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Schlaumeier Dombret

Herr Dr. Andreas Dombret ist Vorstand der Deutsche Bundesbank und zuständig für die Bankenaufsicht in Deutschland. Er hat bei unterschiedlichen Investmentbanken gearbeitet und ist somit ein Investmentbanker bis in die Haarspitzen.

Im Handelsblatt vom 2.8.2016 konnte man unter der Rubrik “Worte des Tages” folgende Zitate von ihm vernehmen:

“Die Rahmenbedingungen, unter denen Banken heute arbeiten, haben sich geändert – niedrige Zinsen, Digitalisierung, strenge Regulierung, härtere Konkurrenz. Die Banken müssen sich dringend Gedanken machen, wie sie ihre Geschäftsmodelle darauf ausrichten”.

Die schlechten Rahmenbedingungen niedrige Zinsen, strenge Regulierung  und damit härtere Konkurrenz aufgrund dieser Rahmenbedingungen hat aber allein die EZB und damit die Deutsche Bundesbank geschaffen, welche auch noch diese Banken beaufsichtigt.

In welcher Welt leben wir eigentlich. Da kann eine demokratisch nicht legitimierte und mit erheblichen Machtbefugnissen ausgestattete Institution wie die EZB und die ihr angeschlossenen Zentralbanken ein Finanzsystem kaputt strukturieren und dann kommt noch der kluge Rat, die Banken sollen sich Gedanken über ihre Zukunftsfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle machen, ohne dabei konkret zu werden.

Vergleichbar ist das mit einem Elefanten im Porzellanladen, der nun darauf aufpasst, dass der Inhaber das Porzellan nicht zerschlägt!

Ab und zu blitzen die Vorschläge von Herrn Dombret für ein geändertes Geschäftsmodell der Banken schon durch. Er nennt es die Abkehr vom Zinsgeschäft, was nichts anderes bedeutet, als die Forcierung des Investmentbankings mit dem gesamten Sammelsurium der strukturierten Finanzprodukte, denen allerdings ein erheblicher Betrugscharakter anheftet. Diese Schlaumeierei verkündet nichts Gutes.

2. August 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch www.emde-fiveko.de




EZB ahnungslos

Schlagzeile: Die EZB kennt die Risiken der Geldpolitik für Banken (nicht!=Anmerkung des Verfassers)

In der FAZ am Samstag den 30.Juli 2016 konnte man unter der obigen Schlagzeile mit etwas Verwunderung  folgende Äußerungen von Herrn Benoit Coeuré, Mitglied des Direktoriums  der EZB und somit ein Schwergewicht im Zentralbankrat, lesen:

  • „Wir(die EZB) sind uns die Risiken bewusst“, womit er die Gefährdung der Geschäftsmodelle  von Banken und anderer Finanzhäuser und deren Unterminierung und damit die Finanzstabilität durch die expansive Geldpolitik der EZB inklusive den Negativzins meinte.
  • Er wies die Behauptung zurück, die Geldpolitik schädige bereits die Banken im Euroraum. Schätzungen, wohl gemerkt Schätzungen der EZB-Experten würden zeigen, dass die Wirkung der jüngsten geldpolitischen Maßnahmen auf die Rentabilität der Banken insgesamt positiv sei im Vergleich zu einem Szenario, in dem die Geldpolitik nichts unternommen hätte.
  • Fallende Zinserträge und negative Einlagenzinsen setzen die Rentabilität von Banken zwar unter Druck, es gäbe aber auch zwei starke positive Effekte niedriger Zinsen.
  • Erstens verbessern die niedrigen Zinsen das gesamtwirtschaftliche Umfeld, was die Ausfallrisiken  von Unternehmenskrediten  reduziert und zu einer besseren Kreditqualität führt und
  • zweitens führen niedrige Zinsen zu Kursgewinnen auf die Anleihebestände der Banken

Anmerkungen des Verfassers: Die meisten Banken haben vier wesentliche Ertragsquellen, das ist das Einlagengeschäft, das Kreditgeschäft, das Provisionsgeschäft und die Vermögensverwaltung. Das Investmentbanking tangiert hauptsächlich das Provisionsgeschäft und die Vermögensverwaltung.

