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Non Market Forces und das strukturierte Unwesen. Die Folgen

(Auszüge aus meinem Buch „Die strukturierte Ausbeutung“)

Die Finanzindustrie verfügt nicht nur über exzellente Wahrschein­lichkeits­rech­nungen, sondern auch über erstklassige politische und wirtschaftliche Kontakte, die sich wie eine Krake über die Macht­zentren der Welt stülpen und somit diese Rechner mit weiteren, nicht für jedermann bestimmte Informationen füttern. Man kann diese Kontakte als eine Art „back-up“ (Absicherung) der Wahrscheinlich­keitsrechnungen bezeichnen, sollten so genannte non-mar­ket-forces, womit die Politiker und in den meisten Fällen deren nicht ausgeprägter wirt­schafts­politische Sachverstand gemeint ist, die Marktgesetzte über den Haufen werfen, bzw. außer Kraft setzen. Man könnte dieses Back-up auch als eine Art weiteres Insiderwissen bezeichnen.

In dieser Phase befinden wir uns seit 2011 im Zuge der Euro-Schuldenkrise, in der die Politik und die EZB nebst FED völlig gegen die Marktgesetze entscheiden, bzw. entschieden haben, ungesunde Wirtschaftsrelationen damit entstanden sind, die irgendwann ein­mal kollabieren müssen und so sicher wie das Amen in der Kirche zum nächsten Finanzcrash führen werden. Selbst die privaten deutschen Banken befürchten deshalb eine neue Finanzkrise, sollte die Geldschwemme der vom Club Med angeführten EZB, dem der Italiener und Investmentbanker Draghi vorsteht, noch lange anhalten.

Diese „Beziehungskisten“ sind für beide Seiten von elementarer Bedeutung. Die Staaten benötigen die Banken zur Deckung ihrer Finanzierungswünsche und die Banken die Politik, um zum einen in Schieflagen gerettet zu werden und zum anderen strukturelle Dinge intelligent vorbereiten zu können zwecks Verbesserung  der Ertragsmöglichkeiten, allerdings auf dem Risikorücken der Anleger und Bürger. Die in der Vergangenheit genehmigte Verdrehung der Eigenkapitaldarstellung in der Darstellung des harten Kernkapitals (siehe Beitrag „Kernkapital der Banken“ vom 27.11.2014), welches in der Realwirtschaft undenkbar ist und nur dem Zweck diente, Staatsanleihen auf die Bankbilanz nehmen zu können ohne Anrechnung auf die Eigenkapitalunterlegung, ist eines der vielen Indizien für diesen Zustand.

Anderes Beispiel ist die Abschaffung der Steuerfreiheit bei der Auszahlung der fälligen Kapitallebensversicherungen, welche bis dato einen wichtigen Baustein für die Altersvorsorge darstellten. Diese hat man ersetzt durch die diversen Vorsorgeprogramme mit der Bezeichnung  Riester- oder Rürup. Damit hat man der Versicherungswirtschaft und damit auch den Banken neue Möglichkeiten von Provisions- und Gebühreneinahmen beschert, welche in den meisten Fällen die groß herausgestellten Steuervergünstigen mehr als aufgefressen haben.

Ich habe mir mehrmals die Mühe gemacht, solche Vorsorge­angebote mit ganz normalen Sparverträgen mit gleicher Laufzeit und gleichen Sparleistungen, aber ohne staatliche Zuschüsse, zu vergleichen (über Excel ganz leicht nachzuvollziehen bei Beherrschung der simplen Zinsformel). Das Ergebnis ist nieder­schmetternd. Ein solcher Sparvertrag wäre deutlich günstiger gegenüber dem Vorsorgeprodukt auch inkl. der „versprochenen“ Überschüsse, man käme sogar auf ein höheres Endkapital und könnte den Rest ohne Abzüge für die Banken und Versicherungen weiter vererben. Diese Vergleichsrechnungen hatte ich vor zwei Jahren aufgestellt, durch die unser Finanzsystem auf den Kopf stellenden Niedrig- bzw. Negativverzinsung sieht es noch schlechter aus.

Somit sind diese Programme mit Unterstützung der Politik eine hohe Einkommensquelle für die gesamte Finanzindustrie, zumal der propagierte Nutzen für den Sparer erst in 20 oder 30 Jahren offensichtlich wird, die Verkäufer dieser Produkte gibt es dann vermutlich nicht mehr und keiner kann zur Verantwortung gezogen werden. Bisherige Erfahrungen mit abgelaufenen Lebensversicherungen, deren Auszahlungsbeträge bei Weitem nicht den Versprechungen bei Abschluss des Vertrages entsprachen (auch schon vor der jetzigen Niedrigzinsphase), teil­weise sogar noch geringer sind, als die geleisteten Einzahlungen insgesamt, lassen Schlimmes befürchten.

Warum überlässt man dem Bürger nicht selbst, in welche Anlage­form er vorsorgen möchte. Warum haben immer nur die Finanz­produkte der Finanzindustrie steuerliche Anreize. Warum wird ein simpler und vor allem sehr langfristiger Sparvertrag nicht ebenfalls gefördert? Die Frage ist schnell beantwortet: Daran verdient die Finanzindustrie nichts.

Dieser  Trend führt mit dem Segen der Staaten unweigerlich zu einer weiter an­steigenden Produktion von strukturierten Finanzprodukten und damit zu Luftnummern mit hohem Ertragspotenzial für die Finanz­industrie, die unverändert in den Markt bewusst geschwemmt werden. Dieser Markt wird dadurch immer größer und unüber­schaubarer und stellt damit das Kerosin für die Finanzindustrie dar. Sein Geld vernünftig in direkte und transparente Anlagen zu in­vestieren ist kaum mehr möglich, da diese entweder von den Fondsgesellschaften und nunmehr von Herrn Draghi immer mehr absorbiert werden oder nicht das Ertragspotenzial für die Finanzindustrie beinhalten. Analysiert man die aktuellen Wertpapierdepots bei allen Banken, so fällt einem die hohe Anzahl der strukturierten Finanzprodukte unvermindert auf und die Tendenz, diese nur noch anzubieten, ist stark steigend.

