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Reaktionen – OGI Oil & Gas Invest AG

Am 18. Februar 2015 veröffentlichte ich eine Risikoanalyse zu OGI Oil & Gas Invest AG  (zu finden unter Research : “OGI Oil & Gas Invest AG” ).

Diese Analyse endete mit der Empfehlung an die einem solchen Investment zugeneigten Anleger, sich alle, in dieser Analyse  aufgezeigten Defizite/Fragen, welche normalerweise der Anleger vor der Eingehung eines Investments wissen sollte, belegen zu lassen, da es mir nicht gelungen war, diese beantwortet zu bekommen.

Am 28.10.2018, also bald 4 Jahre später erhielt ich dann von Herr Wagentrotz nachfolgendes E-Mail:

 

“Sehr geehrter Herr Emde,

bitte nehmen Sie den o.a. Artikel über mich vom Netz, da ich mich sonst genötigt sehe, gegen Sie eine gerichtliche Einstweilige Verfügung zu erwirken.

Ich bin schon seit 2015 nicht mehr Vorstand der OGI AG. Der Vertrieb des  Nachrangdarlehen wurde Ende 2015 eingestellt. Ihre weiteren Behauptungen entbehren jeglicher Grundlage und sind gänzlich obsolet.

Ich setzte Ihnen hiermit eine Frist bis zum 10. November 2018.

Sollte Ihr o.a. Bericht dann immer noch in den Suchmaschinen erscheinen, übergebe ich die Angelegenheit meiner Anwaltskanzlei.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Wagentrotz”

 

Den weiteren (unsachlichen) Schriftverkehr hierzu möchte ich dem geneigten Leser ersparen, allerdings bleibt zu diesem E-Mail / zu dieser Drohung folgendes anzumerken:

Vorab muss darauf hingewiesen werden, dass die Oil & Gas Invest AG am 6. Juni 2018 Insolvenz anmelden musste. Das Verfahren wurde am 15.Juni 2018 eröffnet.

Wie man aus diversen Berichterstattungen zu OGI Oil Investment AG / zu Jürgen Wagentrotz entnehmen konnte, mussten am 22. Mai 2015, also drei Monate nach meinem Blogbeitrag/meiner Risikoanalyse, auf Verfügung der Bonner Finanzaufsicht (Bafin) die zu diesem Zeitpunkt eingesammelten Nachrangdarlehen mit Garantie des Alleinvorstands Jürgen Wagentrotz in Höhe von €4,5 Millionen zurück gezahlt werden, da bei Nachrangdarlehen ein solches Garantieversprechen nicht erlaubt ist.

Somit muss man Herr Wagentrotz dies positiv anrechnen, dass er dann – wenn auch nach Verfügung der Bafin –  dieses Garantieversprechen eingehalten hat.

Danach scheinen dann Nachrangdarlehen ohne Garantieversprechen des Herrn Wagentrotz aufgelegt worden zu sein. Wenn die Berichte stimmen, müssen jetzt 500 Zeichner  von € 58 Millionen Nachrangdarlehen, Unternehmensanleihen und Wandelschuldverschreibungen nach der Anmeldung der Insolvenz um Ihr Geld bangen.

Entgegen der Behauptung von Herrn Wagentrotz, dass er „seit 2015“ (Anfang oder Ende 2015?) nicht mehr Vorstand  der Ogi AG ist (gemeint ist damit anscheinend die Oil & Gas Invest AG), ergab meine Recherche allerdings, dass Herr Wagentrotz von 2012 bis Oktober 2017 die Funktion des Vorstandsvorsitzenden der Ogi Oil & Gas Investment AG eingenommen hatte, allerdings mit Unterbrechung vom Oktober 2015 bis Mai 2016, in welcher ein Grafiker (?) den Vorstandsvorsitz innehatte (nachzulesen im einem Interview, welches Herr Wagentrotz der „Samstags Zeitung“ am 8.6.2018 gegeben hat) .

Bereits im Dezember 2017 (2 Monate später) hat dann der neue  Vorstandschef Herr Schilz die 500 Zeichner um ein Moratorium gebeten und die Zinszahlungen ausgesetzt

Insofern kann sich Herr Wagentrotz nicht aus der Verantwortung stehlen mit seiner Behauptung, dass er 2015 aus dem Vorstand ausgeschieden sei. Nach Rückzahlung der von ihm garantierten Nachrangdarlehen wurden Anlagegelder – gemäß Presseberichten – in Höhe von € 58 Mio aufgenommen u.a.  über echte Nachrangdarlehen. Und es ist kaum vorstellbar, dass diese € 58 Mio. Anlagegelder in 2 Monaten, d.h. vom Oktober 2017 bis Dezember 2017, in welcher Herr Wagentrotz nicht mehr Vorstandschef war, eingesammelt wurden.

