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Allgemeiner Marktkommentar und Anlagestrategie

Wilen, den 7. Februar 2016 Nr.2

Allgemeiner Marktkommentar und Anlagestrategie von Herrn Ottmar Beck/ Analyst

Sehr geehrte Damen und Herren

die Diversifizierung ist noch wichtiger geworden. Der folgende Chart zeigt die Entwicklung europäischer Aktien (grün), europäischer festverzinsliche Wertpapiere (blau) und Rohstoffe (ocker) auf ein Jahr und seit dem 1. September 2006.

Markkommentar

Der Anteil einer Investition von 10 Prozent des Kapitals in Rohstoffen wurde gewählt, da Rohstoffe die grundlegenden Ressourcen unserer Wirtschaft sind. Es besteht kein Zweifel daran, dass ohne Rohstoffe die Produktionsanlagen stillstehen und die Weltbevölkerung nicht zu ernähren ist. Auch für den weiteren Ausbau der Infrastruktur werden Rohstoffe benötigt. Die Zunahme der Weltbevölkerung und die Verbesserung des Lebensstandards – unsere langfristigen Grundannahmen – werden den Hunger nach Rohstoffen weiter nach oben treiben. Im Moment ist allerdings das Angebot und nicht die Nachfrage das Problem. Zum Beispiel hat China im Dezember 7,83 Millionen Fass Öl je Tag importiert. Das sind 9 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auf das zu große Angebot reagieren die Firmen zurzeit mit Schließungen und der Reduzierung ihrer Kapazitäten. Auch werden die Mittel für die Erschließung neuer Rohstofflager drastisch gekürzt. Da das Öffnen geschlossener Produktionskapazitäten ein teurer Prozess ist, werden die Märkte langfristig wieder von den Fundamentaldaten getrieben werden. Dann wird sich die Diversifizierung auszahlen. Deswegen bleiben wir, trotz des drastischen Rückganges der Rohstoffpreise, unsere Strategie treu. Historisch hat es selten eine solche und vor allem lang anhaltende Diskrepanz (2012-2015) zwischen der Kursentwicklung von Aktien und Rohstoffpreisen gegeben. Es macht keinen Sinn, die gestiegenen Aktienkurse auf billige Rohstoffpreise zurückzuführen, obwohl billiges Öl den Konsum stützt und preiswertere Rohstoffe vielen Unternehmen helfen. Denn nach vielen Aussagen geht die Ersparnis der Konsumenten nicht in den Konsum, sondern erhöht die Sparquote, und bei den Unternehmen fallen die Rohstoffländer als Absatzgebiet aus. Die Zukunft wird für uns die Antwort geben, wer von beiden – Aktien oder Rohstoffe – recht hat.

Ich gehe davon aus, dass die Zentralbanken mit dem Versuch, durch Geld drucken die Wirtschaft anzukurbeln, die Entwicklung der Preise für Sachanlagen völlig aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Im Rahmen der EZB-Sitzung im Januar hat Mario Draghi für die kommende Sitzung am 10. März eine Überprüfung und mögliche Neuausrichtung der geldpolitischen Maßnahmen angekündigt. Somit steht die EZB vor einer weiteren monetären Stimulierungsmaßnahme. Dies führte sofort – kurzfristig – zu einer positiven Tendenz an den Aktienmärkten. Die US-Notenbank hat am 27. Januar wie erwartet den Leitzinskorridor unverändert belassen. Allerdings hat der Offenmarktausschuss die im Dezember verwendete Formulierung gestrichen, wonach die Risiken des Wirtschaftswachstums und des Arbeitsmarkts ausgeglichen sind. Jetzt will man das Geschehen an den Märkten „aufmerksam beobachten“, um daraus eventuell eine neue Risikoeinschätzung ableiten zu können. Diese neue Formulierung zeigt eine wachsende Vorsicht der amerikani-schen Zentralbank vor einer weiteren Erhöhung der Zinsen. Sie können sich die Gründe aussuchen, warum die amerikanische Zentralbank so schnell die Zinsen nicht weiter erhöhen wird: mit dem ISM-Einkaufsmanager-Index unter 50, mit einem neuen Hoch der Kreditspreads bei den Firmenanleihen, mit einer US-Produktion im negativen Bereich, einer nach wie vor unter dem Ziel befindlichen Inflationsrate, mit fallenden Gewinnmargen bei den Unternehmen und zurzeit fallenden Aktienkursen haben Sie eine große Auswahl. Nach der laufenden negativen Reaktion der Aktienmärkte werden der Anlagenotstand und die Hoffnung auf weiter niedrige Zinsen allerdings positiv interpretiert werden. Wir bleiben aber dabei, dass das Risiko nach unten noch besteht. Das Potenzial nach oben dürfte kurzfristig gut, langfristig allerdings verhältnismäßig gering sein.

