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Group of Thirty (G 30), ein Gruppe von Sittenwächter oder eine Gruppe von Pharisäern?

Die G 30, welche sich aus einer Reihe von bekannten Finanzexperten und Wissenschaftlern zusammensetzt, hat jetzt in einem mehrseitigen Positionspapier den schleppenden Kulturwandel der Banken kritisiert. Übrigens ein Thema, welches ich seit Jahren schon anprangere, insbesondere in meinem Buch „Die strukturierte Ausbeutung, welches in 2013 erschienen ist. Kulturwandel wäre ein großes Wort, dem aber nicht Taten folgten.

Diese Aussage kann man nur dick unterstreichen, denn am Verhalten der Banken im Vermögensanlagegeschäft hat sich seit der Lehmann-Pleite kaum etwas verändert, trotz aller Bekenntnisse der verantwortlichen Banker.

Nach wie vor werden hoch intransparente strukturierte Wertpapiere verkauft, deren Inhalte nicht einmal die verkaufenden Banker verstehen, da sie die umfangreichen Fact-sheets (Wertpapierbeschreibungen) aus Zeitnot kaum lesen können und daher von ihren Zentralen nur über zusammengefasste Flyer informiert werden.

Geändert hat sich der Beratungsbogen, welche die Kunden unterzeichnen müssen, aber in den wenigsten Fällen verstehen. Wer gibt schon gerne zu, dass er etwas nicht verstanden hat, was ihm ein rhetorisch ausgebildeter und eloquenter Banker erklärt hat. Damit hat man den Banken die rechtliche Handhabe gegeben, für den Verkauf dieses und jenes Mischmasch-Produktes enthaftet zu werden.

In dem Positionspapier der G 30 wird von „ethischen Schwächen“, „ vom moralisch Besten soll gelernt werden“, “ein Wertewandel soll sich vollziehen“ und  „das Top-Management (Anmerkung: der Antreiber dieser Malaise) soll Kulturwandel zur Chefsache machen“(?). Mit Verlaub alles idealistisches Blabla und  geht völlig an der Ursache und an den bestehenden Rechtsstrukturen vorbei.

Die Gründe für die vielen Strafzahlungen und Verfehlungen der Banken liegen eindeutig im Geschäftsbereich des Investmentbankings, dem man einen legalen und legitimen Rahmen/ Charakter  gegeben hat. Dieser Bereich ist verantwortlich für die vielen strukturierten Finanzprodukte, die Verursacher der Finanzkrise, das ist unstreitig. Sie haben derzeit nur ein anderes Gesicht und werden zwischenzeitlich über alle Banken, selbst in den kleinsten Dörfern, vertrieben. Aufgrund der Marktmanipulationen durch die EZB und FED (Bezeichnung von Stephen S.Roach/ Wirtschaftswissenschaftler  und Mitglied des Kollegiums der Universität Yale) gibt es auch keine seriösen und sicheren Anlagealternativen mehr und fördert damit über das Investmentbanking eine gigantische Vermögensverschiebung weltweit zugunsten Weniger und keiner merkt das.

Ich erinnere mich noch an eine Fernsehsendung mit kleinen Kindern, denen man ein Überraschungsei vor die Nase gesetzt hatte und welche aufgefordert wurden, das Schokoladenei nicht zu öffnen und den Inhalt, meistens ein kleines Spielzeug, nicht  herauszunehmen. Es erfolgte kein diesbezügliches Verbot sondern nur die Anmahnung, das Ei nicht anzurühren. Die Kinder wurden dann mit dem Überraschungsei alleine gelassen und  dabei unbemerkt gefilmt. Man konnte nun sehen, wie schwer es den Kindern fiel, dieser Anweisung zu folgen. Schließlich, nach vielen lustigen Grimassen und einem kindlichen „Hin- und Her – Überlegen“, waren plötzlich alle Schranken gebrochen und das Schokoladenei war genussvoll verzehrt und das Spielzeug in Beschlag genommen.

Ähnlich ist es mit dem Investmentbanking. Dieses Geschäft ist so anziehungsstark und genussvoll profitabel, dass keine Bank mehr darauf verzichten will. Wenn dann dieser Bereich aufgrund einer extremen Lobbyarbeit noch einen legalen und legitimen Anstrich bekommen hat, braucht man sich nicht wundern, wenn dieser Geschäftsbereich mit aller Macht weiter betrieben und dafür die Kunden schmerzhaft mit dem Segen des Gesetzes zur Kasse gebeten werden.

