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Den Bock zum Gärtner gemacht. Deutsche Bank

Mit der beschlossenen neuen Strategie driftet die Deutsche Bank noch mehr in die Richtung des Investmentbankings ab, somit in den Bereich, welcher der Deutsche Bank hohe Strafzahlungen und einen enormen bis einen nicht wieder gut zu machenden Reputationsverlust gebracht hat. Darüber wurde in allen seriösen Zeitungen dieser Welt oft und öfter berichtet, die Konsequenzen für den Verantwortlichen dieses Bereiches, nämlich Herrn Anju Jain, sind gleich Null.

Als Belohnung für diese seit Jahren kriminellen Fehlleitungen seines Bereiches, von denen er angeblich nichts gewusst haben will, hat man ihn sogar noch zum Co-Chef  befördert und ihm jetzt sogar die Verantwortung für die Umsetzung der Strategie in die Hände gelegt. Damit hat man ihn zum noch heimlichen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank befördert, oder anders ausgedrückt, den Bock zum Gärtner gemacht. Seine Investmentbanker, welche nur einen sehr geringen Prozentsatz der Belegschaft in der Deutsche Bank ausmachen, werden die Champagnerkorken  knallen lassen. Die Boni werden weiter sprudeln.

Die Deutsche  Bank wird mit diesen sie ausbeutenden Investmentbankern nicht mehr auf die Beine kommen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man die betrügerischen Elemente der von den Investmentbankern  produzierten strukturierten Finanzprodukte erkennt und diese der Bank vor die Füße werfen wird, wie all jene Produkte, die ihr jetzt sehr große Schwierigkeiten bereiten und eine Heerschar von Juristen sehr teuer beschäftigen. Man kann das Gefühl einfach nicht los werden, dass diese Bank eine Rechtsanwaltssozietät mit angeschlossenem Bankgeschäft ist.

Wann wachen die Investoren endlich auf und schicken den jetzigen Vorstand nebst seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Achleitner (war dieser “Top-Manager” nicht auch am Niedergang der Dresdner Bank beteiligt?), ebenfalls ein Investmentbanker, in die Wüste. Die Bank selber ist dazu nicht mehr in die Lage. Die wird ausgenommen wie eine Weihnachtsgans, ebenso wie die Investoren und die scheinen es nicht zu merken..

21. Mai 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Deutsche Bank: Eine fragwürdige Vereinigung

Die Deutsche Bank kommt aus den Negativschlagzeilen einfach nicht heraus. Die Zeitungen der vergangenen Tage und heute sind voll von solchen Presseberichten über dieses ehemals so honorige Bankhaus. Würde beispielsweise ein Unbedarfter  den heutigen Bericht in der FAZ mit der Schlagzeile „Grabenkämpfe in der Deutschen Bank“ lesen, könnte er die Einstellung bekommen, dass es sich bei dieser Bank  positiv ausgedrückt um  „eine fragwürdige Vereinigung“ handelt.

Darin wird von der Rekordstrafe wegen Zinsmanipulation über US$ 2,5 Mrd. berichtet, auch dass der Vorstand die Ermittlungen der Aufsichtsbehörden behindert hätte und daher die Strafe so hoch ausgefallen wäre. Hat der Vorstand demnach doch mehr gewusst, als er bisher vorgibt?

Des Weiteren scheinen sich jetzt neue Tatbestände beim Steuerbetrug in Bezug auf den Handel mit CO-Zertifikaten ergeben zu haben, von denen der Co-Vorstand Jain auch gewusst haben soll, was er bisher bestritten hatte. Die strittige Steuererklärung, welche  eigentlich sein Ressort betraf, ließ er aber anscheinend in vorausschauender Vorsicht von seinem Kollegen Fitschen unterzeichnen, welcher damit bisher im Fokus der Ermittlungsbehörden geraten ist.

Im Handelsblatt wird das Vorgehen der Deutsche Bank in Sachen Zinsmanipulation mit „Teure Täuschung“ betitelt. Die Finanzaufseher hätten ein vernichtendes Urteil über die Deutsche Bank gefällt. Das Geldhaus habe in dieser Affäre den Ermittlern irreführende Informationen gegeben und bewusst falsche Angaben gemacht. Die Untersuchung sei verzögert und erschwert, sogar Aufnahmen von Telefongesprächen wären zerstört worden. Insgesamt hätten 29 Mitarbeiter der Deutschen Bank an diesen Manipulationen mitgewirkt. Irgendwie erinnert mich das an einen schlechten Film über die Cosa Nostra.

Bedenkt man dann noch die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft gegen Herrn Fitschen und gegen weitere prominente Vorstandsmitgliedern laufender und ehemaliger Art der Deutsche Bank wegen Prozessbetrug im Falle Kirch und darüber hinaus die über 6.000 anhängigen Rechtsfälle, darunter die Ermittlung wegen Devisenmanipulationen und Goldmanipulationen usw. usw, so kann man schnell zu der Einstellung des o.e. Unbedarften kommen.

Diese genannten Fälle kommen alle aus dem von Herrn Anju Jain verantworten Bereich des Investmentbankings, doch auf wundersame Weise will dieser von all diesen Dingen nichts gewusst haben, gibt sich als Unschuldslamm, obwohl so viele Mitarbeiter dabei involviert waren und in diesem Zusammenhang stets sein Vertrauter Alan Cloete genannt wurde, welcher damals den Geld- und Devisenhandel leitete. Das mag glauben wer will, vermittelbar ist das aber nicht. Man kann gespannt sein, was die weiteren Ermittlungen ergeben.

Letztlich muss man sich fragen, warum sich dieser Mann trotz all dieser Milliarden an Strafzahlungen, die man auch als Beugung des Rechtsstaates bezeichnen kann, auf dem Stuhl des Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank halten kann?

Die erste Antwort könnte lauten: Das Investmentbanking ist so lukrativ und Herr Jain scheint hier ein so besonderes Talent zu haben, dass man auf die Ergebnisse seines Investmentbank-Bereiches einfach nicht verzichten kann. Daraus kann man schließen, dass das Investmentbanking immer noch sehr hohe Erträge abwirft, die deutlich höher sind als die Strafzahlungen. Allerdings machen sich diese Erträge bei den Kunden als Verluste oder entgangene Erträge auf deren Risikorücken bemerkbar. Jeder  Anlagekunde bei der Deutsche Bank braucht sich deshalb nicht wundern, warum er in sein Depot so viele Fonds, Zertifikate und sonstige Mischmasch-Papiere vorfindet. Damit lässt sich außerhalb des Blickfeldes des Anlagekunden wunderbar und sehr viel Geld verdienen.