Im Rohstoffsektor sind Anlagen im Moment günstig. Aktien, die an Energieträger wie Öl oder Gas gebunden sind, oder auch Goldminen sind nach wie vor zu niedrig bewertet. Zu den Kursen der Erdölaktien passen sowohl die Analysen von Morgan Stanley als auch die von Goldman Sachs, die einen Fall des Ölpreises auf 20 US-Dollar prognostizieren. Das Gute an solchen Prognosen ist, dass sie nicht zwingend wahr werden. Erinnern wir uns an den Mai 2008. Der Ölpreis war bei 120 US-Dollar. Damals prophezeiten die Analysten von Goldman Sachs bis 2010 einen Preisanstieg auf 150 bis 200 US-Dollar. In der Realität stieg der Ölpreis noch bis Juli 2008 auf 146 US-Dollar und fiel dann bis unter 40 US-Dollar. 2008 waren in Nordamerika ca. 200 Gas- und Bohranlagen aktiv. In der Spitze, 2014, lag die Zahl bei 1.600. Inzwischen sind nur noch 400 Anlagen aktiv. Wir können annehmen, dass dies die produktivsten Anlagen sind. Jedoch sollte sich mit der Zeit der Rückgang bei den Anlagen auch auf die Fördermenge der USA auswirken. Kommt dazu noch ein Umdenken der Saudis in ihrer Ölpolitik – auch ihre Reserven sind endlich–, haben wir sehr schnell wieder andere Preisverhältnisse. Die anhaltende Volatilität an den Finanzmärkten hat die Nachfrage der Anleger nach Gold wieder angekurbelt. Die börsengehandelten Goldfonds haben seit Jahresbeginn wieder Zuflüsse verzeichnet. Daher bleiben Goldminenaktien und das Rohstoffsegment eine effektive Portfoliodiversifikation.

Das, was uns alle viel mehr beschäftigen sollte, ist, dass es im Moment keinen Staat gibt, der die Funktion einer wirtschaftlichen Lokomotive für den Rest der Welt übernehmen kann, und die Geldpolitik gescheitert ist. In der Ver-gangenheit waren die USA und in der jüngsten Vergangenheit China die Lokomotive des Weltwirtschaftswachstums. Beide Staaten übernehmen zurzeit diese Funktion nicht mehr. Die Effektivität der Geldpolitik, mit mehr Schulden mehr Wachstum zu erreichen, hat in meinen Augen auch ihr Endstadium erreicht. Die Zentralbanken haben erst die Zinsen auf null gesenkt und sind dann zum Gelddrucken übergegangen. Das hat zwar nicht den gewünschten Effekt einer höheren Inflationsrate und mehr Wirtschaftswachstum gebracht, dafür aber die Preise für Sachanlagen unverhältnismäßig steigen lassen. Die Erfahrung sagt uns: Alles kehrt zurück zum Durchschnitt. Damit dürften die zukünftigen Renditen aus Sachanlagen sinken.

