969 in Betrieb genommenen Reaktor gilt als das älteste noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerk der Welt, hat somit schon 36 Jahre auf dem Buckel und das fortlaufend 24 Stunden am Tag.

Es bleibt daher trotz aller Erneuerungen zu befürchten, dass es auch aufgrund von Materialermüdungen im nicht austauschbaren Kern eines AKWs zu weiteren Havarien kommen kann. Das Restrisiko wird mit jedem Jahr größer. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass es sich hier um Maschinen handelt, die hohen Temperaturen und Druckverhältnissen ausgesetzt sind und das 24 Stunden am Tag. Ein Auto würde unter solchen Belastungen schon nach wenigen Jahren den Geist aufgeben.

Nicht gelöst ist das Problem der Atommüllentsorgung. Allein in Deutschland (weltweiter AKW-Anteil rd. 4%) werden pro Jahr über 400t nicht entsorgbarer Atommüll produziert; weltweit vermutlich etwa 10.000 t.

Nehmen wir mal an, dass ab den 70iger Jahren pro Jahr im Durchschnitt 10.000t  nicht entsorgbarer Atommüll produziert wurden, wären das bis heute etwa 460.000t nicht entsorgbarer Atommüll, in Deutschland etwa 14.400t. Somit stellt sich die Frage, wo dieser ganze Müll hingegangen ist. Wo ist dieser in Japan geblieben? Evtl. im Pazifik versenkt, womit die Fische kontaminiert werden und irgendwann auf unserer Speiskarte landen?

Jetzt wissen wir, dass in Deutschland, in einem geordneten Industrieland, für diesen  Atommüll immer noch kein Endlager gefunden worden ist, für Frankreich wird erst eines in der Nähe zur deutschen Grenze in den nächsten Jahren eingerichtet. Wie wird und wurde daher in weniger geordneten Ländern mit diesem Atommüll umgegangen?

Bei einem geordneten Umgang mit diesem Atommüll muss man sich gewahr werden, dass dieser nach etwa 30.000 Jahren unschädlich wird, hier eingeschlossen auch die kontaminierten Bauteile der geschlossenen und rückgebauten Atomkraftwerke. Ein unheimlich langer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass die ersten menschlichen Aufzeichnungen erst 7.000 bis 10.000 Jahre zurückliegen, also noch gegen Ende der Steinzeit.

Das bedeutet nun, dass in diesen 30.000 Jahren dieser von etwa nur drei Generationen produziertem Atommüll von rd. 1.500 nachwachsenden Generationen + x überwacht werden muss und in dieser Zeit die Behältnisse einer mehrfachen Auswechslung bedürfen, da in diesem langen Zeitraum die entsprechenden Materialien durch die Strahlung und Hitze ermüden.

Landauf und landab wurde und wird von der Atomindustrie und deren Lobbyisten behauptet, dass die Atomenergie sauber, sicher und preiswert sei und preiswerte Energie unabdingbar für eine prosperierende Wirtschaft sei. Bei näherer Betrachtung muss man aber feststellen, dass genau das Gegenteil der Fall ist.

Atomenergie sei sauber: Das kann man nur behaupten, wenn der Atommüll sauber entsorgt werden kann und nicht 30.000 Jahre in Hochsicherheitstrakten zwecks Vermeidung von terroristischen Verwendungszwecken aufbewahrt werden muss. Das dies nicht der Fall ist und daher in irgendwelchen geheimen Endlagern nach bisherigen Erkenntnissen nicht sauber entsorgt werden kann, steigt die Befürchtung, dass die Umwelt und somit Mensch und Tier davon tangiert und geschädigt wird/ werden. Da man dieses „Atomgift“ nicht sehen, riechen oder hören kann (nur mit Geigerzähler, aber wer hat einen solchen schon) bleibt zu vermuten, dass viele Krankheiten aus diesem Atommüll resultieren.