Ohne eindeutiges Verbot weiter Bereiche des Investmentbankings und Rückbesinnung auf Werte „des ehrbaren Kaufmannns“, wird es auch in Zukunft Skandale und Prozesse geben, insbesondere dann, wenn die Kunden merken, wie man Ihnen mit all den Fonds, Zertifikaten und ETF`s die Verluste aufgedrückt hat. Dann wird man auch die Rolle der Aufsichtsämter wieder hinterfragen müssen, die schon vor und nach der Finanzkrise kläglich versagt haben. Einer der momentanen Oberaufseher, die Deutsche Bundesbank, empfiehlt den Banken sogar, sich vom Zinsgeschäft unabhängig zu machen und in andere Segmente zu investieren, was nichts anderes heißt, als Investmentbanking zu betreiben.

Aber schauen wir uns die „Group of Thirty (G 30 ) einmal genauer an. Die einen drücken dieser Gruppe ein renommiertes Siegel auf, die anderen nennen diese Gruppe einen Lobbyclub der Finanzmafia. Bei Betrachtung einiger einflussreicher Mitglieder wird man die Erkenntnis nicht los, dass hier das Investmentbanking keine unwesentliche Rolle in der jeweiligen  Berufskarriere gespielt hat oder immer noch spielt.

Das von allen bekannteste Mitglied, der EZB-Präsident Mario Draghi, ist von Goldman Sachs kommend ein eingefleischter Investmentbanker und fördert mit seiner Niedrigzinspolitik diesen Geschäftsbereich europaweit außerordentlich stark und mittlerweile auch sehr umstritten.

Der honorige Herr Axel A.Weber, ehemaliger Chef der Deutschen Bundesbank und jetziger Chairman der UBS, ist zwar einer der Kritiker der EZB-Politik, lässt aber über seine Vermögensverwaltung ein wahres Sammelsurium von Mischmaschprodukten an die Anleger verkaufen. Selbst eingefleischten Family-Officern hat er diese intransparenten Finanzprodukte  bei einer Veranstaltung wärmstens empfohlen.

Timothy Geitner, als ehemaliger amerikanischer Finanzminister wurde er vom Goldman Sachs Gewächs Robert Rubin beraten und ist nun der Präsident von Warburg Pincus, einer global agierenden Private Equity Gesellschaft, man nennt diese Unternehmen auch Heuschrecken, was sicherlich nicht alle sind.

Auch Gerd Häusler, momentaner Aufsichtsratschef der Bayerischen Landesbank und der BHF Kleinwort Benson-Group, welche vom umstrittenen Lenny Fischer zusammengezimmert wurde, war vorher Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, ein Opfer der Investmentbanker, und daneben der Aufsichtsratschef der Investmentbank Kleinwort-Benson, ist somit ebenfalls ein überzeugter Investmentbanker.

Auch fällt auf, dass einige Mitglieder der G 30 ebenfalls Mitglieder der mächtigen Trilateralen Kommission und des Council of Foreign Relations sind, auf die Goldman Sachs einen „gewissen Einfluss“ haben soll.

Dass sich am Thema Investmentbanking nichts ändern wird, hat der neue Deutsche Bank Co-Chef und Investmentbanker  John Cryan deutlich zum Ausdruck gebracht. Nicht die Art des Geschäftes ändert sich, sondern die Kostenstruktur, d.h. es werden tausende von Arbeitsplätzen wegfallen, nur damit  die heilige Kuh Investmentbanking weitere entsprechend hohe  Erträge einfahren kann. Zwar soll dieses Geschäft auch beschnitten werden (wer glaubt wird selig!), jedoch wird das Handelsgeschäft immer mehr über Computer abgewickelt, die schneller und effizienter als Menschen arbeiten und derzeit auch das kriminelle Front-running der Hochfrequenzhändler erlauben.

Kurzum, Investmentbanker oder Investmentbanking-Befürworter tummeln sich in dieser Gruppe, so dass der moralische Apell an die Banken etwas Lachhaftes bekommt, bzw. sich jeder die Frage stellen muss, ob es sich hier um eine Gruppe von Sittenwächtern oder um eine Gruppe von Pharisäern handelt, welche die Ursache unserer derzeitigen Probleme übertünchen wollen, damit das Investmentbanking „fröhliche Urständ“ feiern kann. Man kann diesen Apell als einen von vielen weiteren Marketing Gags  bezeichnen.

Genauso wie es in der Straßenverkehrsordnung Verbote gibt zwecks Vermeidung von Anarchie im Straßenverkehr, muss die Finanzordnung um den Verbot weiter Bereiche des Investmentbankings erweitert werden. Alles andere ist nur ein Herumdoktern an den Symptomen.

2. August 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

 Siehe auch http://www.emde-fiveko.de