Die Erfahrung hat uns gelehrt unsere Systematik auch in schlechten Zeiten durchzuhalten. Deshalb werden wir keine Veränderung der Anlagen im Februar vornehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Ottmar Beck

Analyst

Diese Veröffentlichung dient ausschließlich der Information und stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung zur Abgabe von Kauf-, Verkaufs- oder Zeichnungsaufträgen dar. Alle Informa-tionen beruhen auf Quellen, die wir als zuverlässig erachten. Sie dienen lediglich der Information und begründen kein Haftungsobligo. Anlagen können plötzlichen und erheblichen Wertverlusten unterworfen sein, mit der Folge, dass der Anleger möglicherweise nicht den investierten Gesamtbetrag zurückerhält. Bei Aktien bestehen gegenüber festverzinslichen Wertpapieren neben höheren Renditechancen auch wesentlich größere Risiken; ein Totalverlust kann nicht ausgeschlossen werden. Die individuellen Anlageziele, die Finanzlage oder die besonderen Bedürfnisse einzelner Empfänger wurden nicht berücksichtigt.

 

 

 

 




Mischfonds

Nach der gängigen Definition sind Mischfonds Investmentfonds, die sowohl in Aktien, Rentenpapieren, Geldmarktitel als auch in Immobilien-Sondervermögen anlegen.

Kurzum, das Fondsmanagement darf alles auf dem Wertpapiermarkt kaufen und verkaufen, darf nach Belieben  die Risiken durch Derivate absichern (wie bei den anderen Investmentfonds auch) und schafft damit eine Intransparenz, die es keinem außen stehenden Risikomanager erlaubt, die wirklichen Risiken hieraus und die dahinter versteckte Gebührenpolitik  verifizieren zu können.

Wie der Name daher schon sagt, ein  Mischfonds oder besser ein Mischmaschfonds.

Verkauft wird ein solcher Fonds mit dem Hinweis, dass mit der Variabilität dieser Anlagepolitik Wachstumschancen der Aktienengagements mit Renditen aus festverzinslichen Wertpapieren  und Substanzerträgen aus Immobilien-Sondervermögen kombiniert werden können. Eben eine Mischmasch – Investmentpolitik mit sehr guten Möglichkeiten, entsprechend hohe Gebühren vereinnahmen zu können.

Siehe im Übrigen weitere Ausführungen zu den Investmentfonds.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Mergers & Acquisition

Geschäftsfelder Investmentbanken: Mit diesem Geschäftsbereich stellte sich das Investmentbanking in der breiten Öffentlichkeit zunächst vor. Es ist eine Dienstleistungs­einheit, welche kauf- und verkaufswillige Unternehmer in der Ab­wicklung dieses Vorgangs berät, ebenso bei Fusionen (beide Seiten stimmen zu) oder Übernahmen, welche in vielen Fällen feindlicher Art sind, da der zu Übernehmende aus den unterschiedlichsten Gründen mit dem kaufwilligen Unternehmen nicht zusammengehen will.

Zunächst akquiriert/­bewirbt (deshalb „Acquisition) diese Einheit Unternehmen, welche entweder kaufen oder verkaufen oder sich mit einem anderen Unternehmen – aus Gründen wie auch immer – zusammenschließen /­ fusionieren wollen. Grundlage für den dann verhandelten Kaufpreis sind die meistens von diesen Abteilungen erstellten Unternehmensbewertungen, welche je nach Beauf­tragung unterschiedlich hoch oder niedrig ausfallen können und führen dann im Auftrag ihres Kunden die entsprechenden Ver­hand­lun­gen.

So kann es dann vorkommen, dass sich zwei M&A Abteilungen von unterschiedlichen Investmentbanken gegenübersitzen und Strategien bis zum
Erbrechen auf beiden Seiten gefahren und ver­worfen werden. Entweder unterstützt eine solche Einheit das kauf­willige Unternehmen oder sie wird gerufen, um Strategien und Maßnahmen zur Abwehr einer feindlichen Über­nahme, die eine andere M&A Einheit aufgestellt hat, zu entwerfen.

Bei diesem Geschäft sind Kaufpreisvolumina von einigen hundert Millionen, bzw. einigen Milliarden keine Seltenheit. Die Ver­gütungen dieser M & A Abteilungen richten sich zum einen nach der Konjunkturlage dieser Branche, d. h. nach der Nachfrage zu solchen Leistungen und zum anderen nach der Expertise und Professionalität dieser Einheit und liegen in der Regel bei 4-5 % +x des Transaktionsvolumens.

