Credit Suisse, SVB: schon wieder das Investmentbanking

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In einem Kommentar im Handelsblatt des von mir sehr geschätzten Wirtschaftsjournalisten Michael Maisch wurde das Problem der Credit Suisse auf die Turbulenzen  einer toxischen Mischung  aus chronischen Kontrollschwächen, schlampigen Risikomanagement und falscher Strategie (welche?)  geschoben. Dies zeigt wiederum, dass in den Kreisen des Wirtschaftsjournalismus  die eigentlichen und tiefer greifenden Gründe der derzeitigen Probleme aller Banken weltweit immer noch nicht wahrgenommen werden.

Die eigentlichen Gründe dieser Probleme liegen im Wandel der Banken vom Commercial Banking zum Investmentbanking.

Viele fragen sich nun, egal ob Commercial Banking oder Investmentbanking, letztlich sind es Banken bzw. “Banker”. Dies ist jedoch ein völlig falsches Verständnis vom Begriff „Banker“.

Bevor ich mit meiner Kritik am jetzigen Finanz-/Banksystem und der jetzigen Bankenprobleme fortfahre, bedarf es einer Klarstellung dieser beiden Banker-Typen.

Commercial Banking:

Das Commercial Banking ist das eigentliche Bankgeschäft, so wie wir es seit Jahrzehnten kennen, bzw. so wie es im Wesentlichen die Sparkassen und Volksbanken immer noch erfolgreich betreiben.

Hier werden Kredite an Privatkunden u.a. für Immobilienkäufe sowie für sonstige konsumtive Ausgaben vergeben und an Unternehmen zur Finanzierung ihrer Betriebsmittel, ihrer Investitionen aller Art nebst der Abwicklung des Im- und Exportes und auch deren Finanzierung inklusive der damit zusammenhängenden Devisengeschäfte.

Eine weitere und sehr wichtige Ertragssäule und Refinanzierungsquelle des Kreditgeschäftes spielte dabei das sich daraus ergebende Zinsgeschäft, bzw. Einlagen- / Anlagengeschäft, in welcher durch die unterschiedliche Ausnutzung der Zinsmargen ein wesentlicher Beitrag zum Ertrag der Banken entstand.

Letztlich waren das alles Bankgeschäfte, welche die Banken einiger Maßen im Griff hatten.

Investmentbanking:

Der eigentliche Ursprung des Investmentbankings  liegt im so genannten M & A – Geschäft (Mergers & Acquistion), bei dem die Investmentbanken die Unternehmen bei Unternehmenskäufen beraten und diesen helfen, die erheblichen Kaufpreisfinanzierungen zu stemmen (Beispiel Bayer AG: Kaufpreis von Monsanto war deutlich höher als der Umsatz von Bayer), wobei diese Beratungen mit extrem hohen Gebühren zu Gunsten der Investmentbanker belastet sind, welche damit jegliche Skrupel in Sachen Risiko verlieren. Diese mit hohen Risiken behafteten Kredite müssen dann strukturiert im Markt untergebracht werden, womit die Geburtsstunde der strukturierten Finanzprodukte in den 80er Jahren in den USA und der damit notwendige Handel entstand.

Da die Finanztransaktionen für alle möglichen Kreditgeschäfte immer komplexer wurden, entwickelten sich die strukturierten Finanztitel immer weiter und wurden damit immer komplexer bzw. erreichten mit den Subprimes in 2008 einen sehr unrühmlichen Bekanntheitsgrad.

Später drückte man alle möglichen Risiken mit den unterschiedlichsten und kaum verifizierbaren strukturierten Finanztiteln in den Markt. Anlagegüter wie Aktien und Anleihen ersetzte man durch strukturierte Finanztitel wie Fonds, Zertifikate und Indexfonds aller Art. Investmentbanker mischten somit bei allen going publics, neuen Aktien- und Anleiheemissionen schon aus gehörigem Eigeninteresse (hohe Gebühren) mit und machten sich somit auf allen Ebenen der Banken breit.

Kurzum: Das globale Anlagegeschäft wurde zunehmen nicht verifizierbar bzw zu einem Wettbetrieb und zu Spekulationsgeschäften wie in Wettbüros und damit immer volatiler.

Investmentbanker kann man somit als Produktverkäufer mit kaum zu verifizierenden Risiken bezeichnen. Wenn ein Handelsvertreter den Kunden bewusst ein falsches Produkt andreht, wird er als Betrüger bezeichnet. Und die Investmentbanker? Sie genießen höchstes Ansehen sogar in Regierungskreisen!!!