Die zweite Antwort könnte lauten: Herr Draghi, selbst ein Investmentbanker von Goldman Sachs kommend, befeuert mit seiner Niedrigzinspolitik zudem diesen Bereich, womit die Voraussetzungen für optimale Investmentbankerträge gegeben sind, allerdings eine massive Ausbeutung der Anleger zugunsten der hohen Erträge im Investmentbankings bedeuten. Außerdem ist die EZB zuständig für die Aufsicht solcher Großbanken und nimmt damit auch Einfluss auf deren Geschäftsmodell, welches nach Investmentbanking – Manier des Herrn Draghi nur akzeptabel beim Einfahren von hohen Investmentbank-Erträgen ist. Dass diese hohen Erträge die Kunden der Banken bezahlen müssen, spielt in der Denke der Investmentbanker keine Rolle.

Die dritte Antwort könnte lauten: Sein Aufsichtsratsvorsitzender Achleitner ist selbst ein Investmentbanker bis in die Haarwurzeln, auch von Goldman Sachs kommend, und kann sich ein normales Banking ohne Milliarden-Erträge nicht vorstellen. Darüber hinaus besteht der größte Teil der Führungskräfte der Deutsche Bank bereits aus Investmentbankern und lässt somit ein anderes Banking nicht zu.

Unterstrichen wird diese dritte mögliche Antwort durch den nun beschlossenen Verkauf der Postbank. Man hatte gehofft, die kleinen Anleger auch mit den Mischmasch-Papieren der Investmentbank überschwemmen zu können, was Gott sei Dank nicht wie gewünscht erfolgt ist. Ich kann daher nur hoffen, dass die Postbank zum normalen Banking als Stütze der Realwirtschaft zurückkehrt und nicht ein Teil der Spielwettbanker = Investmentbanker, welche nur mit heißer Luft handeln, wird.

Fazit:

Es zeigt sich mal wieder, dass sich die Deutsche Bank voll in den Fängen der Investmentbanker befindet und diese dieses Bankhaus weiterhin voll und talentiert ausnehmen. Anstatt die erwirtschafteten Erträge in der Bank zu belassen, hatte man diese in der Vergangenheit nahezu voll an diese vermeintlichen „Master of the Universe“ ausgeschüttet. Selbst in den beiden letzten Geschäftsjahren konnte man darauf nicht verzichten, obwohl aufgrund der hohen Rückstellungen für die befürchteten Strafzahlungen aufgrund des Geschäftsgebarens der Investmentbanker das gewohnte Geschäftsergebnis nicht zustande kam. Man war gezwungen für diese talentierten Ausnehmer das Kapital erhöhen.

Der Blick auf das derzeitige Geschäftsgebaren der Deutsche Bank im Anlagebereich, welches nur vom Verkauf der Mischmasch-Papiere / undurchsichtige Risiken lebt, lässt den Schluss zu, dass die Deutsche Bank aus ihren Verfehlungen und mit hohen Strafzahlungen belegten Handlungen der Vergangenheit nichts gelernt hat. Es bleibt zu befürchten, dass beim nächsten Finanzcrash, diese Mischmasch-Papiere ähnlich eingestuft werden müssen wie die bekannten subprime-Wertpapiere. Diese hatten bekanntlich sehr viel Wert bis zur Wertlosigkeit eingebüßt und waren der Deutsche Bank voll auf die Füße gefallen. Weitere Rechtsfälle dürften somit den jetzigen folgen, womit sich eine Branche sehr freuen wird, nämlich die der Juristen.

Unverständlich dabei ist, dass die Bafin sich hier nicht rührt und wie ein Mucksmäuschen diesem äußerst fragwürdigem Treiben zusieht.

Abschließend noch eine Bemerkung. Der Anteil der Investmentbanker an der Gesamtbelegschaft der Deutsche Bank wurde zwischen 5% und 10% beschrieben, er kann auch zwischenzeitlich höher sein. Ich möchte damit die restlichen 90% – 95% oder darunter der Deutsche Bank Belegschaft nicht in Misskredit bringen. Mit diesen habe ich auch durchweg gute Erfahrungen gemacht. Diese Kollegen sind letztlich die Leidtragenden des Investmentbank-Prinzips.

25. April 2015

Elmar Emde

 Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Dresdner Bank, ein erlebter Niedergang

Die Dresdner Bank war einst eine sehr stolze und anerkannte Bank, wurde verglichen mit vielen anderen großen Banken und hat in der Wirtschaftsgeschichte große und sehr positive Spuren hinterlassen. Ich will mich jetzt nicht als Historiker profilieren und sämtliche Highlights dieser Bank aufzählen, das würde viele dicke Bücher füllen. Wichtig ist mir nur die Beschreibung der von mir erlebten Zeit Mitte / Ende der 90iger Jahre bis in die ersten Jahre dieses Jahrtausends, letztlich die Jahre, in welchem der Niedergang dieser Bank eingeleitet wurde.

Zu dieser Zeit befand ich mich in der Funktion eines leitenden Angestellten, welche ein Leiter einer größeren  Filiale mit untergeordneten kleineren Filialen mit insgesamt  rd. 50 Mitarbeitern einnahm. Davor hatte ich den typischen Weg eines Dresdner Kreditbankers durchlaufen, d.h. nach 2 jähriger Kreditausbildung Kreditsachbearbeiter, stellvertretender Leiter einer Kreditabteilung, Firmenkundenbetreuer/ stellvertretender Leiter der Firmenkundenbetreuung, Vertiefung in Frankfurt im Konzernstab Kredite, d.h Erstellung Kreditvorlagen der in- und ausländischen Niederlassungen für den Vorstand und danach Übernahme der eingangs beschriebenen Filialleiterposition Anfang der 90er Jahre.

Für mich war die Dresdner Bank schon immer eine attraktive Bank gewesen. Obwohl die Deutsche Bank, in der ich meine Banklehre absolvieren durfte, ehrlich gesagt mit nicht großem Enthusiasmus aufgrund der damit damals verbundenen Doofenarbeit (i.W. Ablage- und Sortierarbeiten), die größte Bank war, empfand ich meinen Lehrherrn als recht bieder und quadratisch, praktisch, gut, während die Dresdner Bank eine Wärme und Eleganz ausstrahlte, die mich magisch anzog und in der ich dann 1977 eintrat.

