Inflationsrate, eine Irreführung!

image_pdfimage_print

Der Grund für die mittlerweile zu Recht sehr stark kritisierte „Versuchslabor-Geldpolitik“ der EZB ist die Inflationsrate.

Diese wird aus einem Warenkorb errechnet, der sich  sowohl aus Waren des täglichen Lebens als auch aus Konsumprodukten (u.a. Elektronikartikeln) und den Energiepreisen, bzw. damit auch den Öl- und Gaspreisen,  zusammensetzt. Deren Preissteigerungen oder Preissenkungen ergeben letztlich die Inflationsrate, welche einen durchschnittlichen Wert darstellt. Die genaue, seit 2013 geltende  Aufteilung ergibt sich wie folgt:

                         Zusammensetzung des Warenkorbes
Bestandteil 1995 2000 2005 2010
Andere Waren und Dienstleistungen 6,1 7,0 7,4 7,0
Hotel, Restaurants 4,1 4,7 4,4 4,5
Bildungswesen 0,7 0,7 0,7 0,9
Freizeit, Kultur, Unterhaltung 10,4 11,0 11,6 11,5
Nachrichtenübermittlung   2,3   2,5   3,1  3,0
Verkehr   13,9   13,9   13,2   13,5
Gesundheit, Pflege   3,4   3,5   4,0   4,4
Einrichtungsgegenstände   7,1   6,9   5,6   5,0
Wohnung, Wasser, Gas, Brennstoffe  27,5  30,2  30,8  31,7
Bekleidung, Schuhe   6,9   5,5   4,9   4,5
Tabakwaren, alkoholische Getränke   4,2   3,7   3,9   3,8
Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke  13,1  10,3  10,4  10,3
Quelle: Statistisches Bundesamt (Wikipedia entnommen)

Demnach nehmen die Bereiche Wohnung, Wasser, Gas, Brennstoffe (insgesamt 31,7% Anteil) sowie Verkehr (13,5%) mit insgesamt mit 45,2% nahezu die Hälfte der Zusammensetzung ein. Das bedeutet, dass die derzeit niedrigen Energie- und Ölpreise einen maßgeblichen Anteil daran haben und somit der Grund für die sehr niedrige Inflationsrate sind, die zeitweise bereits  den negativen Bereich erreicht hat. Entfernt man diese (politischen) Energiepreise aus dem Warenkorb, soll sich  die Inflationsrate bei rd. 1% befinden. Eigentlich ein guter Wert, welcher der EZB aber nicht gut genug ist, sie will diese Inflationsrate bei 2% sehen. Der Währungshüter will also eine höhere Inflationsrate, somit mehr Geldentwertung sehen, wobei man sich dann fragen kann, ob die EZB als Währungshüter oder als Währungsvernichter auftritt?

Dieses von der EZB fixiertes Inflationsziel wird im Übrigen von vielen ernst zu nehmenden Ökonomen heftig kritisiert, von den links angehauchten, auf Verschuldung der Staaten programmierte dagegen begrüßt. Diese haben aus der Vergangenheit meines Erachtens nichts dazu gelernt, trotz der zwischenzeitlich zum Allgemeinwissen avancierten Erkenntnis, dass  diese staatlich aufgelegten Konjunkturprogramme nur Strohfeuer entfacht haben  und der eigentliche Grund für die weltweite Verschuldung der Staaten sind!

Wenn ich mir allerdings die laufenden Preiserhöhungen des täglichen Lebens anschaue, insbesondere bei den Fleisch- und Wurstwaren, den Zeitungen, den Brot-/Brötchenartikeln und vielen anderen Produkten, auch bei meinem Friseur oder Zahnarzt (für Zusatzleistungen), deren Preise in den letzten Monaten mehrmals angehoben wurden, zwar in kleinen Beträgen, prozentual aber bei rd. 10% liegen, kann man schon etwas ungläubig die Augen reiben bezüglich der angeblich zweiten Inflationsrate von 1%.

Der Grund hierfür ist deren geringer Anteil im Warenkorb zur Inflationsberechnung von nur 10,3% + 4,4 % für Gesundheit und Pflege, der allerdings die  meisten Bundesbürger täglich und wesentlich trifft, insbesondere die Rentner und die Normal-/Kleinverdiener. Dagegen nehmen die Bereiche Hotel,Restaurants (4,5%), Freizeit, Kultur, Unterhaltung (11,5%), Nachrichtenübermittlung (3%), Einrichtungsgegenstände (5%) und Tabakwaren, alkoholische Getränke (3,8%) insgesamt einen Anteil von 27,8% am Warenkorb ein, letztlich alles Bereiche, welche mit Preissenkungen glänzten, aber nur einen Teil der Gesellschaft berühren.

