tree value forestry GmbH
Bei einer Suche nach Finanzdaten in Internet poppte eine Werbeeinblendung der tree value forestry GmbH mit zweistelligen Renditehinweisen auf. Um Näheres darüber zu erfahren bat ich um Zusendung von Unterlagen.
Zuerst erreichte mich der Anruf eines höflichen Vertreters dieser Firma zwecks Führung eines Vorgesprächs, ich bat aber vor einem solchen Gespräch um Zusendung von aussagefähigen Unterlagen, um mir darüber zuerst ein Bild machen zu können.
Prompt erhielt ich kurz darauf schon eingescannte Unterlagen mit entsprechenden Presseartikeln, wobei ein Bericht mit den Schlagzeilen „Anlagestrategie der US-Eliteunis / Die Strategien der schlauesten Anleger der Welt“ besonders hervor stach. Darin wurde von den Anlagestrategien der Stiftungen der Unis Harvard, Yale, Stanford und anderen Elite-Unis berichtet, welche in 2014 mit einer Rendite von 15.5% aufwarten konnten. Zurückzuführen wäre das durch einen Anlagemix, wobei der größte Teil davon aus Investitionen mit alternativen Anlagen stammen würden. So investierte Harvard seit 2008 massiv in Nutzwald bzw. US$ 3 Milliarden = 10% des damaligen Stiftungsvermögens in Farmland und Wälder. Und weil diese Investments sehr erfolgreich waren, soll die Vermögensverwaltung von Harvard weltweit weitere Waldinvestments planen.
Dieser Bericht stammte aus der Wirtschaftswoche vom 19.2.2015. In der FAZ vom 24.9.2016 wurde mit der Schlagzeile „Harvard verliert zwei Milliarden Dollar“ davon berichtet, dass Harvard ein Baumplantagenbesitzer in Argentinien sei und schwierige Umstände bei zwei Geldanlagen in Lateinamerika als einen Grund für den Verlust genannt wurde.
Einige Tage später erreichte mich dann ein 47-seitiges Prospekt mit Kurzinformationen und entsprechenden Vertragsunterlagen inklusive eines Urlaubsprospektes der Dominikanischen Republik, in welcher sich die Baumplantage befindet. Das darin beschriebene Konzept sieht vor, dass der Anleger bei tree value forestry 9 Jahre alte Mahagoni- Bäume für € 225,- kaufen kann, zwischenzeitlich soll der Kaufpreis schon nahe der € 300,- Grenze liegen. Nach 15 Jahren wird ein Verkaufspreis von etwa € 600 angenommen, welches einer Verzinsung von etwa 8- 10% gleichkommen würde.
Tree vallue forestry kauft mit dem Geld der Anleger die Bäume von der Plantagen – Firma Mahagoni Trees Value E.I.R.L. mit Sitz in der Dominikanischen Republik, welche Eigentümerin des dortigen Grund und Bodens ist, auf dem die Mahagonibäume aufwachsen. Des Weiteren würde die Pflege dieser Bäume diese Plantagenfirma übernehmen.
Der Anleger hat es letztlich zunächst mit zwei Risikopotenzialen zu tun. Risikopotenzial Nr. 1 ist die tree value forestry GmbH selbst als unmittelbarer Vertragspartner, der das Anlagegeld entgegennimmt, um damit diese Mahagoni Bäume bei der Plantagenfirma zu kaufen. Hierzu sollte man deren Bonität kennen, um dieses Risikopotenzial eingrenzen zu können, womit die Vorlage einer aktuellen Bilanz notwendig wäre bzw. sollte Gegenstand im Verkaufsprospekt sein. Jedoch Fehlanzeige.