Mit dem Wiedererstarken des Investmentbankings Mitte /­ Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fasste dann das so genannte Investment Banking, kommend aus dem angelsächsischen Teil des Globus langsam auch Fuß in der Dresdner Bank. Vorreiter war hier die Deutsche Bank, welche in 1989 unter Alfred Herrhausen mit dem Kauf der britischen Morgan Grenfell den hierzu größten Schritt unternahm. Andere Banken folgten dann in der Regel wie Lemminge diesem Schritt der Deutsche Bank, u.a.  in 1995 die Dresdner Bank mit dem Kauf der britischen Invest­ment­bank Kleinwort Benson,  mit der Folge, dass gegen Ende der 90er Jahre die Investmentbanker einen großen Teil der Vorstandspositionen der Geschäftsbanken sukzessive okkupiert hatten, indem sie alle Geschäfts­arten, welche mit dem Investmentbanking in Berührung kamen, einfach als wesentlichen Bestandteil des Investmentbankings deklarierten.

Die Grundlage für den Einzug oder Siegeszug des Investment­bankings waren die außerordentlich hohen Erträge, welche diese Geschäftssparte erwirtschaftete. Zunächst hunderte von Millionen US$ und später dann mehrere Milliarden und dann im Quartal. Das überstieg sogar die Ertragslage von Rauschgiftsyndikaten und Waffenhändlern und wie sich in den letzten Jahren sukzessive herausstellte, ebenfalls mit krimineller Energie.

Die Fachleute jubelten zusammen mit den „Wirtschafts­journalisten“ um die Wette und sprachen von einem neu angebrochenem Zeitalter der finanziellen Glückseligkeit und lobten vor allem die hierfür verantwortlichen Finanzinnovationen, die immer komplizierter wurden und die zuletzt dann keiner mehr verstand.

Die wenigsten Fachleute sahen diese Entwicklung sehr kritisch, insbesondere die Wirtschaftspresse schien sich keine Gedanken darüber zu machen, dass auf der anderen Seite viele Geschäfts­partner dieser Banken, seien es Sparer, Anleger oder Kreditkunden, für diese hohen Erträge bezahlen mussten. Gewinne der Bank in solch einer Größe bedeuten Verluste oder massive Benachteiligungen der Kunden dieser Banken. Dieses System wurde als eine so genannte win-win- Situation der Öffentlichkeit verkauft, war aber letztlich eine brutale Abzocke, welche jetzt durch die zahllosen juristischen Prozesse dieser hoch gelobten Banken mehr als unterstrichen wird.

Letztlich wurden diese hohen Erträge der jeweiligen Volkswirtschaft entnommen, insbesondere dann, wenn diese ertragsstarken Investmentbanken aus Regionen heraus operierten, die mit der jeweiligen Volkswirtschaft nur über Telefondrähte und Internetver­bindungen verbunden waren. Gesteuert wurden diese Geschäfte von nur wenigen Finanzfachleuten in London und an der Wall Street mit astronomisch hohen Gehältern, die diesen Volkswirtschaften in den wenigsten Fällen zugutekamen. Großbritannien und die USA wären hier speziell auszunehmen, in diesen Ländern befand und befindet sich das jeweilige Basislager für die Raubzüge der Investmentbanken.

Die Dresdner Bank rühmte sich zu dieser Zeit sogar damit, einen mit 34 Lebens­jahren an „Erfahrung“  einen der jüngsten Vorstandsmitglieder im Vorstand zu haben. Später gab man ihm dann aber die Schuld dafür, dass er mit seinen forcierten Zukäufen, u. a. die M&A – „Boutique“ Wasserstein (Kaufpreis DM 3,5 Milliarden) wesentlich den Nieder­gang der Dresdner Bank in Gang gesetzt  hatte, da mit diesem Kauf­preis so ziemlich die letzten Reserven der Bank verbraucht worden waren. Dennoch blieben diesem Investmentbankingvertreter nach seinem Rausschmiss die Spitzenpositionen in einer bekannten Schweizer Versicherungs­ge­sell­schaft und jetzt als tragender Kopf einer „Finanzgruppe“, welche bedauer­licherweise die BHF-Bank übernommen hat und mit der Invest­mentbank Kleinwort Benson vernetzen will (= Verkauf von strukturiertem Finanzmischmasch), nicht ver­schlossen. Selbst eine bekannte Wirtschaftszeitung bemühte ihn als Laudator für eine Preisvergabe. Normalerweise sollte eine solche Ehre erfolgreichen Wirtschaftsführern vorbehalten bleiben. Eigentlich unfassbar, zeigt es aber doch, wie verdreht die Ethik in der Wirtschaft eigentlich geworden ist.

Wie es nun so kam, konnten die inzwischen auch von der Presse stets geforderten hohen Erträge nicht mit dem herkömmlichen Bankgeschäft erreicht werden, auch nicht mit den gerade hinzu­gekauften, und mit einer völlig anderen Kultur versehenen Invest­mentbanken, so dass man eine für die Banken selbst neue Art des Dienstleistungssektors um Hilfe bat, nämlich die Unter­nehmensberatungsgesellschaften. Da die hohen Ertragsgeschäfte aus dem Angelsächsischen kamen, konnten also nur solche aus dem angelsächsischen Raum diesen Rat erteilen, wobei insbesondere die US-amerikanische Boston Consulting Group (BCG) in den folgenden Jahren eine führende Rolle, ich möchte noch hinzufügen, eine sehr unrühmliche, zumindest bei der Dresdner Bank, einnahm.

Etwa Mitte der 90iger Jahre wurde diese in der Dresdner Bank sehr aktiv. Das erste Ergebnis der Befragungen der Bankmitarbeiter (?) wurde in die so genannte Privatkundenstrategie zusammengefasst, bei der Herr Blessing, jetzt Vorstandsvorsitzender der Commerzbank eine führende Rolle spielte. Nicht viel später folgte mit viel Tamtam die Firmenkundenstrategie. Beide Strategien hatten eine Aufblähung des gesamten Apparates zur Folge bei gleichzeitigem Filetieren der Kundensegmente mit dem Ergebnis, dass die Kosten sprunghaft anstiegen, die Erträge aber ausblieben und auch Kunden absprangen. Dies führte dann zu weiteren Strategien und diesen folgten noch weitere und noch weitere. Vorstände wurden ausgewechselt wie Zeitarbeiter und die Bank kam mit dem Nachdrucken der Briefbögen, welche bei Aktiengesellschaften die Vorstände mit aufführen müssen, nicht mehr hinterher.

Das Schlimme an dieser Geschichte ist, dass alle Geschäftsbanken und um 2005 sogar die Sparkassen und Volksbanken dieser Verein­heitlichung des Bankgeschäftes wie Lemminge folgten.

Ich erinnere mich noch an eine Veranstaltung der Bank, auch „Road-Show“ genannt, bei der dem Firmenkundenbereich der Dresdner Bank die neue Strategie präsentiert werden sollte. Plötzlich brach aber die power-point-Präsentation zusammen, so dass das ganze Programm wieder hochgefahren werden musste. Der junge forsche BCG (Re)Präsentant vergaß aber dabei, dass der Beamer alles an die Wand warf, was der Computer hochfuhr. Und plötzlich erschien die Kundenliste von BCG, auf der alle Banken und viele Sparkassen und Volksbanken dieser Republik aufgeführt waren. Ein starkes Raunen und Gelächter ging durch die Reihen meiner Kollegen, der (Re)Präsentant konnte die Röte seines Gesichtes aber nicht ver­bergen.