Atomenergie ist sicher: Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima haben das Gegenteil brutal zu Tage gebracht. Nicht vergessen werden dürfen die unzähligen Störfälle bei allen Kernreaktoren, welche je nach Alter in immer kürzeren Zeitabständen auftreten. Wenn diese Kernreaktoren denn wirklich so sicher sind, warum haben dann die Manager dieser Stromkonzerne ihre Villen nicht in unmittelbarer Nähe zu einem Atomkraftwerk errichtet? Warum befinden sich in Frankreich, welche einer klimatischen Westdrift (Wind bläst größtenteils von West nach Ost)  unterliegt, sehr viele Atomkraftwerke an der östlichen Grenze zu Deutschland?

Atomenergie ist preiswert: Bei dieser Behauptung sind weder die Kosten der Entsorgung, die Kosten einer Haftpflichtversicherung bei einer evtl. Havarie (in Deutschland müssten damit pro Atomkraftwerk etwa 40 Billionen Euro + x versichert werden) und die Kosten eines Rückbaus eines Kernkraftwerkes berücksichtigt worden. Die derzeitige Diskussion, ob die für den Rückbau aller Atomkraftwerke in Deutschland gebildeten Rückstellungen von insgesamt rd. € 40 Milliarden ausreichen, lassen befürchten, dass diese Rückstellungen bei Weitem diese Rückbaukosten nicht decken und daher ein Vielfaches dessen ausmachen. Vattenfall zum Beispiel versucht nicht ohne Grund durch eine rechtliche Trennung zu diesen Kernkraftwerken die künftigen Entsorgungskosten zu umgehen, um diese auf den deutschen Steuerzahler abwälzen zu können. Andere Stromkonzerne werden sicherlich diesem Beispiel folgen.

Oder die Lobbyisten schaffen es, einen staatlichen Fonds zu gründen, in dem diese Rückstellungen eingebracht werden. Sollten dieses Fondsvermögen dann aber nicht ausreichen, müssten die deutschen Steuerzahler wieder zur Kasse gebeten werden.

Berücksichtig man all diese Dinge, kann und muss man festhalten, dass Atomenergie sehr dreckig, sehr unsicher und sehr teuer ist.

Diese Erkenntnis hat auch unter dem Eindruck von Fukushima die damalige Bundesregierung unter der Bundeskanzlerin Merkel dazu bewogen, aus der Atomenergie auszusteigen. Richtig so!

Dagegen will die Atomindustrie klagen, hat dies aber meines Wissens nicht forciert, weil sie genau weiß, dass damit sicherlich diese vorgebrachten Kritikpunkte zu öffentlich werden und daher die Forderung, nach Bildung weiterer Rückstellungen die Aktienkurse der Stromerzeuger mit Atomkraftwerken weiter belasten werden.

Der Einstieg in die erneuerbare Energie ist daher absolut alternativlos. Diese Stromerzeugungsformen haben aber auch ihre Probleme. Angefangen von der Landschaftsverschandelung durch unzählige Windräder und deren Lärm nebst Verschattungen oder durch auftretende Verspiegelungen bei den Solaranlagen. Diese sind aber nicht so schwerwiegend, wie eine Verseuchung großer Landschaften durch Havarien über Jahrtausende hinweg und die Ungewissheit, was mit dem immer noch stetig anwachsenden nicht entsorgbaren Atommüll geschehen soll. Außerdem hat die Entwicklung gezeigt, dass die erneuerbare Energiebranche eine Menge zusätzlicher Arbeitsplätze generiert und ein Exportschlager geworden ist.

Atomenergie gehört daher in die Mottenkiste, bestehende Anlagen sollten so schnell und sukzessive wie möglich abgeschaltet und entsorgt werden. Der Bau weiterer Atomanlagen bei dem jetzigen Wissenstand muss man als einen kriminellen Akt bezeichnen und ist ein Vergehen gegenüber vieler zukünftiger Generationen und das nur, damit wenige davon jetzt profitieren.

16. August 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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US Dollar, das Mittel geopolitischer Interessen?

Die heftigen Kursauschläge des US-Dollars deuten  auf einen Währungskrieg mit unterschiedlichen Kombattanten hin, noch angereichert durch die vielen Spekulanten auf dieser Welt und dem Wirtschaftssystem an sich.