Diese vier Bereiche der Banken haben derzeit enorme Probleme, Erträge zu erwirtschaften (von wegen “positive Effekte”).

Das wichtige Einlagengeschäft ist durch die fragliche Negativzinspolitik der EZB weggefallen. Daraufhin haben sich alle Banken auf das Kreditgeschäft, das eigentlich Basisgeschäft der Kreditinstitute, gestürzt mit der Folge einer erheblichen Schrumpfung der Kreditmargen. Außerdem sind die Banken dadurch gezwungen, Bonitäts- und Refinanzierungsrisiken einzugehen, welches erfahrungsgemäß zu künftigen Wertberichtigungen führen wird, trotz aller Regulierungen der EZB-Bankenaufsicht.

Das Provisionsgeschäft, welches aus den Bereichen Zahlungsverkehr, Wertpapier- und Auslandsgeschäft und Wertpapierberatung sowie teilweise aus dem Investmentbanking gespeist wird, erlebt ebenfalls einen erheblichen Ertragsrückgang aus vielerlei Gründen. Im In- und Auslandszahlungsverkehr ist es die Digitalisierung und online-Abwicklung der Zahlungsvorgänge mit der Folge dadurch niedriger Gebühren. Im Wertpapiergeschäft lassen die niedrigen Renditen insbesondere der Anleihen keine  profitablen Kauf- und Verkaufsprovisionen mehr zu, geschweige denn eine auskömmliche Depotgebühr. Und beim Verkauf der strukturierten Finanzprodukte setzen sich die Banken aufgrund der Intransparenz und des Betrugscharakters dieser Produkte, welche zu absehbaren Verlusten dieser Spekulationspapiere führen werden,  somit erheblichen Regressansprüchen aus. Ganz zu schweigen vom Investmentbanking, welches bei vielen Großbanken auf der Welt mit starken Bezug zum  Investmentbanking (Deutsche Bank etc.) zu zahlreichen Prozessen und Strafzahlungen geführt hat.

Auf die Vermögensverwaltung stürzen sich ebenfalls verstärkt ebenfalls alle Banken als Stein der Weisen oder Rettungsanker mit der Folge auch hier fallender Margen und sich künftig ergebender nicht ausbleibender Regressansprüche, da auch hier Verluste absehbar sind mit den von der EZB übrig gelassenen Anlagemöglichkeiten oder es wird spekuliert auf Teufel komm raus und solche Spekulationen sind nie gut ausgegangen.

Vergleichbar ist dieser Zustand mit einem Auto, bei dem sich ein Rad von vieren gelöst hat und die verbleibenden drei Räder einen Platten haben.  Ganz schlaue Kommentatoren meinen jetzt, mit einer Fortschreibung der Bankenunion und größeren Banken könnte man diesen Zustand beheben. Frage ist nur, ob einem LKW mit dem gleichen Reifenzustand besser fährt?  Sicherlich nicht!

Außerdem vergessen diese Schlaumeier, dass dann die verbleibenden Banken neben der erheblichen Marktmacht, die uns allen teuer zu stehen bekommt, auch eine politische Macht erhalten, welche nicht demokratisch legitimiert ist und diesen keinesfalls  zusteht.

Die Äußerungen von Herrn Coeuré scheinen daher aus dem Elfenbeinturm der EZB in Frankfurt  zu kommen und haben mit der Realität nichts zu tun. Diese katastrophale Geldpolitik u.a. mit ansteigenden Kursen der Anleihebestände der Banken zu begründen ist abenteuerlich, zumal solche Kursgewinne relativ schnell wieder zusammenschmelzen können. Gehört die Spekulation jetzt zum Bankgeschäft?