Am Ende dieser qualvollen Veranstaltung durften wir uns dann von den jungen BCG- „Experten“  mit grünen Schirmmützen, Altersdurchschnitt um die 28 – 30  Jahre, das neue Banking in workshop-ähnlicher Manier erklären lassen. Ich bin sicher, dass verschiedene dieser damaligen Grünschnäbel in verschiedene leitende Positionen sowohl in der Dresdner Bank als auch in anderen Banken aufgerückt sind und da immer noch ihr Unwesen treiben. Unterstützt wurde dies durch den damals – und leider immer noch –  anhaltenden Jugendwahn. Ab Anfang 40 gehörte man bereits zum alten Eisen und junge Bubis stiegen plötzlich zu wichtigen Bereichsleitern und Bereichsvorständen auf, begleitet von sehr kostenträchtigen Vorruhestandsbeschlüssen, die ganze Heerscharen von älteren  und sehr erfahrenen Bankkollegen das Amt und damit auch die Würde und der Bank hohe Abfindungsbeträge kosteten.

Einmal wurde den Investmentbanker nahezu eine Milliarde Deutsch Mark gezahlt, damit sie bleiben, wenige Monate später wurden Ihnen über eine Milliarde Deutsch Mark gezahlt, dass sie die Bank (aus Kostengründen) wieder verlassen. Ein Irrsinn.

Am Ende der Lebenszeit der Dresdner Bank waren dann die Investmentbanker für den maßgeblichen Verlust hauptverantwortlich, allerdings musste die Bank, bzw. dann schon die Commerzbank,  diesen „Supertalenten“ aufgrund der dilettantischen Vertragsgestaltung noch hundert Millionen an Boni per Gerichtsbeschluss hinterher werfen. Ein weiterer Irrsinn.

Von den Kollegen der anderen Bankinstitute habe ich dann ähnliches gehört und man wurde einfach das Gefühl nicht los, dass die gesamte deutsche Bankenlandschaft sukzessive in ein gleich­geschaltetes Fahrwasser gesteuert wurde, welches vom Invest­mentbanking beliefert, gesteuert und am Ende auch brutal aus­genutzt und ausgenommen werden sollte und später auch wurde.

Das Ergebnis dieser Maßnahmen/Entwicklungen  war eine Zentralisierung diverser Kundenbetreuungseinheiten in den Metropolen unserer Republik streng nach den dadurch bedingten betriebswirtschaftlich und theoretisch erreich­baren Synergieeffekten und damit prognostizierten Einsparungen. Voraus gegangen war ein Filetieren des Kundenstammes und damit die Übertragung der Betreuung auf andere Personen, wodurch sehr wertvolle Kundenbeziehungen auf null zurückgefahren  und der Konkurrenz damit wertvolle Einstiegsmöglichkeiten auf dem Tablett serviert wurden. Dies hatte zur Folge, dass die zentralisierten Kundenberater mehrstündige Fahrten zu ihren Kunden in Kauf nehmen oder sich durch die Staus dieser Republik quälen mussten. Man braucht sich nur jeden Morgen die vielen Verkehrsbehinderungen rund um die Metropolen anzuschauen und nur zusammen­rechnen, welche wertvolle Zeit hoch qualifizierte Fachleute in den Staus oder überfüllten U- /S-Bahnen vergeuden und damit hohen volkswirtschaftlichen Schaden zugunsten fragwürdiger betriebswirtschaftlicher Effizienzen ver­ursachen und das in einer nahezu total vernetzten Gesellschaft.

Neben dieser Zentralisierung fand die Zusammenfassung des Ver­kaufs­personals oder anders ausgedrückt der Kundenbetreuer (inzwischen war das Verkaufen der Produkte das oberste Gebot) in unterschiedliche Teams statt. Damit diese Teams sich dann auch persönlich besser verstehen (offizielle Begründung), wurden in der Dresdner Bank (und wie ich hörte auch in anderen Banken) für alle Teams so genannte „Outdoor Trainingstage“ an bestimmten Wochenenden organisiert. Kurz vor Beginn eines solchen modischen  „Out­door Trainings“ strahlte die ARD eine Reportage über diese neu­modischen Maßnahmen aus. Dabei stellte sich heraus, dass der Leiter dieses „Outdoor Veranstaltung“ ein hoch spezialisierter Psychologe war, der die jeweiligen Delinquenten genau be­obachtete, wie er über ein Seil in 15 Meter Höhe balancierte und dabei dem Fernsehteam genau Bericht darüber erstattete, welchen Charakter, welche Ängste und Nöte dieser Mitarbeiter vermutlich hat und wie dieser und jener einzustufen wäre. Die Vermutung, dass hier nicht beeinflussbare und unbekannte Bewertungskriterien eine Rolle spielen, setzte sich bei mir fest.

Daraufhin war für mich klar, an einer solchen Veranstaltung nicht teilzunehmen, da die Ängste und Nöte meinen damaligen Arbeit­geber nichts angehen. Unterstützt wurde diese Entscheidung noch durch einen weiteren Umstand.

Da es damals der Dresdner Bank schon ertragsmäßig sehr schlecht ging, wurden sämtliche „Teams“ der Republik nach Einsparungs­möglichkeiten befragt. Meines Wissens hatten fast alle Teams übereinstimmend für die Annullierung dieses „Outdoor“-Kasperle­theaters gestimmt, da dieses pro Team um die DM 60.000 kosten sollte und das Team es dann auch noch selber aus ihrem Ergebnisbeitrag bezahlen musste. Die Annullierung der „Outdoor Trainings“ wurde aber rundweg abgelehnt und mit vertraglichen Verpflichtungen erklärt. Ob die Teams so eine Veranstaltung wollen, wurde vor Abschluss dieses „Vertrages“ aber nicht befragt.

Da mir das ganze sowieso etwas seltsam vorkam, habe ich mich nach dem Veranstalter, einer GmbH in München, erkundigt und festgestellt, dass dieses Unternehmen wieder unterschiedlichen Unternehmen gehörte, letztlich einem ganzen Unternehmenskonglomerat, welches teilweise das Wort „Zirkel“ im Firmennamen trug (??). An der Spitze dieser unterschiedlichen Besitzunternehmen tauchte dann ein Verein in Hamburg auf mit einem unbekannten Vereinsvorstand, zu den Vereinsmitgliedern konnte ich keine Informationen bekommen. Beim Zusammenzählen von eins und eins konnte man letztlich zu dem Ergebnis kommen, dass sich an dieser bundesweiten Maßnahme irgendjemand eine goldene Nase verdient hatte.

