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Chapeau Mr. Cryan!

Dem neuen starken Mann Cryan und künftigen alleinigen Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Bank kann man zunächst nur Respekt zollen. Die Veränderung des Führungspersonals inklusive der Abschaffung der vielen Ausschüsse, welches nur der Sozialisierung der Verantwortung dienen sollte und damit dieses ehemals stolze und starke Bankhaus lähmten, war längst überfällig (siehe meine diesbezüglichen Beiträge in diesem Blog) und wurden nun mit einer Geschwindigkeit umgesetzt, die erstaunlich ist.

Cryan scheint ein Mann der Tat zu sein, ohne Allüren für die große Bühne und die eines “Masters of the Univers”, die man insbesondere bei Josef Ackermann beobachten konnte. Er ist kein großer Redenschwinger und Weltenschwätzer, anscheinend ein großer Gewinn für diese Bank, welche in mafioser Weise von einer kleinen Clique von Investmentbankern regelrecht ausgenommen wurde.

Und schon meldet sich der Bankprofessor Burghof mit einer großen Affinität zur Presse wieder zu Wort. Hat er in 2008, einige Monate vor der Lehman-Pleite, noch auf einem workshop der Deutsche Bank zum Kauf von strukturierten Finanzprodukten zwecks Erhöhung der Liquidität und damit einer möglichen Beseitigung der Finanzkrise geraten, bzw. einige Jahre später dem Führungsduo Fitschen und Jain für ihr Handeln eine Marketingstrategie à la “Made in Germany” geraten, so posaunt er jetzt pressewirksam, dass der Schritt des Umbaus bei der Deutsche Bank längst überfällig sei. Das ist eine Lehrpolitik nach dem Fähnchen im Wind. Man muss sich manchmal fragen, was auf unseren Universitäten alles so gelehrt wird.

Interessant wäre die weitere Entwicklung der geschassten, eigentlich regresspflichtigen Investmentbanker, allen voran die von Anshu Jain. Ich schätze, dass sich alle in irgendwelchen Private Equity Gesellschaften oder Hedgfonds wiederfinden werden, in denen sie ihr Investmentbankwissen  unterbringen können. Stephan Leitner, welcher zu EQT übergewechselt ist, hat bereits den Anfang gemacht.

Bei allem Respekt vor dieser Meisterleistung von Mr. Cryan bleibt doch eine erhebliche Skepsis übrig. Betrachtet man den neuen Vorstand der Deutsche Bank, so muss man festhalten, dass von den 11 Vorstandsmitgliedern 6 eingefleischte Investmentbanker sind, darunter auch der Vorstandsvorsitzende Mr. Cryan, und 2 weitere eine gewisse Affinität zum Investmentbanking haben. Darüber hinaus wird der Aufsichtsrat unverändert vom Goldman Sachs Investmentbanker Achleitner dominiert, der in den letzten Jahren ebenso verantwortlich ist für die Misere der Deutsche Bank und den man eigentlich auch hätte entsorgen müssen. Übrigens, Mr. Cryan gehörte ebenfalls dem versagenden Aufsichtsrat der Deutsche Bank an.

Die Zusammenfassung des Unternehmenskundengeschäftes mit dem Investmentbanking lässt befürchten, dass die Unternehmen nun noch mehr mit Investmentbank-Produkten zugeschüttet werden, wie es schon beim Privatkundengeschäft in unerträglicher Weise der Fall ist. Investmentbanking hat nun mal den Hang dazu, die Gegenseite über den Tisch zu ziehen.

Andererseits lässt die katastrophale Geldpolitik des Investmentbankers Draghi und damit die Fokussierung des Bank- und damit Anlagegeschäftes auf das Investmentbanking für die Investmentbank “Deutsche Bank” kaum eine andere Wahl, zumal sie sich aus dem traditionellen Bankgeschäft seit Jahren sukzessive heraus katapultiert hat.

Dennoch, es ist eine Meisterleistung von Mr. Cryan mit einer leisen Hoffung auf einen Wandel der Deutsche Bank zurück zum seriösen Bankgeschäft.

20. Oktober 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de




Wissenschaft und strukturierte Finanzprodukte

Seit Anfang dieses Jahrtausends treten hiesige (Finanz-) Universitäten  als Vertreter der neuen Welt der strukturierten Finanzprodukte auf.  Wirtschafts- oder Bankenprofessoren hatte man für Workshops, Seminare und Kundeninformationsveranstaltungen verpflichtet, um diese Ideologie weiter­ zu ­ver­breiten. Auch jetzt findet man solche bei Kundenveranstaltungen von Vermögensverwaltern und Verkäufern von Investmentfonds.

