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Investmentfonds (Definition)

Ein offener Investmentfonds ist ein Geldanlagekonstrukt. Eine Investmentgesellschaft (deutscher Fachbegriff: Kapitalanlagegesell­schaft) sammelt das Geld der Anleger, bündelt es in einem Sonder­vermögen > dem Investmentfonds (was nichts anderes ist als ein großes Wertpapierdepot) und investiert es in einem oder mehreren Anlagebereichen, d. h. sie kauft Papiere und verkauft dafür wieder andere oder umgekehrt. Die Anteilscheine, d. h. die fixierten Anteile an diesem Fonds /­ Wertpapierdepot können in der Regel börsen­täglich gehandelt werden. Das Geld im Fonds wird nach vorher festgelegten Anlageprinzipien z. B. in Aktien, festverzinslichen Wert­papieren, am Geldmarkt und/­oder in Immobilien angelegt. Das sind dann die Aktienfonds, die Rentenfonds, die Geldmarktfonds oder die Immobilienfonds. Diese offenen Investmentfonds müssen im Regelfall bei der Geldanlage den Grundsatz der Risikomischung beachten, das heißt, es darf nicht das gesamte Fondsvermögen in nur eine Aktiengesellschaft oder nur eine Immobilie investiert werden (im Gegensatz zu geschlossenen Fonds). Durch die Streuung des Geldes auf verschiedene Anlagegegenstände (Diversifikation) soll das Anlagerisiko reduziert werden, das Finanzprodukt wird aber für den Anleger dadurch auch intransparent und eröffnet dem Fondsmanagement eine Reihe von zusätzlichen Ertragsmöglich­keiten außerhalb des Gesichtsfeldes des Anlegers.

Diese Grundsätze der Risikomischung sind auch hier in den „Fact Sheets“, d. h. Beschreibung des Fonds, festgelegt. Darin findet man die Anlagegrundsätze, die Anlagekategorien wie z. B. in welche Aktien von welcher Branche und welchem Land und welcher Währung investiert wird, die diversen Absicherungsmöglichkeiten über das gesamte Instrumentarium der Derivate, weitere Beimischungen (ich würde sagen Giftinjektionen) in Form von CDS (Credit Default Swaps= Übernahme von Kreditrisiken> Frage: wie soll das ein Fondsmanager ohne Kreditexpertise beurteilen können) oder ABS-Papiere (Asset Backed Securities = durch Vermögens­werte = Assets unterlegte = backed Wertpapiere = Securities), alles Kreditprodukte, womit sich ein anderer Kreditgeber seines Kredit­risikos gegen Zahlung einer Provision entledigt. Darüber hinaus spielen diese Fondsmanager gerne mit dem Instrumentarium der Optionen herum, so dass ein Außenstehender nicht in der Lage ist, das Risiko in einem solchen Fonds ernsthaft zu überprüfen, zumal am nächsten Tag das Portfolio des Fonds durch Kauf und Verkauf ein völlig anderes Gesicht haben kann.

Gerne wird bei diesem Kritikpunkt auf den Jahreswirtschaftsbericht des jeweiligen Fonds verwiesen, der allerdings meistens frühestens nach 6 Monaten nach Bilanzstichtag eingesehen werden kann. Was kann sich aber in diesen 6 Monaten schon wieder alles verändert haben?

Mit dem Kauf von Investmentfondsanteilen wird der Anleger Mit­eigentümer am Fondsvermögen ohne Einfluss darauf nehmen zu können und hat einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung – so er ent­steht! – und Anteilsrückgabe zum jeweils gültigen Rücknahmepreis. Der Anteilswert bemisst sich nach dem Wert des gesamten Fonds­vermögens dividiert durch die Anzahl der ausgegebenen Anteile. Das Fondsvermögen wird nach Angaben des Fonds professionell verwaltet (was eigentlich jeder Fonds von sich behauptet) und ist nach deutschem Recht Sondervermögen, das bedeutet, die Anlagen müssen strikt getrennt von dem Vermögen der Gesellschaft gehalten werden. Diese Regelung garantiert den Vermögenserhalt auch bei Insolvenz der Kapitalanlagegesellschaft/ der Fondsgesellschaft, welche diesen Investmentfonds verwaltet, es sei denn, die eingesammelten Gelder werden missbräuchlich von der Fondsgesellschaft verwendet. Den meisten und großen Fondsgesellschaften kann man das sicherlich nicht unterstellen.