Grundsätzlich war ich gegenüber den diversen Maßnahmen der Bank, das Teamverständnis zu fördern und zu festigen, äußerst misstrauisch. Da gab es Veranstaltungen unter dem Motto „go for excellence“, bei denen man mit Magneten Fische angeln sollte und das Team mit den meisten Fischen wurde dann belohnt. Oder es wurden Jubelfeste u.a. in Leipzig und anderen Städten organisiert, die an Veranstaltungen von Bibelsekten erinnerten. Kurzum ich fühlte mich damals in meine Kindheit oder in den Kindergarten zurückversetzt, bzw. als seriöser Banker nicht ernst genommen und ich wurde das Gefühl einfach nicht los, dass hier (Dienstleistungs-) Kräfte am Werk waren, die nur die Ausplünderung der Dresdner Bank im Sinn hatten.

Nach diesen „Teamgeist fördernden“  Maßnahmen begann dann der breit gefächerte Verkauf der so genannten strukturierten Finanzprodukte, welche  von den Investmentbanken zusammen gebastelt wurden. Diese hatten aber neben vielen anderen und ähnlich gelagerten Geschäftsfeldern in den meisten Fällen nur das Ziel, Kreditrisiken verbrieft, d. h. zusammengefasst in einem neuen „Wertpapier“, u. a. auch Fonds genannt, an den unwissenden Anleger zu verteilen.

Die alt herkömmlichen Wertpapiere wie Anleihen und auch Aktien verschwanden immer mehr aus dem Angebotsregal sowohl bei der Dresdner Bank als auch bei den anderen Banken, dafür wurden Aktienfonds, Rentenfonds, Geldmarktfonds, offene Immobilienfonds, Asset Backed Securities (auf Deutsch: durch Aktiva/­Sicherheiten –welche?- unterlegte Wertpapiere??) und sonstiger strukturierter Krimskrams in die Regale gestellt.

Ich erinnere mich noch an die Anrufe meiner alten Bankerkollegen auf der Anlageseite, welche wieder ein ganz neues und tolles Produkt für die Vertreter meiner damaligen Firmenkunden anzubieten hätten, mit aus­gefeilten Strukturen und den besten Gewinnchancen und das kam dann nahezu wöchentlich vor. Das Zeitalter des Produktes der Woche war geboren und war zunehmend Bestandteil auch bei der Dresdner Bank.

Diese Entwicklung bekam ich nur noch bis in den Herbst 2004 (zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Bank verlassen und ein eigenes Unternehmen gegründet) auf der Kreditseite mit, welche noch relativ traditionell, aber auch schon mit merklichem Investmentbank-Geruch geführt wurde, d. h. zunehmend erweiterten Zins- und Währungsswaps das Angebotsprogramm, die im Nachhinein betrachtet meistens zu Ungunsten der Unternehmen ausgingen.

Fakt war (und ist), dass an jedem Montag in den so genannten Teamsitzungen das Produkt der Woche vorgestellt und das kurz­fristig zu verkaufende Volumen festgelegt wurde. Am Mittwoch erfolgte dann die Nachfrage, warum man noch nicht die Verkaufs-Soll-Zahl erreicht hat mit dem Hintergedanken, den Mitarbeiter coachender Weise unter Druck zu setzen und am Freitag musste er sich erklären, warum seine Verkaufsziele nicht erreicht worden sind mit dem Hinweis, sich über das Wochenende zu überlegen, wie er es besser machen könne. Drohungen, seinen Arbeitsplatz zu ver­lieren, wenn es nicht besser würde, waren nicht selten und wenn auch nur indirekt angedeutet.

Je nach Qualität der Führungskräfte, hier auch Teamleiter genannt, entstand ein regelrechter Verkaufsterror, welcher viele Mitarbeiter in die Kur führte und den Kunden so langsam aber sicher auf die Nerven ging. Diesen Terror gab man von ganz oben kaskadenförmig nach unten weiter, nach oben zurück ging aber nichts, da gab es eine Mauer und legt damit die Basis für nicht geerdete Vor­stände und Bereichsleiter in der Zentrale.

Dieser überspitzte Controlling-Terror führte dazu, dass der eben erst ernannte junge Vorstand Dr.Georgi, welcher im Übrigen Herrn Blessing (jetziger Vorstandvorsitzender der Commerzbank) damals vorgezogen worden war, bereits am 4. Januar eines Jahres (die ersten 2 Tage dieses Jahres waren Samstag und Sonntag gewesen) per Rundschreiben den Mitarbeitern zur Kenntnis gab, das bereits am 4. Januar das Provisionsergebnis stark rückläufig wäre und daher alle Anstrengungen unternommen werden müssten, dieses Defizit wieder aufzuholen.

Nach Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank war dieser Herrn Blessing vorgezogener Vorstand einer der ersten, welcher das neue Gesamthaus Commerzbank verlassen musste.

Eine Idee in den Umstrukturierungsphasen war es, die Mitarbeiter in Form von Arbeitsgruppen mit einzubinden. Ich hatte das „Vergnügen“, an mehreren solchen Arbeitsgruppen der Dresdner Bank, die sich Anfang dieses Jahrtausends wiederum in einer (Ver)Umstruk­tu­rierungs­phase befand, als Teilnehmer zu fungieren, um meine kritischen Beiträge hier­bei einbringen zu können. Ich hatte damals schon die diversen Umstrukturierungen der Dresdner Bank auch gegenüber dem damaligen Vorstand heftig kritisiert und die Bank wollte daher (offiziell) meine kritische Meinung zu diesem Vorhaben in einer Arbeitsgruppe gebündelt wissen. Wie sich später dann herausstellte, hatte das nur den Zweck, mich mundtot machen.

Diese Arbeitsgruppen waren an sich sehr kreativ und machten hervorragende Vorschläge, wie man die bevorstehenden Probleme oder Umstrukturierungen lösen könnte. Solchen Arbeitsgruppen standen der jeweiligen Geschäftsleitung nahestehende Assistenten vor, welche das Ergebnis zusammenfassen und der jeweiligen Geschäftsleitung/­Vorstand mitteilen sollten.