Das System, wie es dazu kommt ist perfide und baut auf die Un­wissenheit der Anleger auf, die ihr Geld nicht mit Geldgeschäften verdient haben und somit kaum die Funktion und die Risiken eines strukturierten Finanzproduktes kennen, ja nicht einmal wissen wie sich dieses und jenes strukturierte Finanzprodukt zusammensetzt und welche Risiken sich daraus ergeben. Das kann man ihnen auch nicht verdenken, zumal fast täglich neue strukturierte Finanz­produkte auf dem Markt erscheinen, die selbst die verkaufenden Finanzindustriellen an der Verkaufsfront nicht mehr verstehen.

Diese Umstände und die damals schon gemachten negativen Erfahrungen veranlassten mich im Januar 2007, Herrn Jochen Sanio, damaliger Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienst­leistungen (BAFIN) diese Erfahrungen in einem Schreiben zur Kenntnis zu bringen. Mein Vorschlag war daher, folgenden fett gedruckten und nicht übersehbaren Hinweis am Anfang des Ver­kaufsprospektes eines strukturierten Finanzproduktes anzubringen (wie bei den Zigaretten auf deren Schachteln):

„DIESES FINANZPRODUKT GEFÄHRDET IHRE VERMÖGENSSUBSTANZ“

Damit hätte man den Anleger explizit auf die Gefährdung seiner Vermögenssubstanz mit diesem Finanzprodukt hingewiesen und diesen Hinweis nicht versteckt auf Seite xy irgendwo im Verkaufs­prospekt nachlesen müssen. Außerdem wäre es den Verkäufern immer schwerer gefallen, solche Produkte an den Mann zu bringen.

Zwei Monate später erhielt ich dann im März 2007 von einem Assistenten den Hinweis auf das Wertpapierprospekt, dessen Bestimmungen seit dem 1.7.2005 gelten und angeblich die Anforderungen erheblich erhöht hätten. Außerdem würde die Um­setzung der MIFID (Markets Financial Instruments Directive, auf Deutsch „Finanzmarktrichtlinie“ > Richtlinie der EU zur Harmonisierung der Finanzmärkte im europäischen Binnenland) weitere regulatorische Vorgaben mit sich bringen.

Des Weiteren wies er darauf hin, dass im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2004/­39/­EG vom 21.4.2004 über Märkte für Finanz­instrumente zudem die Verordnung zur Konkretisierung des Wert­papierhandelsgesetzes (WPHG) erstmals materielle Vorschriften über Werbung enthalten seien, deren Einhaltung von der BaFin überwacht werden würde.

Hauptziel der BaFin wäre es, „im öffentlichen Interesse ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. Bankkunden, Versicherte und Anleger sollen dem Finanzsystem als Ganzem vertrauen können. Im Rahmen ihrer Solvenzaufsicht sichert die BaFin die Zahlungsfähigkeit von Banken, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen. Durch Ihre Marktaufsicht setzt die BaFin zudem Verhaltens­stan­dards durch, die grundlegende Interessen der Anleger schützen sollen“.

Was fällt einem zu dieser Aussage nur ein? Alle diese Vorschriften taugen nichts, die Finanzkrise ließ dies offensichtlich werden.

Und die Krone des Ganzen war sein Hinweis, dass auch die Industrie bemüht sei (?), die Transparenz zu verbessern. So hätte das Derivate Forum – eine Interessengemeinschaft von 8 Emissions­banken (ABN-Amro Bank, BNP-Pari­bas, Deutsche Bank, Dresdner Bank, DZ-Bank, HVB, Goldman-Sachs, Oppenheim, West-LB) vor wenigen Wochen einen Derivate Kodex vorgestellt, der als frei­willige Selbstverpflichtung Mindeststandards für die Strukturierung, Emission, Vertrieb, Marketing und Handel derivater Wertpapiere formuliert.

In diesem Kodex wird auf die freiwillige Selbstverpflichtung bezüg­lich Mindeststandards für Strukturierung, Emission und Vertrieb etc. gesetzt. Unter Punkt 4 des Kodexes heißt es.“ Die Preisbildung voll­zieht sich im freien Wettbewerb zwischen den Emittenten nach den Kriterien der modernen Finanzmarkttheorie (da haben wir wieder die mathematischen Wahrscheinlichkeits-rechnungen) und beruht auf unterschiedliche Einflussfaktoren“. Übersetzt bedeutet das, dass ein Anleger ein Finanzmathematiker sein muss, um ein Derivat zu verstehen.

In der Pharmaindustrie gibt es keine solchen freiwilligen Ver­pflichtungen  oder ehrenrührige Kodexe, welche die Arzneimittelkontrolle überflüssig machen. Sicherlich aus gutem Grund, da man hier den fehlenden Fachkenntnissen der Bürger Rechnung trägt. Es kann ja schließlich nicht jeder Bürger ein Chemiker sein. Auf der Finanzseite unterstellt man aber ein all­umfassendes Wissen der Bürger bis hin zur hohen Finanz­mathematik.

Dieser Kodex sollte damals als Beruhigungspille dienen und der Derivate­­indus­trie weiterhin freie Hand im damals schon hoch komplexen und hoch profitablen Derivategeschäft gewähren. Was kann man auch von den 8 Emissionsbanken anderes erwarten, die zu den damals größten Derivatehändlern gehörten.

Im Nachhinein betrachtet fällt einem auf, dass diese ach so strengen Maßnahmen, Bestimmungen und Kodexe vor der Finanzkrise (beginnend im Sommer 2007 mit der IKB) beschlossen worden waren, die Finanzkrise aber nicht verhindern konnten. Letztlich waren diese Kodexe nichts wert und nur Schall und Rauch, was die hohen Strafzahlungen der letzten Jahre deutlich belegen.

Diese Ausführungen des BaFin-Beamten zeigten mir aber auch, dass die Grundlage hierfür sicherlich keine praktischen Erfahrungen mit der von mir beschriebenen Problematik waren. Da hat ein Beamter ohne praktische Erfahrungen und mit hoher Ignoranz geantwortet.