Das Sondervermögen steigt durch neue Einlagen von Anlegern und durch Kurs-, Dividenden- und/­oder Zinsgewinne bzw. fällt durch Rückerstattung von Anteilen oder Verluste. Aus diesen komplexen Zahlenreihen ergibt sich dann der Kurs dieses Invest­mentfonds. Allerdings ist nur sehr schwer feststellbar, wie viele Kosten von der Fondsgesellschaft in diesem Zahlenwerk schon verarbeitet wurden.

Eine Garantie des Vermögenserhalts wird kein Fondszeichner erhalten, es sei denn, er zeichnet einen Fonds mit Kapitalerhalt, wobei der Anleger dann ganz sicher sein kann, dass er am Ende der Laufzeit nicht mehr als sein Kapital zurückbekommt. Dann kann er aber gleich eine Bundesanleihe zeichnen und erhält dafür sogar noch Zinsen. In den Fact Sheets auf Seite xy, meistens relativ weit hinten im Fondsprospekt, werden alle möglichen Risiken aufgezeigt und von den Verkäufern dieser Fonds mit den Beipackzetteln von Medika­menten verglichen, um damit zu dokumentieren, dass diese Risiken mit „höchster Wahrscheinlichkeit“ nicht eintreten werden. Jedenfalls habe ich noch keinen solchen „Beipackzettel“ gefunden, der nicht von einem totalen Vermögensverlust spricht.

Beim Kauf eines Investmentfonds hat der Anleger für die Idee der Zusammensetzung des Anlagegutes „Investmentfonds“ und für das Fondsmanagement einen Ausgabeaufschlag in unterschiedlicher Höhe zu bezahlen. Dieser Ausgabeaufschlag liegt in der Regel zwischen 2 % bis 6 % + x, welcher zusätzlich zum Kurs des Invest­mentfonds zu zahlen ist. Hinzu kommen dann Jahr für Jahr die Verwaltungsgebühren von 0,5 % bis 2 %. Eigentlich stellt ein Invest­mentfonds eine Mini-Vermögensverwaltung dar nur mit dem Unterschied, dass die Vermögensverwaltungsgebühren der eigent­lichen Vermögensverwalter nur bei maximal 1 %, in der Regel deut­lich darunter liegen.

Aber nicht genug mit dem Ausgabeaufschlag und den Verwaltungs­gebühren, auch Management-fee genannt. Je nach Vertragsart werden

  • versteckt oder offen Gewinnbeteiligungen eingebaut, die bei krassen Fällen – insbesondere bei einigen Liechtensteinfonds – wöchentlich ermittelt werden und am Ende der Woche dem Depot belastet werden.
  • Daneben schlagen Rückvergütungen an den Vertrieb,
  • Halteprämien an die Depot verwaltende Bank, wenn der Fonds so lange wie möglich vom Anleger gehalten und nicht verkauft wird trotz negativer Performance und
  • sonstige Incentives = den Vertrieb unterstützende Maß­nahmen wie Sonderreisen, Geschenke usw.

negativ zu Buche.

Diese werden offiziell nicht ausgewiesen und  als Gesamt­paket dem Vertrieb, bzw. der Bank vergütet ohne Bezug auf das jeweilige Produkt oder den jeweiligen Fondsinhabers und sind damit äußerst schwer verifizierbar. Bezahlen muss es aber der Anleger in Form eines vom Fondsmanagement entsprechend gestalteten Kurses, der sich dann wundert, warum der Kurs des Investment­fonds zurückgegangen ist oder nicht entsprechend des Anstiegs des DAX  Gewinne verzeichnen konnte.