Auf der einen Seite stehen die EZB und die USA, welche aus unterschiedlichen Gründen Interesse an einem starken US$ haben. Auf der anderen Seite steht m.E. derjenige, welcher am meisten  Schaden an einem starken US-Dollar nimmt, nämlich  China.

Die EZB oder Herr Draghi haben Interesse an einem starken US$ bzw. schwachen Euro, um die Exporte der europäischen Länder zu forcieren. Der Fehler dieser Strategie ist jedoch, dass nur wenige exportstarke Euroländer davon profitieren. Die Problemländer allerdings, welche sowieso kaum starke Exporte aufzuweisen haben, leiden eher darunter, da sich z.B. die wichtigen Ölimporte dadurch verteuern. Momentan wird das abgemildert durch den fallenden Ölpreis, sollte dieser aber wieder steigen, ist das Fiasko dieser Problemländer  perfekt.

Die USA bzw. die FED haben Interesse an einem starken US-Dollar, da sich dadurch die Importe (i.W. Grundstoffe) für die USA verbilligen bzw. damit der Aufwand für Waren und Grundstoffe für  Industrie und damit dem Konsum geringer werden, die Wirtschaft damit einen wichtigen Bypass bekommt. Der Export verschlechtert sich dadurch zwar erheblich, die USA waren aber noch nie ein großes Exportland. so dass die Abwägung deshalb zugunsten eines stärkeren US-Dollars ausgefallen ist.

Die USA im Besonderen verfolgen damit nicht nur wirtschaftspolitische Interessen sondern auch geopolitische. Geschwächt wird mit einem starken US Dollar vor allem die Exportstärke von China, welche mit der damit  erreichten Finanzkraft  zunehmend als Weltmacht auftritt. Dies läuft allerdings den machtpolitischen Interesse der USA zuwider.

Diese Exportstärke und  damit Finanzkraft konnte China u.a. aufgrund eines billigen Angebots von Waren aller Art erreichen, mit der es zur Werkbank der Welt avancierte und diese mit Waren aller Art überschwemmte. Diese Stärke basierte nicht nur auf den niedrigen Löhnen in China, sondern auch auf einen schwachen US-Dollar, da sämtliche Exportgüter aus China in US-Dollar fakturiert werden und damit zudem auf dem Weltmarkt preiswert angeboten werden konnten. Folge hieraus war einer gigantischen Anhäufung von  Devisenreserven mit weit über einer Billion US$.

Diese gigantische Finanzmacht ließ eine gewaltige Militärmacht  in erheblicher Konkurrenz zu den USA entstehen. Was liegt daher näher, als dieser Finanzkraft den Boden zu entziehen durch einen höher bewerteten US- Dollar.

Erste Anzeichen dieser Politik machen sich in China bereits bemerkbar. Die bisher gewohnten zweistelligen Zuwachsraten in China haben sich in einstellige reduziert. Auswirkungen hieraus können an den ekstatischen Kursverläufen der chinesischen Börsen abgelesen werden.

Seit dem der US-Dollar immer stärker wurde, ging die Exportstärke aus China sukzessive zurück, so dass die Vermutung naheliegt, dass China mit US$-Verkäufen , d.h. Einsatz ihrer hohen US$-Reserven zunehmend auf dem Markt als US-Dollar-Verkäufer auftritt. Die volatilen Kursausschläge sprechen m.E. dafür.

Unterstützt wird diese Strategie durch die neue Funktion des Euros als Finanzierungswährung aufgrund der vermaledeiten Niedrigzinspolitik des Herrn Draghi, welche zudem bei Rückführungen von Euro-Krediten durch Kauf von Euros unterstützt wird. Allerdings könnte das zunehmend auch zu einem weiteren Verfall des Euros führen, da dadurch eine Kreditaufnahme sukzessive billiger wird und die bisherigen Kreditnehmer kein Interesse an einem Anstieg des Euros haben.

