1

EZB Kehrtwendung !

Was würde der geneigte Leser von einem Brandstifter halten, der an vielen Stellen Brände legt und dann darüber philosophiert, welche Schäden diese Brände anrichten könnten und davor warnt?

Ich würde diesen Brandstifter für nicht ganz zurechnungsfähig halten.

Und genau diese Einschätzung kann man zur Geldpolitik der EZB einnehmen. Am vergangenen Mittwoch (20.11.2019) erschien der Finanzstabilitätsbericht der EZB, vorgestellt vom EZB-Vizepräsident Luis de Guindos, welcher die immer offensichtlich werdenden Nebenwirkungen der Geldpolitik in vier maßgebliche Risiken, welche die Finanzstabilität und damit das Finanzsystem gefährden, wie folgt darlegte (Handelsblatt vom 21.11.2019):

  • Fehlbewertung an den Finanzmärkten:
  • Kurse von Aktien und Unternehmensanleihen sind aufgrund der Niedrigzinspolitik gestiegen.
  • EZB sieht einen Zusammenhang zwischen niedrigen Zinsen und höheren Vermögenspreisen.
  • Dadurch entsteht die Gefahr , dass die Bewertungen an den Finanzmärkten stärker unter Druck geraten, insbesondere aufgrund der schon lang andauernden Niedrigzinsphase.
  • Beispielsweise würden Versicherungen oder Investmentfonds – um eine höhere Rendite zu erzielen – verstärkt Anleihen mit langer Laufzeit halten, welche jedoch größeren Kursverlusten unterliegen, wenn die Zinsen steigen.
  • In diesem Jahr sind die Bewertungen sowohl von riskanten als auch von risikolosen Anlagen gestiegen, welches vor allem auf die Geldpolitik der EZB zurückgeführt wird.
  • Hohe Verschuldung:
  • Ein weiteres Risiko sieht die EZB in der hohen Verschuldung des Staats- und Privatsektors im Euro-Raum.
  • Probleme sieht die EZB bei einem stärkeren wirtschaftlichen Abschwung, nicht aber bei allen Ländern im Euro-Raum.
  • Bei Unternehmen besteht die Gefahr, dass aufgrund der günstigen Finanzierungskonditionen die Unternehmen mit schwächerer Kreditwürdigkeit sich höher verschulden.
  • So sei der Anteil der riskanteren Hochzinsanleihen gestiegen.
  • Schwache Gewinnaussichten der Banken:
  • Fallende Zinserträge und die damit einhergehende schwache Profitabilität würde den Banken zusetzen und der EZB Sorge bereiten (Anmerkung des Autors: erst jetzt ???)
  • Im internationalen Vergleich sei das Verhältnis von Aufwand zu Erträgen bei europäischen Banken schlechter als bei den Wettbewerbern (Anmerkung des Autors: die Wettbewerber haben hohe Erträge aus dem Zinsgeschäft, die europäischen Banken haben diese aufgrund der Nullzinspolitik nicht, müssen dagegen sogar noch absurde Strafzinsen bezahlen!!).
  • Als Grund hierfür wird die hohe Filialdichte und starke Zersplitterung der Bankenlandschaft gesehen (Anmerkung des Autors: diese Feststellung ist Nonsense und soll nur ablenken/ in Deutschland haben wir nur 5-6 ernst zu nehmende Bankengruppen).
  • Hohes Risiko außerhalb des Bankensektors:
  • Nicht nur bei den Banken sieht die EZB Probleme, sondern auch bei Investmentfonds, Pensionsfonds oder bei den Versicherungsgesellschaften (Anmerkung des Autors: erst jetzt!!).
  • In den vergangenen Jahren ist dieser Sektor stark gewachsen (Dank der EZB: Anmerkung des Autors), welcher sich stärker in weniger liquiden und riskanten Vermögenswerten engagiert hat, wodurch die Anfälligkeit der Schocks gestiegen wäre
  • Investmentfonds hätten auf der Suche nach Rendite verstärkt in illiquide Vermögenswerte investiert, die sich nicht schnell verkaufen lassen und bei Kapitalabflüssen erheblich unter Druck geraten würden.

Man kann sich nur die Augen reiben, bei dieser Aufzählung der Risiken, welche nur einen kleinen Teil der Risiken, welche die Geldpolitik bzw. der Brandstifter EZB erschaffen haben, aufzählen. Haben die Mitglieder des Zentralbankrates diese Risiken erst jetzt gesehen? War da Unvermögen aufgrund einer fehlenden Fachexpertise (siehe Beitrag in diesem Blog vom 8.11.2015: Fachexpertise Zentralbankrat) oder wurde der Zentralbankrat autokratisch von Investmentbanker Draghi dominiert?

Ich schätze, dass beides zusammenspielte, welches kurz vor dem Abgang des Autokraten Draghi zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Zentralbankrates führte. Nunmehr ist Frau Lagarde die neue EZB-Präsidentin, welche ja mit einer entsprechenden offeneren Haltung die EZB vertreten will und dazu gehört auch die Benennung der durch die Geldpolitik geschaffenen Risiken für das Finanzsystem und auch hoffentlich die Erkenntnis, diese absurde, destruktive und polarisierende Geldpolitik  ins Nirvana zu befördern.

Ich will daher nicht ausschließen, dass mit dieser neuen Offenheit, welche ich in den Vorjahren nicht vernommen habe, nach einer gewissen Schamfrist eine drastische Kehrtwendung in Richtung Normalität = positive Zinsen eingeläutet wurde.

Anmerkung: Dieser Blog ist voll mit kritischen Beiträgen zur Geldpolitik der EZB.

  1. November 2019

Elmar Emde

Autor des Buches „Die strukturierte Ausbeutung“