Griechische Sozialisten ziehen Europa über den Tisch

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Die seit Januar 2015 im Amt befindliche griechische sozialistische Regierung macht den Anschein, als hätte man es mit Dilettanten zu tun. Entsprechende Unmutsäußerungen scheinen auch schon einige europäische Finanzminister in emotionsgeladenen Sitzungen von sich gegeben zu haben. Es würden nicht annehmbare Vorschläge zur Sanierung Griechenlands vorgelegt und  ohne Sinn und Verstand auf Zeit gespielt werden.

Betrachtet man aber das europäische Währungssystem, so schwant mir, dass Herr Tsipras und sein Finanzminister Varoufakis dieses System besser kennen, als die europäischen Finanzminister, welche vor lauter Europadenke und Zusammenhalt-Blah-Blah die perfide Zeitschinderei nicht durchblicken.

Durch die wirtschaftliche Misere Griechenlands verlässt immer mehr Kapital das Land, bzw. die Banken bluten dadurch immer mehr aus, entweder durch Transferierung von Euros auf ausländische Konten, um das Ersparte vor dem Zusammenbruch des Landes zu schützen oder die Griechen heben das Geld bar einfach ab und deponieren ihre Euros wo auch immer, nur nicht auf den Konten der griechischen Banken.

Damit die griechischen Banken nicht illiquide werden, hat die EZB die griechischen Banken sukzessive mit den so genannten Notfallkrediten versorgt. Damit wurden aber die griechischen Banken wieder in die Lage versetzt, diese Überweisungen oder Barabhebungen fortzusetzen, so  dass weitere Notfallkredite die Folge waren und sein werden usw. usw, wenn nicht endlich damit Schluss gemacht wird.

Jetzt fragt sich jeder, warum denn diese sozialistische Regierung, welche ja für die Armen einstehen soll, nicht einfach Kapitalverkehrskontrollen einführt, um das Kapital der Reichen im Lande zu halten.

Der Grund liegt m.E. im Eurosystem, welches bei einer Überweisung innerhalb des Euroraumes folgendes Mechanismen vorsieht:

Überweist ein Grieche € 100.000 auf sein Konto bei der Sparkasse X  in Deutschland, geschieht das über die griechische Notenbank an die Deutsche Bundesbank, welche diesen Betrag an die  Sparkasse X weiterleitet. Durch diesen Überweisungsvorgang entsteht eine Forderung der Deutschen Bundesbank an die griechische Notenbank in Höhe von € 100.000, ein so genannter Targetsaldo ist entstanden. Solche Forderungen werden üblicherweise durch Exporte Griechenlands nach Deutschland i.W. ausgeglichen, da der Importeuer in Deutschland an den Griechen bezahlen muss, wodurch eine Verbindlichkeit der Deutschen Bundesbank an die griechische Notenbank entsteht. Beliefe sich jetzt  diese Verbindlichkeit auf € 70.000, werden diese mit den € 100.000 saldieren, wodurch nur eine Forderung von € 30.000 übrig bliebe.

Ist jetzt aber die Kapitalflucht aus Griechenland so stark, dass die Forderungen der anderen Euroländer  nicht mehr durch die Importe aus Griechenland ausgeglichen werden können, geraten die anderen Euroländer unbewusst immer mehr in die Rolle eines Gläubigers, obwohl sie diese Forderungsposition nicht erhöhen wollen.

Im Falle Griechenlands wachsen dadurch die Forderungen der Euroländer an Griechenland derzeit pro Tag um etwa eine Milliarde Euro an, per Ende April waren es bereits € 99 Milliarden. An Bargeld sollen es noch weitere rd. € 43 Milliarden sein.

Würde nun Griechenland pleitegehen bzw. würde der Grexit erklärt  und würde die Drachme wieder eingeführt werden,  würden die europäischen Notenbanken auf  diesen  Target-Forderungen von € 99 Milliarden +x und den Bargeldabhebungen von € 43 Milliarden +x gegenüber der griechischen Notenbank sitzen bleiben und müssten abgeschrieben werden, Griechenland hätte aber auf dem Rücken der europäischen Steuerzahler neben den anderen ins Nirwana überführten Schulden von  über € 300 Milliarden ein hohes Startkapital reserviert.

Das erklärt u.a. auch das unsägliche auf Zeit spielen des Herrn Tsipras und den sinnlosen Verhandlungsmarathon, trotz Küsschen Vergabe des Herrn Junker an Herrn Tsipras, der sich wohl ins Fäustchen lachen wird. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass  – egal wie dieses Lavieren ausgeht – die Sparer Griechenlands bzw. die separierten Gelder per Dekret von den Sozialisten eingezogen werden und damit für Sozialisten typisch eine Enteignungswelle stattfinden wir, an der natürlich die Euroländer und allen voran Deutschland als Schuldige herausgestellt werden. Dann hätten die griechischen Sozialisten nicht nur Europa über den Tisch gezogen, sondern auch das eigene griechische Volk. Armes Griechenland!!!

Es bleibt zu befürchten, dass Herr Tsipras mit diesem perfiden und nicht auf Partnerschaft beruhendem Würfelspiel durchkommen wird. Mein Rat wäre, lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende. Damit würde man Nachahmer den Boden entziehen.

14. Juni 21015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Ergänzung am 19.6.2015:

Jetzt hat die EZB einen weiteren Kredit an die griechischen Banken gegeben, damit diese solvent bleiben, nachdem am heutigen Tag die Griechen über eine Milliarde von ihren Konten abgehoben haben. Damit sind die Forderungen der Euroländer an Griechenland über die Euro – Mechanismen wiederum um eine Milliarde und das an einem Tag gestiegen.

Entnimmt man dann der Presse, dass die ideologisch weit links orientierte Parlamentspräsidentin, also ein derzeitiges Schwergewicht in der griechischen Politik, von verbrecherischen Strategien der Geldgeber spricht, die bestehenden griechischen Schulden als illegal (?) bezeichnet, die somit nicht mehr zurück gezahlt werden müssen und den griechischen Notenbankpräsidenten als Kollaborateur bezeichnet, nur weil er vor einem Grexit gewarnt hat, stellt sich die Frage, warum man einer solchen Administration weiterhin soviel Geld in den Rachen wirft. Das ist kein guter Kreditnehmer mehr, sondern ein Kreditverweigerer.

19.6.2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

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