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EUGH der fintech-Killer

Der Europäische Gerichtshof (EUGH) hat das  vor 15 Jahren abgeschlossene, so genannte  „Safe Harbor – Abkommen “ mit den USA gekippt und für ungültig erklärt. Dieses Abkommen regelt  den Transfer der Speicherungen von europäischen Daten  in die USA.

Dort hat man diese bisher als sicher gelagert angesehen, seit Edward Snowden und die damit ausgelöste und immer noch anhaltende NSA-Affäre ist das eine Lachnummer.

Angestoßen wurde dieses Urteil von  Max Schrems, einem Juristen aus Österreich, der vor 4 Jahren beim irischen Datenschutzbeauftragten Beschwerde gegen Facebook eingelegt hatte, da seine Daten in den USA gespeichert worden waren.

Dieses Urteil hat somit große Auswirkungen auf die derzeit hoch gelobten und als Bankenkiller bezeichneten fintechs, die wie Pilze aus dem Boden schießen. Das Handelsblatt widmet den fintechs sogar eine ganze Serie von Berichterstattungen über diese neuen Unternehmen.

Unter fintechs (Abkürzung für Finanztechnologie) versteht man – u.a. lt. Wikipedia – moderne Technologien im Bereich der Finanzdienstleistungen, welche von Nicht-Banken in den Bereichen e-commerce (online-Handel / online Überweisungen), mobile-payment (kontaktlose Bezahlung über smart-phones), crowdlending (Kreditaufnahme direkt bei vielen Anlegern) und crowdinvesting (fondsähnliche Geldanlage in kleinen Beträgen)  kreiert werden und womit die Dienstleistungen der traditionellen Banken größtenteils ersetzen werden sollen.

Interessant bei dieser Entwicklung ist der Umstand, dass sich vor allem Unternehmen wie facebook, twitter,  google & Co. an solchen ausgesuchten und für sie interessanten fintechs beteiligen.

Diese Größen des Internets stellen Dienstleistungen im Internet zur Verfügung, welche dem Nutzer nichts kosten, diesen Dienstleistern aber Milliardengewinne bescheren. Dieses Gold liefern diesen Unternehmen die sorglosen Nutzer dieser Dienstleistungen mit ihrem täglichen Geplapper und geben damit  unbewusst Daten preis, welche über Schlüsselwörter in der Masse Trends beschreiben und der  Wirtschaft zu Marketingzwecken für viel Geld verkauft werden. Diese Daten sind daher äußerst wertvoll und können als die modernen Goldminen bezeichnet werden. Die Nutzer geben somit kostenlose Hinweise, wo man Gold schürfen kann. Schlimmer noch, sie werden damit auch noch ausgehorcht und  gläsern und kein Mensch kann sagen, was mit diesen Daten im Falle von politischen Umstürzen in Richtung Diktatur passiert, bzw. wie die im Netz dargelegte Gesinnung der Nutzer ausgelegt wird.

Begünstigt werden die fintechs von Entwicklungen im Bereich von Big Data und cloud computing, welche den schnellen Zugriff auf die riesigen Mengen von gesammelten Daten zulassen. Jetzt stellt sich aber die Frage, für was Big Data bei e-commerce, dem online-Handel und online-Überweisungen, bei Kreditaufnahmen und fondsähnlichen Geldanlagen sinnvoll sein soll.

Die Antwort kann nur heißen, dass die fintechs Informationen an Dienstleister wie facebook, twitter, google &  Co weitergegeben werden, welche diesen noch wertvollere Daten über die Nutzer liefern können als deren Geplapper auf den jeweiligen Plattformen. Bankgeheimnis daher großes Fragezeichen.

Die fintechs sind somit noch gefährlicher für die Demokratie und die Freiheit der Menschen, als die bisherigen Plattformen. Was die Technik im Finanzsektor alles kann, zeigt zur Genüge der Hochfrequenzhandel, welcher die Anleger u.a. mit dem technischen front-running stark benachteiligt, deutlicher ausgedrückt, betrügt.

Insofern hat das EUGH-Urteil den fintechs in der Datenweitergabe, deren eigentliches Geschäftskonzept, Grenzen gesetzt. Ob diese Grenzen halten, muss bei den technischen Möglichkeiten dieser Internetaushorcher leider bezweifelt werden.

10. Oktober 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

 Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Kreditech, Adyen & Co.

Die Berichterstattung in der Presse bezüglich der Fintechs überschlägt sich fast täglich und man wird stark an die Zeit von 1998 – März 2000 erinnert, in welcher die Dotcom-Blase entstand und im März 2000 grandios platzte.

Damals war es das Erkennen der Möglichkeiten des Internets u.a  auf dem medialen Bereich, welches von vielen Scharlatanen weidlich ausgenutzt wurde, und jetzt ist es die digitalisierte Fortsetzung mit dem Einsatz von Algorithmen auf dem Finanzsektor.  Man braucht nur das Wort Algorithmus in den Ring zu werfen, und schon wird der Verstand ausgeschaltet. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass man auch bei diesen Themen wieder ganz schnell die Bodenhaftung verliert und vielen Luftblasen aufsitzt.