Will der Anleger den Investmentfonds verkaufen, liegt der Unterschied zwischen An- und Verkauf in der Regel um die 3-5 %, womit eine weitere nicht zu unterschätzende Ertragsmöglichkeit für die Fonds­gesellschaft besteht. Dieser hohe Unterschied dient aber nur dem Zweck, den Anleger vom Verkauf des Investmentfonds abzu­halten. Weitere diesbezügliche mir bis dato nicht bekannte Gebühren sind nicht auszuschließen, bzw. mir schon unter­gekommen.

Seit einigen Jahren sind die Banken verpflichtet, die Gebühren­belastungen ihrer Finanzprodukte offenzulegen. Ich erinnere mich noch an die dicken Prospektpakete der Banken, womit die neue Offenlegung der Gebührenbelastung dokumentiert werden sollte. Dieses Paket nahm nicht selten einige hundert Seiten an Informationsseiten ein inkl. der dann erstmals zugesandten Geschäftsberichte, Marktberichte usw. mit dem erklärten Ziel, den Kunden vor lauter Informationen vom eigentlichen Kern dieser Berichterstattung abzuhalten, nämlich die auf irgendwelchen Seiten versteckten Gebühren- und Kostenbelastungen. Selbst wenn ich heute im Sinne des Mandanten danach frage, bekomme ich meistens hinhaltende oder nur sehr lückenhafte Auskünfte, obwohl die Banken hierzu gesetzlich verpflichtet sind. In einem Fall beschwerte sich sogar der Kundenberater bei meinem Mandanten unter Hinweis, dass doch in der Vergangenheit sehr vertrauensvoll mit ihm zusammengearbeitet worden war. Hier möchte ich noch ergänzen>> der Kunde vertrauensvoll ausgenommen wurde.

Meistens gehören die Investmentfondsgesellschaften einem Bank­konzern oder sind Vertriebspartner irgendwelcher Banken­gruppen (Sparkassen /­ Volks­banken), die wiederum Eigentümer der Investmentfondsgesellschaft sind (z. B. Dekabank). Somit verfügen die Banken mit Investmentfondsgesellschaften über eine recht starke Vertriebsstärke für Finanzanlagen, welche bei Neuemissionen von Aktien und Anleihen eine erhebliche Rolle spielen zum Zwecke der Akquisition eines Emissionsmandates. Je größer die Vertriebs­stärke, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das für die Bank sehr lukrative Emissionsmandat als maßgeblicher Agent zu erhalten oder daran beteiligt zu werden. Das bedeutet allerdings auch, dass dann solche Papiere sehr schnell bei den Investmentfonds der eigenen Investmentfondsgesellschaften platziert werden können, egal ob es sich jetzt um ein Papier mit guter oder schlechter Bonität handelt. Besonders kritisch ist diese Vorgehensweise dann zu sehen, wenn die Bank über eine solche Emission die eigenen zu hohen Kreditforderungen gegenüber einem Schuldner abbaut.

Wie schon mehrmals festgehalten, ist der Vermögensanlagekunde ein Kreditgeber, die Vermögensanlage der Kreditnehmer. Somit nimmt ein Investmentfonds die Eigenschaft eines Kreditnehmers ein. Es handelt sich also auch hier um ein Kreditgeschäft.

Vergleicht man nun dieses Kreditgeschäft mit dem Vorgang einer Kreditvergabe durch die Bank, kann man hier himmelweite Unter­schiede erkennen. Während man beim Kauf eines Investmentfonds eine Kurzfassung der Fondsbeschreibung /­ einen Flyer mit power-point-ähnlichen Grafiken in Form eines Kuchens, welcher die jeweiligen Anteile irgendwelcher Fakten (Branche /­­ Währung usw.) enthält und Performance- Kurven meistens der letzten 2 bis 3 guten Jahre aufzeigt und nicht die Kurve der Gesamtlaufzeit mit einer evtl. negativen Gesamtperformance, was leider sehr oft praktiziert wird, geht es bei der Bankkreditvergabe ganz anders zu.

