Geldmarktfonds (offener)

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In früheren Zeiten waren die Geldmarktfonds sowohl für den Anleger als auch für die Fondsgesellschaft bzw. die sie vertreibende Bank eine honoriges und renditeträchtiges Anlagegeschäft. Mit dem eingesammelten Fondskapital wurden höher verzinsliche und lang laufende Rentenpapiere mit deutlich höheren Zinsen eingekauft. Anfang 2000 konnten somit noch langlaufende Renten­papiere mit einer Verzinsung um die 8 % p.a. eingekauft werden, für kurzfristige Festgelder gab es in etwa 3 – 4 % p.a. Somit war es den Geldmarktfonds mit täglicher Kündigung möglich, höhere Renditen zu bieten als für kurzfristige Festgelder. Da sich diese Rentenpapiere damals auch aus weniger Risiko anfälligen Renten­papieren  zusammensetzten (mittelständische Unternehmensan­leihen und strukturierte Papiere gab es damals noch nicht in dem Maße wie heute) und die Unternehmensanleihen damals wenig Risiko beinhalteten (Wertberichtigungsquote der Banken im Kredit­geschäft war damals auf dem Nullpunkt) war eine starke Nachfrage nach Geldmarktfonds die Folge, dieser Markt boomte regelrecht.

Nachdem aber die hoch verzinslichen Rentenpapiere ausgelaufen waren und sich zudem das Zinsniveau weiter absank bis zur jetzigen skandalösen und politisch motivierten Höhe von fast null Prozent, kamen die Geldmarktfonds auch aufgrund ihrer eigenen Verwaltungskosten zunehmend in Konkurrenz zu den kurzfristigen Festgeldern und ähnlichen Anlageprodukten der Banken, die jetzt teilweise mit höheren Zinsen aufwarten konnten. Sie hatten somit große Renditeprobleme.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Banken in einer sehr komfortablen Lage. Die Wirtschaft lief gut, die Risiken im Kredit­geschäft waren somit sehr gering, welches sich in sehr niedrigen Wertberichtigungsquoten der Banken äußerte. Ob die offizielle Einschätzung dieser Risiken richtig war, muss im Nachhinein bezweifelt werden, da auf einmal CDS-Papiere (credit default swaps = Kreditrisikoübernahmepapiere) auf dem Finanzmarkt zu sehr attraktiven Prämien angeboten wurden. Mit diesen so genannten „credit default swaps“ konnte man als Investor Kreditrisiken über­nehmen und bekam für diese Risikoübernahme eine zum damaligen Zeitpunkt attraktive Prämie. Solche Geschäfte wurden damals als relativ risikolos bewertet mit Verweis auf die seit Jahren niedrigen Wertberichtigungsquoten der Banken und der gut laufenden Wirtschaft.

Als Ersatz für die immer weniger werdenden üblichen und hoch verzinslichen Rentenpapiere wurden zunehmend die so genannten und modischen ABS-Papiere, kreiert von den Investmentbanken, zugekauft. Bei ABS-Papieren (asset backed securities = durch Vermögenswerte /­Kreditforderungen abgesicherte Wertpapiere) handelt es sich um einen Pool von diversen Forderungen gegenüber irgendwelchen Schuldnern, welche man zu einem Paket zusammenschnürte, bzw. verbriefte und als verzinsliche Anleihe auf den Markt begab. Die damalige Verzinsung dieser ABS-Papiere lag deutlich über dem Geldmarktzins und wurde daher als Alternative zu den bisherigen und auch als langweilig beschimpften, üblichen Rentenpapiere gesehen.

Sowohl die ersten ABS-Papiere als auch die ersten CDS setzten sich aus erstklassigen Schuldnern zusammen und man konnte mit guten Gewissen eine nahezu vorhandene Risikolosigkeit dieser Papiere festhalten. Nachdem diese Papiere den Produzenten regelrecht aus den Händen gerissen wurden, erhöhte sich die Produktion der CDS- und ABS-Papiere, allerdings mit dem Nachteil, dass die guten Schuldner bald vergriffen waren und man deshalb die Bonitäts­schwelle immer tiefer legte und im Laufe der Jahre die Risiken dieser Papiere immer mehr anstiegen, bis es dann später zu den ersten Insolvenzen kam. Ähnliche Geschichten finden sich im Übrigen bei den Subprime-Papieren, welche zu der bekannten Finanzkrise geführt haben.