Entstehungsgeschichte des Investmentbankings:

In den 80 er Jahren des vorigen Jahrhunderts begann der Siegeszug des Investmentbankings zunächst in den USA (nachdem es nach der Weltwirtschaftskrise 1928 verboten worden war) und fasste in den 90 er Jahren  in Europa immer mehr in den Vorständen der Banken Fuß, bis es dort die Regierung übernahmen.

Zur Jahrtausendwende bescherte uns das Investmentbanking  mit der geplatzten Dot.com Blase die erste Krise, mit der Finanzkrise in 2008 dann die zweite. Danach hätte man evtl. erwartet, dass man klüger geworden wäre und man das Investmentbanking zurückfährt.  Aber Flöte gepfiffen, die machten unverändert weiter, seit 2012 unterstützt vom EZB-Präsident und Investmentbanker Drahgi, der mit seinem „whatever it takes“ die ultraleichte Geldpolitik einführte und damit die Märkte sukzessive mit extrem viel Geld flutete bei gleichzeitiger sukzessiver Einführung die Null-/Negativzinspolitik.  Das Geschäftsmodell der Investmentbanker blühte damit regelrecht auf, die Zuwächse der strukturierten Finanztitel, insbesondere der Indexfonds, explodierten regelrecht.

Den Banken wurde aber mit dieser Negativzinspolitik  eine wesentliche Ertragssäule, das Zinsgeschäft, genommen. Dies goutierte der Investmentbanker  Dombret, zum damaligen Zeitpunkt Vorstand der Bundesbank (??), mit dem Hinweis, die Banken sollten doch alternative Einnahmequellen suchen, was die Banken dann auch taten und  somit in risikoreiche Bankgeschäfte, die von den Investmentbankern initiiert worden waren, einstiegen

Eine der vielen Folgen: Die desaströse Entwicklung der Deutsche Bank in den letzten 12 Jahren, ebenso bei vielen anderen Banken, hervorgerufen durch das kriminelle Geschäftsgebaren der Investmentbanker.

Anmerkung: Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass das von mir geschätzte Handelsblatt gerade diesem Herrn Dombret noch die Gelegenheit gibt, in einem Interview seine Ansicht zu den derzeitigen (von ihm mit initiierten)  Bankenproblemen zum Besten zu geben. Vergessen hat er dabei seine Aussagen wie oben beschrieben. Interessant dabei auch, dass er jetzt tätig ist beim Strategieberatungsunternehmen Oliver Wymann und dort Unternehmen und Banken berät (???) 

Zusammenfassung:

  • Die Märkte wurden aufgrund der Draghi-Geldpolitik mit Liquidität vollgestopft und dieses viele Geld  suchte Anlage. Alle möglichen skurrilen Start-ups auf der Suche nach einem zweiten Google usw. schossen aus dem Boden und wurden mit Unmengen von Geld vollgestopft. Die meisten entwickelten sich zu Cash-Burner ohne Aussicht auf Erfolg, viele davon zu Betrügern, der größte Teil ging sogar pleite. Bei der Geldversorgung mischten die Investmentbanker gegen hohe Gebühren kräftig mit.
  • Folge waren auch die ungesund steigenden Aktienkurse, siehe Tesla, Apple & Co, welche jetzt alle mit extremen Kurseinbußen zu kämpfen haben, den Anlegern und Banken aber auch hohe Wertberichtigungen bei ihren Eigenanlagen einbrachten.
  • Weiteres Thema Kryptowährungen, ein Produkt der vom Investmentbanking geschürten Gier, zwischenzeitlich ein Billionenmarkt. Auch hier wurden Unsummen an Geld eingesetzt und verloren, die Struktur und das Marketing dafür kreierten die Investmentbanker, natürlich gegen hohe Gebühren.
  • Unternehmen kauften auf Teufel komm raus weitere Unternehmen auf, verschuldeten sich dabei über die Halskrause (siehe Bayer), obwohl die Finanzgeschichte gezeigt hatte, dass die meisten Übernahmegeschäfte in einem Fiasko und mit hohen Verlusten endeten. Folge daraus ist die Überlastung der Bilanz sehr vieler Unternehmen mit hohen und teilweise wertlosen good wills (Firmenwerten), die zudem – wie bei Fresenius – noch höher sind als das Eigenkapital. Noch zu unterstreichen: Dieses M&A Geschäft ist für die Investmentbanken insofern sehr lukrativ, da sie für die Beratung, die Strukturierung des Verkaufsprozesses, das dafür notwendige Marketing, der Platzierung der meistens erforderlichen Anleihen und dann evtl. noch Pflege des Aktienkurses usw, usw, hohe Gebühren in Millionenhöhe, bei großen Deals in zwei- bis dreistelliger Höhe vereinnahmen können.
  • Die Liste könnte ich jetzt mit vielen weiteren Beispielen von Bankgeschäften, an denen die Investmentbanker kräftig (zu Lasten der Anleger) verdienen, aufzählen.