Anderes Beispiel: Vor der Finanzkrise fiel mir auf, dass die hoch gelobten Geldmarktfonds immer mehr aus Renditegesichtspunkten mit CDS-Papieren und ähnlichem strukturierten Krimskrams zersetzt wurden. Dieser Umstand veranlasste mich dazu, die Bafin auf diesen risikoreichen Umstand hinzuweisen.

Die Antwort war wieder ernüchternd und lautete nach der Belehrung, wie diese Fondsstruktur aussah, etwa einen Monat später wie folgt:

„Ich (Dr. … von der BaFin) weise darauf hin, dass die Vertriebs­berechtigung lediglich bedeutet, dass der betreffende Fonds bei mir seine Unterlagen eingereicht hat und in den öffentlichen Vertrieb seiner Anteile in Deutschland nicht untersagt habe, da die im Investmentgesetz (InvG) hierfür vorgesehenen Vertriebsvoraus­setzungen erfüllt waren. Die vertriebsberechtigten ausländischen richtlinienkonformen Investmentfonds unterliegen in materieller Hinsicht aber nicht meiner Aufsicht, so sind beispielsweise umfassende Prüfungen ausländischer richtlinienkonformer Invest­mentfonds, insbesondere bezüglich der Gebührenpolitik, Anlage­politik, Bonität oder Werthaltigkeit des Fondsvermögens im InvG nicht vorgesehen und werden dementsprechend von der Bundes­anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auch nicht durch­geführt.
Vielmehr bestehen die Aufgaben der BaFin nach dem InVg im Wesentlichen darin, darauf zu achten, dass die für den öffentlichen Vertrieb ausländischer Investmentanteile in der Bundesrepublik Deutschland vorgegebenen gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt und beachtet sind.

Die materielle Aufsicht über einen ausländischen Investmentfonds erfolgt im jeweiligen Herkunftsland nach den dort geltenden nationalen Rechtsvorschriften.“

Viele Investmentfonds haben und hatten ihren Sitz in Luxemburg, welches in den letzten Monaten Schlagzeilen bezüglich der eklatanten Steuersparmodellen zu Lasten der übrigen Euroländer machten. Ob dort eine strenge Risikokontrolle durchgeführt wurde und wird, wäre nachzugehen.

Wenn das kein Freibrief zur eigenen Gestaltung des Risikos und der Gebühren war? Mit anderen Worten, die BaFin prüft nicht die Boni­tät des ausländischen Investmentfonds und der darin befindlichen Papiere, ebenso wenig die jeweilige Gebührenpolitik.

Die Folgen während der Finanzkrise waren dann diverse Insolvenzen von Unternehmen, deren Kreditrisiken über die CDS- Papiere auf die Investoren und damit die Geldmarktfonds übergegangen waren, womit deren Renditen abstürzten, bzw. bei einigen sogar ins Minus abfielen.

Die Einführung der Finanztransaktionssteuer zeigt mir im Übrigen, dass die Politik die wahren Ursachen der Finanzkrise immer noch nicht begriffen hat. Es werden alle möglichen Gründe hierfür vor­geschoben, der eigentliche Grund ist aber die Einnahmequelle für den Staat. Herr Dr. Schäuble rechnet mit einigen Milliarden an Steuereinnahmen, die er nicht zurücklegen, sondern in den überschuldeten Haushalt einfließen lassen wird.

Außerdem schädigt man mit dieser Steuer wiederum den Steuer­zahler, der vorsorgt oder spart. Diesbezügliche Kalkulationen haben ergeben, dass damit die Renten auf Basis einer privaten Vorsorge eine deutliche Schmälerung erfahren werden. Die Banken werden diese Steuer nicht selber tragen, sondern einfach an die Anleger weiter reichen. Die derzeit bei allen Banken zu beobachtenden Gebührenerhöhungen auf breiter  Front belegen das.

Die strukturierten Finanzprodukte und nicht auf die Realwirtschaft bezogenen Derivate eröffnen den hochintelligenten und teilweise kriminellen Akteuren auf dem Finanzmarkt, und Beispiele der Vergangenheit belegen dies eindeutig, alle Möglichkeiten, um Volkswirtschaften und damit deren Bürger massiv zu schaden. Die Ergebnisse dieser Machenschaften sind bekannt und haben in der Finanzkrise ihren Anfang genommen und setzen sich unvermindert fort. Diese Produkte sind genauso schädlich wie Rauschgift und zersetzen sukzessive das Volksvermögen, die Ersparnisse und künftige Renten der Bürger, bzw. konzentrieren ein unermesslich hohes Vermögen auf nur wenige Personen, die sich dann in den Jet-Set-Zentren dieser Welt auf ihren dicken Millionen-Yachten eines ins Fäustchen lachen.

Der Politik muss man nicht unbedingt den guten Willen, die durch die Finanz­krise offenbar gewordenen Auswüchse zu unterbinden, unterstellen. Man kuriert derzeit nur an den Symptomen herum und hat den eigentlichen Kern des Übels noch nicht ent­deckt oder will ihn nicht entdecken, da eigene hohe Interessen dem entgegenstehen. Das ist auch kein Wunder, zählen doch die Hauptnutz­nießer dieser Krise, die Investmentbanken, unverändert zu den Beratern der Politik.

Diese Ursache liegt  in dem künst­lich aufgeblähten Markt der strukturierten Finanzprodukte, deren Anzahl von Tag zu Tag immer größer, mit Derivaten in unzähligen Ausprägungen noch ergänzt und dadurch immer unüberschaubarer wird und somit zu einer weiter ansteigenden Handelsvolumina, einem die Ethik auffressendem Monster mutiert.