Hierbei stützt sich die Bank richtigerweise ganz maßgeblich auf das Kreditwesen­gesetz. Will ein Unter­nehmen bei einer Bank einen Kredit aufnehmen, muss es die Jah­resbilanzen, vorläufige Zahlen u. a. in monatlichen oder viertel­jähr­lichen Zeitabständen in Form einer BWA (Betriebswirtschaft­licher Abrechnung) vorlegen. Darüber hinaus Planzahlen, Auftrags­be­stand, eine Liquiditätsrechnung, eine Aufstellung des Krediten­ga­gements bei den anderen Banken und deren Sicherheiten­positionen. Weitere Fragen, welche für die Erstellung des Ratings wichtig sind, nehmen teilweise einen Fragenkatalog bis zu 100 wei­teren Fragen + x ein. Bei Krediten an Privatpersonen ist es ähnlich.

Alles richtige Maßnahmen zur wertberichtigungsfreien Kreditver­gabe und damit Stabilisierung der Kreditinstitute und damit auch der Realwirtschaft. Zudem hat es auch einen erzieherischen Charakter zu einem seriösen Geschäftsgebaren.

Warum aber hat es der Staat als die letzte Instanz einer Finanz­polizei und damit der Stabilisierungsfaktor unserer Volkswirtschaft, trotz schwerer Finanzkrise und vieler Lippenbekenntnisse bis heute nicht geschafft, solche Regeln auch bei der Kreditvergabe durch die Privatanleger als absolutes Muss einzuführen? Diese werden unver­ändert allein gelassen. Da helfen auch keine vom Anleger zu unter­zeichnenden mehrseitige und eng bedruckte Beratungsbögen, womit der Anleger dokumentieren soll, dass er alles verstanden hat. Erfahrungsgemäß können aber die meisten Anleger die darin auf­geführten Wertpapiergattungen nicht einmal auseinanderhalten, geschweige denn, die Risiken hieraus erkennen. Diese Beratungs­bögen verfolgen daher nur den einen Zweck, bei einer Schieflage die beratende Bank frei zu zeichnen nach dem Motto, er wurde über die Risiken aufgeklärt.

Viele diesbezügliche Forderungen, diese unverständlichen Beratungsbögen zu vereinfachen, bzw. verständlicher zu machen, wurden schon vor Jahren formuliert und vorgeschlagen, verändert hat sich letztlich nichts. Der Verkauf der kreditbasierten strukturierten Finanzprodukte geht unverändert weiter, bzw. wird durch die übertriebene Regulierungswut der BaFin, welche anscheinend nur über eine Expertise im Kreditgeschäft verfügt, verschärft. Wen wundert es dann, wenn die Banken das Kreditgeschäft sukzessive in der Ecke liegen lassen, bzw. alles daran setzen, es durch Verbriefungsaktionen wieder loszuwerden.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass

  • man beim Kauf des Produktes Investmentfonds jemanden – einem Fondsmanagement – Geld gibt, den man nicht kennt, das meistens sogar der empfehlende Banker nicht kennt,
  • das Fondsmanagement für seine Tätigkeit – außer bei grober Fahrlässigkeit, welche in diesem Geschäft unmög­lich nachgewiesen werden kann – nicht haftet, ebenso die empfehlende Bank (dafür sorgt schon der vom Anleger zu unterzeichnende Beratungsbogen),
  • das Anlagegut nicht transparent ist und
  • bei dem sowohl die vermittelnde Bank als auch das Fonds­mana­ge­ment sehr gut ohne Wissen des Anlegers verdienen kann und das nochmals ohne Risiko.

 

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de