Somit bleibt mit Spannung abzuwarten, zu welchem Ergebnis der Insolvenzverwalter kommen wird.

Es ist doch immer wieder erstaunlich, welche abenteuerliche Investments die Anleger eingehen und dann jammern, wenn Sie Geld verlieren. Bei vielen scheint der gesunde Menschenverstand von der Dummheit der Gier überdeckt zu werden.

10. November 2018

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

 

 




ETF`s kostenlos?

Laut Presseberichten (u.a.Handelsblatt vom 3.8.2018) bietet der US-Vermögensverwalter Fidelity nur für Anleger in den USA zwei Index- Fonds (ETF`s) mit Null-Gebühren an.

Einer der beiden Fonds zeichnet die Entwicklung von US-Aktien nach. Interessant wäre jedoch, welche Aktien von welchen Aktiengesellschaften mit welchem Rating da nachgezeichnet werden.

Der andere Fonds  bezieht bezieht sich auf große, kleine und mittlere Aktien der Industrienationen abseits der USA.

Die Fonds orientieren sich nicht an den herkömmlichen Börsenindizes (wie die meisten ETF`s), sondern an Messlatten, die Fidelity selbst auflegt und für andere passive Produkte verwendet. Das spart dem Vermögensverwalter eine Menge Lizenzgebühren und – das möchte ich noch hinzufügen – Aufsicht und Kontrolle über die Zusammensetzung nach Risiko. Der Kurs wird somit von Fidelity selbst erstellt, das dadurch entstehende Risiko trägt – wie sooft – der Fondskäufer.

Da haben wir es aber nun ganz deutlich. Es ist ein Trugschluss, dass alle ETF`s  offizielle Börsenindizes nachzeichnen, was alleine bei rd. 3,3 Millionen  der weltweit vorhandenen Börsenmesslatten bei nur 43.000 liquideren Aktien praktisch  unmöglich ist. Es bleibt daher zu vermuten, dass der größte Teil dieser Börsenmesslatten von den Vertreibern der Index-Fonds selbst erstellt wird, da die ETF`s letztlich aus unterschiedlichen Aktien bestehen, für die es keine offiziellen Börsenindizes gibt und somit Manipulationen Tür und Tor geöffnet werden. Ob diese ETF`s dann auch noch physisch sondern über Optionen aller Art unterlegt sind, bleibt ebenfalls offen.

Interessant hierbei ist der Zeitpunkt. Überall in der Welt werden Aktien-Höchststände verzeichnet, viele Experten warnen vor einem Absturz. Was liegt da näher, als schnell noch die Anleger in Aktien über kostenlose Index-Fonds zu locken. Auch kann bei der Komplexität der Zusammensetzungen von selbst kreierten “Börsenmesslatten” nicht ausgeschlossen werden, dass hier unliebsame eigene Aktienbestände in diese Fonds Eingang finden.

Geht man davon aus, dass diese zwei Index-Fonds seriösen Bestand haben, kann diese “kostenlose” Maßnahme als Marketinginstrument für andere Index-Fonds des Vermögensverwalters mit deutlichen höheren Kosten und Risiko betrachtet werden.

Der Patriarch Fonds legt jetzt sogar eine Index-Dachfonds auf, der noch mehr intransparent ist, als es die meisten so genannten Index-Fonds sind.

Erinnern wir uns an die Zeiten vor der Finanzkrise. Da wurde alles mögliche in zusammenkonstruierte Finanzprodukte gesteckt, bis man die Fehler dieser Konstruktionen durchschaut hatte und alles zusammenbrach. Jetzt sind wir in einem ähnlichen Stadium, da Vermischen und Vermatschen geht mit erhöhter Geschwindigkeit weiter, wozu auch die Zentralbanken mit Ihrer lockeren Geldpolitik massiv beitragen.

