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Bafin schießt

Erst kürzlich veröffentlichte das Handelsblatt ein Interview mit Herrn Felix Hufeld, dem Chef der Finanzaufsicht Bafin in Deutschland mit der Überschrift “Nicht alle haben den Schuss gehört“ und behandelte die missliche Situation der Banken in dieser Corona-Krise. Bebildert wurde dieses umfangreiche Interview mit einem Fotoporträt von Herrn Hufeld in Trump`scher Manier, entschlossener stechender Blick mit leicht herabgezogenen Mundwinkeln, soll vermutlich Handlungsstärke in dieser Krise vermitteln.

Auf die Frage des Interviewers nach dem Zustand der Banken fiel u.a. folgender Satz:

„Banken müssen deshalb (u.a. wegen schlechter Ertragslage) harte Einschnitte vornehmen, weniger komplex werden und Kosten senken“.

Die harten Einschnitte, die vorzunehmen sind, haben größtenteils ihre Ursache in der absurden Geldpolitik der EZB, welche nichts gebracht hat, dafür aber u.a. die Banken unter der Aufsicht von Herrn Hufeld und die von Frau Lautenschläger äußerst geschwächt haben.

Was die beiden anderen Punkte „weniger komplex“ und „Kosten senken“ betrifft, werde ich das Gefühl nicht los, dass es Herrn Hufeld als oberster Bankenaufseher nicht im Entferntesten bekannt ist, was die von der Bafin den Banken aufgedrückten unnützen Regularien und Vorschriften für einen Wust von Bürokratie und Komplexität erzeugen und damit extrem hohe Kosten verursachen. Ganz zu schweigen davon, dass die meisten Bankkunden dieses Juristenkauderwelsch sowieso nicht verstehen.

Hier ein Beispiel:

Ein Mandant meines Family Office hatte eine Immobilie zum Teil fremdfinanzieren lassen, die Darlehenssumme insgesamt auf zwei Tranchen mit unterschiedlichen Zinsfestschreibungen verteilt.

Die vorvertraglichen Unterlagen beliefen sich – eng bedruckt – auf 39 Seiten (Referenz-Dokument/Vorvertragliche Informationen für Darlehensvermittlung und Beratung (ich habe nicht vermittelt)/ VR-Finanzplan – Wohneigentum erwerben „Kauf einer Eigentumswohnung/ Allgemeine Infos zu Verbraucherdarlehensverträge).

Die folgenden eigentlichen Kreditunterlagen ergaben dann zusammen 97 Seiten (pro Kreditvertrag 37 Seiten/ 13 Seiten für die Grundschuldbestellung/ 10 Seiten für Selbstauskunft und Vermögenserklärung). Wäre es nur ein Darlehensvertrag gewesen, kämen insgesamt 60 Seiten zusammen.

Fazit: Zusammen mit den vorvertraglichen Unterlagen und den eigentlichen Kreditunterlagen wurden insgesamt 136 eng bedruckte und individuell ausgefüllte Seiten erzeugt.

Dieses Konvolut von Unterlagen wäre nach Aussage der Darlehen gebenden Bank Vorschrift der Bafin.

Jetzt frage ich den geneigten Leser: Ist das verhältnismäßig?

Sicherlich nicht, das ist purer bürokratischer Unsinn und ein mächtiger, von der Bafin geschaffener sehr großer Kostenfaktor. Allein diese Unterlagen von den jeweiligen gut bezahlten Betreuern erstellen zu müssen (Logistik wurde bei den meisten Betreuern Dank McKinsey/Boston Consult  schon aus Kostengründen in die Wüste geschickt), ist ein äußerst zeitaufwändiges, sehr komplexes und somit sehr kostenintensives Unterfangen.

Andererseits, wenn ein Anleger einer Bank einen Kredit in Form einer Einlage oder Festgeld etc. gibt, werden solche Unterlagen / Bonitätsunterlagen nicht produziert, er muss für dieses Vertrauen gegenüber der Bank sogar noch Geld bezahlen und wenn er Pech hat, verliert er durch die politisch geschaffene Haftungskaskade zu Lasten der Steuer zahlenden Bankkunden noch seine Einlage. Das ist ein von der Bafin beaufsichtigter Treppenwitz der Wirtschaftsgeschichte.

In diesem Interview  kam von Seiten des Interviewers die Aussage, dass die Finanzaufsicht der Deutschen Bank erlaubt hätte, ihre Eigenkapitalquote  im Zuge des Umbaus auf bis zu 12,5 % abschmelzen zu lassen (= erlaubte, von der Bafin sanktionierte Verlustproduktion).

Eigentlich hätte Herr Hufeld als oberster Finanzaufseher den Interviewer darauf hinweisen müssen, dass die Eigenkapitalquote der Deutsche Bank mit 4,9% (Vj. 5,09%) deutlich unter diesen 12,5% + x liegt und diese 12,5% + x die Kernkapitalquote ohne Berücksichtigung der angeblich risikolosen Staatsanleihen / Bilanzaktiva ist. Wie risikolos diese nun sind, können wir jetzt sehen und hat die EZB/die Zentralbanken wiederum dazu veranlasst, Staatsanleihen im großen Stil aufzukaufen zwecks Vermeidung eines Zusammenbruchs der Banken. Letztlich bedeutet das nun, dass diese mageren 4,9% EK-Quote noch weiter abgeschmolzen werden dürfen!