Fazit:

Ob dies ausreicht, den US-Dollar wieder schwächer zu machen, bleibt fraglich, allerdings kann  keiner vorhersehen, wie sich der US-Dollar-Kurs dadurch entwickelt. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Griechenland-Krise ein weiterer Umstand sein wird, den Euro-Kurs weiter zu drücken. Außerdem flammen in der Ukraine wieder die Kämpfe auf, die USA will in dieser Krisenregion  Soldaten stationieren usw. usw. Der US$ war schon immer eine Kriegswährung, d.h. wenn es brenzlig wird, steigt der US- Dollar noch zusätzlich.

Eine weitere Unbekannte wird die Absicht der FED bleiben, ob und wann und wie sie gedenkt, die Zinsen in den USA leicht anzuheben. Dieser Vorgang wird den US- Dollar zusätzlich volatil machen, aber eher dafür sorgen, dass er noch stärker wird, da Anlagen in US-Dollar dadurch attraktiver werden.

Prognosen von einer Parität zum Euro, sogar ein Kurs von EUR/US$ von  0,80 machen die Runde. Ob sich diese Kurse lange halten, muss abgewartet werden, allerdings hat eines die Wirtschaftsgeschichte gezeigt, dass nichts so bleibt, wie es ist.

10. August 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Group of Thirty (G 30), ein Gruppe von Sittenwächter oder eine Gruppe von Pharisäern?

Die G 30, welche sich aus einer Reihe von bekannten Finanzexperten und Wissenschaftlern zusammensetzt, hat jetzt in einem mehrseitigen Positionspapier den schleppenden Kulturwandel der Banken kritisiert. Übrigens ein Thema, welches ich seit Jahren schon anprangere, insbesondere in meinem Buch „Die strukturierte Ausbeutung, welches in 2013 erschienen ist. Kulturwandel wäre ein großes Wort, dem aber nicht Taten folgten.

Diese Aussage kann man nur dick unterstreichen, denn am Verhalten der Banken im Vermögensanlagegeschäft hat sich seit der Lehmann-Pleite kaum etwas verändert, trotz aller Bekenntnisse der verantwortlichen Banker.

Nach wie vor werden hoch intransparente strukturierte Wertpapiere verkauft, deren Inhalte nicht einmal die verkaufenden Banker verstehen, da sie die umfangreichen Fact-sheets (Wertpapierbeschreibungen) aus Zeitnot kaum lesen können und daher von ihren Zentralen nur über zusammengefasste Flyer informiert werden.

Geändert hat sich der Beratungsbogen, welche die Kunden unterzeichnen müssen, aber in den wenigsten Fällen verstehen. Wer gibt schon gerne zu, dass er etwas nicht verstanden hat, was ihm ein rhetorisch ausgebildeter und eloquenter Banker erklärt hat. Damit hat man den Banken die rechtliche Handhabe gegeben, für den Verkauf dieses und jenes Mischmasch-Produktes enthaftet zu werden.

In dem Positionspapier der G 30 wird von „ethischen Schwächen“, „ vom moralisch Besten soll gelernt werden“, “ein Wertewandel soll sich vollziehen“ und  „das Top-Management (Anmerkung: der Antreiber dieser Malaise) soll Kulturwandel zur Chefsache machen“(?). Mit Verlaub alles idealistisches Blabla und  geht völlig an der Ursache und an den bestehenden Rechtsstrukturen vorbei.

Die Gründe für die vielen Strafzahlungen und Verfehlungen der Banken liegen eindeutig im Geschäftsbereich des Investmentbankings, dem man einen legalen und legitimen Rahmen/ Charakter  gegeben hat. Dieser Bereich ist verantwortlich für die vielen strukturierten Finanzprodukte, die Verursacher der Finanzkrise, das ist unstreitig. Sie haben derzeit nur ein anderes Gesicht und werden zwischenzeitlich über alle Banken, selbst in den kleinsten Dörfern, vertrieben. Aufgrund der Marktmanipulationen durch die EZB und FED (Bezeichnung von Stephen S.Roach/ Wirtschaftswissenschaftler  und Mitglied des Kollegiums der Universität Yale) gibt es auch keine seriösen und sicheren Anlagealternativen mehr und fördert damit über das Investmentbanking eine gigantische Vermögensverschiebung weltweit zugunsten Weniger und keiner merkt das.