Einen davon, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanz­dienst­leistungen, Herr Professor Burghof, einmal wird er als Bankenprofessor oder Wirt­schaftsprofessor betitelt, durfte ich auf einem Convent der baden-württembergischen Landesregierung in Stuttgart Mitte 2008 erleben. In einem integrierten Workshop der Deutsche Bank vertrat er doch tatsächlich die These, man solle doch nur die strukturierten Finanzprodukte kaufen, dann würde der Markt wieder belebt und liquide werden und die Finanzkrise würde abebben(??). Danach, in der Schlange vor dem Buffet, hatte ich die Gelegenheit, ihn auf diese gewagte These kurz anzusprechen, merkte aber auch, dass er sich damit sichtlich unwohl fühlte.

Ob das jetzt ehrliche Überzeugung aufgrund der damals von der Finanzindustrie angelsächsischen Charakters vorherrschenden Finanzideologie oder Honorarvorgabe der Deutsche Bank war, bleibt offen. Hätten die Teilnehmer dieses Workshops aber diesen Rat beherzigt, wären hohe Vermögensverluste einige Monate danach die Folge gewesen.

In den Folgejahren der Finanzkrise konnte man diesen Professor in Rundfunk und Fernsehen auf Talkshows vernehmen, wie er die Bankenwelt – und jetzt allerdings zu Recht – analysierte und kritisierte. Jeder macht eben seine praktischen Erfahrungen, auch jeder akademisch Vorgebildete und Vertreter dieser theoretischen Zunft.

Allerdings konnte man nach der Präsentation des katastrophalen Ergebnisses der Deutsche Bank zum IV. Quartal 2012 und damit des Gesamtjahres 2012 wieder kluge Ratschläge von diesem Banken­professor aus der Presse entnehmen. „Jain und Fitschen müssen aus dem Prestige Deutschlands in der Welt Kapital schlagen. Es geht darum, ein Gütesiegel „Made in Germany“ im Banking zu etablieren – eben etwas teurer, dafür aber auch besser“.

Kein Wort davon, wie schädlich das Investment-Banking für die Weltwirtschaft ist, kein Wort davon, wie die Finanzindustrie über ihre Wahrscheinlichkeitsrechnungen die Kunden benachteiligt. Ob diese von der Deutsche Bank unverändert betriebene Geschäftspolitik zudem das Siegel „Made in Germany„ erhalten soll, bleibt fraglich.

Dieser „Bankenprofessor“ schlägt eine Marketingstrategie vor, wie man diese risikoreichen Finanzprodukte besser verkaufen kann, nichts weiter. Vielleicht hofft er auf ein weiteres Beratungsmandat.

Selbst Prof. Raffelhüschen, ein anerkannter Verfechter der privaten Altersvorsorge, hatte sich im Juli 2008 vor den Karren der Union Invest, einen der größten Produzenten und Vertreiber von Investmentfonds und strukturierten Finanzprodukten, spannen lassen. Meine diesbezüglichen Hinweise auf die Risiken dieser strukturierten Finanzprodukte, die sich insbesondere in den Vorsorgeprodukten wiederfinden, bezeichnete Herr Prof. Raffelhüschen als eine apokalyptische Prophezeiung. Leider gaben mir die Ereignisse einige Monate später mit der Pleite von Lehman Brothers Recht.

In einem Interview des Fernsehsenders Phoenix hatte Herr Prof. Dr. Carl Christian von Weizsäcker, ein hoch dekorierter Finanzwissenschaftler und Mitglied vieler wissenschaftlicher Institutionen, die Deutsche Bank, meines Erachtens ein Paradebeispiel für das Investmentbanking mit angeschlossenem Commercial Banking, als ordentliche Bank bezeichnet. Ob man eine solche Bank mit über 6.000 Rechtsstreitigkeiten  mit ihren Kunden und vielen Verstrickungen in unredliche Manipulationen als ordentliche Bank bezeichnen kann, überlasse ich dem geneigten Leser.

Daraus kann man nur folgern, dass selbst anerkannte und hoch­intelligente Personen sich dieser Gefahren und Konsequenzen, die in diesen intelligent zusammenkonstruierten Finanzprodukten stecken, keinesfalls bewusst sind oder sie sind schon zu sehr mit dem Marketing der Banken verfallen. Letztlich eine Steilvorlage für den Verkauf dieser sehr fraglichen Produkte.

13. Januar 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de