Bei diesen Zusammenfassungen fiel mir auf, dass diverse Beiträge einfach im Vorfeld schon in der Versenkung verschwanden, d. h. diese Assistenten bereits über eine gewisse Order verfügten, welche Meinung gegenüber dem Vorstand vertretbar ist und welche nicht. Daraus konnte man sehr schnell schließen, dass die Entscheidung schon längst feststand und teilweise Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen so lange zurückgegeben wurden – da nicht umsetzbar – bis sie die bereits feststehende Meinung des Vorstandes oder der Unternehmungsberatungsgesellschaft trafen. Danach wurde die Arbeitsgruppe aufgelöst und keiner wusste mehr so richtig, wie die Entscheidungen zustande kamen. Man kann so etwas auch eine Sozialisierung der Entscheidungsfindung bezeichnen, nur haben die Mitglieder dieser Arbeitsgruppen nicht das fürstliche Gehalt wie die Vorstände bekommen, welches trotz der Ertragsprobleme Jahr für Jahr zweistellig wuchs, aber Spendenbeiträge ab € 300,-  vom Gesamtvorstand genehmigt werden mussten, als hätte der nichts anderes zu tun. Unverständlich war auch, dass sich die Dresdner Bank in dieser prekären Ertragssituation ein weiteres prestigeträchtiges Verwaltungsgebäude neben dem Vorstandsgebäude leistete und andererseits weiter verdiente Mitarbeiter massenhaft in die Wüste schickte.

Auch wurden diverse Befragungen der Mitarbeiter durchgeführt, deren Ergebnisse ich daraus allerdings nie erfahren habe, die blieben stets verschlossen. Anscheinend waren die Ergebnisse nicht im Sinne des Vorstands. Allerdings setzte der sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aus den Initiatoren dieses Niedergangs zusammen.

So richtig umgesetzt wurden diese Umstrukturierungsmaßnahmen mit der Ernennung vom kürzlich verstorbenen  Herrn Bernhard Walter zum Vorstandssprecher. Herr Walter wirkte nach meinen Informationen als Filialleiter in Freiburg sehr erfolgreich und soll in seiner Funktion als Mitglied des Vorstands 60 –  80% aller Vorstandsvorlagen verantwortet haben. Ich frage mich nur, was dann die anderen Vorstände in dieser Zeit gemacht haben? Er war somit voll in die Mitte der 90er Jahre los getretenen Umstrukturierungsprozesse eingebunden. Er und sein Team, insbesondere sein Bereichsleiter Dambmann, setzten mit diktatorischer Härte – sicherlich gut gemeint – die beschlossenen und zuvor beschriebenen Umstrukturierungsmaßnahmen durch, Einwände von erfolgreichen und erfahrenen Mitarbeitern wurden ignoriert und Kritiker hierarchisch zur Räson gerufen.

Zum Leidwesen meiner Vorgesetzten (Niederlassungsleiter)  gehörte auch ich zu diesen Kritikern und sie mussten sich deswegen von den Kofferträgern aus Frankfurt einiges wegen mir anhören. Dennoch hielten sie mir die Stange, ein Vorgang, welchem ich ihnen nie vergessen werde. Dies war letztlich auch der Grund, warum ich trotz dieser Widrigkeiten leidenschaftlich für die Dresdner Bank bis 2004 gearbeitet habe, um danach mein jetziges Unternehmen zu gründen, welches sich mit der Betreuung großer Familienvermögen und dem Aufbau von Treasury Abteilungen mittelständischer Unternehmen  beschäftigt.

Diese nur wenigen von mir erlebten Beispiele zeigen, wie zerstörerisch die angelsächsische Investmentbankdenke in der Dresdner Bank gewirkt hat. Leider muss man festhalten, dass solche Entwicklungen in anderen Banken in gleicher Weise zu beobachten sind und in den jeweiligen Banken kleine Gruppen von Investmentbankern sich unverändert am reichhaltigen Kundengabentisch brutal bedienen. An vorderster Front sei hier die Deutsche Bank zu nennen, die von einem Investmentbanker geleitet wird, dessen Gefolgsleute die wichtigsten Schaltstellen der Bank eingenommen haben und zudem noch von einem Investmentbanker im Aufsichtsrat beaufsichtigt wird.

20. Januar 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

 




Kulturwandel der Sparkassen?

Auch dieser Beitrag ist meinem Buch „Die strukturierte Ausbeutung“ , welches Ende 2013 erschien, entnommen worden und wurde nun mit aktuellen Gegebenheiten ergänzt.

Vorab bleibt festzuhalten, dass ich damals schon als Vertreter einer Großbank die Sparkassen und ihr Selbstverständnis als Bank des „kleinen Mannes“, womit der größte Teil unserer Gesellschaft er­fasst wird, stets bewundert habe. Insbesondere im Kreditgeschäft spielen die Sparkassen unverändert eine hervorragende Rolle und sind die Stütze des deutschen Mittelstandes. Ähnlich sehe ich das mit den Volksbanken, welche mit den Sparkassen einen Banken-Markt­anteil von über 60 % einnehmen, somit die eigentliche und maß­gebende Kraft in der deutschen Bankenlandschaft darstellen. Zusammen mit den Privatbanken /­ Geschäftsbanken tragen diese das oft kritisierte und in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts von vielen „Wirtschaftsjournalisten“ großer Tageszeitungen oft als antiquiert kritisierte Drei-Säulen-Modell. Dieses Drei-Säulen-Modell > Sparkasse> Volksbanken> Geschäfts-/­Privatbanken hat jedoch Deutschland vor den Folgen der schwersten Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg bewahrt und maßgeblich zur jetzigen starken Stellung Deutschlands in Europa und der Welt beigetragen.

Die Sparkassen genießen beim „kleinen Mann“ oder sagen wir beim „Normalbürger“ ein sehr hohes Vertrauen und halten dadurch in Deutschland auch den größten Banken -Marktanteil von weit über 40 %.

Diese gewaltige Marktmacht fällt nicht besonders auf, da diese in zahlreichen Einzelgesellschaften, d. h. in selbstständigen Sparkassen mit eigener Bilanzierung organisiert und damit auf die gesamte Bundesrepublik verteilt sind. Allerdings wirkt der Sparkassenver­band zusammen mit den Oberinstituten der Sparkassen, den Landesbanken, sehr stark auf die Geschäftspolitik der jeweiligen Sparkassen ein.

Dieser hohe Marktanteil und damit die hohe Vertriebsstärke ist insbesondere für die Investmentbanken hochinteressant, nicht nur in Bezug auf die große Anzahl der Sparkassenkunden, sondern auch mit Blick auf die Sparkassen selbst, welche durchweg über hohe eigene Cash-und Wertpapier-Polster verfügen.

Mitte 2013 gab es nach zahlreichen Fusionen nur noch rd. 420 Spar­kassen mit bundesweiten rd. 14.400 Geschäftsstellen, welche über 240.000 Mitarbeiter beschäftigten. Somit fallen Fehlinvestitionen und Unternehmensinsolvenzen nicht so stark der Öffentlichkeit wie bei den Groß­banken auf, bei der sich solche Vorgänge in deren Zentralen u.a. in Frankfurt  konzentrieren.