Der Abrissbirne Trump sei gesagt, nicht Europa beutet die USA aus, sondern die Finanzwirtschaft der USA Europa und die Welt. Wie viele hunderte Milliarden von US-Subprime- und ähnlichen US-Papieren  liegen noch alleine in den Kellern der europäischen Banken und diese Entwicklung geht still und leise u.a. mit diesen (kostenlosen)  Index-Fonds weiter.

Es wiederholt sich alles, auch dieser Blödsinn. Warum? Weil die Anleger nur den Blick für die kurzfristige Rendite haben und die Sicherheit außer Acht lassen.

4. August 2018

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”




Scalable Capital, eine Risikobetrachtung!

In einem „Handelsblatt Journal“ wurde ein Interview mit Herrn Prof.Dr. Mittnik, Gründer der Scalable Capital, unter der Überschrift „Das Risiko immer im Griff“ veröffentlicht.

So wie ich das Geschäftskonzept von Scalable Capital verstanden habe, wird ein Portfolio aus ETF`s zusammengestellt, da es – wie in diesem Interview dargelegt wurde  – über 1.500 (unterschiedlichste) ETF`s (Indices) gibt.  Somit muss Scalable als eine Art Dachfonds für ETF`s interpretiert werden, d.h. Scalable ist eine Verwaltung in der Verwaltung.

Das bedeutet letztlich, dass dieser Dachfonds nicht nur ETF`s auf Dax & Co. und  somit nicht nur auf die gängigsten Indices setzt, sondern demnach auch ETF`s mit allen möglichen Zusammenstellungen bis hin zu Wertpapierdepots mit den exotischten Wertpapieren. Frage zu diesen zahlreichen Indices ist allerdings, wer diese Indices täglich erstellt und ob diese nicht wie Libor & Co. ebenfalls manipuliert sind/werden.

Insofern wäre interessant, wie Scalable und deren Risikomanagement solche Manipulationen erkennen und ausschließen kann?

Die Homepage lässt sich darüber nicht besonders aus, auch aus dem Interview wird man darüber nicht sehr viel klüger. Mithilfe der Risikokennziffer „Value-at-Risk“ will man demnach das Risiko in den Griff bekommen. Diese Risikokennziffer wurde bei den Banken schon mehrmals angewendet mit nicht gerade positiven Ergebnissen.

Dass ETF`s keine einfachen Abbildungen von Indices sind, kann man aus den Verkaufsprospekten der jeweiligen ETF-Fonds nachlesen.

Am Beispiel des iShares STOXX Europe 50(DE) ISIN Nr. DE0005933949 kann man in dem 44 Seiten umfassenden und relativ klein geschriebenen Verkaufsprospekt folgende Details nachlesen:

6.3. Indexnachbildung  und  Vorrang der direkten Duplizierung:

Zur Nachbildung des zugrunde liegenden Index dürfen ausschließlich die folgenden Vermögensgegenstände erworben werden:

  • Wertpapiere, die im Wertpapierindex enthalten sind oder im Zuge von Indexveränderungen in diesen aufgenommen werden (Indexwertpapiere). Anmerkung: die Wertpapiere, die im Index enthalten sind.
  • Wertpapiere, die auf Einzeltitel des zugrunde liegenden Index begeben wurden (Einzeltitelzertifikate). Anmerkung: ein strukturiertes Finanzprodukt!
  • Terminkontrakte auf den zugrunde liegenden Index (Indexterminkontrakte). Anmerkung: ein strukturiertes Finanzprodukt / Derivat!
  • Terminkontrakte auf Einzeltitel des zugrunde liegenden Index (Einzelterminkontrakte) Anmerkung: ein Derivat!
  • Optionsscheine auf den zugrunde liegenden Index (Indexoptionsscheine). Anmerkung: ein Derivat und strukturiertes Finanzprodukt!
  • Optionsscheine auf Einzeltitel des zugrunde liegenden Index (Einzeltiteloptionsscheine) Anmerkung: ein Derivat!
  • Investmentanteile gemäß § 8 der Allgemeinen Vertragsbedingungen.