Allein die höheren Eigenkapitalanforderungen an die Banken über Basel III werden die Kreditverbriefungen zwecks Entlastung der Bilanz und damit Steigerung der Eigenkapitalquote immens nach oben treiben und den Markt mit weiteren intransparenten Finanz­produkten beliefern. Der Abbau der Bad-Banks , bzw. das geheimnisvolle Verschwinden von deren toxischer Wertpapiere muss sehr beunruhigen

Dieser rasante Anstieg der Kreditverbriefungen wird unvermeidlich das Handelsvolumen der strukturierten Ausbeutungsprodukte immer mehr erhöhen, denn irgendein Marktteilnehmer muss sie ja schließlich kaufen und irgendein Händler muss sie andererseits an den Mann bringen und will daran mit seiner Bank verdienen. Und dann kommen noch die diversen Vertriebseinheiten irgendwelcher Banken und Vertriebskolonnen hinzu, die auch noch daran ver­dienen wollen. Somit werden immer mehr hoch spezialisierte Händler und „Vertriebsspezialisten“ einen Arbeitsplatz finden und diese werden je nach Qualifikation immer hoch bezahlt bleiben, da kann sich die liebe Bürgerseele drehen und wenden wie sie will.

Und schon sind wir bei den Boni, ein unsägliches Reiz­wort, auch für mich. Diese einzudämmen, wie  von der EU-Kommission vorgeschlagen und beschlossen, ist zwar ehrenrührig, dürfte aber nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen. Es ist zum einen fraglich, ob die Engländer mitmachen und zum anderen ob die Amerikaner und viele andere in der Welt verstreuten Handels­zentren diesem Beispiel folgen werden. Sicherlich, einmal muss der Anfang gemacht werden, jedoch wird das menschliche Gewinnstreben gepaart mit dem menschlichen Ideenreichtum, Regeln zu umgehen, diesem Vorhaben schnell ein Ende setzen.

Dann wird eben woanders dieses riesige und immer weiter wachsende Volumen gehandelt, sei es in New York, Dubai, Singapur oder sonst wo auf irgendeinem Archipel. Die lachen sich eher eins in Fäustchen und werden dort die Handelsräume und die Rechner­kapazitäten noch mehr erweitern und damit noch mehr Macht auf unser good old Europe/­Germany ausüben, bzw. uns vorschreiben, was richtig oder falsch ist.

In Dubai zum Beispiel gibt es das Dubai Financial Center, einem eigenen Distrikt (dort steht auch der Bursj Khalifa, das derzeit höchste Hochhaus der Welt), in welchem neu angesiedelte Unternehmen in den ersten fünf Jahren keine Steuern zahlen müssen und dem juristischen Rahmen des angelsächsischen Rechts unterliegen. Dort und in vielen anderen ähnlich gelagerten Standorten werden künftig diese Herren sitzen und mit der ganzen Welt verdrahtet ihre (unlauteren) Geschäfte weiter betreiben. Sie hätten dann sogar noch den Vorteil, dass ihre Boni in diesen Staaten deutlich weniger oder gar nicht besteuert würden als in der EU.

Diverse Call-Center, zu­ständig für deutsche Kunden diverser Unternehmen sitzen jetzt aus Kostengründen schon in Indien & Co. und keiner merkt es.

Ich möchte auch nicht ausschließen, dass diese Maßnahmen zur Gründung vieler weiterer Hedgefonds führen werden, bei denen die einstigen Händler plötzlich als Partner oder Gesellschafter auf­treten und somit den erzielten Gewinn als Gewinnausschüttung (in Deutschland zum verminderten Steuersatz, da als Dividende =Abgeltungssteuer = 25 % + Kirchensteuer + Soli­zu­schlag) verein­nahmen können. Es würde mich dann auch nicht wundern, wenn Herr Anju Jain als solcher die Deutsche Bank verlassen würde und damit auch seine gesamte Truppe von Investmentbankern.

Ebenso verhält es sich mit dem Hochfrequenzhandel. Der wird mit solch ansteigendem Volumen noch weiter befeuert. Die Regulierungsmaßnahmen der deutschen Bundesregierung, von Herrn Klaus-Peter Flosbach im deutschen Bundestag ganz stolz als einzigartig und als erstmals weltweit reguliert bezeichnet, werden genauso wie das Thema Boni ins Leere laufen und auch hier in anderen Handelszentren wieder die Champagnerkorken knallen lassen. Maschinen und Computer können ruckzuck woanders domiziliert werden und von dort aus ihre Programme abspulen. Die Frage wird dann nur sein, ob die europäischen Börsen auf Dauer noch eine wichtige Rolle auf den Finanzmärkten spielen. Es bleibt zu befürchten, dass an Handelsplätzen mit keinen solchen Restriktionen auch die Börsen eine wachsende Bedeutung be­kommen werden, eben befeuert durch die Verlagerung dieses automatisierten Wertpapierhandels.

Was ist nun der richtige Weg?

Das Grundübel dieser Entwicklung ist die riesige Handelsvolumina an Wertpapieren, die ihren Anfang mit der Verbriefung von Risiken aller Art, hauptsächlich von Kreditrisiken, und deren Weiterverkauf, versetzt mit weiteren Strukturierungen und Derivaten, die dann wieder „gehedgt“ (abgesichert) werden müssen, denen dann weitere Hedging-Maßnahmen folgen usw. usw. Dieses Thema ist somit eine unendliche sich ständig multiplizierende Geschichte und gehört einfach unterbrochen, abgeschafft und letztlich verboten. Schädliches Rauschgift steht schließlich auch aus gutem Grund auf der Verbotsliste.

Dieser fromme Wunsch wird ein frommer Wunsch bleiben. Aber vielleicht hilft die Pflichtveröffentlichung der Ergebnisse der Wahr­scheinlichkeits­rech­nungen, die der Anlass für die strukturierten Finanzprodukte waren. Aber auch hier wäre Skepsis angebracht. Wer überprüft dann, ob diese Analyse die wirklich Ausschlag gebende war.

Bankkredite sollten in den Kredit vergebenden Banken verbleiben und nicht wie Kartoffeln auf dem Markt herumgereicht werden dürfen. Banken würden dadurch die Kreditvergabe professioneller angehen und wären nicht versucht, schlechte Risiken als gute an die nicht informierten Anleger zu verkaufen, so wie es mit den „Subprimes“ geschah. Damit wären auch die hohen Eigenkapital­anforderungen nicht in dem Maße erforderlich, die sich zudem in der Berichterstattung der Banken nur auf die „harte Kernkapitalquote“ unter Weglassung der (fraglichen) risikolosen Aktiva (Vermögenswerte) bezieht. In früheren Zeiten ging es auch und das ganz gut mit der bekannten und niedrigeren Eigenkapitalquote, gerechnet auf die volle Bilanzsumme.