Aus einer Handelsregistereintragungen vom 10.11.2015 konnte recherchiert werden, dass der Gesellschaftsvertrag der true value forestry GmbH vom 9.3.2012 stammte, die Firma somit erst 4 Jahre besteht, das Stammkapital geringe € 25.000 beträgt und Veljko Richling-Kovacevic als neuer Geschäftsführer bestellt worden ist. Herr Richling-Kovacevic war davor in mehreren Unternehmen (Consulting/ Handels- und Vertriebsgesellschaft/Kapitalanlagegesellschaft) als Geschäftsführer tätig gewesen, sein Vorgänger war Versicherungsmakler und der ebenfalls mit dieser Handelsregistereintragung erloschene Prokurist war davor Heilpraktiker. Ist oder war das ein Beleg für eine entsprechende Expertise für Waldinvestments?
Um dieses Risikopotenzial Nr. 1 zu minimieren, wurde vorgeschlagen einen hiesigen Treuhänder und Rechtsanwalt mit dem Namen „Hans im Glück“ und in der Dominikanischen Republik mit dem Namen „Sancho Sanches“, einzuschalten. Beim Lesen dieser Namen fühlte ich mich an der Nase herumgeführt.
(Anmerkung: Von Seiten des Unternehmens wurde zwischenzeitlich mitgeteilt, dass dies eben in einem Entwurf Platzhalternamen gewesen waren bzw. es sich um einen nicht zur Veröffentlichung freigegebenen Entwurf handelte. Dies sollte aus Gründen der Fairness nicht unerwähnt bleiben)
Risikopotenzial Nr. 2 ist die Baumplantagenfirma in der Dominikanischen Republik, welche Eigentümerin der Grundstücke ist, auf welchem die Bäume aufwachsen sollen. Nach deutschem Grundbuchrecht sind Bäume Bestandteile eines Grundstücks, welches man für die Dominikanische Republik evtl. auch annehmen kann. Sollte nun die Baumplantagenfirma die Grundstücke und die Bäume über einen Bankkredit erstanden haben, würde sich die Kredit gebende Bank aufgrund der Langfristigkeit eine grundbuchliche Absicherung in Form von Hypotheken u.ä. geben lassen, die Bank hätte somit ein erstrangiges Verwertungsrecht auch bezogen auf die Bäume.
Um dieses Risikopotenzial ebenfalls einschränken zu können, wäre auch hier die aktuelle Einsicht in die Bilanz der Baumplantagenfirma notwendig. Jedoch auch hier Fehlanzeige
Der Telefonanruf des höflichen Vertreters ließ nicht lange auf sich warten. Auf meine erste Frage, wer denn der Gesellschafter der true value forestry GmbH wäre, stellte dieser die Gegenfrage „Was ist denn ein Gesellschafter?“. Daraufhin klärte ich ihn auf, dass der Gesellschafter der Eigentümer der true value forestry GmbH wäre, worauf er die Antwort gab, dass dies Herr Richling wäre. Kurz darauf gab er mich dann weiter an Herrn Richling, welcher mir in einem absoluten Schnellsprachkurs das Konzept seines Unternehmens erklärte. Ich bat ihn daraufhin, mir doch diese beiden aktuellen Bilanzen zuzusenden, welches er dann auch noch nachholen wollte, erhalten habe ich bis dato aber keine dieser beiden Bilanzen. Das war vor etwa 1 ½ Monaten.
Vor ca. 2 Wochen erhielt ich dann wiederum einen Anruf eines anderen Verkäufers mit sympathischer Stimme, welcher sich nach meiner Entscheidung erkundigen wollte. Unter Hinweis darauf, dass ich immer noch auf diese beiden Bilanzen warte, war das Gespräch nach einigen Sekunden und er Zusicherung, dass ich diese kurzfristig erhalten würde sehr schnell beendet. Bis heute habe ich diese ebenfalls nicht erhalten.
Wichtige Vertragsbestandteile:
Zur Sicherung einer langfristigen Bewirtschaftung wird mit dem Anleger ein Vertrag von zunächst 5 Jahren abgeschlossen. Der Vertrag würde unabhängig davon in jedem Fall nach der Fällung sämtlicher vom Käufer erworbenen Bäume sowie Verkauf des Holzes automatisch mit der Auszahlung des hieraus resultierenden Nettoerlöses enden.