Warum die Bafin die Deutsche Bank so begünstigt, dagegen auf die Commerzbank herumhakt und auf die Sparkassen und die Volksbanken aus vollen Rohren schießt und diese mit dieser unsinnigen, zeitaufwändigen und kostenintensiven Bürokratie versucht, in die Knie zu zwingen, belegt eine zu große Nähe zur Deutschen Bank und somit zum Kapitalmarktgeschäft angelsächsischer Prägung, vermutlich das eigentliche Ziel der Bafin. Der frühere Vorstand der Deutschen Bundesbank, Herr Dr. Dombret hatte dafür schon die Vorlage gegeben, indem er den Banken geraten hatte, das Zinsgeschäft aufzugeben.

Beim Investmentbanking und bei deren zahllosen strukturierten kryptographischen Finanzprodukten, die es Dank der Geldpolitik der EZB fast nur noch gibt, drückt die Bafin daher immer noch beide Augen äußerst fest zu, deckt dafür aus Enthaftungsgründen zu Gunsten der Banken die Kunden mit einem Wust von Unterlagen zu, welche die wenigsten Bankkunden wiederum nicht verstehen, allen Banken aber auch wieder zusätzliche und sehr hohe Kosten auferlegt.

Herr Hufeld hat recht, nicht alle  haben den (realistischen) Schuss gehört, jedoch steht  an vorderster Front die realitätsferne Bafin.

 24. März 2020

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

 

 




Bankenaufsicht = Bankennachsicht

Die Aufsicht der Finanzindustrie in Sachen Anlegerschutz scheint sich nur mühsam in das richtige Fahrwasser zu bewegen. In der Vergangenheit fühlte sich  beispielsweise die Bafin für Investmentfonds  in der Beurteilung des jeweiligen Risikos nicht zuständig, obwohl die Investmentfonds in der Konsequenz Kreditersatzprodukte darstellen. So richtig bewusst ist dieses Fondsthema aber immer noch nicht angegangen worden, die Risikoeinschätzung zu jedem Fonds bleibt unverändert dem Anleger überlassen.

Auch wird man das Gefühl nicht los, dass die Einflussnahme der großen Kreditinstitute auf die Bafin nicht gerade klein ist, wenn man sich die vielen Rechtsfälle der Deutsche Bank ansieht, welche bisher zu keinen maßgeblichen Konsequenzen im verantwortlichen Vorstand geführt haben. Betrachtet man beispielsweise das Thema Kernkapitalquote der Banken, eine Finanzinnovation, die nur bei den Banken anwendbar und für die Realwirtschaft völlig undenkbar ist, verstärkt sich dieses Gefühl. Die Kernkapitalquote errechnet sich durch Weglassung der angeblich risikolosen Vermögenswerte, wodurch sich die Bilanzsumme fiktiv verkleinert und worauf dann die Ersatz-Eigenkapitalquote, auch Kernkapitalquote genannt, errechnet wird.

Als risikolose Vermögenswerte werden  u.a. Staatsanleihen sowie über komplexe Risikomodelle, basierend auf Derivate abgesicherte Wertpapiere definiert. Ob das einer objektiven Sichtweise entspricht, wenn selbst der von den Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden gegründete Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht diese komplexen Risikomodelle nicht mehr versteht, bleibt dahin gestellt. Die Anlageseite des Bankgeschäftes scheint noch nicht im Fokus der Aufsichtsbehörden zu stehen.  Andererseits wird der Kreditsektor der Banken extrem reguliert  und mit schier unerträglichen Formalismen und Berichterstattungspflichten überschüttet, als wäre das Kreditgeschäft der Auslöser der letzten beiden Finanzkrisen gewesen.

Jetzt erlaubt die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa der Versicherungswirtschaft, die Eigenkapitalunterlegung für verbriefte Kreditforderungen, auf neudeutsch „Asset backed Security“ (ABS), die Presse nennt diese Wertpapiere auch Schrottpapiere, zu reduzieren. Das bedeutet nichts anderes als einen Wertverlust für die Altersversorgung der Bürger.

Aber diese Entscheidung ist noch gar nichts gegen die Absicht des nunmehr eingesetzten Oberaufsehers der Banken in Europa, der EZB, diese Schrottpapiere seiner Schützlinge je nach Bedarf aufkaufen zu können.

Der Hintergrund dieser Entscheidung liegt letztlich darin, die Banken von ihren Lasten zu befreien, um sie den Bürgern von Europa aufzubürden, deren Alters- und Lebensvorsorge zugunsten Weniger damit geopfert wird. Das ist pure Ausbeutung.

Fazit:

Ich kann es immer nur wiederholen. Strukturierte Finanzprodukte haben nichts in einem ordentlichen Wertpapierdepot zu suchen. Auf die Bankenaufsicht ist hier kein Verlass.

31. Januar 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de