Damit würde auch das weltweit äußerst gefährlich aufgeblähte Derivate­vo­lumen sukzessive zurückgeführt werden und hielte dann

– allerdings nur nach deren langfristig erfolgter Dezimierung und Beschränkung auf die Realwirtschaft –

nicht mehr dieses gefährliche Damoklesschwert über unser aller Vermögen wie derzeit.

Nicht ohne Grund warnen seit Jahren hoch angesehene Wirtschafts­wissen­schaft­ler vor den Auswirkungen dieser hoch gefährlichen Derivate.

Dieser Ratschlag ist einfach, aber sehr wesentlich. Die Finanz­geschäfte müssen einfacher, transparenter und wieder seriöser werden. Den Wertpapierhandel wird man nicht abschaffen können und das wäre letztlich auch äußerst schädlich. Das hohe Volumen und die damit einhergehende hohe Intransparenz ist es aber und das muss dringend gekappt werden. Insofern sollte die Regulierung der Märkte auf die Eindämmung der immer höher werdenden Handelsvolumina und damit strenge Regulierung der Kreditverbriefungen abzielen.

Dieser harte Einschnitt ist dringend vonnöten, sonst erhöht sich dieser Kreislauf immer mehr und wird unweigerlich zu einem weiteren Zusammenbruch der Finanzmärkte führen. Wenn dann die Bürger merken, dass ihre Renten und Ersparnisse verzockt worden oder im Derivatesumpf auf nur wenige Personen übergegangen sind, dürften Unruhen nicht ausbleiben, Pogrome gegen die Banker werden die Folge sein. 2008 in Großbritannien und in 2012 und 2013 in Griechenland sind schon die ersten Vorboten.

Herr Julius Bär vom Privat-Bankhaus Bär in der Schweiz hat in seinem Buch „Seid umschlungen Millionen“ die hohen Gehälter der Finanzindustrie (die nur über die unlauteren strukturierten Finanz­produkte erzielt werden können = Anmerkung des Verfassers), als Aufruf zur Revolution betitelt. Diese hat es aber immer dann ge­geben, wenn die einen zu viel und die anderen zu wenig hatten.

14. Mai 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Künftige Bankenabwicklung ohne Steuerzahlerbelastung? Ein Märchen !

Die Politik versucht europaweit den Steuerzahlern zu suggerieren, dass bei künftigen Bankenschieflagen der Steuerzahler nicht mehr zur Kasse gebeten werden soll. Zu diesem Zweck wurden diverse Institutionen und Mechnismen geschaffen, um solche das Finanzsystem gefährdende Schieflagen vermeiden zu können.

Einer dieser Mechanismen, der einheitliche Bankenabwicklungsmechanismus, umfasst grundsätzlich die Großbanken, die ab Herbst 2014 im einheitlichen Aufsichtsmechanismus unter die Aufsicht der EZB gestellt wurden. Die Anzahl der von EZB beaufsichtigten Großbanken beläuft sich auf 120 (Stand Mai 2015). Die anderen Institute, darunter in Deutschland die Mehrzahl der Sparkassen und Volksbanken und alle Banken der EU in Nicht-Euro-Staaten, werden im Ernstfall von nationalen Behörden nach den einheitlichen Regeln der Abwicklungsrichtlinie abgewickelt. Der SRM gilt somit nur für die Staaten der Eurozone; Nicht-Euro-Staaten können sich aber freiwillig beteiligen.

Der SRM besteht aus dem einheitlichen Abwicklungsgremium (Single Resolution Board, SRB) und dem einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF), welcher die .von den Banken eingeforderten Abgaben verwaltet. Dieser Fond soll sukzessive eine Volumen von € 55 Milliarden einnehmen.

Zu erwähnen wäre hierbei noch, dass eine weitere Abgabe, die Finanztransaktionssteuer, dazu beitragen soll, dass bei nationalen Bankinsolvenzen Geldmittel zur Verfügung stehen, damit die Steuerzahler hierfür nicht mehr in Anspruch genommen werden müssen. Hierbei wird allerdings vergessen, dass damit die leistungsfähigen Steuerzahler – somit auch Steuerzahler – im Vorgriff auf ein solch mögliches Ereignis schon in Anspruch genommen werden. Diese Mittel fließen nach meinen Informationen direkt in den Staatshaushalt, werden somit nicht separiert angelegt und müssen bei Bedarf dem Staatshaushalt wieder entzogen werden. Sollte das Ausgabeverhalten der dann regierenden Administration diese Mittel für andere Zwecke schon verplant haben, würde das entweder eine höhere Schuldenaufnahme für den Staat oder die beliebte Steuererhöhung bedeuten. So oder so wird der Steuerzahler damit in Anspruch genommen und das bereits im Vorfeld dessen.

Das Abwicklungsgremium (Single Resulution Board = SRB) mit Sitz in Brüssel entscheidet über die Verwendung der Mittel des Fonds; der Einsatz der Mittel ist bedingt an die ordnungsgemässe Abwicklung einer betroffenen Bank nach den Grundsätzen der europäischen Abwicklungsrichtlinie unter Aufsicht des SRB. Das SRB setzt sich aus einem Exekutivdirektor, Frau Elke König (davor Chefin der Bafin), dessen Stellvertreter (Timo Löyttyniemi), vier hauptamtlichen Mitgliedern und Vertretern der nationalen Abwicklungsbehörden zusammen.

Der vom SRF verwaltete Fond soll sukzessive eine Volumen von € 55 Milliarden einnehmen. Wie diese gewaltige Summe aber in dieser für Anleger aufgrund der von Herrn Draghi geschaffenen äußerst mageren Anlagemöglichkeiten angelegt werden soll, konnte ich nirgendwo beantwortet bekommen.

