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Tesla und die Tomaten

…auf den Augen der Investoren.

Es ist schon erstaunlich, wie sich einige vermeintliche Experten zu Tesla in einer fast übergöttlichen Sympathie äußern und dann das Ganze damit beschließen, dass Sie von den Zahlen und Fakten von Tesla überzeugt sind. So Herr Frank Thelen, ein ehemaliger Juror der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ , in seinem Gastkommentar  im Handelsblatt vom 24. Januar 2020.

Tesla ist ein Batterie basiertes Auto, d.h. der Elektromotor wird von einer aufladbaren Batterie angetrieben, die nach einem gewissen Verbrauch wieder aufgeladen werden muss. Wir haben jetzt allein in der Bundesrepublik ca. 54 Millionen PkW`s (andere Zahlen sprechen von 47 Millionen), davon sollen nach dem Willen der Bundesregierung zunächst nur 1 Million PkW`s die Straßen in Deutschland befahren.

Jetzt stellt sich zunächst die Frage, ob wir genügend Strom für die Aufladung von nur 1 Million PkW`s zur Verfügung haben. Hierzu möchte ich auf Herrn Prof. Lesch, bekannt aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Fernsehsendungen (darunter Lex Cosmos und Terra X), verweisen, der dies wie folgt beantwortet hat:

Jedes Auto zieht pro Aufladung 350 kW x 1 Million PkW`s = 350 Gigawatt, die permanent vorgehalten werden müssten. Das gesamte deutsche Stromnetz hält aber nur 68,5 Gigawatt vor.

Allein ein 54stigstel oder 47igstel der PkW`s in Deutschland würde schon das deutsche Stromnetz total überfordern. Man mag sich nicht ausdenken, was mit dem deutschen Stromnetz passieren würde, wenn 2, 4 oder 10 Millionen Elektrofahrzeuge die Straßen in Deutschland bevölkern und meistens über Nacht aufgeladen werden. Oder gedacht in europäischen Dimensionen, sämtliche Kraftwerke wären nicht in der Lage diesen Strom zu produzieren, es käme zu Blackouts.

Allein diese elementare, strukturelle und notwendige, aber fehlende Basis lässt schon erhebliche Zweifel an der Zukunftsfähigkeit von Elektrofahrzeugen aufkommen.

Weiteres Thema Reichweite. Tesla stellt auf Ihrer Homepage nur 6 unterschiedliche Fahrzeuge mit unterschiedlichen Reichweiten vor (und mit diesem mageren Produktprogramm ist Tesla deutlich wertvoller als VW oder Daimler oder BMW, man fasst es nicht!!!).

Das Model 5 soll über eine Reichweite von 610 km, das Model 3 von 530+ km, das Model X von 507 km, das Model Y von 505 km, der Roadster von unglaublichen 1.000 km und der als Panzer gebaute Cybertruck (kann in Deutschland nicht zugelassen werden) enthält keine Reichweitenangabe, ist vermutlich nur ein Marketing-Gag.

Wenn ich mir die Stress-Berichte der mir bekannten Tesla-Fahrer anhöre, muss ich  sehr große Zweifel an diesen Reichweitenangaben hegen und wäre Anlass für das Verkehrsbundesamt, diese Angaben – ähnlich wie beim Dieselskandal – zu überprüfen. Probleme sehe ich grundsätzlich im Winter für die Leistung der Batterie, es sei denn, man verfügt über eine geheizte Garage (wie beheizt, klimaneutral?), und somit auch für die Reichweite, es sei denn, man schaltet die Heizung, Radio und das Licht aus und verzichtet im Sommer auf die Klimaanlage.

Wenn man den Presseberichten Glauben schenken darf, ist die Batterietechnik noch weit von den Reichweiten der Verbrennungsmotoren entfernt. Die jetzigen Batterien kommen ohne Kobalt, welches mit viel Energieaufwand und unter prekären Verhältnissen gefördert werden muss (Energiebilanz?), kaum aus. Die Kobalt freie Eisenphosphat-Variante gibt es zwar schon lange, wurde aber bisher im Niedrigpreissegment in China eingesetzt und bringt nicht die Reichweitenleistung wie die Kobalt basierte Batterie. Tesla soll sich daher diesbezüglich mit einem chinesischen Batteriehersteller in Verhandlung befinden, genaues weiß man aber nicht.

Nächstes Thema Digitalisierung. Wie ich aus einem Gastkommentar des Handelsblattes (21.2.2020) von Stephan Noller (Digitalunternehmer) mit dem Titel „Von Tesla für die Digitalisierung lernen“ erfahren konnte, fand man in den Tesla-Fahrzeugen eine vor allem elaborierte und extrem leistungsfähige Dateninfrastruktur. Die hohe Anzahl von Sensoren würde erhebliche Mengen von Daten erzeugen, die permanent in die Tesla-Cloud hochgeladen werden. Eine leistungsfähige KI (Künstliche Intelligenz)-Schaltzentrale wäre wiederum in der Lage, riesige Datenmengen in hoher Geschwindigkeit zu verarbeiten und intelligente, datengetriebene Entscheidungen zu treffen. Tesla verfolge eine Datenstrategie, und das physische Auto wäre teilweise fast nur noch ein Objekt, um diese Datensphäre zu ermöglichen.