Auch jetzt werden wieder gigantische Kaufpreise erzielt und die Zukunft in rosigen Buchstaben geschrieben. So auch bei der Kreditvermittlerplattform  Kreditech in Hamburg, welche erst kürzlich € 82,5 Mio zur Finanzierung ihres Geschäftsmodells bei Investoren einsammeln konnte. Anders als bei Auxmoney oder Lendingclub wird zur Refinanzierung der ausgegebenen Kredite das Geld nicht von Privatleuten eingesammelt, sondern von Kreditech selbst, d.h. mit nahezu 100% Eigenkapital. Ob dies bei der damit äußerst geringen Kapitalrendite durchgehalten werden kann, bleibt fraglich. Oder steckt dahinter ein ganz anderes System, welches die eigentliche Cash-Cow dieses Unternehmens ist, wie es bei facebook gepflegt wird. Interessant wäre die Frage, ob bei Kreditech auch das Bankgeheimnis gilt oder ob die daraus gewonnenen Daten in Big Data -Manier an die Wirtschaft verscherbelt werden dürfen.

Die Informationen über die Bonität des Kreditnehmers sollen über einen  Algorithmus mit 20.000 Datenpunkten gewonnen werden, die sich aus Kundenangaben, Daten von Drittanbietern sowie Daten aus sozialen Netzwerken wie beispielsweise Facebook speisen. Letztlich erfolgt die Datenaufbereitung im Wesentlichen anonym in Sekundenschnelle ohne persönliches Gespräch mit dem Kreditnehmern und ist kaum kontrollierbar. Wohnt z.B. ein möglicher Kreditnehmer in einem Viertel, welches durch Migranten mehr und mehr vereinnahmt wird, könnte der (geheime) Algorithmus dadurch ein negatives Urteil senden und den Kredit ablehnen oder einen bestehenden Kredit plötzlich fällig stellen.

Die handelnden Personen von Kreditech nennen sich die “new kids on the block” und genauso sehen sie auch aus. Jung, dynamisch, aber vermutlich im Kreditbereich nicht besonders erfahren. Dazu bedarf  es jahrelanger Erfahrungswerte. Meines Erachtens ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch diese neuen Banker von der Wirklichkeit eingeholt werden und Wertberichtigungen auf ihr Kreditportfolio notwendig werden. Man darf dabei nicht vergessen, dass IT-affine Betrüger auch solchen Unternehmen das Leben schwer machen können.

Algorithmen sind nicht alles im Leben, auch wenn viele daran glauben, so auch Ende der 90er Jahre an den Long Term Capital Mangagement- Fonds (LTCM), welcher sogar von Nobelpreisträger der Ökonomie maßgeblich geleitet worden war und dennoch gerettet werden musste.

Ein ähnliches Thema ist der niederländische online- Zahlungsdienstleister Adyen, der jetzt die Internet-Milliardäre Mark Zuckerberg und Sheryl Sandberg  (Facebook) sowie Jack Dorsey (Twitter) als neue Gesellschafter gewinnen konnte. Facebook und Twitter verdienen ihr Geld mit dem Verkauf von Kundendaten zu Werbezwecken und das nicht wenig. Nunmehr muss man bei Adyen auch die Frage stellen, wie dieser Zahlungsdienstleister die investierten Milliarden allein mit dem Zahlungsverkehr, welcher sich in einer äußerst starken Konkurrenzsituation befindet und daher keine großen Margen zulässt, wieder verdienen will? Die Antwort haben die neuen Gesellschafter gegeben, die mit ihrem  System der Ausspionierung ihrer Nutzer Milliarden verdienen.

Jeder Nutzer dieser Algorithmen – Dienstleister sollte sich dessen bewusst sein und sich fragen, ob er dieser Branche umsonst seine Daten zur gefährlichen Ausschlachtung geben will.

1.Oktober 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Fintech

Unter diesem neuen Stichwort bezeichnet man junge und kreative Finanztechnologie-Firmen, welche mit ihren Ideen in den lukrativen Geldmarkt mit ihren neuen Produkten drängen. Dabei werden unterschiedliche Bereiche der Finanzmärkte berührt, von der Kreditvergabe über neuartige Plattformen, der Zahlungsverkehr über smartphones, crowd – Finanzierungsplattformen für Risikokapital oder technische Analysehilfen für den Anlagemarkt.

Die Presse spricht mittlerweile von einer Revolution und von einem tiefgreifenden  Umbruch für die Geldbranche, welche diese Entwicklung vor allem in Deutschland verschlafen haben soll.

