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Schwanengesang oder totaler Krieg

Wenn man die tägliche Berichterstattung des Kriegsverlaufs in der Ukraine verfolgt, fühlt man sich zurückversetzt in die Zeiten des Mittelalters, in welcher es zum Zeitvertreib des Adels gehörte, Kriege zu führen, Länder zu erobern, zu brandschatzen und Menschen umzubringen. Das Recht des Stärkeren und  die Unterdrückung des freien Geistes war der Maßstab aller Dinge.

Von Empathie, christlicher Nächstenliebe und Rechtsstaatlichkeit war damals und ist heute in Russland keine Spur. Der Eid auf ein Stück Stofffetzen, auch Fahne genannt, berechtigt die Soldaten des Aggressors – hier Russland – auf Grundlage einer zusammen phantasierten  Geschichtsdeutung, die Zivilisation zu verlassen und zu einer mordenden und brandschatzenden Bande von Orks zu mutieren.

Zur Erinnerung Nr. 1: Russland ist ohne Not in die Ukraine einmarschiert. Weder haben die Ukraine noch der Westen bzw. die Nato Russland militärisch in irgendeiner Weise bedroht. Einziger Fehler der Ukraine war, sich dem Westen näher zu fühlen als zu diesem rechtlosen Chaos-Russland.

Zur Erinnerung Nr. 2: Die auch von Russland nach 1989 anerkannte Souveränität beinhaltet das Selbstbestimmungsrecht der Völker und die osteuropäischen Völker haben auf der Grundlage der UN-Charta sich dafür entschieden, der Nato beizutreten, bzw. sich mehr dem Westen zuzuwenden, als einem von Korruption und Rechtlosigkeit zerfressenen Staatengebildes, auch Russische Föderation genannt.

Zur Erinnerung Nr. 3: Vom Einmarsch in die Ukraine wollte Putin absehen, wenn die Ukraine als auch die früheren Staaten des Ostblocks entwaffnet würden und die Nato sich bis an die Grenzen von 1989 zurückziehen würde. Welche Absicht dahinter gesteckt hat, war leicht zu erkennen, nämlich der Einmarsch der russischen Truppen in diese Länder zwecks Herstellung des alten Sowjet-Imperiums.

Daraus kann man nur folgern, dass Putin mit aller Macht diesen Krieg wollte (und immer noch will), und seine Bedingungen mit unabsehbaren Folgen für Europa auf keinen Fall vom Westen  akzeptiert werden konnten.

Verfolgt man aber nun die Aussagen des russischen Außenministers Lawrows, dem wichtigsten Sprachrohr von Putin, muss man feststellen, dass sowohl Lawrow als auch Putin anscheinend in einer völlig anderen und absurden Welt leben.

Folgende Aussagen:

  • Russland ist der Hüter der Souveränität aller Länder und tastet diese nicht an (?????????????????????).
  • Der Westen führt Krieg gegen Russland. Die Nato sei kein Verteidigungsbündnis sondern der Agressor (????????????)
  • Der Krieg, den der kollektive Westen los getreten hat (????????????), wirkt sich auf die Lage der strategischen Allianz (negativ) aus.
  • Die Ukraine und ihre Bürger würden dabei als Verbrauchsmaterial verheizt,  vergisst aber dabei den Freiheitswillen den Ukrainer zu erwähnen, welche nicht die Jahrhunderte der Unterdrückung durch Russland  vergessen haben und sich daher mit aller Macht gegen eine weitere Unterdrückung durch Russland stemmen.
  • Die Ukraine werde vom Westen zur Fortsetzung des Krieges gedrängt. (????????????)
  • Die so genannte Spezialoperation rechtfertigt er immer wieder damit, dass Russland damit nur einem Angriff der Ukraine zuvorgekommen sei (??????????????????????)
  • Die russische Kriegstaktik verschont die Zivilisten (??????????). Die Bilder von massenhaft zerstörten Wohnhäusern in Städten und Dörfern, die rund um die Welt gingen, zeigen aber ein anderes Bild, welches die russische  Propaganda dem eigenen Volk vorenthält.
  • Dem Papst wirft er Unchristlichkeit vor, weil er die Gräueltaten in Butscha auf das Heftigste kritisiert hatte. Das ist der Gipfel eines Lügengebildes!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!. Ein alternder Außenminister ohne jegliche Moral schwingt sich zum Moralprediger auf, dessen Chef die Schlächter von Butscha mit Ehrenorden ausgezeichnet hat.