Dieser kauft damit schon einen 9 Jahre alten Baum, nach 5 Jahren wäre dieser dann 14 Jahre alt bzw. seien wir nicht so genau, er wäre dann etwa 14-15 Jahre alt. Mit diesem Alter wäre der Mahagoni-Baum meines Wissens aber nicht für die Möbelproduktion zu gebrauchen, sondern eher für Holzkisten u.ä. Mahagoni-Bäume müssten ein Alter von mind. 40 Jahre erreichen, um wertvoll für die Möbelproduktion zu werden. Eine Verlängerung des Vertrages kann man mit true value forestry zwar vereinbaren, man müsste dann aber pro Jahr eine Zusatzgebühr von 1% des vom Käufer geleisteten Kaufpreises bezahlen. Abweichend hiervon beträgt die Zusatzgebühr für jedes weitere Lebensjahr 1% des Bruttoverkaufserlöses, sofern ein Verkaufskommissionsvertrag zwischen dem Käufer und der true value forestry GmbH zustande gekommen ist, welches meistens der Fall sein dürfte, da dem Anleger nicht zugemutet werden kann, seine Bäume in Lateinamerika selbst vermarkten zu müssen. Besteht ein solcher Verkaufskommissionsvertrag muss der Anleger bei Verkauf der Bäume eine Verwertungsgebühr von 10% und eine Managementgebühr von 5% des Bruttoverkaufserlöses bezahlen.
Insofern kann eine Verlängerung des Vertrages sehr teuer werden und ob ein 15 Jahre alter Baum den prognostizierten Preis von ca. € 600 Euro erreichen wird, ist letztlich sehr fraglich.
Sollte andererseits der Anleger aus dem Vertrag wieder aussteigen wollen – aus Gründen wie auch immer – muss er 15% des nach Einschätzung von true value forestry zu erwartenden Bruttoverkaufserlöses per Vorklasse bezahlen. Letztlich hängt damit der Anleger vollkommen von der true value forestry ab und es ist daher nicht auszuschließen, dass damit der größte Teil seiner Anlage im Nirwana verschwindet. Bedenkt man, dass ein Mahagonibaumsetzling nur € 0,40 kostet, erscheint der Kaufpreis der 9 Jahre alten Bäume von € 225,- + x weit überzeichnet.
Fazit:
Der Kaufpreis der Bäume ist zu hoch, der prognostizierte Verkaufspreis ist fraglich und erst nach 5 Jahren + x verifizierbar, die später anfallenden Gebühren sind recht saftig und lassen evtl. künftige Gewinne zusammenschmelzen bzw. kaum entstehen. Darüber hinaus gibt es Unsicherheiten bezüglich des bestehenden Rechtsrahmens in der Dominikanischen Republik, zudem muss für das Baumfällen eine Genehmigung eingeholt werden. Eigentumsrechte am Grundstück sind erst ab einer Kaufsumme von € 300.000 möglich und ob Rechte an den Bäumen generell separiert werden können, sollte von einem versierten Juristen im Recht der Dominikanischen Republik überprüft werden. Außerdem kann niemand sagen, wie sich dort der Rechtsrahmen in Zukunft positiv oder negativ verändern wird.
Es bestehen große Unsicherheiten in Bezug auf die Bonität der true value forestry GmbH und der Baumplantagenfirma, welche durch Einsichtnahme in deren Bilanzen und jährlicher Berichterstattung ausgeräumt werden könnten. Zur Offenlegung dieser Bilanzen und zur laufenden Berichterstattung scheint man aber nicht bereit zu sein. Was mit den Geldern aus den erzielten Kaufpreisen der Bäume, deren Setzlinge deutlich niedriger sind, in der Zwischenzeit geschieht, bleibt somit völlig im Dunklen.
Es handelt sich hiermit um ein hoch riskantes Spekulationsgeschäft mit langfristigen Ungewissheiten, an der nur die Initiatoren verdienen.
30.Oktober 2016
Elmar Emde
Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”
siehe auch www.emde-fiveko.de