Dieses Potenzial haben im Übrigen auch die bekannten angelsächsischen Unternehmensberatungsgesellschaften erkannt, die auch über die Landesbanken bei den Sparkassen tätig wurden und daraufhin das Bankgeschäft mit den gleichen Bezeichnungen, die mir Jahre vorher schon in der Dresdner Bank geläufig waren, neu organisierten.

Die meisten Sparkassen haben aber nicht die Research- und Ana­lyse­ka­pa­zi­täten, wie die Groß- und Investmentbanken. Dieses Wissen wird von deren Landesbanken entweder selbst erstellt (mit fragwürdigem Ausgang > siehe Finanzkrise) oder von den Invest­mentbanken und Großbanken – je nach dem – bezogen. Auch kreieren sie keine eigenen Finanzprodukte und Derivate, das erledigen die Landesbanken und die Dekabank.

Die Dekabank betrachtet sich als den zentralen Assetmanager der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe. Mit dieser Bezeichnung kann man schon sehen, dass man die Sparkassen als Gesamtgruppe und damit sehr mächtige Gruppe innerhalb unserer Gesellschaft sehen muss.

Die Dekabank produziert wie eine Investmentbank eine breite Palette von Aktien-, Renten, Immobilien- und Mischfonds aller Art. Der Vertrieb dieser Produkte erfolgt hauptsächlich über die Spar­kassen und Landesbanken.

Der Dekabank-Konzern verwaltete Ende 2012

  • 518 Wertpapier-Publikumsfonds (Volumen ca. € 90 Mrd.)
  • 4 Offene Immobilienfonds (Volumen ca. € 21 Mrd.)
  • 468 Wertpapier-Spezialfonds (Volumen ca. € 52 Mrd.), ich vermute, dass diese Spezialfonds Wertpapieranlagen diverser Sparkassen ver­walten.
  • 11 Offene Immobilien- Spezialfonds (Volumen ca. 1,7 Mrd.)

und nimmt bei den Publikumsfonds meines Wissens den dritten Platz hinter der DWS/­Deutsche Bank-Gruppe und Allianz Asset Management-Gruppe ein. Zudem ist die Dekabank der größte Anbieter von Offenen Immobilienfonds in Deutschland, einer seit Jahren  in den negativen Schlagzeilen befindlichen Anlageklasse.

Man kann somit die Dekabank als einen der größten Anbieter von strukturierten Finanzprodukten bezeichnen. Bei Anleihe- und Aktienemissionen, also Ausgabe von direkten Anlagen, ist mir die Dekabank bisher nicht groß aufgefallen, eher als Vertriebspartner in der zweiten und dritten Reihe.

Sollte der Leser ein Sparkassenkunde sein und zudem Geld anlegen wollen, wird er sicherlich feststellen, dass ihm im Wesentlichen Fonds der Dekabank (= strukturiertes Finanzprodukt) angeboten werden, wie im übrigen dies auch bei den anderen Banken ebenfalls mit deren hauseigenen Fonds der Fall unverändert sein wird.

Meine Erfahrungen mit Fonds der Dekabank sind nicht positiver Natur. Auch konnte man in der Presse schon mehrmals nachlesen, dass die Deka-Fonds im Konkurrenzvergleich schlecht abschneiden.

Bei einem recht betagten Mandanten, der Anfang 2000 rd. € 600.000 in diverse Dekafonds angelegt und zum Leidwesen der Sparkasse bis zu meinem Erscheinen in 2007 kaum bewegt hatte, musste ich einen Verlust von rd. € 228.000 fest­stellen. Außerdem hatte man diesem Mandanten noch ein Vermögensver­waltungs­man­dat beim Ableger der Deka in der Schweiz verkauft, welches Hedgefonds- und Private Equity Papiere nebst Aktien-, Renten-, Geldmarkt- und Immobilienfonds, also das gesamte Sammelsurium der strukturierten Finanzprodukte, enthielt. Auch dieses Ergebnis war – wie sollte es auch anders sein – schon nach relativ kurzer Laufzeit negativ.

Der hierfür zuständige Sparkassen-Vorstand bezeichnete ein solches Depot als ein „Ergebnis einer fachmännischen Anforderung an eine Vermögensberatung“. Es war eher eine fachmännische Anforderung an das Provisionsergebnis dieser Sparkasse, welche durch die Vermittlung in die Schweiz provisonsmäßig daran partizipierte.

Mein Versuch, die Sparkasse dadurch zu einer teilweisen Rück­erstattung des Verlustes oder zumindest zu einer Rückvergütung der bis dahin gezahlten saftigen Depotgebühr zu bewegen, brachte mir unsachliche Vorwürfe  ein. Normalerweise werden für Fonds aus der eigenen Gruppe keine Depotgebühren verlangt, zumal die vermittelnde Bank einen kräftigen Anteil an den Ausgabeaufschlägen nebst Halteprämien u.ä. erhält. Aber auch selbst dies verweigerte dieser Kundenvor­stand, verleugnete sogar, dass die Deka zur Gruppe der Sparkasse gehörte. Das stimmt nicht ganz, da an der Deka-Bank die Spar­kassen über ihre Verbände an der Deka- Bank beteiligt sind und an jedem Stadtbus mit einer Werbung der Sparkassen Finanzgruppe dies ganz deutlich wird.

Selbst eine Beschwerde beim damaligen Präsidenten des Spar­kassen­ver­ban­des, Herrn Heinrich Haasis, ging aus wie das „Horn­berger Schießen“. Meine Empfehlung war, diese Verlustbringer sofort zu verkaufen, welches dann auch in 2007 geschah.

In der Vergangenheit hat sich die Sparkassengruppe stets als eine Alternative zu den Großbanken verstanden, welches im Kredit­bereich sicherlich sehr stark unterstrichen werden kann.

Im Anlagebereich – außer den altbekannten Sparbüchern und Spar­briefen – kann das auf keinen Fall gesehen werden. Genau wie die Groß- und Investmentbanken schwimmen diese auf der Welle der strukturierten Finanzprodukte und das schon sehr lange, wie das obige Beispiel gezeigt hat. Auch da haben es die Investmentbanken geschafft, diese fragliche Anlageideologie in die Köpfe der Spar­kassenvertreter einzuimpfen. Und dieser Vorgang hält noch immer an, wie sicherlich jeder Sparkassenkunde, der dort Geld an­legen will, bestätigen kann.

Aufgefallen ist mir dies erstmals in 2005, nachdem ich bei einem Mandanten und dessen Deka-Geldmarktfonds feststellen musste, dass der Anteil der CDS- und ABS-Papiere als so genannte „Bei­mischung zur Erhöhung der Rendite“ von Monat zu Monat immer höher wurde.

