Es ist eigentlich unfassbar, welches Demokratie-Verständnis die Presse, insbesondere die Fernsehjournalisten in ihren Tagesschau-, heute-journal- und Talk-Show-Runden haben. Ständig ist der so genannte “Wortbruch” von Herrn Merz ein genüssliches Thema in diesen Runden und diese Journalisten merken dabei nicht, wie sie damit der Demokratie ins Knie schießen.
Vor und während des Wahlkampfs haben alle Parteien und Politiker dargelegt, welche Thesen sie vertreten und welche Politik sie verfolgen würden, vorausgesetzt, sie erreichen die Mehrheit im Parlament. Damit wollen sie natürlich Wählerstimmen einfangen, letztlich ein Vorgang, den sich jede demokratische Partei zu eigen macht.
Nach einer demokratischen Wahl stellt sich dann heraus, ob diese oder jene Partei eine Mehrheit im Parlament hat oder ob sich unter den gewählten Parteien Mehrheiten für eine künftige Politik finden lassen.
Bei der letzten Bundestagswahl hat sich für keine Partei eine absolute Mehrheit ergeben, sie kann somit ihre Aussagen aus dem Wahlkampf und des Parteiprogramms nicht voll umsetzen.
Es müssen sich somit Mehrheiten finden.
In diesem Fall hat der Souverän entscheiden, dass nur die Parteien der Mitte, d.h. die CDU/CSU und die SPD eine Mehrheit im Parlament haben. Eine Koalition der CDU/CSU mit der AfD, welche ca. 80% der Wähler nicht wollen, ist daher auch aufgrund des fehlenden Demokratieverständnisses der AfD absolut keine Alternative.
Somit sind CDU/CSU und SPD bzw. Herr Merz und Herr Klingbeil gezwungen, Kompromisse einzugehen, um das jeweils unterschiedliche Politikverständnis unter einem Hut zu bringen. Letztlich bedeutet das gezwungener Maßen Abstand zu nehmen von sicherlich nicht falschen Meinungen/Aussagen aus dem Wahlkampf.
Und das meine Damen und Herren Journalisten, ist kein Wortbruch, den Sie alle permanent genüßlich in den Mund nehmen und hinausposaunen, sondern Realpolitik in einer Demokratie.
Dabei merken diese Journalisten nicht, wie sie die Propaganda der AfD und der Wahlverlierer nachplappern und somit der Mechanismus einer Demokratie den Eindruck eines unlauteren Handelns bekommt, was wiederum der AfD in unerwarteter Weise den Rücken stärkt. Erste Wahlumfragen bestätigen leider diese Feststellung.
Objektive und neutrale Journalisten sollten die Steigbügelhalter einer liberalen Demokratie sein und nicht zu den Unterstützern der politischen Ränder avancieren, denn die missbrauchen die Demokratie zur Schaffung von menschenverachtenden Diktaturen.
Hierbei sei noch erwähnt, dass alle Politiker, welche diesen so genannten Wortbruch jetzt groß in den Mund nehmen, selbst in ihren früheren Koalitionsverhandlungen diesen so genannte “Wortbruch” ebenfalls begangen haben.
Anstatt über Herr Merz diesbezüglich Gülle zu schütten, sollte man ihm für diese flexible und sachgerechte Einstellung, gerade jetzt in dieser geopolitisch hoch prekären Lage dankbar sein. Was wäre gewesen, wenn er seinen alten Schwüren unverändert nachgehangen wäre?
Ohlsbach, de, 1. April 2025
Elmar Emde