Betrachtet man den Lebenslauf von Herrn Coeuré, fällt einem auf, dass er letztlich eine politische Karriere durchlaufen hat, jedoch ohne direkten Bezug zum Bankgeschäft, dieses somit nur aus der Theorie kennt, wie leider der überaus größte Anteil der Zentralbankmitglieder (siehe Beitrag vom 8.11.2015 „Fachexpertise Zentralbankrat“). Man muss sich daher schon fragen, ob hier Dilettanten am Werk sind, welches  erschreckende Ahnungslosigkeit der EZB begründen könnte

Bei dieser Gemengelage wird ganz vergessen, dass es neben den Banken auch Anleger gibt, insbesondere auch ältere Anleger, welche sich aufgrund ihres Alters auf keinerlei Spekulationen mehr einlassen können, bzw. im Alter vom hart erarbeiteten Vermögen, angelegt in Wertpapieren, abhängig sind. Wie sollen sie diese fällig gewordenen Papiere wieder anlegen?

Aktien künstlich hoch gejubelt und zu volatil, Renten rentieren negativ, strukturierte Finanzprodukte beinhalten hohe Risiken bzw. erlauben es den Banken, ihre Risiken darin zu verstecken, womit grundsätzlich Verluste vorgezeichnet sind.

Also was soll ein solcher Anleger heute tun. Letztlich bleibt neben den derzeit teuren Immobilien und dem volatilen Gold nur das Bunkern der Liquidität auf den Bankkonten übrig. Diese Liquidität wird aber ab gewissen Größen (die auch fallen werden) schon durch den Negativzins sukzessive aufgezehrt und wenn das nicht hilft, hat die Politik über die Festlegung der Haftungskaskade schon dafür gesorgt, dass auch dieses Vermögen ab € 100.000 ins Nirwana verschwindet und wenn das dann immer noch nicht den Banken  hilft, wird diese Grenze per Dekret einfach auf € 50.000 plus minus gesenkt.

Herr Coeuré meinte auch, dass es schlimmer geworden wäre, wenn die EZB nichts unternommen hätte. Sicherlich wäre es schlimm geworden, dann wären aber die Märkte wieder bereinigt gewesen und hätten mit voller Kraft nach vorne schauen können. Jetzt aber sind und bleiben die Märkte verunsichert und leben von der Droge der expansiven Geldpolitik. Das jeder Drogenkonsum ein Ende hat, weiß inzwischen jedes kleines Kind, die EZB-Oberen anscheinend nicht.

2.August 2016

Elmar Emde

Autor des Buches „Die strukturierte Ausbeutung“

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Bafin wacht auf bei Bonitätsanleihen

Bafin will Verkauf von Bonitätsanleihen verbieten.

Mit dieser Schlagzeile berichtete die FAZ am Samstag, den 30.7.2016, von der Absicht der Bafin, d.h. der Exekutivdirektorin, Frau Elisabeth Roegele, auch als die oberste Wertpapieraufseherin der Bafin betitelt, den Verkauf von Bonitätsanleihen an Privatkunden zu verbieten.

Bonitätsanleihen (siehe Beitrag vom 31. Juli 2016) sind Wettscheine, deren Erfolg  von unkalkulierbaren Kreditereignissen abhängen und letztlich Gegenpositionen zu hinausgelegten Krediten der Banken  darstellen, ähnlich wie die CDS (Credit Default Swaps), welche eine der Mitverursacher der Finanzkrise vor 8 Jahren waren. Mit anderen Worten, mit solchen  Bonitätsanleihen versuchen die Banken wiederum Kreditrisiken auf die unbedarften Anleger zu übertragen, insbesondere dann, wenn Ereignisse stattgefunden haben, wodurch die Bank(en) zu einer höheren Risikoeinschätzung ihrer Kredite zu dem Unternehmen, dessen Bonität der Gradmesser für diese Bonitätsanleihe ist, gekommen ist(sind).