In diesem § 8 werden dann die hierfür notwendigen Anlageinstrumente im Einzelnen aufgeführt (nur in Stichpunkten):

  • 8.2. Geldmarktinstrumente: am Geldmarkt gehandelte  sowie verzinsliche Wertpapiere. Anmerkung: Dieser ETF soll den EURO STOXX 50 abbilden, das sind Aktien und keine verzinslichen Wertpapiere.
  • 8.3. Bankguthaben: bis zu 5% mit einer Laufzeit von  max. 12 Monate.
  • 8.4.   Derivate: jegliche  Derivate oder Finanzinstrumente mit derivater Komponente im Sinn des § 10.1 Darlehensgeschäfte (siehe unten)
  • 8.4.1. Terminkontrakte
  • 8.4.2  Optionsgeschäfte
  • 8.4.3  Swaps: Zins-, Währungs-, Equity- und Credit Default Swapgeschäfte
  • 8.4.4. Swaptions: Optionen auf Swaps
  • 8.4.5.  Credit Default Swaps: Kreditderivat, die es ermöglichen ein potenzielles Kreditausfallvolumen auf andere zu übertragen.
  • 8.4.6. In Wertpapieren verbriefte Finanzinstrumente: Anmerkung: ein Verbriefungs-Misch-Masch
  • 8.4.7. Begrenzung des Marktrisikos: hier wird angabegemäß ein qualifizierter Ansatz im Sinne der DerivateV (Derivate Verordnung mit 44 Paragraphen) angewendet. Anmerkung: Verifizierbar? Sicherlich nicht!
  • 8.4.8. Over-the-Counter (OTC)-Geschäfte: außerbörslicher Handel oder direkte Geschäfte ohne Börseneinschaltung, aber nur solche Papiere, die an den Börsen zugelassen sind.

Unter §10 werden dann die möglichen Darlehensgeschäfte beschrieben.

  • 10.1. beschreibt die Möglichkeit, die im Sondervermögen des Indexfonds vorhandenen Vermögensgegenstände darlehensweise an Dritte übertragen zu dürfen, sogar auf unbestimmte Zeit, dafür aber mit Kündigungsmöglichkeit. Anmerkung: Bonitätsprüfung der Dritten unumgänglich
  • 10.2. Pensionsgeschäfte: Für Rechnung des Sondervermögens darf der Indexfonds Wertpapier-Pensionsgeschäfte mit Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten für max. 12 Monate abschließen. Anmerkung: Bonitätsprüfung der Dritten unumgänglich.

In § 11 ist dann die kurzfristige Kreditaufnahme für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger bis zu 10% des Wertes des Sondervermögens zulässig, wodurch eine 1 zu 1 Unterlegung ebenfalls nicht gegeben wäre. Hier kann man nur hoffen, dass keine Währungskredite aufgenommen werden, welche schon vielen Investmentfonds das Grab geschaufelt haben.

Diese Darlegungen zeigen auf, dass  ETF-Fonds zahlreiche und komplexe Derivate nebst Darlehensverträge abschließen können, deren Wert auch sowohl von der Bonität der  jeweiligen Risikoübernehmer als auch von diversen Darlehensnehmern abhängt.

Daher wäre sehr interessant, wie Scalable Capital diese Risiken hieraus erfassen und bewerten will, zumal sich die Börsenlage täglich ändert und somit auch der Wert der Derivate und somit auch die Bonität der Risikoübernehmer und Darlehensnehmern. Außerdem bleibt hierbei noch der sehr wichtige Umstand zu berücksichtigen, dass die jeweiligen ETF`s von Finanzinstituten kreiert wurden und somit diese Finanzinstitute als Träger dieses strukturierten Papiers selbst ein Risiko darstellen, nämlich das Risiko von deren Insolvenz (sh. Lehman Brothers). Dazu gehören auch Banken, deren Bonitäten nicht gerade die besten sind.

Hieraus ergeben sich weitere Fragen wie:

  • Verinnerlicht sich das Risikomanagement von Scalable die jeweiligen Verkaufsprospekte  zwecks Bewertung des jeweiligen Risikos? Eine Mammutaufgabe bei über 1.500 ETF`s.(x 44 Seiten= rd. 66.000 Seiten)
  • Aus welchen Personen und mit welchem Berufshintergrund setzt sich das Risikomanagement zusammen?
  • Welche ETF`s finden Eingang in die Portfolios von Scalable?

Ich habe diese Fragen Herrn Prof.Dr. Mittnik gestellt und bin sehr gespannt auf die Antwort.

Irgendwie erinnert mich dieses Scalable Konstrukt an die vielen undurchsichtigen Konstrukte  vor der Finanzkrise, welche die europäischen Banken in eine erhebliche Bredouille gebracht haben bzw. immer noch bringen, vielen Anlegern hohe Verluste eingebracht haben  und letztlich die Auslöser der Finanzkrise waren.

