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Staatliche Stolpersteine der Firmengründer

Finanzminister Christian Lindner hat lt. Handelsblatt eine Initiative angekündigt, um die Finanzierungsbedingungen insbesondere  für junge Unternehmen in Deutschland zu verbessern.

Dies soll im Wesentlichen über  Verbriefungen von Krediten junger Unternehmen erfolgen, welche gebündelt in Fonds über den Kapitalmarkt bzw. über Kapitalsammelstellen an die Anleger verkauft werden sollen.

Um dieses honorige Vorhaben entsprechend umsetzten zu können, ist das Ziel dieser Initiative die von der EU in 2017 eingeführten  Restriktionen für den Verbriefungsmarkt mit der Einführung  des so genannten STS-Labels (Abkürzung von „simple, transparent,standardized“) wieder marktgerecht zurückzunehmen, was weniger honorig ist, und vergleicht dies mit dem US-Verbriefungsmarkt.

Au weia kann ich da nur sagen oder den Spruch bringen, die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Hinter dieser Initiative stecken wohl wieder  die Banken, insbesondere die Deutsche Bank oder besser gesagt die Investmentbanken, welche den Verbriefungsmarkt als eine der Hauptgeschäftsfelder sehen und welche die Ursache für die Finanzkrise in 2008 waren.

Warum man jetzt die simplen, transparenten und standardisierten Verbriefungen gemäß EU verändern will, führt das doch nur zu komplexen, intransparenten und nicht standardisierten Verbriefungen / Fonds, welche nicht dem Anleger dienen, sondern nur den Investmentbanken, die somit wieder in der Lage sind, jeden risikoreichen Kredit in einen solchen Fonds zu packen – wie Anfang der 2000er-Jahre – und diese mit blumigen Worten und gesponserten Ratings an die Anleger zu verticken.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass eine hohe Prozentzahl der jungen Unternehmen  – ich habe eine solche von ca. 80% + ./. X  vernommen – wieder die Segel streichen müssen.

Folge wäre wieder das leichte unseriöse Geld, welches die Banken sofort aus ihren Bilanzen nehmen und das Risiko den unbedarften Anlegern ohne entsprechender Expertise  aufbürden würden. Unseriosität bei der Kreditvergabe würde wieder Einzug halten. Glaubt Herr Lindner wirklich das Märchen, dass die Investmentbanker durch die Finanzkrise geläutert wurden?

Schon jetzt sind die Fonds und deren Fact-sheets extrem kompliziert und für die allermeisten Anleger kaum verständlich, wie soll es dann werden, wenn diese dann noch komplexer, intransparenter und weniger standardisiert werden.

Aus dieser Initiative wird auch klar, dass Herr Lindner die eigentlichen Probleme der Firmengründer nicht kennt. Wie sollte er auch, ist auch kein Vorwurf,  hat er doch noch nie ein eigenes Unternehmen gegründet, geschweige denn geleitet.

Hierzu eine kleine Anekdote /ein Erlebnis während einer Veranstaltung mit Unternehmern, auf der der damalige Finanzminister von Baden-Württemberg, Herr Stächele, einen Vortrag hielt. Während seines Vortrags berichtete er über die Schwierigkeiten seiner Tochter, die Mutter geworden war und mit allerlei diesbezüglichen Problemen zu kämpfen hatte, die ihm in dieser geballten Konzentration nicht bekannt waren.

Daraufhin stand ein Teilnehmer auf und fragte Herrn Stächele, ob er nicht noch eine Tochter oder Sohn hätte, welche eine Firma gründen wollen oder gegründet haben, um ihm auch die dortigen Schwierigkeiten plastisch näher bringen zu können. Das war natürlich nicht der Fall, worauf entsprechendes Gelächter folgte.

Ich will damit andeuten, dass die wenigsten Politiker über eine entsprechende praktische Wirtschaftserfahrung verfügen und sich im Wesentlichen von solchen Menschen beraten lassen, die der Gruppe der bezahlten Lobbyisten (z.T. ehemalige Politiker) angehören oder in den Vorständen der Unternehmen – insbesondere bei Banken – sitzen oder vom Studium gleich in die beratenden Berufe aufgestiegen sind.

All diese Leute leben letztlich in einem theoretischen und wirtschaftlichen Elfenbeinturm und treffen Entscheidungen, die mit den wirtschaftlichen praktischen Erfordernissen  nicht kompatibel sind. Bestes Beispiel ist das Rumgeeiere zum Heizungsgesetz. Leider muss man das auch in der europäischen Kommission feststellen, welche wie auch in Deutschland der grünen Planwirtschaft das Wort reden.

Mit den Firmengründern meine ich jene, die nicht im Lichte der Öffentlichkeit stehen und nicht in Kapitalrunden mit Millionen zugeschüttet werden,  sondern diejenigen, welche in allen Branchen zu finden sind, sei es im Handwerk, im Dienstleistungebereich und  im Produktions- bzw. Zulieferbereich.