Zu dieser Entscheidung kann man die Bafin nur  gratulieren, endlich wacht sie  langsam auf und anerkennt damit  die hohen Risiken, welche die Banken unverändert zu Lasten der Anleger zusammenbasteln. Interessant hierbei ist der Umstand, dass Frau Roegele vor Ihrer Zeit bei der Bafin Chefsyndikus der Dekabank war, die Dekabank an diesem € 6 Milliarden schweren Markt der Bonitätsanleihen neben der LBBW den zweitgrößten Marktanteil von 32% besitzt, Frau Roegele somit die Gepflogenheiten kennt bzw. damit dokumentiert, dass die beiden Marktführer aus dem Sparkassenlager mit insgesamt 76% Marktanteil, angeführt dort vom Investmentbanker Rüdiger, völlig falsch liegen. Tolles Urteil für dieses Anlageprodukt!

Studiert man diesen FAZ-Artikel sowie einen Kommentar zu  diesem beabsichtigten Verbot, kann man nur den Kopf schütteln.

Angefangen bei der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz(DSW), Herrn Jürgen Kurz, Sprecher  dieser „Schutzvereinigung“, welcher meinte, dass es sinnvoller wäre, die Beweislast umzukehren. Der Berater solle beweisen müssen, dass er den Kunden richtig beraten hat und nicht – wie  es bisher der Fall war – umgekehrt. Von Verboten  hält Herr Kurz im Übrigen wenig, „der Anleger sollte selbst entscheiden dürfen, was in sein Portfolio passt“. Ob Herr Kurz das bezogen auf die Straßenverkehrsordnung ebenfalls sieht, wäre interessant.

Ich frage mich jetzt, was das für eine Schutzvereinigung ist. Sollte diese nicht Schutz sein für unlautere Benachteiligungen der Anleger oder ist sie ein Sprachrohr der Banken und Produzenten von strukturierten, intransparenten und mit hohen Risiken behafteter Wertpapiere? Diese Schutzvereinigung glaubt doch nicht im ernst daran, dass den Beratern der eigentliche Grund für die Entstehung solcher Bonitätsanleihen mitgeteilt wird, d.h. das dahinter stehende Kreditrisiko der eigenen oder fremden Banken und warum man das Kreditrisiko nunmehr höher einschätzt und man daher dagegen wettet.

Nächster Aufschrei der Ablehnung kam natürlich von Deutsche Derivate Verband (DDV), die Interessenvertretung der Zertifikatebranche, welcher letztlich Nutznießer des Verkaufs dieser Bonitätsanleihen sowie von allen intransparenten strukturierten Finanzprodukten, auch Zertifikate genannt, ist. Der Verband befürchtet den Versuch, an einer Branche, die seit Lehmann  viele Anstrengungen unternommen hat, um für Anleger  wieder attraktiver  zu werden, ein Exempel zu statuieren. Es habe im Gegensatz zu Prokon  oder German Pellets  keinen größeren Schadensfall gegeben. Hierzu bleibt zu bemerken, dass es keine Statistik über die vielen Verluste, verteilt auf eine große Masse von Anlegern, welche sich auf diese Derivate eingelassen haben, gibt und somit diese Behauptung nicht wiederlegt werden kann.

Und zu Guter Letzt  bläst auch noch die FAZ, der Kommentator Daniel Mohr, in dieses Horn. „Das Produktverbot käme aus dem heiteren Himmel und gehe völlig fehl. Anlegern vorzuschreiben, welche Produkte  sie kaufen dürfen und welche nicht, wäre in diesem Fall nicht geboten. Die Bafin würde meinen, dass Privatanleger  nicht bewerten könnten, wie groß die Wahrscheinlichkeit  für eine Rückzahlung  ist und ob das Risiko adäquat vergütet wird. Wer diesen Maßstab anlegt, kann den Finanzmarkt gleich komplett dichtmachen. Es wäre doch gerade das Wesen von Kapitalmärkten, dass im täglichen Handel in Abwägung  von Chancen und Risiken, Preise entstehen, immer in der Ungewissheit, was die Zukunft bringt.