Hier eine Auswahl von großen Übernahmen und Fusionen der letzten Jahre (entnommen aus Wikipedia):

Jahre Käufer Ziel Transaktionswert
1998 Daimler Benz Chrysler  35 Mrd. €
1998 Exxon Mobil Oil  85 Mrd.US$
2000 Vodafone Mannesmann 203 Mrd.US$
2000 Time Warner AOL 182 Mrd.US$
2000 Pfizer Warner Lambert  89 Mrd. US$
2002 Pfizer Pharmacia Corporation  59 Mrd US$
2007 Royal Bank of Scotland ABN AMRO Holding  91 Mrd. US$
2000 Glaxo Wellcome PLC SmithKline Beecham  76 Mrd. US$
2004 Royal Dutch Shell Transport & Trading  75 Mrd. US$
2006 AT & T Bell South Corp.  73 Mrd. US$
2004 Sanofi Aventis  60 Mrd. US$

 

Die Höhe dieser Transaktionsvolumina bescherte den Banken bei den erwähnten Provisionssätzen einen reinen Geldsegen, aber nicht nur für diese M & A Dienstleistung, sondern auch für die dann nachfolgenden Finanzierungen, entweder in einer Lead-Position (Führungsposition mit den höchsten Provisionssätzen), die eine Strukturierung der Gesamtfinanzierung beinhaltetet oder als Co-Leader (mit deutlich geringeren Provisionssätzen). Und wenn es „ungünstig“ läuft nur als Finanzierungspartner, welcher dann aber immer noch  kräftige Zins- und Provisionseinnahmen verbuchen kann.

Die Einnahmemöglichkeiten der Banken waren in solchen Fällen extrem hoch und nahmen nicht selten 9 – 10-stellige Summen ein, verführten aber wiederum diese Institute, diese Verbriefungs­möglichkeiten und die daraus entstehenden verschiedenen Anlage­vehikel des Anlagemarktes den Unternehmen minderer Bonität nur zum Zwecke ihrer Provisionseinnahmen zur Verfügung zu stellen. Derzeit kann man eine ähnliche Entwicklung bei den „Anleihen mittelständischer Unternehmen“ beobachten (siehe Kapitel Mittel­stand in Gefahr“)

Zu meiner Zeit in Frankfurt (1988 bis 1991) bekam ich hautnah die Übernahme von Kraft Foods durch Philip Morris im so genannten Konzernstab Kredite, der damaligen Kaderschmiede der Dresdner Bank mit, in welcher die künftigen Führungskräfte für ihre Aufgaben vorbereitet oder besser gestriezt wurden. Es war mit US$ 11,6 Milliarden Transaktionsvolumen die damals größte freundliche Übernahme und eine Sensation, verglichen mit den oben er­wähnten Übernahmen sind das aber „peanuts“, um in der Banker­sprache zu bleiben.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Mittelstandsanleihen, die neuen Subprimes

Erinnern wir uns daran, dass die rd. 300.000 mittelständischen Be­triebe in der Bundesrepublik zwei Drittel des BIB (Bruttosozialprodukt) und 80 % der Beschäftigung stemmen. Hier spielen im Wesentlichen Familienbetriebe die größte Rolle, bei denen man eine deutlich sozialere Einstellung als bei den unpersönlichen und gesichtslosen Konzernen konstatieren kann. Die Halbwertszeiten für die Konzernvorstände von nur wenigen Jahren erinnern mich sehr stark an die Zeitarbeitsbranche nur mit dem Unterschied, dass bei Be­endigung der Funktion diese fürstlich zu Lasten der Substanz des Unternehmens entlohnt werden. Manchmal fragt man sich für was.