Bei den hohen Zinssätzen für Anleihen Anfang des Jahrtausends, die weit über den Geldmarktsätzen lagen, warfen die Geldmarktfonds – sogar nach Gebühren für die Fonds – deutlich höhere Renditen ab, als für Festgelder. Mit dem Rückgang des Zinsniveaus und Auslaufen der hochverzinslichen Anleihen schmolz dieser Vorteil gewaltig zusammen mit der Folge, dass man einen Renditeersatz suchte – auch zur Deckung der Bankgebühren – und fand diese in den oben erwähnten CDS- (Credit Default Swaps = Kreditausfallver­sicherungen) und ABS Papiere (Asset Backed Securities = über Assets /Ver­mö­gens­werte aller Art abgesicherte Kredite), für deren Kauf/­Übernahme die Fonds Prämien erhielten und diese somit zur Erhöhung der Fondsrenditen beitrugen. Zu dieser Zeit hatten die Banken Mitte des letzten Jahrzehnts auch kaum Kreditausfälle zu beklagen, womit das Risiko dieser Papiere als sehr gering erachtet wurde. Später stellte sich dann in sehr vielen Fällen heraus, dass diese Kreditübernahme-Papiere ein doch nicht unerhebliches Risiko be­inhalteten und sogar zu Minus-Renditen bei vielen Geldmarkt- Fonds führten.

Auf diese Erkenntnis wies ich den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Dekabank, Herrn Franz Waas, in einem Schreiben darauf hin. Seine Antwort war für mich niederschmetternd. Seiner Meinung nach ist ein solcher Vorgang üblich, übersetzt heißt das, die Über­nahme von Kreditrisiken aus undurchsichtigen Mischmasch-Papieren gehört in das Depot von Sparkassenkunden, die von solchen Dingen normalerweise keine Ahnung haben.

Ein weiteres Indiz dafür, dass es im Sparkassensektor im Anlage­bereich keinen Kulturwandel gibt, man dafür aber die Kultur sowohl der Investmentbanken  übernehmen will, ist der inzwischen erfolgte Umbau der Dekabank.

Dieser sah unter anderem den Einstieg in das lukrative und ca. € 100 Mrd. schwere Zertifikategeschäft mit eigenen Zertifikaten vor, bzw. will man den Landesbanken weg­nehmen. Man achte auf das Wort „lukrativ“. Alles was für die Bank lukrativ ist, kann für deren Kunden nur zum Nachteil geraten. Eine wundersame Geldvermehrung gibt es auch hier nicht.

Mitte Januar 2013 erschien dann in der Presse ein kleiner Hinweis, dass die Deka die ersten Zertifikate auf den Markt gebracht hat.

In diesem Zusammenhang ist ein Auszug aus einem Interview mit Herrn Heinrich Haasis, früherer Präsident des Sparkassen und Giro­verbandes und Vorgänger vom jetzigen Präsidenten, Herrn Georg Fahrenschon erwähnenswert, welches er dem Handelsblatt im November 2010 gegeben hatte.

Es ging dabei um den Verkauf von Lehmann Zertifikaten und darum, dass einige Sparkassen diese auch verkauft hatten und auch dafür eingestanden sind. O-Ton:

Hassis: …… das haben die Sparkassen individuell nachgearbeitet und in klaren Fällen auch Ersatz geleistet und sich bei Kunden ent­schuldigt. Mir macht aber Sorge, dass es jetzt schon wieder Nach­frage nach exotischen Zertifikaten gibt.

Handelsblatt: Sie würden also kein Zertifikat mehr kaufen?

Haasis: Ich habe noch nie eines gekauft.

Diese Aussage eines erfahrenen Bankers ist an sich eindeutig, leider wird sie von der jetzigen Sparkassenorganisation ignoriert.

Erreichen will man diese Neuausrichtung durch einen bereits vor­genom­me­nen Führungswechsel. Neu an der Spitze der Dekabank ist ein Herr Michael Rüdiger. Er kommt von der Credit Suisse, neben der UBS in der Schweiz eine der Banken mit einem hohen Ertragsanteil (ca. 60 %) aus dem Investmentbanking, und hat in Deutschland das Private Banking, Assetmanagement und Invest­mentbanking, verantwortet, woraus auch hier die Verquickung des Investmentbankings mit dem Vermögensanlagegeschäft deutlich wird.

Ein solcher Mann, der einen großen Teil in seinem Berufsleben dem Investmentbanking gewidmet, es betrieben und gefördert hat, wird doch keineswegs dieses Geschäftsmodell fallen lassen und normales und verständliches Anlagegeschäft betreiben! Er hat ja letztlich nichts anderes gelernt und ist die hohen Erträge aus den strukturierten Finanzprodukten des Investmentbankings zu Lasten der Anlegerkunden gewohnt.

Gemäß Pressverlautbarungen (Handelsblatt v. 28.11.2012) will Herr Rüdiger auch „verstärkt auf alternative Investments, wie Infra­strukturprogramme (was immer das heißen mag) setzen. Ent­sprechende Produkte sollen später vielleicht auch Privatkunden angeboten werden“.

Unter dem Stichwort alternative Investments wird heutzutage alles Mögliche, insbesondere undurchsichtige und toxische Anlagen angeboten und mit hohen Provisionen für die Banken vertrieben.

Zwischenzeitlich wird die Dekabank als „Zentraler Fonds- und Zertifikateanbieter“  (besser wäre die Bezeichnung „Zentraler Risikoverlagerer“) bezeichnet und soll künftig die Depots der Sparkassenkunden zentral führen. Die Bündelung  und Abwicklung von Wertpapiergeschäften werde künftig von zentraler Bedeutung  sein, so Herr Rüdiger. Es ist angepeilt, dass die Deka die Depotführung für die Sparkassen übernimmt. Deren Kunden hätten dann für das Wertpapiergeschäft nicht mehr ein Sparkassen-Depot, sondern  ein Deka-Depot.

Diese Presseveröffentlichungen lassen für die Sparkassenkunden nichts Gutes erwarten. Es werden unverändert und vor allem verstärkt strukturierte Finanzprodukte angeboten werden und wieder werden sich die Kunden auf die vertrauensseligen Verkaufs­praktiken der Bankbetreuer verlassen.

Die Sparkassen laufen aber Ge­fahr, ihren immer noch guten Ruf mit diesem Geschäftsgebaren zu verlieren.

Anmerkung: Unter der Rubrik “Strukturierte Finanzprodukte” können die (kritischen) Definitionen zu Fonds(Investmentfonds) und Zertifikaten nachgelesen werden.

26.Dezember 2014

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de