Hoppla, habe ich mich dabei gefragt. Geht es jetzt um das Auto oder um die Erlangung von Daten? Ist das Tesla-Auto eine Errungenschaft der Mobilität oder eine Alexa auf vier Rädern, nur geschaffen zu dem Zweck, ein wertvolles Bewegungsprofil zu generieren und zu erstellen zwecks Verkauf an die Wirtschaft, so wie es Google, Facebook, Master- und Visacard usw. täglich machen?

Erklärt wird das mit dem autonomen Fahren, dessen Umsetzung meines Erachtens aber sehr fraglich aufgrund des extrem komplizierten Umfeldes ist, lässt sich damit aber auch gut verkaufen.

Letztes Thema, die Zahlen von Tesla. Erst kürzlich hat man wieder gejubelt, weil Tesla in den letzten zwei Quartalen einen Gewinn ausweisen konnte. Per September 2019 waren es US$ 150 Mio. und per Dezember 2019 US$ 132 Mio. (Gesamtverlust in 2019 aber immer noch US$ 775 Millionen), zusammen also US$ 282 Mio. Allerdings findet man auf der Passivseite der Bilanz eine Position „deferred revenue“ (übersetzt: verzögerte Umsätze = Rückstellung) in Höhe von 1,207 Milliarden US$, welche vom 31.12.2018 auf den 31.12.2019 um US$ 216 Millionen angewachsen war und somit 77% des Gewinns der letzten beiden Quartale ausmachen.

Diese Rückstellungs-Position „deferred revenue“  basiert auf ein Versprechen von Herrn Musk, ein ertragreiches IT-update einzuführen, welches aber erst noch entwickelt werden muss. Das ist weiche Bilanzierung der höchsten Kategorie und lässt vermuten, dass die gesamte Bilanzierung von Tesla auf eine maximale Dehnung aller möglichen weichen Auswahlmöglichkeiten basiert, somit keine harten Zahlen darstellen und erhebliches Verlustpotenzial beinhalten. Hält Herr Musk sein Versprechen nicht ein, müsste diese Rückstellung ertragswirksam aufgelöst werden mit der Folge eines evtl. hohen Verlustausweises.

Des Weiteren befinden sich „unter dem Strich“ erhebliche Eventualverbindlichkeiten von US$ 11,739 Milliarden, zusammen mit den passivierten Verbindlichkeiten von US$ 26,199 Milliarden sitzt Tesla letztlich auf US$ 37,938 Milliarden Schulden , bei einem Eigenkapital unter Abzug der „goodwills“ von  US$ 5,503 Milliarden (= 14,5%).

Und ein solches Unternehmen, welches teilweise noch in Zelten produzieren soll und jährlich immer noch hohe Verluste schreibt, hat nach dem Börsenkurs einen Wert von US$ 165,7 Milliarden, also mehr als VW und Daimler zusammen oder nahezu so viel wie VW, Daimler und BMW zusammen. Das ist irrational und basiert auf äußerst vagen Visionen mit erheblichen Fragezeichen.

Herr Frank Thelen lobte Herrn Musk für seine wohl weltbeste Marketingabteilung, die letztlich diesen hohen Börsenkurs mit heißer Luft nach oben katapultiert hat. Das ist vielleicht auch der Grund für diesen hohen Börsenkurs, man kann so etwas auch als Schaumschlägerei bezeichnen. Lässt man die Wirtschaftsgeschichte Revue passieren, stellt man leider immer wieder fest, dass eine solche Schaumschlägerei den Investoren, die vor lauter $-.Zeichen in den Augen den gesunden Menschenverstand verloren habe, erhebliche Verluste zu verzeichnen hatten.

Für mich völlig unverständlich ist die Kehrtwendung von VW in Richtung  einer alleinigen Produktion von E-Autos. Herr Dies steht nach Presseberichten in sehr guten Kontakt zu Elon Musk und hat sich vermutlich von seinem Charisma  – wie auch viel andere – einfangen lassen. Hoffentlich geht das gut.

2. März 2020

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”




Minus Investoren

Es ist doch  erstaunlich bzw. nicht nachvollziehbar, wie die absurden Höhen von  Unternehmensbewertungen zustande kommen, obwohl diese Unternehmen in der Vergangenheit – und das schon jahrelang –  gezeigt haben, dass sie nicht fähig sind, Gewinne zu erwirtschaften, sondern nur hohe Verluste.