Die Mechanismen der Investmentbanken reichen zwischenzeitlich in weite Teile der mittelständischen Betriebe und führen mittel- bis langfristig sukzessive zu einer Konzentration mit immer größeren Gruppierungen und Konzernen, deren Intentionen – wie bei den Investmentbanken – die reine Ertragsmaximierung ist.

Diese Entwicklung wird sehr stark forciert über die M & A Abteilungen der Banken, aber auch von den vielen Private Equity Gesell­schaften, welche in den wenigsten Fällen saldiert einen Mehrwert für die Volkswirtschaft geleistet haben. Letztlich verdienen nur wenige an solchen Deals. Konzerne werden dadurch immer größer oder kaufen sich dadurch künftig hohe Verluste ein. Oder Hedgefonds quetschen waidwunde Firmen weiter aus, bis schließlich die Insolvenz dem Unternehmen den letzten Todesstoß gibt. Auf der Strecke bleiben stets Arbeitsplätze und eine verdünnte Industrie- und Dienst­leistungslandschaft.

Aktuell wird diese Entwicklung durch den prosperierenden Markt der mittelständischen Unternehmensanleihen unterstützt. Auslöser ist wiederum das derzeit sehr niedrige Zinsniveau, welches Wasser auf die Mühlen der Investmentbanken und – abgeleitet davon – der Hedgefonds schüttet.

Die Anleger befinden sich derzeit in einer sehr misslichen Situation, bzw. in einem Anlagenotstand. Die Gründe sind die politisch ge­drückten niedrigen (seriösen) Zinsen, welche z. T. nicht einmal die offizielle Inflationsrate neutralisieren, eine durch politische Maß­nahmen induzierte volatile Börsenlandschaft sowie dadurch explodierende Preise für gute Substanzanlagen. Der Ursprung für diese Situation ist auch hier in der immer noch andauernden Finanz- und Schuldenkrise, u. a. auch ausgelöst und gefördert von den Produkten der Investmentbanken zu finden.

Die Unternehmen, insbesondere die mittelständischen, befinden sich ebenfalls in einer sehr misslichen Situation. Die Bankenlandschaft, welche für die Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebes bei der überwiegenden Anzahl der Unternehmen unerlässlich geworden ist, auch wegen der hohen Steuerbelastung und damit einer ver­minderten Eigenkapitalbindung, hat sich u. a. aufgrund dieser Finanz­krise nur noch auf wenige Bankengruppen reduziert. Diese sind die Geschäftsbanken Deutsche Bank, Commerzbank, Unicredit/­Hypo­ver­eins­bank, die Sparkassen und ihre Landesbanken sowie die Volks- und Raiffeisenbanken zusammen mit der DZ-Bank, also nur noch 5 ernst zu nehmende Bank-Gruppierungen, wobei die Sparkassen/­Landesbanken und Volks-Raiff­eisenbanken mit der DZ-Bank weit über 60 % des Marktanteils vereinnahmen. Darüber hinaus sind diese verbliebenen Bankgruppierungen nunmehr gezwungen, ihr Kapital zu erhöhen (Basel III), welches viele Banken durch Abbau von Kreditrisiken und damit Reduzierung der Bilanzsumme, wodurch die EK-Quote automatisch steigt, zu erreichen versuchen.

Vielen, insbesondere mittelständischen Unternehmen, wird bei sich abzeichnenden Risiken somit langsam der Kredithahn zugedreht, der Kreditnotstand wird eintreten, auch wenn dies von allen Seiten geleugnet wird. Dazu beitragen werden im Übrigen auch die von staatlicher Seite lächerlich hohen Anforderungen an das Kredit­geschäft, als hätte diese Seite des Bankgeschäftes zu der Finanzkrise geführt, während die für die Prüfer anscheinend zu komplizierte Anlageseite unverändert ein Prüfer-Aschenputteldasein führt.

Wen wundert es, wenn die Unternehmen diesem oft sehr schroffen Diktat der Banken entfliehen wollen und in andere Finanzierungs­formen flüchten, bzw. die Anleger höhere Renditen suchen und dabei die Risiken vergessen. Beliebt sind derzeit die Unternehmensanleihen, welche anfangs nur den (DAX-) Unternehmen im Investment-Grade-Bereich vorbehalten waren. Nun erscheinen auch solche von mittelständischen Unternehmen mit einem Rating deutlich darunter auf dem Markt.

