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Finanzsystemwechsel verstärkt eingeleitet

Erst kürzlich hat der Bundesverband deutscher Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) in einem Rundschreiben an seine Mitglieder Kommunikationstipps vergeben, wie man die Kunden auf die Negativzinsen auf Guthaben vorbereitet.

Nachdem bisher nur die Privatkunden mit großen Guthabenbeträgen ab € 100.000 bzw. ab € 1 Mio. die „Ehre“ hatten, für eine erbrachte Leistung noch Geld dafür bezahlen zu „dürfen“,  werden die Volks- und Raiffeisenbanken, letztlich die Banken des Bürgertums, nunmehr dazu angehalten, die Negativzinsen auch für kleinere Guthaben einzuführen.

Die erste Reaktion darauf liegt bereits auf meinen Tisch. Eine Mandantin hat mir ein Schreiben einer Volksbank vorgelegt, wonach schon ab einem Guthaben auf Giro- und Festgeldkonten von € 25.000 (Spareinlagen sind (noch) ausgenommen) ein Verwahrentgelt berechnet wird. Das Wort Negativzins hat man hier wohlweislich ausgespart, wobei andererseits die Klärung der Frage interessant wäre, ob die Bank mit diesem Geld dann auch arbeiten darf, da es sich hier nur um ein Verwahrentgelt, also um eine Gebühr für die Aufbewahrung von Geld wie bei einem Schranktresor handelt. Und bekanntlich können/dürfen die Banken mit dem Inhalt eines Schranktresors nicht arbeiten.

Gleichzeitig wurde das Tagesgeldkonto der Mandantin gekündigt mit dem dezenten Hinweis, doch mit ihrem Berater einen entsprechenden Termin zu vereinbaren. Der Tenor dieses Beratungsgesprächs wird dann sicherlich der Versuch des Verkaufs von strukturierten Finanzprodukten wie Fonds, Zertifikate und ETF`s jeweils aller Art mit erheblichen Gebühren sein (derzeit der überwiegende Bauchladen der Volksbanken, aber auch der anderen Banken), um das Verwahrentgelt von bis zu 0,4% zu sparen.

Mit diesem Rundschreiben des BVR ist somit eine rote Linie überschritten und der von Herrn Draghi und den an den weltweiten Schaltstellen der Wirtschaft sitzenden Investmentbankern schon seit Jahren systematisch vorbereitete Finanzsystemwechsel verstärkt eingeleitet worden.

Diese neuerliche Anhebung der Negativzinsen und der unverständliche Ankauf von Anleihen in Milliardenhöhe pro Monat und damit die weitere Ausdünnung des Anleihemarktes ohne Not hat Herr Draghi noch kurz vor seinem Ausscheiden noch schnell diesen Finanzsystemwechsel forciert und die Banken zu diesem Schritt der Negativzinsen für die Kleinanleger  verstärkt gedrängt/gezwungen. Ultima ratio dieser Politik ist somit die verstärkte Fokussierung auf den Verkauf von intransparenten Finanzprodukten, wie damals vom Investmentbanker Dombret (Ex-Vorstand der Bundesbank) mehrmals vorgeschlagen und: genau das wollte die Zunft der Investmentbanker.

Seit Jahren habe ich vor dieser Entwicklung und der schädlichen Geldpolitik in diesem Blog gewarnt, auch Wirtschaftsjournalisten persönlich diesbezüglich angeschrieben. Zuletzt meinte ein renommierter Wirtschaftsjournalist des Handelsblattes, dass er nicht glaube, dass der Einfluss der Investmentbanker so groß wäre, den ich diesen unterstelle.

Die Einführung der Negativzinsen für Kleinanleger und die sich daraus ergebenden Folgen, wie oben dargelegt, geben mir leider Recht.

Vielleicht sollten sich die Wirtschaftsjournalisten mehr in die Niederungen des Anlagegeschäftes begeben, als nur mit den Vorständen und sonstigen in den Elfenbeintürmen lebenden Managern ausgefeilte Interviews zu führen.

Ich kann nur hoffen, dass die Nachfolgerin Frau Lagarde nicht in diese fatalen Fußstapfen treten und erkennen wird, wie schädlich die von Herrn Draghi geschaffene Minuswelt ist. Interessant wird auch sein, wie sich der weitere Werdegang von Herrn Draghi gestaltet. In Italien ist er schon einmal zum Staatspräsidenten vorgeschlagen worden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

1. November 2019

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”