In den USA soll es bereits rd.  8.000 Fintechs geben, angeheizt von den Erfolgen von face-book, google & Co. In Deutschland sollen nur  knapp 300 Fintechs an den Markt gegangen sein. Allerdings kann man trotz der schon relativ hohen Anzahl dieser Branchenteilnehmer außer der massenhaften Produktion von smartphone-Apps für alle möglichen (Informations)Bedürfnisse dieser Welt offiziell noch keine größeren Umbrüche erkennen.

Irgendwie erinnert einen das an das Mitte der  90er-Jahre aufgeflammte dotcom-Zeitalter, welches dann Anfang dieses Jahrhunderts jäh in einem Crash endete.  Das muss jetzt für die Fintechs nicht ebenso zutreffen, für den Anleger heißt das aber, große Vorsicht walten zu lassen.

Die jungen Wilden, wie sie auch genannt werden, bringen sicherlich frischen und notwendigen Wind in den von etablierten Spielern beherrschten Finanzmarkt. Leider hat diese Wildheit erfahrungsgemäß gezeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit nicht immer zusammen passen und viele dieser wilden Fintechs die Bühne wieder verlassen müssen, man spricht in den nächsten 10 bis 15 Jahren von etwa 90% Ausschuß.

Betrachtet man die ausgeheckten Produkte dieser Fintechs, so wird man ein gewisses Unbehagen nicht ganz abstreifen können. Analysiert man beispielsweise die diversen Kreditplattformen, bei denen man von privat zu privat Kredite gewähren oder bekommen kann, stellt sich die Frage, ob die Kreditgeber (Anleger) überhaupt in der Lage sind, die Bonität des Kreditnehmers beurteilen  und mit den notwendigen Regularien umgehen zu können . Da scheinen sich enorme Geldverbrennungsmaschinen immer mehr zu etablieren. Betrugsfälle können dabei keineswegs ausgeschlossen werden.

Oder schauen wir uns das Crowd-Financing an, in welcher sich die Kleinanleger an irgendwelchen Firmen oder Ideen beteiligen können. Ich frage mich nur, wie diese Kleinfirmen mit keiner entsprechenden Finanzlogistik, die beispielsweise  ein Kapital von € 100.000 über jeweilige Anteile von  € 100,-, also über  rd. 1.000 Anleger einsammeln, diese 1.000 Anleger über die Geschäftslage zeitnah informieren wollen und können. Man muss eher befürchten, dass diese Informationskosten zu einem erheblichen Teil das eingesammelte Kapital von  € 100.000 aufbrauchen und somit der Erfolg dieses jungen Unternehmens gefährdet ist. Nicht vergessen werden dürfen hierbei die Gebühren der vermittelnden Plattformen (Makler), welche nicht unerheblich sind und daran sehr gut verdienen.

Man kann daher jeden möglichen Crowd-Finanzierer nur empfehlen,  nur solches Geld zu investieren, welches man nicht benötigt. Die Wahrscheinlichkeit, diesen Einsatz zu verlieren ist nahezu bei 100%.

Ein ganz besonderes Grummeln beschleichen  mich die modernen Analysesysteme der Fintechs. Siehe auch hierzu den Beitrag „Robo-Adviser, ein virtueller Ausbeuter der Anleger“ vom 19. April 2015 auf diesem Blog. Hier zählen Geschwindigkeit, ausgeklügelte Algorithmen  und Rechnerkapazität der EDV-Systeme über den Erfolg einer  Anlage, oder anders ausgedrückt, wer über das schnellere front-running-System verfügt und damit praktisch wie ein Insider andere Markteilnehmer benachteiligt, kann den Ertrag für sich verbuchen. Die Masse der Anleger nimmt hier nur die Rolle der Ausnehmenden ein, welche auf solche modernen Analysesysteme vertrauen.

Im Zahlungsverkehr träumt man schon davon, Gelder von smartphone zu smartphone ohne Bank übertragen zu können. Damit würde eine Geldmengenaufblähung entstehen, die jeder steuernden Zentralbank das Grausen bringen würde. Irgendwie ähnelt das den so genannten OTC (over the counter) – Geschäften, den Derivatengeschäften  ohne Einschaltung einer Börse,  welche zu einem extrem aufgeblähte Derivatemarkt geführten und womit ein ungeheuer großes und sehr beunruhigenden Derivatevolumen entstand, welches  zwischenzeitlich das zehnfache Volumen des Welt-BiB von über 600 Billionen US$ eingenommen hat. Jetzt versucht man mühsam über Meldesysteme der Banken, deren Kosten natürlich die Kunden wieder zu tragen haben, diesen Wildwuchs einzudämmen.

Bei aller Sympathie für das Neue, muss man auch hier die Kirche im Dorf lassen und auf der Hut bleiben. Es ist nicht alles Gold was glänzt und es bleibt zu befürchten, dass mit den Produkten der Fintechs die Masse der Anleger nur ausgebeutet werden sollen zwecks Erhöhung der Ertragslage der Finanzindustrie.

Beunruhigend hierbei ist die immer größere Vernetzung alles mit allem und dadurch die größere Durschaubarkeit aller und von allem.

31. Juli 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de