Ob man solche komplexen und intransparenten Finanzprodukte dem eigenen Betriebsangehörigen als Vermögensanlage nahe bringen soll, so wie es Siemens getan hat, ist meines Erachtens sehr zweifelhaft, zumal sich Siemens evtl. in eine – zumindest moralische – Schadensersatzhaftung begibt, sollte dieser Fonds kollabieren.

1.Oktober 2017

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch www.emde-fiveko.de

 

 




ETF`s, ein Derivate-Misch-Masch

Von den ETF-Fonds-Vertreibern, vielen Vermögensverwaltern und Wirtschaftsjournalisten kann man immer wieder hören, dass die ETF`s den jeweiligen Index 1:1 abbilden und dann noch physisch, d.h. mit den dem Index bildenden Wertpapieren physisch unterlegt sind.

Damit wird der Eindruck erweckt, dass dieser INDEX Fonds zu 100% durch die entsprechenden Aktien / Wertpapiere, die den jeweiligen Index bilden,  unterlegt sind und man es daher mit einem einfachen strukturierten Finanzprodukt zu tun hat. Weit gefehlt!

Den Protagonisten dieses Finanzproduktes sei daher dringend empfohlen, sich die jeweiligen Verkaufsprospekte  dieser Indexprodukte genauer anzuschauen, dann werden sie  sehr schnell feststellen, dass diese Behauptung mit einem Märchen gleichzusetzen ist.

Am Beispiel des iShares STOXX Europe 50(DE) ISIN Nr. DE0005933949 kann man in dem 44 Seiten umfassenden und relativ klein geschriebenen Verkaufsprospekt folgende Details nachlesen:

6.3. Indexnachbildung  und  Vorrang der direkten Duplizierung:

Zur Nachbildung des zugrunde liegenden Index dürfen ausschließlich die folgenden Vermögensgegenstände erworben werden:

  • Wertpapiere, die im Wertpapierindex enthalten sind oder im Zuge von Indexveränderungen in diesen aufgenommen werden. (Indexwertpapiere). Anmerkung: die Wertpapiere, die im Index enthalten sind.
  • Wertpapiere, die auf Einzeltitel des zugrunde liegenden Index begeben wurden (Einzeltitelzertifikate). Anmerkung: ein strukturiertes Finanzprodukt!
  • Terminkontrakte auf den zugrunde liegenden Index (Indexterminkontrakte). Anmerkung: ein strukturiertes Finanzprodukt!
  • Terminkontrakte auf Einzeltitel des zugrunde liegenden Index (Einzelterminkontrakte). Anmerkung: ein Derivat!
  • Optionsscheine auf den zugrunde liegenden Index (Indexoptionsscheine). Anmerkung: ein Derivat und strukturiertes Finanzprodukt!
  • Optionsscheine auf Einzeltitel des zugrunde liegenden Index (Einzeltiteloptionsscheine). Anmerkung: ein Derivat!
  • Investmentanteile gemäß § 8 der Allgemeinen Vertragsbedingungen.

In diesem § 8 werden dann die hierfür notwendigen Anlageinstrumente im Einzelnen aufgeführt (nur in Stichpunkten):

  • 8.2. Geldmarktinstrumente: am Geldmarkt gehandelte sowie verzinsliche Wertpapiere. Anmerkung: Dieser ETF soll den EURO STOXX 50 abbilden, das sind Aktien und keine verzinslichen Wertpapiere.
  • 8.3. Bankguthaben: bis zu 5% mit einer Laufzeit von max. 12 Monate.
  • 8.4. Derivate: jegliche Derivate oder Finanzinstrumente mit derivater Komponente im Sinn des § 10.1 = Darlehensgeschäfte (siehe unten).
  • 8.4.1. Terminkontrakte.
  • 8.4.2 Optionsgeschäfte.
  • 8.4.3 Swaps: Zins-, Währungs-, Equity- und Credit Default Swapgeschäfte.
  • 8.4.4. Swaptions: Optionen auf Swaps.
  • 8.4.5. Credit Default Swaps: Kreditderivat, die es ermöglichen ein potenzielles Kreditausfallvolumen auf andere zu übertragen.
  • 8.4.6. In Wertpapieren verbriefte Finanzinstrumente. Anmerkung: ein Verbriefungs-Misch-Masch
  • 8.4.7. Begrenzung des Marktrisikos: hier wird angabegemäß ein qualifizierter Ansatz im Sinne der DerivateV (Derivate Verordnung mit 44 Paragraphen) angewendet. Anmerkung: Verifizierbar? Sicherlich nicht!
  • 8.4.8. Over-the-Counter (OTC)-Geschäfte: außerbörslicher Handel oder direkte Geschäfte ohne Börseneinschaltung, aber nur solche Papiere, die an den Börsen zugelassen sind.