Dieser Zyklus erinnert sehr stark an die Entstehung der Subprimes (strukturierte Anleihen auf Basis minderwertiger Hypothekenkredite). Zuerst wurden nur hochwertige Hypothekenkredite in Anleihen verpackt. Nachdem sich diese Anlageform insbesondere für die vertreibenden Banken als profitabel erwiesen hatte, wurde den guten immer mehr schlechte Hypotheken beigemischt, bis nur noch schlechte = Subprimes auf den Markt geworfen wurden und nach Bekanntwerden dieses Risikos ihr Ende in der Finanzkrise fanden.

Ähnliches zeichnet sich jetzt bei den Anleihen mittelständischer Unternehmen ab. Nachdem die Anleihen von Unternehmen mit hoher Bonität auf dem Markt großen Anklang gefunden haben, werden inzwischen hoch verzinsliche Anleihen von Unternehmen mit wesent­lich schlechterer Bonität emittiert, die somit bei weitem noch nicht reif hierfür sind und daher ein gewaltiges Risiko sowohl für den Zeichner der Anleihe = Anleger als auch für das emittierende Unter­nehmen selbst darstellen.

Risiken für das emittierende Unternehmen:

Die Volumina von mittelständischen Unternehmensanleihen nehmen nicht selten eine Größe ein, welche für die meisten Unternehmen einen reinen Geldsegen darstellen, soll er doch damit die hohen Kosten der Strukturierung (6-10 % Nebenkosten + Anleihezins selbst von 6 % bis 9 % + x) vergessen machen. Diese Höhe übersteigt nicht selten die bestehende Bilanzsumme des emittierenden Unternehmens oder erreicht die Höhe aller bisherigen Bankkredite, womit bei Umsetzung eine sehr einseitige Abhängigkeit von einem Finanzierungsinstrument entsteht.

Nimmt dann die Höhe der Unternehmensanleihe eine Größe (€ 10 – € 20 Mio.) ein, welche an der Börse – so sie denn zum Börsenhandel zugelassen wird – aufgrund der geringen Größe meistens zu sehr volatilen Kursbewegungen führen kann, ist nicht auszuschließen, dass bei interessanter Marktstellung oder bei einem interessanten Produkt Aufkäufer (Investmentbanken /­ Hedgefonds, Konkurrenz usw.) mit immensen Geldmitteln für den Ankauf der Anleihe bereit stehen. Das kann u. a. dazu führen, dass bei schwacher Nachfrage oder schlechten Unternehmensnachrichten die Kurse dieser Anleihen sehr schnell fallen und die Aufkäufer sukzessive in den Besitz dieser Unter­nehmensanleihen zu Preisen weit unter dem Ausgabekurs kommen, um sie bei Fälligkeit mit 100 % wieder zur Rückzahlung zu präsentieren.

Sollte dann das Unternehmen bei Fälligkeit in einer wirtschaftlich prekären Situation stecken und nicht fähig sein, die Rückzahlung der Anleihe zu bedienen, entsteht sehr schnell die Forderung nach einem so genannten debt-to-equity-swap, d.h. Tausch der Anleihe gegen Anteile des Unternehmens mit der Folge, dass der Aufkäufer dann sehr preiswert zu einem hoch interessanten Unternehmen gekommen ist, bzw. der Unternehmer sein in Jahrzehnten aufgebautes Unternehmen weit unter Preis – wenn überhaupt – verlieren wird.

Sollte andererseits eine Unternehmensanleihe aus Gründen wie auch immer nicht voll platzierbar sein, kommen auch hier diese Aufkäufer sehr schnell zu ihrem Ziel, indem sie den Rest aufkaufen, um dann genauso zu verfahren, wie oben beschrieben.