Jetzt würde mich interessieren, wie ein Privatanleger nach Meinung von Herrn Mohr die Wahrscheinlichkeit für eine Rückzahlung von Bonitätsanleihen bewerten kann, ohne die Hintergründe für die Entstehung dieser Anleihen zu kennen. Dass er das nicht kann, hat Lehmann doch eindeutig gezeigt und leider hat sich an dieser Situation nichts geändert. Der Privatanleger ist einfach überfordert mit dem komplexen juristischen und betriebswirtschaftlichen Finanzkauderwelsch der Anleihebedingungen, welche im Durchschnitt bis über 100 Seiten einnehmen. Mit solch einer Komplexität setzt man bewusst und sehr perfide auf die Unkenntnis der Anleger und letztlich auch der Berater, ködert sie aber dafür mit einer höheren Rendite auf dem Papier.

Mit solchen undurchsichtigen Finanzprodukten wird das Wesen der Finanzmärkte erst recht untergraben und lässt diese in eine unlautere Plattform, in der man für die Übernahme von Bankrisiken missbraucht wird, abdriften, bzw. dieser Zustand besteht schon längst, wenn man sich das Drama der mittelständischen Unternehmensanleihen ansieht, welche insbesondere über die Stuttgarter Börse vertrieben worden sind. Gerade von der mir hoch geschätzten liberal-konservativen FAZ hätte ich  eine andere Einstellung zu Gunsten der Anleger erwartet. Ob Herr Mohr bei der Zulassung von Medikamenten, welche nicht umsonst einer Aufsicht unterliegen, auch so argumentieren würde, wäre doch hoch interessant.

Fazit: Man kann Frau Roegele zu dieser Einstellung nur gratulieren und hoffen, dass sie sich durchsetzt.

1.August 2016

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

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Bonitätsanleihen

Vorab: Eine solche Anleihe oder eine bonitätsabhängige Anleihe ist ein Wettschein, eben ein Kreditderivat auf die Bonität eines Unternehmens (Referenzschuldner) mit mittleren und langen Laufzeiten, welche Zinsen über dem Marktniveau bieten und schon deshalb ein hohes Risiko darstellen.

Ob eine solche  Anleihe von Erfolg gekrönt ist, hängt im Wesentlichen vom Nichteintritt diverser, in den Anleihebedingungen festgelegter Kreditereignisse ab, welche umfangreich und recht komplex bzw. für einen im Finanzgeschäft nicht ausgebildeten Anleger schwer zu verifizieren und zu verstehen sind. Ein altbekanntes Problem bei den strukturierten Finanzprodukten, welche von den Aufsichtsämtern leider toleriert wird.

Man nennt sie auch auf neudeutsch „Credit linked Notes“ (CLN) und erinnern irgendwie an die berüchtigten  Credit Default Swap (CDS; dt. auch „Kreditausfall – Swap“> lt. Wikipedia), u.a. einer der Gründe/ Brandbeschleuniger der Finanzkrise vor 8 Jahren, auch ein Kreditderivat, womit Ausfallrisiken von Krediten, Anleihen oder Schuldnern wie auch immer abgesichert werden. Eine Bonitätsanleihe kann somit mit einem CDS verglichen werden und stellt die Gegenposition zu hinausgelegten Krediten dar, d.h. die emittierende Bank sichert letztlich ihr Kreditengagement damit ab und verteilt ihr Kreditrisiko – mal wieder – auf die unbedarften Anleger. Dabei stellt sich sofort die Frage, warum sie ein solches Absicherungsinstrument, entweder für sich selbst oder für andere Finanzinstitute kreiert? Die Antwort kann nur lauten, weil die finanzierende Bank ein erhöhtes Kreditrisiko sieht oder sie mit ihrem Kreditengagement über ihre Möglichkeiten hinausgeschossen ist, d.h. ein viel zu hohes Kreditrisiko – wie auch  immer – bei diesem Unternehmen eingegangen ist.

