Bankenaufsicht ahnungslos

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Seit einem Jahr hat die EZB die Oberaufsicht der größten Banken in Europa übernommen, in Deutschland teilen sich die Bafin und die Deutsche Bundesbank nach Abstimmung die Aufsicht der Banken, welche nicht von der EZB offiziell beaufsichtigt werden. Allerdings spielen die Vorgaben der EZB auch hier maßgeblich eine Rolle, bzw. diese dominieren sehr stark sowohl die Bafin als auch die Deutsche Bundesbank und degradieren diese zu Handlangern der EZB.

Die Hauptziele der Bankenaufsicht bestehen  nach § 6 des Kreditwesengesetzes darin, Missstände im Kreditwesen entgegenzuwirken, die

  • die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden,
  • die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigen oder
  • erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft nach sich ziehen können.

Die in der Öffentlichkeit vehement diskutierte und kritisierte Doppelrolle der EZB als Bankenaufseherin und gleichzeitig Hüterin der Währung, welche die Geldpolitik in Europa vorgibt, lässt diese drei Grundsätze als reine Worthülsen erscheinen.

Bekanntlich hat die Niedrigzinspolitik der EZB dazu geführt, dass das Einlagengeschäft der Banken nahezu vaporisiert wurde, dadurch auch das Wertpapiergeschäft und deren Gebühren nur noch marginal zum Ertrag der Banken beitragen (Depot- und Abrechnungsgebühren alter Größe sind dadurch nicht mehr durchsetzbar)  und  dadurch wesentlich Ertragsbausteine der Banken entfernt wurden. Zudem wird die Ertragslage der Banken noch durch Negativzinsen belastet, verstärkt durch  unsinnige und sehr kostenträchtige Vorgaben zur Erfüllung der anscheinend immer noch nicht festgelegten Aufsichtspflichten. Die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte wird damit erheblich beeinträchtigt, welches erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft nach sich ziehen wird. Kennen die Bankenaufseher ihre eigenen Grundsätze nicht mehr?  Ahnungslosigkeit auch in der Sache wird damit offenbar.

Wenn das so weiter geht, muss man damit rechnen, dass viele kleinere und mittlere Banken in nicht allzu ferner Zukunft in arge Schwierigkeiten kommen werden.

Schizophren an dieser Situation ist nunmehr, dass sich die EZB, der Verursacher dieser äußerst gefährlichen Misere,  die Geschäftsmodelle und damit die Ertragslage der Banken ansehen und darauf Einfluss nehmen will, sich somit zum Richter über das Wohl und Wehe der Banken aufschwingt. Vernimmt man dann noch aus der Presse, dass die Aufseher selbst nicht wissen, wie das ideale Geschäftsmodell aussieht (O-Ton  von Adam Farkas von der Europäischen Bankenaufsicht), kann man über diese Tapsigkeit nur den Kopf schütteln. Letztlich bleibt aber nur zu vermuten, dass die Investmentbanker, die sich bereits in nahezu allen wichtigen Schaltstellen der Wirtschaft breitgemacht haben (siehe hierzu Beitrag „ Investmentbanker, Verursacher und Nutznießer vom 14.11.2015), das Investmentbanking als das künftige Geschäftsmodell der Banken empfehlen und einführen wollen. Herr Dombret, Vorstand der Deutsche Bundesbank und Bankenaufseher sowie die ehemalige Bafin- Präsidentin und jetzt Direktoriumsmitglied der EZB, Frau Sabine Lautenschläger haben schon mehrfach den Banken empfohlen, sich von zinsabhängigen Bankgeschäft zu verabschieden. Ist damit auch das Kreditgeschäft gemeint? Wenn ja, welches Geschäft meinen dann diese Protagonisten?