Ich erinnere mich noch an eine Fernsehsendung mit kleinen Kindern, denen man ein Überraschungsei vor die Nase gesetzt hatte und welche aufgefordert wurden, das Schokoladenei nicht zu öffnen und den Inhalt, meistens ein kleines Spielzeug, nicht  herauszunehmen. Es erfolgte kein diesbezügliches Verbot sondern nur die Anmahnung, das Ei nicht anzurühren. Die Kinder wurden dann mit dem Überraschungsei alleine gelassen und  dabei unbemerkt gefilmt. Man konnte nun sehen, wie schwer es den Kindern fiel, dieser Anweisung zu folgen. Schließlich, nach vielen lustigen Grimassen und einem kindlichen „Hin- und Her – Überlegen“, waren plötzlich alle Schranken gebrochen und das Schokoladenei war genussvoll verzehrt und das Spielzeug in Beschlag genommen.

Ähnlich ist es mit dem Investmentbanking. Dieses Geschäft ist so anziehungsstark und genussvoll profitabel, dass keine Bank mehr darauf verzichten will. Wenn dann dieser Bereich aufgrund einer extremen Lobbyarbeit noch einen legalen und legitimen Anstrich bekommen hat, braucht man sich nicht wundern, wenn dieser Geschäftsbereich mit aller Macht weiter betrieben und dafür die Kunden schmerzhaft mit dem Segen des Gesetzes zur Kasse gebeten werden.

Ohne eindeutiges Verbot weiter Bereiche des Investmentbankings und Rückbesinnung auf Werte „des ehrbaren Kaufmannns“, wird es auch in Zukunft Skandale und Prozesse geben, insbesondere dann, wenn die Kunden merken, wie man Ihnen mit all den Fonds, Zertifikaten und ETF`s die Verluste aufgedrückt hat. Dann wird man auch die Rolle der Aufsichtsämter wieder hinterfragen müssen, die schon vor und nach der Finanzkrise kläglich versagt haben. Einer der momentanen Oberaufseher, die Deutsche Bundesbank, empfiehlt den Banken sogar, sich vom Zinsgeschäft unabhängig zu machen und in andere Segmente zu investieren, was nichts anderes heißt, als Investmentbanking zu betreiben.

Aber schauen wir uns die „Group of Thirty (G 30 ) einmal genauer an. Die einen drücken dieser Gruppe ein renommiertes Siegel auf, die anderen nennen diese Gruppe einen Lobbyclub der Finanzmafia. Bei Betrachtung einiger einflussreicher Mitglieder wird man die Erkenntnis nicht los, dass hier das Investmentbanking keine unwesentliche Rolle in der jeweiligen  Berufskarriere gespielt hat oder immer noch spielt.

Das von allen bekannteste Mitglied, der EZB-Präsident Mario Draghi, ist von Goldman Sachs kommend ein eingefleischter Investmentbanker und fördert mit seiner Niedrigzinspolitik diesen Geschäftsbereich europaweit außerordentlich stark und mittlerweile auch sehr umstritten.

Der honorige Herr Axel A.Weber, ehemaliger Chef der Deutschen Bundesbank und jetziger Chairman der UBS, ist zwar einer der Kritiker der EZB-Politik, lässt aber über seine Vermögensverwaltung ein wahres Sammelsurium von Mischmaschprodukten an die Anleger verkaufen. Selbst eingefleischten Family-Officern hat er diese intransparenten Finanzprodukte  bei einer Veranstaltung wärmstens empfohlen.

Timothy Geitner, als ehemaliger amerikanischer Finanzminister wurde er vom Goldman Sachs Gewächs Robert Rubin beraten und ist nun der Präsident von Warburg Pincus, einer global agierenden Private Equity Gesellschaft, man nennt diese Unternehmen auch Heuschrecken, was sicherlich nicht alle sind.