Die Geldmarktfonds, arm an höher verzinslichen Rentenpapieren und versehen mit dem Werturteil geringer Risiken, griffen somit erst zögerlich und dann später immer häufiger auf diese CDS- und ABS- Papiere zurück, da sie mit dem Kauf dieser Papiere, d. h. beim CDS-Kauf eine attraktive Prämie und bei ABS-Papieren die Ver­buchung eines höheren Zinssatzes, ihre Renditen aufbessern konnten und somit gegenüber den kurzfristigen Festgeldern wieder konkurrenzfähig waren. Bei verschiedenen Geldmarktfonds, auch aus dem Sparkassen – und Volksbanksektor – bemerkte ich anfangs nur eine geringe „Beimischung“ solcher Papiere von nur wenigen Prozent. Dieser Anteil erhöhte sich dann innerhalb weniger Monate deutlich, in einem Fonds eruierte ich sogar einen Anteil von 12 %.

Der damalige Chef der Deka-Bank fand dieses Geschäftsgebaren sogar als üblich. Dies veranlasste mich wiederum, die BaFin im August 2007 auf diesen Umstand hinzuweisen, dass die Geldmarktfonds, hier an einem Beispiel eines Fonds der Deka-Bank in Luxemburg, mit so hohen Risikopapieren versetzt seien.

Die Antwort war wieder ernüchternd und lautete nach der Belehrung, wie diese Fondsstruktur aussah, etwa einen Monat später wie folgt:

„Ich (Dr. … von der BaFin) weise darauf hin, dass die Vertriebs­berechtigung lediglich bedeutet, dass der betreffende Fonds bei mir seine Unterlagen eingereicht hat und in den öffentlichen Vertrieb seiner Anteile in Deutschland nicht untersagt habe, da die im Investmentgesetz (InvG) hierfür vorgesehenen Vertriebsvoraus­setzungen erfüllt waren. Die vertriebsberechtigten ausländischen richtlinienkonformen Investmentfonds unterliegen in materieller Hinsicht aber nicht meiner Aufsicht, so sind beispielsweise umfassende Prüfungen ausländischer richtlinienkonformer Invest­mentfonds, insbesondere bezüglich der Gebührenpolitik, Anlage­politik, Bonität oder Werthaltigkeit des Fondsvermögens im InvG nicht vorgesehen und werden dementsprechend von der Bundes­anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auch nicht durch­geführt.
Vielmehr bestehen die Aufgaben der BaFin nach dem InVg im Wesentlichen darin, darauf zu achten, dass die für den öffentlichen Vertrieb ausländischer Investmentanteile in der Bundesrepublik Deutschland vorgegebenen gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt und beachtet sind.

Die materielle Aufsicht über einen ausländischen Investmentfonds erfolgt im jeweiligen Herkunftsland nach den dort geltenden nationalen Rechtsvorschriften.“

Wenn das kein Freibrief zur eigenen Gestaltung des Risikos und der Gebühren war und immer noch ist? Mit anderen Worten, die BaFin prüft nicht die Boni­tät des ausländischen Investmentfonds und der darin befindlichen Papiere, ebenso wenig die jeweilige Gebührenpolitik.

Die Folgen während der Finanzkrise waren dann diverse Insolvenzen von Unternehmen, deren Kreditrisiken über die CDS- Papiere auf die Investoren und damit die Geldmarktfonds übergegangen waren, womit deren Renditen abstürzten, bzw. bei einigen sogar ins Minus abfielen.

Das sind auch derzeit die Gründe, warum diesbezüglich einige Banken von den Aufsichtsorganen einiger Länder verantworten müssen. So muss sich zum Beispiel die UBS in Großbritannien wegen Verkauf von Geldmarktfonds verantworten, die im signi­fikanten Maße in riskante Immobilienpapiere wie Asset backed Securities investiert waren, ohne zuvor ausreichend überprüft zu haben, ob der/­die Geldmarktfonds für die Kunden mit Blick auf das Risiko angemessen waren. Dieser Vorgang wird von der dortigen FSA (Financial Services Authority) als Falschberatung bezeichnet. Ebenso wurde die Barclays Bank von der FSA auch aufgrund von Falschberatung verklagt. Die Barclays Bank hatte daher aufgrund dessen 2,45 Milliarden Pfund sicherheitshalber an Rückstellungen gebildet, welches als Eingeständnis der Falschberatung bezeichnet werden kann.

Wie bei den vorgenannten Aktien- und Rentenfonds haben auch die Manager der Geldmarktfonds über die Fact Sheets alle Freiheiten bei der Geldanlage, das Risiko trägt aber jeweils der Anleger, der auf diese Anlageentscheidungen keinerlei Einfluss hat und sich somit auf das richtige Handling dieser unbekannten Herrschaften verlassen muss. Jeder Anleger sollte sich daher fragen, ob er sein sicherlich sauer verdientes und versteuertes Geld solch hohen Unwägbarkeiten anvertrauen möchte.

Juli 2013

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

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