Ich bat deshalb Frau König, mir bei der Beantwortung dieser Frage behilflich zu sein. Gleichzeitig bat ich in Ihrer Eigenschaft als frühere Bafin-Chefin um Beantwortung diverser in diesem Zusammenhang stehenden offenen Fragen und zwar wie folgt:

Frage 1:

Gemäß den Pressenotizen, zuletzt im Handelsblatt vom 7. April 2014, soll die Behörde mit Mitteln in Höhe € 55 Milliarden ausgestattet werden, um die in Not geratenen Banken aus der Bredouille zu helfen. In welcher Form werden diese Mittel angelegt, da ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie diese einfach in den Tresor legen?

Frage 2:

Diese Mittel sollen die europäischen Banken aufbringen/ abgeben. Warum glauben Sie, dass diese Mittel nur die Banken und nicht die Steuerzahler aufbringen?

Aufgrund meiner Tätigkeit als Family Officer“ und interimistischer Treasurer bei mittelständischen Unternehmen beobachte ich derzeit auf breiter Front eine Erhöhung der Konditionen, Gebühren und Abgaben bei allen Banken, welche diese mit der sehr aufwändigen Regulierung aus Brüssel kommentieren. Damit erhärtet sich der Verdacht, dass nicht die Banken diese Abgaben bezahlen, sondern alle Bankkunden und damit wiederum der Steuerzahler und zwar auf breiter Front.

Frage 3:

Sie hatten im Herbst letzten Jahres als Chefin der Bafin in einer Pressekonferenz verlauten lassen, dass die Bafin nicht genau wisse, wohin die Assets der Bad Banks in Deutschland verkauft worden sind. Zu dieser Zeit fand der Stresstest der Banken statt, wodurch die Bafin eigentlich sehr genau hätte wissen müssen, wohin diese giftigen Papiere gegangen sind.

Eine Landesbank warb sogar mit dem Slogan „ Tue Gutes und rede darüber“, nachdem sie Ihre Bad Bank mit einer Bilanzsumme von € 96 Milliarden auf € 3 Milliarden abbauen konnte. Die Kundenbetreuer dieser Landesbank konnten mir jedoch nicht die Käufer dieser Papiere nennen.

Entweder war dieser Stresstest keiner und sollte nur als Beruhigungspille für die Steuerzahler / Bankkunden usw. dienen (Bericht darüber wurde immer noch nicht veröffentlicht) oder Sie wissen ganz genau und dann noch mit dem Segen der Aufsichtsbehörden, wohin diese Papiere gegangen sind.

Daher noch einmal die Frage an Sie, ob Sie mir sagen können, wohin diese Giftpapiere gegangen sind?

Frage 4:

Vergleicht man die jeweilige Bilanzsumme der 5 Bad Banks mit dem Eigenkapital der jeweiligen Mutterbank, so war diese Bilanzsumme jeweils wesentlich höher, als das jeweilige Eigenkapital dieser Mutterbanken. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass diese 5 Banken (Deutsche Bank, Commerzbank, HSH Nordbank, LBBW, BayernLB) bei Wertberichtigung dieser Assets Insolvenz hätten anmelden müssen. War die Bildung der Bad Banks mit dem Segen der Aufsichtsbehörden eine Insolvenzverschleppung?

Frage 5:

Wenn ein Produzent eine mangelhafte Ware liefert, muss der Produzent diese entweder reparieren oder wieder zurück nehmen.

Warum konnten die europäischen Banken diesen aus den USA und Großbritannien produzierten Anlagedreck (bitte um Nachsicht für den Ausdruck) nicht wieder an diese Produzenten zurückgeben?

Als Antwort erhielt ich vermutlich von einem Assistenten von Frau König folgende Antwort:

„Der Ausschuss für die einheitliche Abwicklung (SRB) hat dafür Sorge zu tragen, dass der einheitliche Abwicklungsmechanismus für Banken  gemäß der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 (SRM Verordnung) wirkungsvoll und einheitlich funktioniert. Er ist im Rahmen der SRM Verordnung unter anderem zuständig für die Erstellung von Abwicklungsplänen und, nach vollständiger Anwendbarkeit der SRM Verordnung am 1. Januar 2016, für Beschlüsse im Zusammenhang mit der Abwicklung von einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassenener und gemischter Finanzholdinggesellschaften in Sinne Artikel 2 der SRM Verordnung.

Die SRM Verordnung enthält ein detailliertes System  für die Finanzierung des einheitlichen Abwicklungsfonds, an welches der SRB gebunden ist. Der von der SRM Verordnung  vorgegebene Zuständigkeitsbereich des SRB umfasst nicht auch die Erteilung von Auskünften zu Vorgängen bei nationalen Aufsichtsbehörden oder einzelnen Instituten. Auch allgemeine Auskünfte zum Umgang mit Anlageprodukten oder rechtliche Möglichkeiten in diesem Zusammenhang gehören nicht zum Zuständigkeitsbereich des SRB.“

Fazit:

Keine einzige Frage wurde beantwortet.

Es wird auf Zuständigkeiten verwiesen. Man mauert.

Ich kann nur hoffen, dass diese Mittel alle gut angelegt sind und nicht in Risiko behaftete Staatsanleihen, strukturierte Finanzprodukte oder in fragwürdige Derivate oder letztlich in den Brüsseler Haushalt einfließt. Allein mir fehlt der Glaube.

Anstatt die Ursachen dieser unglücklichen Entwicklung, nämlichen die strukturierten Finanzprodukte und Derivate sukzessive aus den Verkehr zu ziehen, werden diese noch weiter und verstärkt unter die Leute gebracht und dienen sogar den Administrationen der jeweiligen Länder, die Ausbeutung der Bürger noch weiter fortzusetzen.

Der Steuerzahler wird daher unvermindert zur Kasse gebeten und gebeten werden. Dass dies künftig nicht mehr der Fall sein wird, ist ein cleverer Marketing-Gag und gehört in den Bereich Märchen.

10. Mai 2015

Elmar Emde

Autor des Buches „Die strukturierte Ausbeutung“

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Betrug jetzt börsenreif?

