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Totengräber ETF / Indexfonds

Der greise Investor Warren Buffet hat mit seiner Empfehlung, man solle sein Geld in börsennotierte Indexfonds / ETF`s anlegen, vermutlich nicht bedacht, dass er sich damit vermutlich  zu einem der Totengräber der sozialen Marktwirtschaft stilisierte.

Die soziale Marktwirtschaft beinhaltet neben der Marktwirtschaft eine soziale Komponente, welche auch aus „Checks and Balances“, d.h ein System der Aufrechterhaltung einer Gewaltenteilung nicht nur im Staat, sondern auch in der Wirtschaft besteht. Das äußerst sich bei Aktiengesellschaften durch die vier Organe, wie den Vorstand, den Aufsichtsrat, die Hauptversammlung und die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betriebsrat. Diese Gewaltenteilung ist mit dem Auftauchen des Investmentbankings und seiner strukturierten Finanzprodukte, insbesondere mit dem Auftauchen der Investmentfonds, welche jetzt sukzessive durch Indexfonds / ETF`s abgelöst werden, aber schon lange verloren gegangen.

In einer bemerkenswerten Berichterstattung des Manager-Magazins / Ausgabe April 2017 mit dem Titel „Zentrum der Ohnmacht“, wurde dargelegt, das die Indexfonds wie Blackrock und Vanguard zwar die weltweit größten Vermögensverwalter und auch die größten Dax-Eigentümer sind, diese Finanzdiscounter aber ihrer Verantwortung der Managerkontrolle aus Kostengründen nicht nachkommen können bzw. nicht wollen.

Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock ist beispielsweise bei 20 von 30 Dax-Werten jeweils der größte Fonds im Aktionärskreis, an jedem zweiten Konzern  hält er mehr als 5% der Anteile. Aber im vergangenen Jahr war kein Vertreter von Blackrock auf keiner einzigen Hauptversammlung und hielt dort auch keine einzige kritische Rede, welche bei vielen dieser Unternehmen nötig gewesen wäre. Hintergrund ist die aus Kostengründen dafür  mangelnde personelle Ausstattung. In den letzten 12 Monaten mussten im Vorfeld der europäischen Hauptversammlungen 8 Personen zu 5.574 Anträgen entscheiden, in der heißen Hauptversammlungsphase sogar 60 Anträge pro Arbeitstag und Blackrock-Mitarbeiter. Weltweit sind es 30 Personen, welche sich 17.000 Unternehmen ansehen und kontrollieren sollen, das ist schiere Unmöglichkeit.

Kontrolle der Konzernvorstände scheitert somit an der Kostenfrage der Indexfonds die selbstkostenmäßig sehr stark unter Druck stehen mit der Folge, dass diese Vorstandsherren machen können was Sie wollen. Wen wundern daher die Gehalts- und Boni-Exzesse dieser Herren, zumal drei Viertel der Boni ungeprüft bei den Indexfonds durchgehen. Die Hauptversammlungen mutieren somit zu reinen Schauveranstaltungen, bei denen der Vorstand auf eine Bühne gehievt wird, die an Petrus und seine Jünger am Himmelstor erinnern und der reinen Einschüchterung / Machtdemonstration gelten. Der deutsche Vertreter von Blackrock, Herr Friedrich Merz, hat angabegemäß auch wenig Lust auf den HV-üblichen „Klamauk“. Gut dass er aus der Politik ausgeschieden ist, ein Vertreter der Gewaltenteilung = Demokratie scheint Herr Merz somit nicht zu sein.

Da die Indexfonds aufgrund mangelnder Aufsichtswilligkeit im Vorfeld meistens sowieso im Sinne des Vorstandes entscheiden, laufen auch alle politischen Bestrebungen, die Aktionärsrechte zu stärken völlig ins Leere. Somit entwickelt sich die soziale Marktwirtschaft zu einer reinen Profit orientierten  Marktwirtschaft, bei der die Machtkonzentrationen immer weiter fortschreiten, Staaten in Staaten entstehen, nicht mehr die Politik zu entscheiden hat, sondern die Konzernvorstände und somit die Rechtsstaatlichkeit sukzessive an Boden verliert.

Die Indexfonds mutieren somit zum Totengräber unserer sozialen Marktwirtschaft, wenn nicht sogar zur bestehenden Rechtsstaatlichkeit unserer Gesellschaft und das alles aus Kostengründen und reiner Bequemlichkeit. Und wer hat diese Instrumente geschaffen? Natürlich, meine „Freunde“, die Investmentbanken, die Geißel der Zivilisation.

Wenn keine Kontrolle der Vorstände über die Hauptversammlung erfolgen kann, hilft nur eine steuerliche Begrenzung der Absetzbarkeit von Vorstandsgehältern, denn es kann nicht sein, dass ein Untergraben unserer sozialen Marktwirtschaft noch steuerlich begünstigt wird.

1.Mai 2017

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”