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Elfenbeinturm EZB

In der Wochenendausgabe des Handelsblattes vom 27./29.9.2019, Seite 26 – 27, wurde ein Interview mit dem neuen, mit viel Vorschusslorbeeren bedachten Chefvolkswirt Philip Lane abgedruckt. Die darin gemachten Aussagen des Herrn Lane, den man im Übrigen zu den Tauben des EZB-Rates und zum Küchenkabinett des Herrn Draghi zählt, sind doch sehr grenzwertig und lassen die Vermutung zu, dass sich die Mehrheit des EZB-Rates in einem Elfenbeinturm befindet. Ist diesen Herren denn immer noch nicht bewusst, welchen Schaden sie mit dieser absurden Geldpolitik anrichten (siehe auch Beitrag in diesem Blog „Absurdistan EZB“ vom 26./30 Juli 2019).

Hier einige Aussagen des Herrn Lane, die nur Kopfschütteln auslösen können:

Frage Handelsblatt: Aber wie erklären Sie, dass die EZB weitere Staatsanleihen kaufen will, obwohl deren Renditen ohnehin unter null liegen?

Antwort Lane: Die Renditen liegen deswegen so niedrig, weil sich zum einen der wirtschaftliche Ausblick eingetrübt hat und zum anderen der Markt schon vorher erwartet hat, dass wir in Reaktion auf diese Eintrübung die Geldpolitik lockern. Hätten wir das nicht getan, wären die Zinsen gestiegen. Das hätte die wirtschaftliche Schwäche noch vergrößert

Anmerkung des Autors: Die Zinsen in der EU-Zone wurden schon in 2015 auf null gesetzt und da war der wirtschaftliche Ausblick hervorragend und von Eintrübung war keine Rede. Als Begründung wurden die Deflationsgefahren und das selbst gezimmerte und unverständliche Inflationsziel von 2% (siehe Beitrag vom 8.1.2016 „EZB-Inflationsdefinition, Mittel zum Zweck“) genannt.

Tatsache ist, dass die Unternehmen nur dann investieren, wenn der Markt für ihr Produkt gewinnbringend ist und dafür auch ein stabiles Umfeld vorhanden ist. Zinsen spielen dabei eine sehr untergeordnete Rolle und bezwecken nur einen Mitnahmeeffekt bereits getroffener Investitionsentscheidungen. Ob die EZB mit Ihrer von vielen seriösen Ökonomen heftig kritisierten Geldpolitik ein stabiles Umfeld geschaffen hat, ist fraglich bzw. muss eher verneint werden.

Insofern wird mit dieser Aussage des Herrn Lane klar, dass man im Wesentlichen nur die wirtschaftliche Situation der Südländer der Eurozone , welche auch die Mehrheit im EZB-Rat stellen (Deutschland hat auch nur eine Stimme wie Malta), mit diesen Entscheidungen im Blick hat und damit deren verbotene Staatsfinanzierung betreibt . Dabei wird vergessen, dass den volkswirtschaftlichen Lokomotiven der Nordländer in der EU sukzessive die Räder weggenommen werden und somit auch den Südländern. Außerdem werden die Zentralbanken (Käufer der Anleihen) extrem hohe Verlust einfahren, sollte es einen Anleihecrash geben und die Anleihekurse in den Keller fallen.

Den Regulator Zins hat die EZB ohne Not eliminiert, mit der Folge, dass die Schuldensituation in den Südländern eher angestiegen als gefallen ist. Will die EZB Europa in die Schuldenfalle locken?

Fazit:

Die weiteren Aussagen in diesem Interview des Herrn Lane enthalten ähnliche Widersprüche und lassen den Schluss zu, dass hier ein treuer Palladien des Herrn Draghi Rede und Antwort steht. Das erinnert an den treuen Gefolgsmann Pompeo, US-Außenminister des Chaoten und Demokratiefeindes Trump, der für jede abstruse Entscheidung seines Dienstherren, eine entsprechende Antwort findet, sei sie noch so falsch.

Ich kann nur hoffen, dass die neue EZB-Chefin Lagarde solchen Küchenkabinettsmitgliedern die rote Karte zeigt und künftig eine vernünftige Geldpolitik betrieben wird. Allein mir fehlt der Glaube.

5. Oktober 2019

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”