Würde man eine Inflationsrate nur für die Produkte des täglichen Lebens, welche also alle Bürger betreffen,  veröffentlichen, dürfte diese die ca. 1% – Marke deutlich überschreiten.

Wenn die EZB die volatilen Energiepreise als Gradmesser ihrer Politik nimmt, warum nicht auch die Preise  für Aktien und Anleihen, welche gerade durch ihre Geldpolitik in die Höhe geschossen sind. Deren Inflationsraten liegen zwischenzeitlich im zweistelligen Bereich und das schon seit Jahren. Blasen kündigen sich an, obwohl staatliche Stellen permanent das Gegenteil behaupten.

Finanziert werden diese sukzessiv anwachsenden Blasen u.a. durch preiswerte Kredite mit Zinssätzen nahe Null. Dieser Umstand wird als Positivum der EZB-Geldpolitik von der Wirtschaftspresse bejubelt, was aber, wenn die Preise nach dem Platzen einer Immobilien- oder Aktienblase usw. in den Keller fallen? Dann entpuppen sich diese niedrigen Kreditkosten unter Einbezug der Wertverluste als absolute Wucherzinsen.

Warum also das Gejammere der EZB über die niedrige bis negative Inflationsrate, die eigentlich keine ist und damit das Herumreiten auf der höheren 2% Inflationsmarke bzw. auf die Entwertung des Euros.

Ist es ein Vehikel, um die Herrn Draghi nahestehenden Südländer, insbesondere das verschuldungssüchtige Italien, sein Heimatland, zu Lasten der prosperierenden Nordländer noch weiter alimentieren zu können? Die Nullzinsen laden diese Länder gerade dazu ein, sich noch mehr zu verschulden.

Ist es ein Vehikel, um der Investmentbank-Ideologie weltweit noch mehr Treibstoff zu geben, da  durch die Geldpolitik und Ankaufprogramme Anlagenotstände geschaffen wurden mit dem Zweck, Geldströme in strukturierte Finanzprodukte zu lenken, welche von Investmentbankern produziert und verkauft werden? Anmerkung: Herr Draghi ist Investmentbanker von Goldman Sachs kommend (siehe Liste der Investmentbanker weltweit) und sein Bankenaufseher in Deutschland, Dr. Dombret, Vorstand der Deutsche Bundesbank, ebenso. Ergebnis dieser Geldpolitik ist ein sehr begrenztes Anlageangebot der Banken und im Wesentlichen beschränkt auf strukturierte Finanzprodukte schlimmsten Ausmaßes.

Oder ist es ein Vehikel, um die labilen Banken weiter zu sanieren? Mit dem Ankaufprogramm werden von der EZB Staatsanleihen und Unternehmensanleihen im Investmentgrade-Bereich vom Markt weggekauft, den Investoren somit die letzten ordentlichen, mit geringen Risiken versehenen Anlagemöglichkeiten weggenommen, nicht aber Bankanleihen. Da EZB als Bankenaufseher hier besonders tief in die Bankbilanzen einsehen kann, gibt das besonders zu denken.

Oder ist es von allen etwas? In dem der Bild-Zeitung gegebenen Interview wies Herr Draghi die deutschen Sparer darauf hin, dass es auch noch andere Anlagemöglichkeiten neben den Spareinlagen gibt. Ist Herr Draghi jetzt zum Anlageberater avanciert oder will er die deutschen Sparer die Risiken aufbürden, welche seine Investmentbanker produzieren und vertreiben wollen. Frage außerdem  ist auch, ob es die Aufgabe eines Präsidenten der Europäischen Zentralbank ist, Anleger auf die Anlagemöglichkeiten hinzuweisen, welche er ihnen zudem  aus wohl durchdachtem Kalkül übrig gelassen hat.

Es wird Zeit, diesen Chaos-Präsidenten nebst dem politisch zur Dankbarkeit verpflichteten Marionetten-Zentralbankrat schnellstens auszuwechseln bei gleichzeitiger Reform der Entscheidungsfindung im Zentralbankrat gemessen an den Haftungsrisiken der jeweiligen Staaten, damit die Selbstbedienung des „Club Med“ endlich aufhört.

4. Mai 2016

Elmar Emde

Autor des Buches „Die strukturierte Ausbeutung“

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

 

 

 

Teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert