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Mittelstands-Anleihen-Chaos

Vernimmt man dann die diversen Presseberichte hinsichtlich des derzeitigen Zustandes der emittierten Mittelstandsanleihen, kann einem angst und bange werden ob der sich aufbauenden riesigen Pleitelawine, die uns anscheinend in den nächsten 2 Jahren erreichen wird.

Insgesamt haben 100 Emittenten in den vergangenen sechs Jahren 6,2 Milliarden Euro über diese Minibonds eingesammelt. Davon sollen bereits 30% leistungsgestört sein, d.h. die Emittenten können die Zinsen und Tilgungen schon jetzt nicht mehr aufbringen (Quelle Handelsblatt), ganz abgesehen von den bereits stattgefundenen Insolvenzen und Umstrukturierungen wie u.a. die Scholz Holding, German Pellets, KTG Agrar und KTG-Energie usw. usw.

Gewinner dieses Hypes waren:

  • Die Berater, welche an diesen gesamten Emissionen € 400 Mio. = sage und schreibe 6,4% verdient haben sollen, nicht gerechnet die Honorare bei Umstrukturierungen zuLasten der Anleger (wie bei Scholz u.a. geschehen). Manchmal haben diese Berater den Firmen ein Bondsvolumen aufgeschwatzt, welches weit über deren Umsatz lag.
  • Die Banken, welche damit Problemengagements entweder loswerden oder zumindest deutlich zurückfahren konnten, ähnliches wird sich auf dem Markt der Schuldscheindarlehen abzeichnen.
  • Die heimischen Ratingagenturen, wobei sich hier Creditreform (kann das aus eigener Erfahrung bestätigen) sowie Hermes, welche für Ihre „Ratings“ hohe sechsstellige Honorare vereinnahmen konnten, besonders hervor getan haben.
  • Die Börsen, insbesondere Düsseldorf und Stuttgart, welche dieses Segment dann aber wieder still und leise aus Ihrem Angebot herausnahmen, nachdem man das Chaos bemerkt hatte. Ob das neue Segment „Scale“ der Deutsche Börse nicht ein Abklatsch der Mittelstandsanleihe-Segmentes ist, was viele Kritiker behaupten, wird sich zeigen, bleibt aber zu befürchten.

Eine Mittelstandsanleihe ist ein reiner Kreditersatz und stellt letztlich einen Firmenkundenkredit dar, d.h. jeder Anleger sollte sich selbstkritisch prüfen, ob er die nötige Kreditexpertise hat, die Bonität eines solchen Unternehmens überprüfen zu können. Auf die heimischen Ratingagenturen ist da wenig Verlass, bzw. bei grundsätzlich jedem Analysten, der für den Emittenten die Bonitätsanalyse gegen saftiges Honorar erstellt. Da gibt es gefährliche Interessenskollisonen.

Problem bei diesen Pleiten ist, dass hier sehr viele ältere Menschen ihre angesparte Altersvorsorge gutgläubig verlieren und somit auf den Staat angewiesen sind. Altersarmut lässt grüßen. Insofern muss der Staat vernünftige Regeln schaffen, welchen es diesen Glücksrittern deutlich schwerer macht, zur Altersarmut beizutragen.

Es wird daher höchste Zeit, den Banken ihre Eigenschaft als Risikopuffer wieder zurückzugeben, anstatt deren Kreditgeschäft tot zu regulieren. Vor dem Auftauchen der Investmentbanker Anfang der 90er-Jahre konnte man den Banken sein Erspartes ruhigen Gewissens anvertrauen und daraus auch seriöse Zinsen vereinnahmen, und die Banken haben diese Gelder an für gut erachtete Kreditnehmer weiter gegeben. Die dafür notwendige Kreditbeurteilungslogistik war professionell aufgestellt, wurde aber aus Kostengründen sukzessive zu Gunsten des vermeintlich ertragreicheren Investmentbankings abgebaut. Ergebnis kennen wir, hohe Strafzahlungen aufgrund des unredlichen Investmentbankings waren und sind immer noch die Folge. Geld bei den Banken anzulegen bleibt daher ein ungewisses Ereignis, Totalschaden nicht ausgeschlossen

Das Sprichwort „Eigenlob stinkt“ hat nicht immer seine Berechtigung. Manchmal sollte man das andere Sprichwort „Tue Gutes und rede darüber“ beherzigen, insbesondere dann, wenn die Mitmenschen dadurch angehalten werden, gewisse Dinge nicht umzusetzen.

Seit Jahren warne ich vor den Mittelstandsanleihen, schriftlich schon seit April 2012 (siehe homepage www.emde-fiveko.de / Publikationen). Dann Mitte 2013 nochmal in meinem Buch „Die strukturierte Ausbeutung“ und schließlich in diesem Blog am 27.11.2014 mit meinem Beitrag „Mittelstandsanleihen, die neuen Subprimes“.

Dieser Blog enthält sehr viele Warnhinweise auf Finanzprodukte, die nur die strukturierte Ausbeutung der Anleger zum Ziel haben. Daher mein Rat, einfach diese Beiträge zu lesen.

7. März 2017

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch www.emde-fiveko.de