Die Finanzindustrie hat sich mit dem Erscheinen des Investmentbankings, welches durch die enorme Entwicklung auf dem EDV-Sektor sehr stark befeuert und begünstigt wurde, in Regionen begeben, die man schon als kriminell bezeichnen kann. Mittlerweile mussten viele Groß- und Investmentbanken deswegen horrende Strafzahlungen leisten, welche einen Gesamtbetrag im hohen zweistelligen Milliardenbereich einnehmen. Weitere hohe Zahlungen aufgrund der laufenden Ermittlungsverfahren stehen noch aus. Leidtragende dieser Entwicklung sind rd. 90 % der jeweiligen Bankbelegschaft, welche seriöses und der Realwirtschaft nützliches Banking betreiben.

Eine beunruhigende Entwicklung nimmt hierbei die nicht mehr zu bremsende Computerisierung der Börsen und damit auch deren Anfälligkeit gegenüber Hackern und den Hochfrequenzhändlern ein. In meinem Beitrag „Hochfrequenzhandel + Dark Pools = Kundenmolkerei“ vom 25.1.2015 wurde kritisch die Funktionsweise des Hochfrequenzhandels  analysiert, insbesondere das damit möglich front-running beschrieben, welches letztlich zu einer grundsätzlichen Benachteiligung der Käufer und Verkäufer von Wertpapieren führt. Unverständlicherweise betrachtet dies die SEC als liquiditätsfördernde Maßnahme. Ich betrachte dieses technische front-running als illegal und kriminell und ist dem Tatbestand des Insider-Wissens gleichzustellen.

Erst kürzlich fand sogar ein US-Hochfrequenzhändler, die Firma Virtu Financial, den Weg zur Börse. Mittlerweile liegt der Börsenkurs aufgrund einer hohen Nachfrage derzeit 20% über dem Ausgabepreis. Selbst Kritiker des Hochfrequenzhandels wie die große Fondsgesellschaft T.Rowe Price soll sich nach Medienberichten einen Stück dieses IPO-Kuchens gesichert haben. Bei Virtu Financial soll es sich angeblich um einen guten Spezies seiner Art handeln bzw. um einen Makler, welcher zahllose Wertpapiere kauft und verkauft, um von den Spannen zwischen Angebots- und Nachfragekursen zu profitieren. Ähnliches funktioniert aber auch beim front-running.

Interessant wäre jedoch die Frage, wie man bei den zahllosen Deals, welche ein Hochfrequenzhändler in der Sekunde abwickeln kann, Presseberichte sprechen von bis zu 4.000 + x in der Sekunde, den guten und den illegalen Hochfrequenzhandel herausfiltern kann? Meines Erachtens ist das ein unmögliches Unterfangen!

So bleibt letztlich der Verdacht, dass auch hier Geschäfte betrieben werden, welche in das Zerrbild eines Bösewichts passen, zumal Virtu Financial seit ihrem Bestehen nur an einem Tag einen Verlust eingefahren haben soll (lt. FAZ v. 25.4.2015), ein typisches Merkmal für ein front-running.

Auch Investmentbanken standen in ihrer Anfangszeit vor etwa 25 Jahren für ein seriöses Geschäftsgebaren und gingen an die Börsen. Die Erkenntnisse der Aufsichtsbehörden seit der Lehmann-Pleite geben aber ein anderes und zum Teil kriminelles Bild wieder, welches durch die hohen und akzeptierten Strafzahlungen unterstrichen wird. Fragt sich nur, wann auch Rauschgift- und Verbrechersyndikate aufgrund ihrer hohen Ertragskraft als börsenreif eingestuft werden.

Hohe Ertragskraft oder anders ausgedrückt hohe Profite lassen die Ethik ins Nirwana verschwinden und begünstigen kriminelle Handlungen. Veränderungsbedarf ist angesagt.

1. Mai 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Deutsche Bank: Eine fragwürdige Vereinigung

Die Deutsche Bank kommt aus den Negativschlagzeilen einfach nicht heraus. Die Zeitungen der vergangenen Tage und heute sind voll von solchen Presseberichten über dieses ehemals so honorige Bankhaus. Würde beispielsweise ein Unbedarfter  den heutigen Bericht in der FAZ mit der Schlagzeile „Grabenkämpfe in der Deutschen Bank“ lesen, könnte er die Einstellung bekommen, dass es sich bei dieser Bank  positiv ausgedrückt um  „eine fragwürdige Vereinigung“ handelt.

Darin wird von der Rekordstrafe wegen Zinsmanipulation über US$ 2,5 Mrd. berichtet, auch dass der Vorstand die Ermittlungen der Aufsichtsbehörden behindert hätte und daher die Strafe so hoch ausgefallen wäre. Hat der Vorstand demnach doch mehr gewusst, als er bisher vorgibt?

Des Weiteren scheinen sich jetzt neue Tatbestände beim Steuerbetrug in Bezug auf den Handel mit CO-Zertifikaten ergeben zu haben, von denen der Co-Vorstand Jain auch gewusst haben soll, was er bisher bestritten hatte. Die strittige Steuererklärung, welche  eigentlich sein Ressort betraf, ließ er aber anscheinend in vorausschauender Vorsicht von seinem Kollegen Fitschen unterzeichnen, welcher damit bisher im Fokus der Ermittlungsbehörden geraten ist.

Im Handelsblatt wird das Vorgehen der Deutsche Bank in Sachen Zinsmanipulation mit „Teure Täuschung“ betitelt. Die Finanzaufseher hätten ein vernichtendes Urteil über die Deutsche Bank gefällt. Das Geldhaus habe in dieser Affäre den Ermittlern irreführende Informationen gegeben und bewusst falsche Angaben gemacht. Die Untersuchung sei verzögert und erschwert, sogar Aufnahmen von Telefongesprächen wären zerstört worden. Insgesamt hätten 29 Mitarbeiter der Deutschen Bank an diesen Manipulationen mitgewirkt. Irgendwie erinnert mich das an einen schlechten Film über die Cosa Nostra.

Bedenkt man dann noch die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft gegen Herrn Fitschen und gegen weitere prominente Vorstandsmitgliedern laufender und ehemaliger Art der Deutsche Bank wegen Prozessbetrug im Falle Kirch und darüber hinaus die über 6.000 anhängigen Rechtsfälle, darunter die Ermittlung wegen Devisenmanipulationen und Goldmanipulationen usw. usw, so kann man schnell zu der Einstellung des o.e. Unbedarften kommen.