Der Anleger muss sich somit bewusst sein, dass er mit der Zeichnung eines solchen Wettscheins mehrere unkalkulierbare Risiken eingeht.

Risiko Nr. 1 ist die Bonität der emittierenden Bank, da eine solche Bonitätsanleihe eine Schuldverschreibung darstellt und bei Insolvenz dieser emittierenden Bank ein Totalverlust automatisch eintritt. Mittlerweile dürfte eigentlich jeden Anleger klar geworden sein, dass die Bonität der Banken sehr angekratzt ist und äußerst schwer zu eruieren ist. Selbst deren Wirtschaftsprüfer haben damit sehr große Schwierigkeiten, zumal die Banken eine Unmenge von unterschiedlichsten und einfach nicht vorhersehbare Risiken eingehen, insbesondere nach dem sehr stark aufgeblähten Derivatemarkt weltweit.

Die Bankbilanzen gleichen kryptographischen Aufstellungen und zwar so stark, dass selbst die EZB, die zusammen mit der Politik zu dieser Kryptographie beigetragen hat, keine Bankanleihen ankauft. Oder sie hat die schlechte Bonität als exklusiver Aufseher und somit Betrachter dieser Werke aufgrund des festgestellten hohen Risikos erkannt und meidet daher dieses Risiko. Dieses überlässt sie anscheinend nur den unbedarften und unwissenden Anlegern, bzw. toleriert diesen Risikoverkauf zugunsten der Gesundung der Banken, aber auf dem Risikorücken der steuerzahlenden Anleger und Bürger.

In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass der Marktführer solcher Bonitätsanleihen, die LBBW (45% Marktanteil per 07/2016), eine Bad-Bank gegründet hatte, deren Bilanzsumme am Start € 95 Milliarden betrug, ihr Eigenkapital zu diesem Zeitpunkt aber nur € 22 Milliarden erreichte. Mit anderen Worten, hätte die Bankenaufsicht der Ausgliederung der mit hohen Risiken behafteten Wertpapiere und Forderungen an diese Bad-Bank nicht toleriert und hätte sie darauf bestanden, dass diese Aktiva einer Wertberichtigung unterzogen  werden muss, wäre die LBBW ohne Kapital dagestanden und hätte vermutlich Insolvenz anmelden müssen oder der Steuerzahler hätte in die tiefe Tasche greifen müssen.

Bei den anderen Banken mit Bad Bank, wie die Deutsche Bank, die Commerzbank, die HSH Nordbank und die BayernLB wäre dieses Ereignis dann ebenfalls eingetreten. Man hat zwar damit eine Verschärfung der Finanzkrise vermieden, diese Risiken aber mittel- und langfristig auf uns alle und damit unsere Zukunft verteilt.

Risiko Nr.2 ist  die Bonität des Referenzschuldners, also das Unternehmen, von deren künftiger Bonität der Bestand und die Werthaltigkeit der Bonitätsanleihe abhängt. Erst kürzlich hat die LBBW eine Bonitätsanleihe mit VW als Referenzschuldner aufgelegt. Aufgrund des Dieselskandals kann keiner sagen, wie sich künftig die Bonität von VW gestalten wird und wie viele zweistellige hohe Milliarden – Euro – Beträge dieser Konzern noch als Strafe bezahlen muss? Das könnte nun zu hohen Verlusten, damit Rückgang des Eigenkapitals  usw. usw führen.