Auch Gerd Häusler, momentaner Aufsichtsratschef der Bayerischen Landesbank und der BHF Kleinwort Benson-Group, welche vom umstrittenen Lenny Fischer zusammengezimmert wurde, war vorher Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, ein Opfer der Investmentbanker, und daneben der Aufsichtsratschef der Investmentbank Kleinwort-Benson, ist somit ebenfalls ein überzeugter Investmentbanker.

Auch fällt auf, dass einige Mitglieder der G 30 ebenfalls Mitglieder der mächtigen Trilateralen Kommission und des Council of Foreign Relations sind, auf die Goldman Sachs einen „gewissen Einfluss“ haben soll.

Dass sich am Thema Investmentbanking nichts ändern wird, hat der neue Deutsche Bank Co-Chef und Investmentbanker  John Cryan deutlich zum Ausdruck gebracht. Nicht die Art des Geschäftes ändert sich, sondern die Kostenstruktur, d.h. es werden tausende von Arbeitsplätzen wegfallen, nur damit  die heilige Kuh Investmentbanking weitere entsprechend hohe  Erträge einfahren kann. Zwar soll dieses Geschäft auch beschnitten werden (wer glaubt wird selig!), jedoch wird das Handelsgeschäft immer mehr über Computer abgewickelt, die schneller und effizienter als Menschen arbeiten und derzeit auch das kriminelle Front-running der Hochfrequenzhändler erlauben.

Kurzum, Investmentbanker oder Investmentbanking-Befürworter tummeln sich in dieser Gruppe, so dass der moralische Apell an die Banken etwas Lachhaftes bekommt, bzw. sich jeder die Frage stellen muss, ob es sich hier um eine Gruppe von Sittenwächtern oder um eine Gruppe von Pharisäern handelt, welche die Ursache unserer derzeitigen Probleme übertünchen wollen, damit das Investmentbanking „fröhliche Urständ“ feiern kann. Man kann diesen Apell als einen von vielen weiteren Marketing Gags  bezeichnen.

Genauso wie es in der Straßenverkehrsordnung Verbote gibt zwecks Vermeidung von Anarchie im Straßenverkehr, muss die Finanzordnung um den Verbot weiter Bereiche des Investmentbankings erweitert werden. Alles andere ist nur ein Herumdoktern an den Symptomen.

2. August 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

 Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Fintech

Unter diesem neuen Stichwort bezeichnet man junge und kreative Finanztechnologie-Firmen, welche mit ihren Ideen in den lukrativen Geldmarkt mit ihren neuen Produkten drängen. Dabei werden unterschiedliche Bereiche der Finanzmärkte berührt, von der Kreditvergabe über neuartige Plattformen, der Zahlungsverkehr über smartphones, crowd – Finanzierungsplattformen für Risikokapital oder technische Analysehilfen für den Anlagemarkt.

Die Presse spricht mittlerweile von einer Revolution und von einem tiefgreifenden  Umbruch für die Geldbranche, welche diese Entwicklung vor allem in Deutschland verschlafen haben soll.

In den USA soll es bereits rd.  8.000 Fintechs geben, angeheizt von den Erfolgen von face-book, google & Co. In Deutschland sollen nur  knapp 300 Fintechs an den Markt gegangen sein. Allerdings kann man trotz der schon relativ hohen Anzahl dieser Branchenteilnehmer außer der massenhaften Produktion von smartphone-Apps für alle möglichen (Informations)Bedürfnisse dieser Welt offiziell noch keine größeren Umbrüche erkennen.

Irgendwie erinnert einen das an das Mitte der  90er-Jahre aufgeflammte dotcom-Zeitalter, welches dann Anfang dieses Jahrhunderts jäh in einem Crash endete.  Das muss jetzt für die Fintechs nicht ebenso zutreffen, für den Anleger heißt das aber, große Vorsicht walten zu lassen.

Die jungen Wilden, wie sie auch genannt werden, bringen sicherlich frischen und notwendigen Wind in den von etablierten Spielern beherrschten Finanzmarkt. Leider hat diese Wildheit erfahrungsgemäß gezeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit nicht immer zusammen passen und viele dieser wilden Fintechs die Bühne wieder verlassen müssen, man spricht in den nächsten 10 bis 15 Jahren von etwa 90% Ausschuß.

