Lautenschläger, Kritik unerwünscht

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Das Handelsblatt veröffentlichte mit ihrer Ausgabe vom 29. Oktober 2015 ein Interview mit Frau Sabine Lautenschläger , Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, welches mich aufgrund von Ungereimtheiten in ihren Aussagen zu folgendem Schreiben an Frau Lautenschläger veranlasste:

 

Sehr geehrte Frau Lautenschläger,

mit Interesse habe ich das Interview gelesen, welches Sie dem Handelsblatt gegeben haben und welches dort am 29.10.2015 abgedruckt wurde. Allerdings ergeben sich aus Ihren Aussagen gewisse Ungereimtheiten, um dessen Aufklärung ich Sie bitten möchte.

Wie Sie darin ausführten, werden die Banken mit einer kurzen Niedrigzinsphase sicherlich zurechtkommen, sollte sie aber länger dauern (Anmerkung: wonach es aussieht) wird sich für einige Institute die Frage der Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells stellen und wie gut sie mit einem Einbruch ihres Zinseinkommens auskommen.

Einige Fragen weiter stellen Sie dann fest, dass sich die Banken wieder auf ihre  wesentliche Aufgabe besinnen sollen, nämlich die Versorgung der Haushalte  und Unternehmen mit Krediten in einer verlässlichen und langfristigen Partnerschaft. Wie wahr, wie wahr!

In beiden Fällen handelt es sich jedoch um Zinsgeschäfte, welche immer noch die Haupteinnahmequelle der Banken sind und auch hoffentlich bleiben.

Daraus muss ich nun folgern, dass Sie mit der ersten Aussage das Passivgeschäft der Banken meinen, welches durch das Null-Zinsniveau faktisch vaporisiert worden ist und woraus die Banken kaum mehr Erträge erzielen können, das Kreditgeschäft soll aber erhalten bleiben.

Kreditgeschäfte, insbesondere mit langfristigem Charakter, müssen aber refinanziert werden. Da das Einlagengeschäft faktisch für langfristige Kredite mit langfristiger Zinsbindung dank der auch von Ihnen mitverantworteten Nullzinspolitik der EZB zum Erliegen gekommen ist, bleiben letztlich nur noch der Verkauf der Kredite über strukturierte Finanzprodukte der Investmentbanken an Hedgefonds und Investmentfonds übrig. Die hierfür nötige Refinanzierung muss dann durch den Verkauf dieser strukturierten Finanzprodukte über die Masse der unbedarften Anleger bis zum kleinen Sparer erfolgen, welche damit hohe Risiken eingehen und dafür noch hohe Gebühren bezahlen müssen.

Damit befeuert aber die EZB das Investmentbanking und deren intransparent strukturierten Finanzprodukte aller Art auf breiter Front, ja man muss sogar annehmen, dass diese Entwicklung vom Zentralbankrat gewollt ist und man damit das bestehende Wirtschaftssystem nach den Richtlinien einer Investmentbank umkrempeln will.

Letztlich entspricht das auch den permanenten Empfehlungen Ihres Kollegen und Investmentbankers Dombret, Vorstand der Deutsche Bundesbank und gleichzeitiger Bankenaufseher, welcher den Banken rät, sich vom zinsabhängigen Bankgeschäft unabhängig zu machen. Das bedeutet Bankgeschäfte auf Provisionsbasis, oder auf neudeutsch Investmentbanking pur, nichts anderes.

Sollen nun alle Banken, inklusive der Sparkassen und Volksbanken nur Investmentbanking / Kapitalmarktgeschäfte betreiben? Investmentprodukte aller Art verkaufen sie ja schon auf breiter Front, zumal Zinspapiere von der EZB wie ein Monopolist vom Markt aufgekauft wurden und immer noch werden.

Soll damit eine Situation geschaffen werden, welche den Banken die Risiken abnimmt, um sie auf die unwissenden Anleger verlagern zu können? Wurden mit diesem System schon jetzt größtenteils die Risiken der Bad Banks auf die Masse der Anleger verteilt?

Für mich ist die Funktion der EZB völlig irreal. Auf der einen Seite schafft sie eine Marktverfassung, welche viele Banken in die Bredouille bringt und auf der anderen Seite kontrolliert sie auch noch diese Banken auf die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells. Vergleichbar wäre das mit einem Elefanten im Porzellanladen, welcher den Inhaber des Porzellanladens beaufsichtigt, damit er kein Porzellan zerschlägt.

Ich würde mich freuen von Ihnen zu hören und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Elmar Emde

 

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 erhielt ich daraufhin eine Antwort von der Juristin, Frau Valérie Saintot, Generaldirektorin Kommunikation Outreach (zu “outreach” gibt es im Englischen verschiedene Übersetzungen und zwar “freundlicher Kontakt”, “Ausladung” und “Grabweite” !!) folgende Antwort:

 

Sehr geehrter Herr Emde,

hiermit bestätigen wir den Eingang Ihres Briefes vom 1. November 2015.

Wir haben Ihre Anmerkungen zur Kenntnis genommen und möchten Sie darauf hinweisen, dass wir zu diesem Zeitpunkt zu denen von Frau Lautenschläger im Interview angesprochenen Themen nichts hinzuzufügen haben.

Weitere Kommunikationen der Europäischen Zentralbank (EZB) können Sie unserer Internet-Seite  http://www.ecb.europa.eu/home/htm/index.en.html  entnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Valérie Saintot                                                                                                                                                                  

Kurzum, zu meinen Fragen erhielt ich keine Antworten, es strotzt nur so von einer unerträglichen Ignoranz, eben von einer Institution, die,  versehen mit einer Unabhängigkeitsgarantie, es nicht nötig hat, auf berechtigte Fragen Antworten zu geben und tun und lassen kann, was sie will. Kritik eben unerwünscht. Das erinnert sehr an eine Politik diktatorischen Ursprungs.

Die EZB und damit neben Herrn Draghi die beamteten und mit hohen Pensionen versehenen Zentralbankmitglieder zerschießen mit Ihrer Politik die Altersvorsorge  vieler Generationen, enteignen damit die leistungsfähigen Bürger und bringen bewährte Finanzstrukturen, wenn nicht sogar das Staatsgefüge vieler europäischen Länder  ins Schleudern bzw. in eine Richtung, welche der Ausbeutung der Bürger und Anleger Türen und Tore öffnet.

Andererseits wird dem von Frau Lautenschläger gewünschten stärkeren Kreditgeschäft der Banken von ihren Regulatoren sukzessive der Boden durch anmaßende bis unmögliche Vorgaben entzogen. Auch hier machen sich Beamte der Aufsichtsämter, die noch nie ein originäres Bankgeschäft betrieben haben, mit aller Macht breit. Auch so kann man eine funktionierende Wirtschaft kaputt strukturieren.

Die Antwort von Frau Saintot kann allerdings auch bedeuten, dass man im Zentralbankrat auf eine solche Kritik entweder keine Antworten weiß oder ich habe damit in ein Wespennest gestochen.

Die von Frau Saintot erwähnte Internet-Adresse gibt im Übrigen zu meinen Fragen keine Antworten.

(Hinweis: bei Interesse kann ich beide Schreiben in Kopie zusenden)

18. Dezember 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

 

 

 

 

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