Diese genannten Fälle kommen alle aus dem von Herrn Anju Jain verantworten Bereich des Investmentbankings, doch auf wundersame Weise will dieser von all diesen Dingen nichts gewusst haben, gibt sich als Unschuldslamm, obwohl so viele Mitarbeiter dabei involviert waren und in diesem Zusammenhang stets sein Vertrauter Alan Cloete genannt wurde, welcher damals den Geld- und Devisenhandel leitete. Das mag glauben wer will, vermittelbar ist das aber nicht. Man kann gespannt sein, was die weiteren Ermittlungen ergeben.

Letztlich muss man sich fragen, warum sich dieser Mann trotz all dieser Milliarden an Strafzahlungen, die man auch als Beugung des Rechtsstaates bezeichnen kann, auf dem Stuhl des Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank halten kann?

Die erste Antwort könnte lauten: Das Investmentbanking ist so lukrativ und Herr Jain scheint hier ein so besonderes Talent zu haben, dass man auf die Ergebnisse seines Investmentbank-Bereiches einfach nicht verzichten kann. Daraus kann man schließen, dass das Investmentbanking immer noch sehr hohe Erträge abwirft, die deutlich höher sind als die Strafzahlungen. Allerdings machen sich diese Erträge bei den Kunden als Verluste oder entgangene Erträge auf deren Risikorücken bemerkbar. Jeder  Anlagekunde bei der Deutsche Bank braucht sich deshalb nicht wundern, warum er in sein Depot so viele Fonds, Zertifikate und sonstige Mischmasch-Papiere vorfindet. Damit lässt sich außerhalb des Blickfeldes des Anlagekunden wunderbar und sehr viel Geld verdienen.

Die zweite Antwort könnte lauten: Herr Draghi, selbst ein Investmentbanker von Goldman Sachs kommend, befeuert mit seiner Niedrigzinspolitik zudem diesen Bereich, womit die Voraussetzungen für optimale Investmentbankerträge gegeben sind, allerdings eine massive Ausbeutung der Anleger zugunsten der hohen Erträge im Investmentbankings bedeuten. Außerdem ist die EZB zuständig für die Aufsicht solcher Großbanken und nimmt damit auch Einfluss auf deren Geschäftsmodell, welches nach Investmentbanking – Manier des Herrn Draghi nur akzeptabel beim Einfahren von hohen Investmentbank-Erträgen ist. Dass diese hohen Erträge die Kunden der Banken bezahlen müssen, spielt in der Denke der Investmentbanker keine Rolle.

Die dritte Antwort könnte lauten: Sein Aufsichtsratsvorsitzender Achleitner ist selbst ein Investmentbanker bis in die Haarwurzeln, auch von Goldman Sachs kommend, und kann sich ein normales Banking ohne Milliarden-Erträge nicht vorstellen. Darüber hinaus besteht der größte Teil der Führungskräfte der Deutsche Bank bereits aus Investmentbankern und lässt somit ein anderes Banking nicht zu.

Unterstrichen wird diese dritte mögliche Antwort durch den nun beschlossenen Verkauf der Postbank. Man hatte gehofft, die kleinen Anleger auch mit den Mischmasch-Papieren der Investmentbank überschwemmen zu können, was Gott sei Dank nicht wie gewünscht erfolgt ist. Ich kann daher nur hoffen, dass die Postbank zum normalen Banking als Stütze der Realwirtschaft zurückkehrt und nicht ein Teil der Spielwettbanker = Investmentbanker, welche nur mit heißer Luft handeln, wird.

Fazit:

Es zeigt sich mal wieder, dass sich die Deutsche Bank voll in den Fängen der Investmentbanker befindet und diese dieses Bankhaus weiterhin voll und talentiert ausnehmen. Anstatt die erwirtschafteten Erträge in der Bank zu belassen, hatte man diese in der Vergangenheit nahezu voll an diese vermeintlichen „Master of the Universe“ ausgeschüttet. Selbst in den beiden letzten Geschäftsjahren konnte man darauf nicht verzichten, obwohl aufgrund der hohen Rückstellungen für die befürchteten Strafzahlungen aufgrund des Geschäftsgebarens der Investmentbanker das gewohnte Geschäftsergebnis nicht zustande kam. Man war gezwungen für diese talentierten Ausnehmer das Kapital erhöhen.

Der Blick auf das derzeitige Geschäftsgebaren der Deutsche Bank im Anlagebereich, welches nur vom Verkauf der Mischmasch-Papiere / undurchsichtige Risiken lebt, lässt den Schluss zu, dass die Deutsche Bank aus ihren Verfehlungen und mit hohen Strafzahlungen belegten Handlungen der Vergangenheit nichts gelernt hat. Es bleibt zu befürchten, dass beim nächsten Finanzcrash, diese Mischmasch-Papiere ähnlich eingestuft werden müssen wie die bekannten subprime-Wertpapiere. Diese hatten bekanntlich sehr viel Wert bis zur Wertlosigkeit eingebüßt und waren der Deutsche Bank voll auf die Füße gefallen. Weitere Rechtsfälle dürften somit den jetzigen folgen, womit sich eine Branche sehr freuen wird, nämlich die der Juristen.

Unverständlich dabei ist, dass die Bafin sich hier nicht rührt und wie ein Mucksmäuschen diesem äußerst fragwürdigem Treiben zusieht.

Abschließend noch eine Bemerkung. Der Anteil der Investmentbanker an der Gesamtbelegschaft der Deutsche Bank wurde zwischen 5% und 10% beschrieben, er kann auch zwischenzeitlich höher sein. Ich möchte damit die restlichen 90% – 95% oder darunter der Deutsche Bank Belegschaft nicht in Misskredit bringen. Mit diesen habe ich auch durchweg gute Erfahrungen gemacht. Diese Kollegen sind letztlich die Leidtragenden des Investmentbank-Prinzips.

25. April 2015

Elmar Emde

 Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de