Als Beispiel für ein „gesundes“ Banking wurde bereits von Frau Danièle Nouy, Chefin der EZB-Bankenaufsicht, die investmentbankverseuchte J.P. Morgan Bank ins Spiel gebracht, welche sich nach ihren Worten schneller von den Altlasten befreien konnte. Wer diese Altlasten im Wesentlichen aufgenommen hat, das erwähnt Frau Nouy nicht oder noch schlimmer, sie weiß es nicht. Daher kann ich dieser Dame nur empfehlen, sich einmal das Missverhältnis Gesamtsumme aller europäischen Bankbilanzsummen zum europäischen Bruttosozialprodukt (BIB) anzusehen, welche mindestens drei Mal größer ist als das europäische BIB. Im Vergleich dazu beträgt die Summe aller  US-amerikanischen Bankbilanzsummen nur 70 – 80% des US-amerikanischen BIP. Dann wird Frau Nouy sehr schnell feststellen, dass die von der EZB beaufsichtigten Banken nebst den vielen kleineren Banken in Europa die Dummen waren, diesen Anlagedreck in strukturierter Form aufzunehmen. Das war Betrug im höchsten Maße und das kann doch sicherlich nicht allen Ernstes die neue Richtschnur der EZB sein? Wo waren damals die europäischen Bankenaufsichtsämter? Anscheinend haben die sich auch damals von den eloquenten Investmentbankern in Sicherheit wiegen lassen bzw. hatten keine Expertise zum  Thema Investmentbanking, wie auch jetzt.

Aber schauen wir uns doch einmal den beruflichen Werdegang und damit die Expertise der in der Bankenaufsicht tätigen wichtigen Personen, welche die Geschicke der Banken künftig wesentlich beeinflussen werden, an (von Wikipedia /Bafin entnommen).

Beginnen möchte ich mit der Chefin der EZB – Bankenaufsicht, Frau Danièle Nouy, der man einen sehr autoritären Führungsstil nachsagt.

Nach Abschluss der Elitehochschule Institut d` édtudes politiques de Paris (politische Wissenschaft) trat sie (wie ihr Vater) in die Dienste der französischen Notenbank, der Banque de France, ein, arbeitete von 1985 bis 1996 für die Banque de France in New York, danach Vizepräsidentin  des Basler Ausschusses, um danach vor allem diverse Ämter in der Banken- und Versicherungsaufsicht zu übernehmen. Seit 2014 leitet sie die EZB-Bankenaufsicht.

Was kann man daraus erkennen? Frau Nouy ist in ihrem Leben nicht aus der Funktion einer beamteten Kontrolleurin herausgekommen, hat selbst nie eigenes Bankgeschäft generiert, kennt letztlich nicht das Bankgeschäft der Realwirtschaft – wie leider fast alle Mitglieder des Zentralbankrates –  und hat letztlich nur geschaffene Regeln überwacht. Etwas Geschaffenes zu prüfen ist wesentlich leichter, als etwas selbst zu generieren. Unternehmerisches Denken kann man Frau Nouy somit nicht unterstellen.

Fortfahren möchte ich mit dem derzeitigen Präsidenten der Bafin, Herrn Felix Hufeld.

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Mainz, Freiburg und Harvard fungierte er als Referendar am Kammergericht in Berlin, um von 1992 bis 1999 gleich (?) als Unternehmensberater der Boston Consulting Group (Manager/Principal) zu arbeiten bzw. von 1999 bis 2001 als Ressortleiter weltweite Konzernentwicklung bei der Dresdner Bank die Vorgaben der Boston Consulting Group fort- und umzuzusetzen. In diesen Jahren befanden sich die Banken in Deutschland im Umbruch, bzw. wurden von der Boston Consulting Group auf amerikanische Verhältnisse getrimmt, so auch die Dresdner Bank, die an der Überstrukturierung – hauptsächlich beraten von der Boston Consulting Group – letztlich zugrunde ging (siehe Beitrag vom  10.2.2015   “Dresdner Bank, ein erlebter Niedergang”.