Da diese Bonitätsanleihe erst kürzlich auf den Markt kam, ist das ein Paradebeispiel, wie die LBBW – oder federführend für andere Banken – ihr Kreditrisiko oder das der anderen Banken damit abfedert. Warum macht sie das wohl? Weiß diese Bank oder die anderen  Banken mehr als die Öffentlichkeit? Das kann man grundsätzlich unterstellen, da bei diesen großen Industrieunternehmen nahezu grundsätzlich Finanzierungskonsortien bestehen, deren Kreise exklusiv mit Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung versorgt werden, wovon der Anleger, insbesondere der Privatanleger nur träumen kann. Insiderwissen wird somit genutzt, um andere zu schaden!

Gerade die Geschäftsentwicklung solch großer Industriekonzerne und deren richtige Bonität zu beurteilen dürfte daher Privatanlegern äußerst schwer fallen, wozu eine entsprechende professionelle Logistik vonnöten ist oder der exklusive Einblick, den nur die Kredit gebenden Banken besitzen.

Oder betrachten wir das Abenteuer von Bayer, welche etwa das Zwanzigfache des EBITDA`s von Monsanto bzw. nahezu den fünffachen Umsatz für die Übernahme von Monsanto  bezahlen wollen. Ratzfatz hat daher die Dekabank (Marktanteil an Bonitätsanleihen 32%) am 27.6.2016 eine Bonitätsanleihe mit Stufenzins auf Bayer aufgelegt, um das Risiko vieler Banken-Kreditgeber damit abzufedern. Und zur sehr umstrittenen Deutsche Bank gibt es von der Dekabank natürlich auch eine.

Noch unübersichtlicher wird es, wenn die Bonitätsanleihe  als Referenzschuldner nicht nur ein Unternehmen hat, sondern mehrere, wodurch es für den Anleger dann total unübersichtlich und nicht verifizierbar wird.

Kurzum, an den Bonitätsanleihen kann man sehen, welche Bonität der jeweiligen Referenzschuldner von den Banken als gefährdet angesehen wird, woraus man folgern kann, dass man als Anleger  sich davon absolut  fern halten sollte

Risiko Nr. 3 ist die Ausgestaltung der Messung einer solchen Bonität und der fixierten Kreditereignisse, die an vielen Parametern hängt und für viele Nichtprofis ein Buch mit sieben Siegeln darstellt. Welche Kreditereignisse sind damit gemeint? Ratingverschlechterung? Wer erstellt dieses Rating (Vorsicht, Ratingagenturen lassen sich dafür bezahlen, wodurch das Ergebnis fraglich sein kann)? Hängt die Ratingverschlechterung an Ertragsparametern wie EBITDA, EBIT  etc. im Verhältnis zum Verschuldungsgrad (sehr gestaltbar) oder nur am Mindest- Jahresergebnis (auch sehr gestaltbar)? Das ist nur ein kleiner Teil von möglichen Bonitäts- Gestaltungen solcher Anleihen.

Der Anleger hat sich auf jeden Fall durch eine Unmenge von Bestimmungen durchzulesen und man kann davon ausgehen, dass 99% der Privatanleger diesen juristischen und betriebswirtschaftlichen Kauderwelsch nicht verstehen werden.

Fazit:

Die emittierenden Banken solcher mit hohen Risiken behafteten Bonitätsanleihen haben nichts dazu gelernt. Der Markt für Bonitätsanleihen ist zwischenzeitlich € 6 Milliarden schwer und wird nahezu aufgeteilt unter der LBBW (45% Marktanteil), die Dekabank (32%), die HVB (10%) und die DZ-Bank (7%), letztlich alles Banken, welche im Investmentbanking keine große Rolle spielen und sich daher anscheinend nicht des eigenen Risikos bewußt sind. Glauben diese Banken wirklich, dass die geschädigten Anleger sie nicht in Regress nehmen werden?

Es bleibt daher zu befürchten, dass auf diese Banken eine riesige Prozesslawine zukommen wird. Am besten wäre es aber, solche Risikopapiere insgesamt vom Markt zu nehmen.

31. Juli 2016

Elmar Emde

Autor des Buches „Die strukturierte Ausbeutung“

Siehe auch www.emde-fiveko.de