Bestes Beispiel ist der Fahrdienstleister Uber, welcher in den vergangenen Jahren folgende EBITDA`s  – und das ist schon ein geschönter Ertragsparameter, da dies der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ist  – ausgewiesen hat:

Jahr

EBITDA in Mio. US$ *)
2014  -633
2015  -1.262
2016 -2.676
2017 -3.570
2018 -2.607

*)Quelle Bloomberg

Ob diese hohen Defizite nur mit den über eine Plattform angebotenen Fahrdienstleistungen in Gewinne umgewandelt werden können, ist fraglich. Entweder man erhöht deutlich die Fahrpreise oder verringert die Honorare der Fahrer, was beides so gut wie nicht möglich ist, so dass die hohen Defizite weiter Bestand haben werden.

Andererseits sucht das Unternehmen noch Produkte/ Dienstleistungen, welche den Gewinn künftig bringen sollen. Das bedeutet, dass Uber bis dato kein schlüssiges Konzept vorweisen kann bzw.immer noch nicht weiß, wo der prognostizierte Gewinn herkommen soll.

Und dieses hoch defizitäre Unternehmen ist nun an die Börse gegangen und wurde am ersten Börsentag mit US$ 82 Milliarden bewertet, musste aber am ersten Börsentag etwa 7,6% Kursverlust hinnehmen. Damit ist Uber mit seiner Plattform- Dienstleistung in etwa so viel wert wie der weltgrößte Autohersteller VW.

Das ist irgendwie irrational, ein schlechter Witz und ein Ergebnis einer Marketingstory meiner „Freunde“ der Investmentbanker, hinter der alle Investoren wie Lemminge hergelaufen sind. Eine Meute der Hoffnungsvollen und von Gier Zerfressenen.

Ein noch krasseres Beispiel ist die We Company, der neue Name des Coworking-Anbieters WeWork und des Apartement-Vermieters WeLive. In 2018 erwirtschaftete die We Compnay einen Verlust von US$ 1,9 Milliarden bei einem Umsatz – jetzt halten Sie sich fest – von US$ 1,8 Milliarden, also um US$ 100 Mio weniger. In 2017 war der EBITDA bei US$ -769 und in 2016 bei US$ -307. Bei einer kürzlich stattgefundenen Finanzierungsrunde wurde dieses megadefizitäre Dienstleistungs-Unternehmen mit US$ 47 Milliarden bewertet.

Hatten wir solche Hypes nicht schon einmal. Richtig, die dotcom-Blase oder der dotcom-crash hatte ebenfalls diese irrationalen Gebilde in die Welt gesetzt, lösten sich aber, nachdem die Investoren vernünftig geworden waren, wieder in Luft auf.

Warum begeben sich die Investoren auf ein solch spiegelglattes Eis? Anscheinend hoffen sie auf eine erneute Erfolgsstory wie bei amazon, Facebook oder Google, welche anfangs auch hochdefizitäre Unternehmen waren und sich dadurch eine hohe Marktmacht eingekauft haben. Damit spielen vor allem die Verkäufer dieser Risiken, die Investmentbanker, und stellen somit jedes hochdefizitäre Unternehmen auf deren Stufe.

Somit erleben wir immer mehr eine Minus-Wirtschaft, Herr Draghi hat es mit den Minus-Zinsen ja vorgemacht, in der Hoffnung, dass daraus eine Plus-Wirtschaft entsteht.  Ich fürchte, dass diese Rechnung nicht aufgehen wird.

Uber und We-Company sind somit die Vorboten einer gesellschaftsfähigen Minus-Wirtschaft zum Zwecke der weiteren Ausbeutung.

4. Juni 2019

Ergänzung 9.Juni 2019.

In diese Reihe der Minus Investments lässt sich auch Tesla einsortieren.

Obwohl der Umsatz von Tesla  gerade ein Zehntel von BMW ausmacht,  ist Tesla aufgrund des unverständlichen hohen Aktienkurses (derzeit ca. das Siebenfache des Kurses  der BMW-Aktie) mehr wert als BMW. Zudem hat Tesla seit Eintritt in den Automobilmarkt vor ca. 6 Jahren US$ 4,2 Milliarden verbrannt (WAMS 9.6.2019) und ob sich dies ändern wird, bleibt fraglich ob der festgestellten Qualitätsmängel.

Weiteres Beispiel  ist die Öko-Aktie Beyond Meat (Herstellung von Fleischalternativen):

Bei einem  Umsatz von rd. € 100 Mio. wird davon fast die Hälfte als Verlust eingefahren und dafür mit € 8,4 Milliarden bewertet. Zum Vergleich der Wert der Lufthansa. Umsatz € 35 Milliarden, durchschnittlicher Jahresgewinn € 1,5 Milliarden, Wert derzeit € 8 Milliarden.

Es scheint, dass sich die Bewertungsmaßstäbe total den defizitären Unternehmen  zugewandt und dabei die “Minus-Investoren” die finanzphysikalischen Gesetze völlig aus den Augen verloren.

Das späte Erwachen wird grausam werden.

 

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”