Wenn man die erzielten Auktionsergebnisse der bekannten Auktionshäuser innerhalb der letzten 12 Monate liest, erscheint dieser Kunstmarkt irreal. Dies äußert sich in der Höhe der jeweiligen Umsätze der Auktionshäuser pro Auktion und damit in den Preisen pro Bild. Sowohl von hohen acht- bis neunstelligen Umsätzen (US$ 705,8 Millionen im Mai 2015 bei Christie`s) als auch von Preisen für Gemälde, insbesondere aus der modernen Kunstrichtung, wird berichtet. Das sind Betragsgrößen, welche mittelständischen Unternehmen und Konzerne als Jahresumsatz ausweisen, dabei tausende von Mitarbeitern beschäftigen und damit ganze Regionen und damit deren Infrastruktur finanzieren.
Zugegebener Maßen bin ich kein Kunstexperte für moderne Kunst (gibt es solche?), aber kann es sein, dass ein Stück Leinwand oder einige Kilo Bronze, Stein oder Marmor in einem sicherlich mehr oder weniger ansprechenden Design so viel Geld wert ist. Ich frage mich als Vermögensbetreuer stets, ob ein solcher Vermögenswert auch in Zukunft Bestand haben kann. Diesbezüglich möchte ich gerne auf meinen Beitrag vom 2. Dezember 2015 mit dem Titel „Moderne Kunst, ein Marketinggag“ verweisen, welcher mich aufgrund eines Auktionsergebnisses für ein Gemälde des „Pissoir-Künstlers“ Cy Twombly inspirierte.
Im Mai dieses Jahres fand bei Christi`s eine Auktion für zeitgenössische Kunst statt, welche mit einem Umsatz von US$ 318,4 Millionen endete. Zum Spitzenlos dieser Auktion avancierte das unten aufgeführte, 238 x 500 Zentimeter messende Acrylbild mit dem Titel „Untiteled“ (hier einen Titel zu finden dürfte auch schwer fallen) des bereits in 1988 verstorbenen Künstlers Jean-Michel Basquiat.
Dieses Bild ist sicherlich interpretationswürdig, wie jedes moderne Kunstwerk, und wird einen Kunsthistoriker dabei sicherlich in schwelgende Verzückung versetzen. Ob dieses Wandgemälde mit einer erkennbaren Teufelsfraze den Betrachter zu Optimismus oder Wohlgefallen verleitet, bleibt dahin gestellt. Mich würde dieses Bild abschrecken und eher Fragen nach der Person des Eigentümers entstehen lassen.
Dieses Gemälde hat aber einen Verkaufspreis – halten Sie sich bitte fest – von
US$ 51 Mio
bei einer Taxe von mehr als US$ 40 Mio. erbracht. Ein solches Bild findet man in jedem Kindergarten und als ich mir die vielen anderen Bilder von Jean-Michel Basquiat im Internet anschaute, fühlte ich mich sofort zurückversetzt in die Jahre, in welcher meine Kinder ihre gemalten Werke in den Gängen des Kindergartens zur Schau stellten.
Kunst ist Geschmacksache und jeder Leser sollte sich fragen, ob er sich ein solches Bild in sein Wohnzimmer oder in das Foyer seines Unternehmens hängen würde. Ist aber eine solche Schmierage auf einer Leinwand nachhaltig so viel Geld wert?
Kunst ist auch eine Handelsware, von der die Auktionshäuser, Galerien und letztlich die Künstler (am wenigsten von) leben und daher entsprechende Käufer suchen. Jede Ware bedarf daher einer gewissen Marketingstrategie, welche auf dem Kunstmarkt über die Auktionshäuser zur Perfektion getrieben wird. Hierzu bedarf es letztlich sehr wohlhabender Käufer und entsprechende Auktionsergebnisse als Gradmesser für diese Preise. Diese zu erreichen dürfte im manipulierten Zusammenspiel sehr schnell zu erreichen sein. Ein Vorgang, welche insbesondere Personen aus dem Finanzbereich spielend beherrschen, da sie ja jeden Tag nichts anderes in Ihrem jeweiligen Handelssaal zelebrieren.
Ob die derzeitigen Mondpreise für solche interpretationswürdigen Kunstwerke Bestand haben, ist sehr fraglich. Wie viele hoch gehandelte Kunstwerke sind schon in die Bedeutungslosigkeit gefallen und wie viele Kunstsammler sind schon deswegen über den Tisch gezogen, bzw. verarscht (wage hier ein unseriöses Wort) worden.
Blasen haben sich auch hier gebildet. Wenn man den Presseberichten Glauben schenken darf, scheint sich dieser Markt, der auch von der Geldpolitik des Herrn Draghi befeuert wurde, abzukühlen. Viele Lose mit astronomischen Preisvorstellungen (auch von Jean-Michel Basquiat und Cy Twombly > die Leute wachen anscheinend auf!!) gingen an die Verkäufer wieder zurück und dürften diesen die Augen geöffnet haben.
Große Vorsicht ist daher angesagt.
15. Mai 2016
Elmar Emde
Autor des Buches „Die strukturierte Ausbeutung“
Siehe auch: www.emde-fiveko.de