Credit Suisse:

Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen (auch in der Schweiz folgte man der abstrusen Geldpolitik von Draghi & Co) wurden von den dortigen Investmentbankern Bankgeschäfte eingefädelt, die sich zu extremen Skandalen entwickelten und der Bank sehr viel Geld und Vertrauen gekostet haben. Ich erinnere u.a.  an den Archegos Zusammenbruch, die Greensill-Pleite und die so genannten Thunfisch Bonds, an denen sich CS-Mitarbeiter (Investmentbanker) gütlich getan hatten. Letztlich erinnerte dieses Gebaren an das der Deutsche Bank in den letzten 10 – 15 Jahren.

Die Probleme der Credit Suisse wurden nun noch verstärkt durch Leerverkäufe zu Gunsten Weniger (Hedgefonds = Investmentbanker) und schickten damit die Kurse und damit das Finanzsystem noch mehr in den Keller.

Sillicon Valley Bank (SVB):

Diese Bank war zunächst der Profiteur der hohen Geldschwemme und der Niedrigzinspolitik der Zentralbanken.  Durch das billige Geld schossen an jeder Ecke Start-ups aus dem Boden und diese wurden bei Finanzierungsrunden mit unfassbar hohen Geldsummen in bis zu zweistelliger Milliardenhöhe zugeschüttet, obwohl die meisten davon über keine funktionierende Buchhaltung und Risikomanagement verfügten, sie waren eben Cash-Burner. Diese Gelder fanden zunächst Niederschlag  auf den Konten der SVB , welche diese u.a. in amerikanischen Staatsanleihen anlegte, deren Verzinsung „dank“ der Niedrigzinspolitik äußerst mager waren.

Nachdem sich die Erkenntnis bezüglich der unseriösen und einseitigen Kundenstruktur der SVB langsam durchgesetzt hatte, wurden Gelder abgezogen. Zunächst im geringen Maße, dieser Abfluss wuchs dann aber immer mehr zu einem riesigen Strom an, so dass die SVB gezwungen war, die zwischenzeitlich im Kurs aufgrund der Zinserhöhungen stark gefallenen Anleihen zu verkaufen, womit sich zum Liquiditätsabfluss auch noch hohe Verluste gesellten. Leerverkäufe der Investmentbanker taten dann noch den Rest, der perfekte Bankenrun entstand.

Fazit:

Solange die Investmentbanker mit ihrem Zockergeschäften weltweit in den Banken die Geschäftspolitik bestimmen, werden in Zukunft noch weitere Banken mit ähnlichen Problemen wie die bei der Credit Suisse oder der SVB in das Licht der Öffentlichkeit kommen. Das ganze Finanzsystem hat hochgradiges Fieber und die Ärzte in der EZB, welche es senken könnten, sind ihrem Länderdünkel verhaftet und durch die vergangene abstruse Geldpolitik dank des Herrn Draghi extrem geschwächt.

Die Bankgeschäfte entwickelten sich in den letzten drei Jahrzehnten dadurch  größtenteils zu unseriösen, unkontrollierbaren  reinen Wetten und Spekulationsgeschäften. Die Instrumente dafür hatte die Fraktion der Investmentbanker geschaffen, welche am Aufstieg, aber auch am Abstieg einer Bank/ bzw.Wirtschaft sehr kräftig mitverdienen. Martialisch ausgedrückt: Sie sind die perfekten Kriegsgewinnler!!

Und jetzt soll die UBS, eine der Ober-Investmentbanken und der Großmeister der strukturierten Finanztitel evtl. noch die Credit Suisse übernehmen. Was für ein Wahnsinn!!!

Damit würde sich der Schweizer Staat in die Hände weniger Investmentbanker der UBS begeben und damit indirekt ihre Souveränität verlieren. Die UBS könnte dann machen was sie will.

Auch Blackrock, ein Produkt des Investmentbankings und äußerst systemrelevant, hat ebenfalls den Hut in den Ring geworfen. Ein Zeichen für hochgradiges 40° Fieber des ganzen Finanzsystems.

Man sieht, die Fraktion der Investmentbanker funktioniert und wir alle dürfen das finanzieren.

Ohlsbach, den 19. März 2023

Elmar Emde

 

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Ein Gedanke zu “Credit Suisse, SVB: schon wieder das Investmentbanking”

  1. Vielen Dank für die Tolle Arbeit an diesem Artikel, habe ich wie immer gerne gelesen – informativ, neutral und voll mit Fachwissen.

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