Unter §10 werden dann die möglichen Darlehensgeschäfte beschrieben.

  • 10.1. beschreibt die Möglichkeit, die im Sondervermögen des Indexfonds vorhandenen Vermögensgegenständedarlehensweise an Dritte übertragen zu dürfen, sogar auf unbestimmte Zeit, dafür aber mit Kündigungsmöglichkeit.
  • 10.2. Pensionsgeschäfte: Für Rechnung des Sondervermögens darf der Indexfonds Wertpapier-Pensionsgeschäfte mit Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten für max. 12 Monate abschließen.

Anmerkung: Man kann nur hoffen, dass dieser Fonds über eine entsprechende Kreditexpertise, welche die Bonitäten der Kontrahenten richtig prüfen kann, verfügt.

In § 11 ist dann die kurzfristige Kreditaufnahme für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger bis zu 10% des Wertes des Sondervermögens zulässig, wodurch eine 1 zu 1 Unterlegung über eine Saldierung nicht gegeben wäre.

Kurzum, das ist ein reines Derivate-Misch-Masch-Finanzprodukt mit unzählig vielen Risiken, die insbesondere bei einem Finanzcrash sehr schmerzhaft zu Tage treten werden. Letztlich ist dem Fondsmanagement fast alles erlaubt und für einen Außenstehenden kaum verifizierbar. Der Sinn eines ETF wird meines Erachtens damit pervertiert.

Eine physische Unterlegung eines ETF`s ist somit ein Märchen, eine 1 zu 1 Unterlegung ebenfalls, zumal dieser Fonds nur max zu 95% unterlegt werden kann, letztlich auch aus praktischen Gründen, da ein Fonds entsprechende Liquidität vorhalten muss. Außerdem kann man nicht sicher sein, ob bei synthetischer Unterlegung, welche auch aus rein praktischen Gründen unumgänglich ist,  die Optionen greifen. Sollte der Optionsgeber Nr. 1 diese Option durch eine andere wiederum unterlegt haben und der Optionsgeber Nr. 2 diese ebenfalls, möchte ich mir nicht ausmalen, was dann auf dem Derivatemarkt in Baisse- oder Finanzcrash-Zeiten los ist.

Zur Erinnerung, in 2014 soll der Derivatemarkt ein Volumen von über 700 Billionen US$ bei einem Welt BIP von etwa 74 Billionen US$, also nahezu das zehnfache erreicht haben. Zwischenzeitlich dürfte sich dieses Derivatevolumen aber noch deutlich erhöht haben, schon allein  aus Gründen der Geldpolitik der Zentralbanken, insbesondere der von Draghi`s EZB, welche die Produktion der Finanzinstrumente erst so richtig hat anlaufen lassen.

Man kann sich damit nicht des Eindrucks erwehren, dass es weltweit viel weniger  Aktien gibt, als in den  ETF – Fonds  physisch und synthetisch in ihren Büchern verbucht sind.

Ein weiteres und nicht zu vernachlässigendes Risiko ist der Umstand, dass die jeweiligen ETF`s  von Finanzinstituten kreiert wurden und somit diese Finanzinstitute als Träger dieses strukturierten Papiers  selbst ein Risiko darstellen, nämlich das Risiko von deren Insolvenz (s. Lehman Brothers). Zu den Finanzinstituten gehören auch Banken, deren Bonitäten nicht gerade die besten sind.

Langsam scheint sich nun das hohe Risiko, welches die ETF`s darstellen, bei vielen maßgeblichen Funktionären der Wirtschaft so langsam offensichtlich zu werden. Selbst Herr Hufeld, Leiter der Bafin, hält diese für brandgefährlich. Das habe ich aber schon vor drei Jahren festgestellt, nachzulesen in diesem Blog , wie auch hierzu noch in weiteren Beiträgen (unter “search” ETF eingeben) .

9. September 2017

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch www.emde-fiveko.de