Betrachtet man die ausgeheckten Produkte dieser Fintechs, so wird man ein gewisses Unbehagen nicht ganz abstreifen können. Analysiert man beispielsweise die diversen Kreditplattformen, bei denen man von privat zu privat Kredite gewähren oder bekommen kann, stellt sich die Frage, ob die Kreditgeber (Anleger) überhaupt in der Lage sind, die Bonität des Kreditnehmers beurteilen  und mit den notwendigen Regularien umgehen zu können . Da scheinen sich enorme Geldverbrennungsmaschinen immer mehr zu etablieren. Betrugsfälle können dabei keineswegs ausgeschlossen werden.

Oder schauen wir uns das Crowd-Financing an, in welcher sich die Kleinanleger an irgendwelchen Firmen oder Ideen beteiligen können. Ich frage mich nur, wie diese Kleinfirmen mit keiner entsprechenden Finanzlogistik, die beispielsweise  ein Kapital von € 100.000 über jeweilige Anteile von  € 100,-, also über  rd. 1.000 Anleger einsammeln, diese 1.000 Anleger über die Geschäftslage zeitnah informieren wollen und können. Man muss eher befürchten, dass diese Informationskosten zu einem erheblichen Teil das eingesammelte Kapital von  € 100.000 aufbrauchen und somit der Erfolg dieses jungen Unternehmens gefährdet ist. Nicht vergessen werden dürfen hierbei die Gebühren der vermittelnden Plattformen (Makler), welche nicht unerheblich sind und daran sehr gut verdienen.

Man kann daher jeden möglichen Crowd-Finanzierer nur empfehlen,  nur solches Geld zu investieren, welches man nicht benötigt. Die Wahrscheinlichkeit, diesen Einsatz zu verlieren ist nahezu bei 100%.

Ein ganz besonderes Grummeln beschleichen  mich die modernen Analysesysteme der Fintechs. Siehe auch hierzu den Beitrag „Robo-Adviser, ein virtueller Ausbeuter der Anleger“ vom 19. April 2015 auf diesem Blog. Hier zählen Geschwindigkeit, ausgeklügelte Algorithmen  und Rechnerkapazität der EDV-Systeme über den Erfolg einer  Anlage, oder anders ausgedrückt, wer über das schnellere front-running-System verfügt und damit praktisch wie ein Insider andere Markteilnehmer benachteiligt, kann den Ertrag für sich verbuchen. Die Masse der Anleger nimmt hier nur die Rolle der Ausnehmenden ein, welche auf solche modernen Analysesysteme vertrauen.

Im Zahlungsverkehr träumt man schon davon, Gelder von smartphone zu smartphone ohne Bank übertragen zu können. Damit würde eine Geldmengenaufblähung entstehen, die jeder steuernden Zentralbank das Grausen bringen würde. Irgendwie ähnelt das den so genannten OTC (over the counter) – Geschäften, den Derivatengeschäften  ohne Einschaltung einer Börse,  welche zu einem extrem aufgeblähte Derivatemarkt geführten und womit ein ungeheuer großes und sehr beunruhigenden Derivatevolumen entstand, welches  zwischenzeitlich das zehnfache Volumen des Welt-BiB von über 600 Billionen US$ eingenommen hat. Jetzt versucht man mühsam über Meldesysteme der Banken, deren Kosten natürlich die Kunden wieder zu tragen haben, diesen Wildwuchs einzudämmen.

Bei aller Sympathie für das Neue, muss man auch hier die Kirche im Dorf lassen und auf der Hut bleiben. Es ist nicht alles Gold was glänzt und es bleibt zu befürchten, dass mit den Produkten der Fintechs die Masse der Anleger nur ausgebeutet werden sollen zwecks Erhöhung der Ertragslage der Finanzindustrie.

Beunruhigend hierbei ist die immer größere Vernetzung alles mit allem und dadurch die größere Durschaubarkeit aller und von allem.

31. Juli 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de