Risiken für die Anleger

Viele Anleger werden aufgrund des niedrigen Zinsumfeldes immer mehr dem Lockruf der weit über dem Markt liegenden Zinsen zwischen 4% und 10% folgen und damit grundsätzlich ein sehr hohes Kreditrisiko eingehen. Mittelständische Unternehmen stehen auf der Liste der Insolvenzen weiterhin auf Platz 1 aufgrund vielerlei Umstände. Es gilt daher, das umfangreiche Wertpapierprospekt (ca. 200 Seiten + x) wie ein Kreditprofi zu studieren und zu analysieren. Nur welcher Anleger hat die dafür nötige Kreditexpertise, geschweige denn die Wertpapierberater der Banken, bzw. nimmt sich die dafür nötige Zeit. Die meisten Anleger werden die vielen Fachausdrücke und die darin beschriebenen z.T. sehr komplexen Zusammenhänge kaum verstehen.

Leider muss man auch festhalten, dass bis dato die auf den Mittelstand fixierten Ratingunternehmen eher die dafür anfallende Gebühr im Auge haben als den Schutz des Anlegers  und der Volkswirtschaft. Diese Ratings sind daher mit äußerster Vorsicht zu genießen und nicht zu vergleichen mit den Ratings von S&P, Moody`s und Fitch, den weltweit drei Marktführern dieser Branche.

Bei der oben beschriebenen Konstellationen für Anleihen mittelständischer Unternehmen mit einem für die Börse nur geringen Volumen und damit vorgegebener Volatilität besteht für den Anleger zudem  die Gefahr eines Verfalls des Anleihewertes innerhalb kürzester Frist und sogar Verlust des ein­gesetzten Kapitals. Nutznießer sind die Aufkäufer, deren Gewinn der Verlust der Anleger ist. Wie so oft!

Findet man keine Aufkäufer aufgrund der eingetretenen schlechten Bonität oder will ein Investor das Unternehmen übernehmen, aber ohne die Anleiheverbindlichkeiten, kann es passieren – wie bei Schefenacker bereits geschehen -, dass der Sitz einfach nach London verlegt wird in die Räuberhöhle der Investmentbanken und ein Eldorado für Pleitiers aufgrund sehr lascher Insolvenzverordnungen. Die Folge daraus ist stets das volle Aushebeln der Gläubigerrechte zu Gunsten der finanzierenden Banken. Solche Komplotte, die meistens von Anfang an geplant sind, wird es in den Folgejahren sicherlich noch oft geben.

Mit diesen Ausführungen möchte ich mich jetzt nicht als einen Ab­lehner oder Verweigerer dieser Finanzierungsform outen. Unter­nehmensanleihen können eine sehr wohltuende langfristige Er­gänzung des Finanzierungsmixes eines Unternehmen darstellen, dürfen aber keinesfalls das alleinige Finanzierungsinstrument sein oder dürfen nie eine Größe einnehmen, welche das Unternehmen davon abhängig macht.

Wichtig ist jedoch, dass das Unternehmen hierzu auch reif ist, d. h. über eine gute Bonität verfügt, die Finanzlogistik den hohen An­forderungen der Berichterstattung gerecht und die Produkte auf dem Markt akzeptiert werden sowie ein entsprechend hohes Wachstum vorzeigen können, somit das Unternehmen einer der Marktführer der Branche ist.

Diese seriösen Aspekte und Struktur sichern dem emittierenden Unternehmen eine hohe Unabhängigkeit und machen es vor Auf­käufern sicher. Und den Anlegern gibt es die Sicherheit, dass am Ende der Laufzeit das angelegte Geld wieder zurückgezahlt wird.

Leider wird die maßlose Aus­beu­tungs­spirale der Politik in Form der nicht enden wollenden Steuererhöhungen oder Kreationen neuer Ausgaben- und Besteuerungformen, welche den Mittelstand in ein zunehmendes Abhängigkeits- und damit Ausbeutungsverhältnis zur Finanzindustrie bringen, diese Refinanzierungsform weiter befeuern und somit nicht nur den Anlegern sondern den mittelständischen Unternehmen selbst hohe Verluste zufügen.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de