Diese haben in der Tat Finanzierungssorgen, nur trägt der Staat hierzu eine Menge bei.

Die ersten Jahre eines jeden Existenzgründers sind die schwersten und gekennzeichnet von

  • Finanzierungsgesprächen mit dem Steuerberater und mit den Banken auf der Basis eines Businessplan, den darauf folgende Berichtspflichten und Klärung der Frage, ob das angesparte (meistens zu kleine) Eigenkapital dafür ausreicht,
  • Suche nach adäquaten Betriebsräumen,
  • Investitionen in den Aufbau der Produktion, Logistik, IT und Buchhaltungssystem,
  • Einstellungsgesprächen mit entsprechendem Personal,
  • Beginn eines zeitaufwendigen Vertriebs und damit Beginn eines Hoffen und Bangen nach notwendigen Aufträgen, die sich dann je nach Produkt und Dynamik des Gründers nur sukzessive einfinden und nur sukzessive Umsatz bringen.

Hat man diese erste Runde gut gemeistert und stellen sich dann die entsprechenden Aufträge ein und somit auch die ersten Gewinne,

  • schlägt Vater Staat voll zu und fängt mit der Besteuerung der Gewinne an und
  • setzt noch eines oben drauf mit der Festsetzung von Vorauszahlungen, obwohl gerade bei jungen Unternehmen noch nicht klar ist, ob sich der anfängliche Gewinn auch im nächsten Jahr fortsetzt oder ob das junge Unternehmen evtl. das Handtuch werfen muss.
  • Damit wird dem jungen Unternehmen die dringend benötigte anfängliche Liquidität zum weiteren Aufbau des Unternehmens und zur Bedienung der eingegangenen Verbindlichkeiten regelrecht entzogen.
  • und die Ängste und Sorgen der jungen Unternehmer werden extrem angefacht verbunden mit schlaflosen Nächten.

Und hier sollte der Staat ansetzen und den jungen Unternehmen eine wirkliche Unterstützung geben und zwar wie folgt:

  • In den ersten 5 Jahren Steuerfreiheit für den Teil des Gewinns, welcher im Unternehmen verbleibt und zur Kapitalanreicherung verwendet wird und

  • somit keine Steuervorauszahlungen in diesen 5 Jahren einfordern.

Dies wäre nur gerecht, da diese jungen Unternehmen

  • durch ihre Investitionen zum vom Staat gewünschten Wirtschaftskreislauf und Prosperität beitragen,
  • Personal einstellen, die ansonsten evtl. der Staat/Steuerzahler über Bürgergeld hätte finanzieren müssen oder dadurch insgesamt zur Reduzierung der Arbeitslosenrate beitragen und welche dann ebenfalls Steuern zahlen und das Sozialgefüge stärken,
  • wie alle Unternehmen die Mehrwertsteuer für den Staat kostenlos eintreiben und bezahlen.
  • Durch die gewonnene Kapitalkraft wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das junge Unternehmen weiter wächst und gedeiht und dann auch künftig Steuern zahlt und
  • dadurch die Wahrscheinlichkeit deutlich steigt, dass das Unternehmen nicht insolvent wird und dadurch viele Geschäftspartner keine Verluste erleiden, die letztlich zu Steuerausfällen des Staates führen.

Anzumerken wäre, dass die Großunternehmen trotz hoher Gewinne, die Steuerzahlungen aufgrund ihrer steuerlichen Expertise und über Sitzverlagerungen in Steueroasen, kaum Steuern bezahlen bzw. für ihre Investitionen hohe Milliardensummen an  Subventionen erhalten. Warum kann man dann den Gründern zumindest für einige Jahre einen ähnlichen Vorteil nicht auch gewähren?

Abschließend noch eine weitere Anmerkung: Nach der Finanzkrise wurden so genannte Bad Banks mit staatlicher Hilfe gegründet, in welcher die Ausfall gefährdeten Wertpapiere der Banken hin verschoben wurden, um damit die Bilanzen der Banken zu entlasten, welche ansonsten insolvent gegangen wären (siehe hierzu diverse Beiträge in diesem Blog unter “Bad Banks”). Diese Bad Banks legten wiederum strukturierte Finanztitel auf, vermischten diese mit anderen Finanztiteln und brachten diese somit über Fonds aller Art im Markt unter. Somit konnte nie auch im Interesse des Staates und der Banken festgestellt werden, welche Vermögensverluste die Anleger dadurch erlitten hatten. Das ist letztlich Betrug am Anleger mit dem Segen des Staates.

Eine solche Entwicklung scheint sich nach erfolgreicher Umsetzung der Initiative der Banklobbyisten, unterstützt von Herrn Lindner, ganz sicher zu wiederholen.

Ohlsbach, den 26.9.2023

Elmar Emde