Bei diesen Aussagen muss man sich wirklich fragen, ob Lawrow und damit auch Putin wirklich an diesen Unsinn und das Lügengebäude glauben. Die russische Propaganda posaunt das jedenfalls in den russischen Orbit, welcher keine Vergleichsmöglichkeiten oder Kritik daran zulässt. Oder ist das ein Schwanengesang eines schwer verwundeten verbrecherischen Regimes, welches kurz  vor dem Exitus steht?

Irgendwie erinnert dass an die verrückten Aussagen und Taten von Hitler (Putin wandelt ja auf dessen Spuren) kurz vor dem Zusammenbruch. Andererseits verfügt Putin noch über ein nicht zu unterschätzendes militärisches Potenzial und wird daher alles unternehmen, dieses einzusetzen zwecks Verhinderung seines Untergangs. Dies bedeutet dann allerdings zumindest in der Ukraine den totalen Krieg und das auf Jahre hinaus mit unabsehbaren Risiken für die ganze Welt und deren Wirtschaftsstrukturen.

Insofern ist es verständlich, dass westlich Politiker versuchen, durch Diplomatie das Schlimmste zu verhindern. An vorderster Front  Bundeskanzler Scholz und der französische Präsident, die hierbei anscheinend im Wettstreit miteinander liegen. Allerdings scheint man dabei von unterschiedlichen Voraussetzungen auszugehen, welches bei einem Fernsehinterview, das Macron dem Fernsehsender TF1 gegeben hat, offensichtlich wurde. Er meinte:

„Einer der wesentlichen Punkte, auf die wir eingehen müssen, wie Präsident  Putin immer gesagt hat, ist die Furcht, dass die NATO an die Türen Russlands heranrückt, und die Stationierung  von Waffen, die Russland bedrohen könnten“.

Hier wird nur auf die Befindlichkeiten von Putin Rücksicht genommen und stellt indirekt die Nato als ein aggressives Bündnis dar, welches nach Eroberungen gelüstet. Macron schüttet damit Wasser auf die Mühlen von Putin und gibt Futter für seine Propaganda nach dem Motto,“ da habt ihr es, was ich schon immer gesagt habe, dass uns die Nato bedroht“.

Auch die Anrufe von Bundeskanzler Scholz füttern die Propaganda von Putin. Diese hat natürlich genüsslich zitiert, dass Scholz Putin angerufen hat und nicht umgekehrt, womit die Propaganda hinaus posaunen kann, seht her, Putin ist unverändert ein mächtiger Politiker, der von den westlichen Politikern angerufen, hofiert und und nach seiner Meinung gefragt wird.  Das ist typisch für die Haltung desjenigen, welcher nach dem Recht des Stärkeren agiert.

Diese Art der Telefonate und Rücksichtnahme auf einen verbrecherischen Aggressor, der unverhohlen die weitere Eroberung der Ukraine als Ziel hat, stützt die Position von Putin und lässt die notwendige Opposition ersticken. Das ist kontraproduktiv und verlängert diesen wahnsinnigen Krieg.

Putin versteht nur das Recht des Stärkeren und muss daher auch so behandelt werden. Das bedeutet allerdings starke Unterstützung des Freiheitswillen der Ukraine und damit von ganz Europa und keine devoten Anrufe bei einem Diktator, der schon abgehoben ist und in einer anderen Welt lebt.

Ohlsbach den 8.12.2022

Elmar Emde