Bafin will Verkauf von Bonitätsanleihen verbieten.
Mit dieser Schlagzeile berichtete die FAZ am Samstag, den 30.7.2016, von der Absicht der Bafin, d.h. der Exekutivdirektorin, Frau Elisabeth Roegele, auch als die oberste Wertpapieraufseherin der Bafin betitelt, den Verkauf von Bonitätsanleihen an Privatkunden zu verbieten.
Bonitätsanleihen (siehe Beitrag vom 31. Juli 2016) sind Wettscheine, deren Erfolg von unkalkulierbaren Kreditereignissen abhängen und letztlich Gegenpositionen zu hinausgelegten Krediten der Banken darstellen, ähnlich wie die CDS (Credit Default Swaps), welche eine der Mitverursacher der Finanzkrise vor 8 Jahren waren. Mit anderen Worten, mit solchen Bonitätsanleihen versuchen die Banken wiederum Kreditrisiken auf die unbedarften Anleger zu übertragen, insbesondere dann, wenn Ereignisse stattgefunden haben, wodurch die Bank(en) zu einer höheren Risikoeinschätzung ihrer Kredite zu dem Unternehmen, dessen Bonität der Gradmesser für diese Bonitätsanleihe ist, gekommen ist(sind).
Zu dieser Entscheidung kann man die Bafin nur gratulieren, endlich wacht sie langsam auf und anerkennt damit die hohen Risiken, welche die Banken unverändert zu Lasten der Anleger zusammenbasteln. Interessant hierbei ist der Umstand, dass Frau Roegele vor Ihrer Zeit bei der Bafin Chefsyndikus der Dekabank war, die Dekabank an diesem € 6 Milliarden schweren Markt der Bonitätsanleihen neben der LBBW den zweitgrößten Marktanteil von 32% besitzt, Frau Roegele somit die Gepflogenheiten kennt bzw. damit dokumentiert, dass die beiden Marktführer aus dem Sparkassenlager mit insgesamt 76% Marktanteil, angeführt dort vom Investmentbanker Rüdiger, völlig falsch liegen. Tolles Urteil für dieses Anlageprodukt!
Studiert man diesen FAZ-Artikel sowie einen Kommentar zu diesem beabsichtigten Verbot, kann man nur den Kopf schütteln.
Angefangen bei der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz(DSW), Herrn Jürgen Kurz, Sprecher dieser „Schutzvereinigung“, welcher meinte, dass es sinnvoller wäre, die Beweislast umzukehren. Der Berater solle beweisen müssen, dass er den Kunden richtig beraten hat und nicht – wie es bisher der Fall war – umgekehrt. Von Verboten hält Herr Kurz im Übrigen wenig, „der Anleger sollte selbst entscheiden dürfen, was in sein Portfolio passt“. Ob Herr Kurz das bezogen auf die Straßenverkehrsordnung ebenfalls sieht, wäre interessant.
Ich frage mich jetzt, was das für eine Schutzvereinigung ist. Sollte diese nicht Schutz sein für unlautere Benachteiligungen der Anleger oder ist sie ein Sprachrohr der Banken und Produzenten von strukturierten, intransparenten und mit hohen Risiken behafteter Wertpapiere? Diese Schutzvereinigung glaubt doch nicht im ernst daran, dass den Beratern der eigentliche Grund für die Entstehung solcher Bonitätsanleihen mitgeteilt wird, d.h. das dahinter stehende Kreditrisiko der eigenen oder fremden Banken und warum man das Kreditrisiko nunmehr höher einschätzt und man daher dagegen wettet.
Nächster Aufschrei der Ablehnung kam natürlich von Deutsche Derivate Verband (DDV), die Interessenvertretung der Zertifikatebranche, welcher letztlich Nutznießer des Verkaufs dieser Bonitätsanleihen sowie von allen intransparenten strukturierten Finanzprodukten, auch Zertifikate genannt, ist. Der Verband befürchtet den Versuch, an einer Branche, die seit Lehmann viele Anstrengungen unternommen hat, um für Anleger wieder attraktiver zu werden, ein Exempel zu statuieren. Es habe im Gegensatz zu Prokon oder German Pellets keinen größeren Schadensfall gegeben. Hierzu bleibt zu bemerken, dass es keine Statistik über die vielen Verluste, verteilt auf eine große Masse von Anlegern, welche sich auf diese Derivate eingelassen haben, gibt und somit diese Behauptung nicht wiederlegt werden kann.
Und zu Guter Letzt bläst auch noch die FAZ, der Kommentator Daniel Mohr, in dieses Horn. „Das Produktverbot käme aus dem heiteren Himmel und gehe völlig fehl. Anlegern vorzuschreiben, welche Produkte sie kaufen dürfen und welche nicht, wäre in diesem Fall nicht geboten. Die Bafin würde meinen, dass Privatanleger nicht bewerten könnten, wie groß die Wahrscheinlichkeit für eine Rückzahlung ist und ob das Risiko adäquat vergütet wird. Wer diesen Maßstab anlegt, kann den Finanzmarkt gleich komplett dichtmachen. Es wäre doch gerade das Wesen von Kapitalmärkten, dass im täglichen Handel in Abwägung von Chancen und Risiken, Preise entstehen, immer in der Ungewissheit, was die Zukunft bringt.
Jetzt würde mich interessieren, wie ein Privatanleger nach Meinung von Herrn Mohr die Wahrscheinlichkeit für eine Rückzahlung von Bonitätsanleihen bewerten kann, ohne die Hintergründe für die Entstehung dieser Anleihen zu kennen. Dass er das nicht kann, hat Lehmann doch eindeutig gezeigt und leider hat sich an dieser Situation nichts geändert. Der Privatanleger ist einfach überfordert mit dem komplexen juristischen und betriebswirtschaftlichen Finanzkauderwelsch der Anleihebedingungen, welche im Durchschnitt bis über 100 Seiten einnehmen. Mit solch einer Komplexität setzt man bewusst und sehr perfide auf die Unkenntnis der Anleger und letztlich auch der Berater, ködert sie aber dafür mit einer höheren Rendite auf dem Papier.
Mit solchen undurchsichtigen Finanzprodukten wird das Wesen der Finanzmärkte erst recht untergraben und lässt diese in eine unlautere Plattform, in der man für die Übernahme von Bankrisiken missbraucht wird, abdriften, bzw. dieser Zustand besteht schon längst, wenn man sich das Drama der mittelständischen Unternehmensanleihen ansieht, welche insbesondere über die Stuttgarter Börse vertrieben worden sind. Gerade von der mir hoch geschätzten liberal-konservativen FAZ hätte ich eine andere Einstellung zu Gunsten der Anleger erwartet. Ob Herr Mohr bei der Zulassung von Medikamenten, welche nicht umsonst einer Aufsicht unterliegen, auch so argumentieren würde, wäre doch hoch interessant.
Fazit: Man kann Frau Roegele zu dieser Einstellung nur gratulieren und hoffen, dass sie sich durchsetzt.
1.August 2016
Elmar Emde
Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”
Siehe auch www.emde-fiveko.de