Danach jobte Herr Hufeld beim Versicherungsmakler Marsh GmbH, bei der Agora Beteiligungsgesellschaft, bei der Investmentfirma Westlake Partners , bis er in 2013 Exekutivdirektor  Versicherungsaufsicht in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und im März 2015 Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wurde.

Etwas besorgniserregend ist meines Erachtens seine lange Zeit bei der Boston Consulting Group, welche als Vorboten des angelsächsischen Bankings / Investmentbankings die europäischen Banken dahingehend beraten hatte und somit wesentlich mitverantwortlich an der Fehlentwicklung der europäischen Banken war, welche im Ergebnis zur Bankenkrise führte. Erlebt habe ich das zur Genüge als Mitarbeiter in der Dresdner Bank.

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass Herr Hufeld die Investmentbankdenke inhaliert hat, wofür auch seine weiteren Jobs danach sprechen, und somit aus seiner jetzigen Funktion heraus diese weiter umsetzen wird.

Die Vorgängerin von Herrn Hufeld in der Funktion des(r) Präsidenten(tin) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Frau Sabine Lautenschläger, nahm folgenden Werdegang:

Juristin, Referentin Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Bafin), Leiterin Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, interne  Kommunikation der Bafin, Leiterin der Abteilung  Aufsicht über international tätige Großbanken / qualitative Aufsichtsstandards, Mitglied des Direktoriums und Exekutivdirektorin  Bankenaufsicht der Bafin, Vizepräsidentin Deutsche Bundesbank, Direktoriumsmitglied EZB, Stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsgremium des einheitlichen  Aufsichtsmechanismus

Fazit: Eine Juristin war Bankenaufseherin, Verwaltungsbeamtin, volkswirtschaftliche Kenntnisse nicht sonderlich fundiert. Die Verbindung zum Bankgeschäft der Realwirtschaft besteht hier nur als Kontrolleurin.

Das sind jetzt nur drei wesentliche Personen der Bankenaufsicht. Lässt man die Kritik vieler Banken an dem momentanen Aufsichtsmarathon Revue passieren, welches durch immer neue Vorgaben verschärft wird, kann man eine  sehr große Unsicherheit, wenn nicht sogar große Ahnungslosigkeit dieser Bankenaufseher gegenüber dem komplexen (Investment)Banking feststellen. Ob diese Ahnungslosigkeit durch Einstellung weiterer Kontrolleure abgebaut werden kann, bleibt fraglich. Es wird sich doch kein gut verdienender Investmentbanker mit den mageren Gehaltsklassen der EZB zufrieden geben.

Kontrolleure sind ein eigenes Völkchen und setzen sich insbesondere in den Banken im Wesentlichen aus Juristen, Mitarbeiter von (aufgelösten) Revisionen, Marktfolgebanker aus den Kreditabteilungen und somit nur aus Personal aus den internen Bereichen der Banken zusammen,  welche mit der Generierung von Bankgeschäften bisher nichts zu tun hatten, diese nur beurteilen durften, eben bisher nur kontrolliert haben und somit in den Banken nicht unternehmerisch tätig waren.

Und all diese Personen aus den unteren Rängen der Banken sollen nun die Geschäftsmodelle der Banken hinterfragen und das Schicksal der europäischen Banken bestimmen?

Das kann und darf nicht wahr sein, wenn selbst die Leiter dieser Bankenaufsichtsämter nicht unternehmerisch tätig waren. Vergleichbar wäre das mit einem Elefanten im Porzellanladen, der aufpasst, dass der Inhaber des Porzellanladens kein Porzellan zerbricht.

Wann wacht die Politik endlich auf und macht diesem dilettantischen Unsinn der EZB ein Ende? Es wird nur an den Symptomen herumkuriert, anstatt die eigentliche Ursache zu eliminieren. Diese ist nicht das Kreditgeschäft, sondern das Investmentbanking, welches schon einmal eine Weltwirtschaftskrise, nämlich die in 1929, produziert hatte.

15. November 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

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