Die zweite Börsenliga, der 50 Werte umfassende M-Dax, ein wichtiger Indize für ETF`s, verändert sich zum 21.Dezember diese Jahres. Die Aktien des Chemiekonzerns Covestro, ein Unternehmen der Bayer AG (bis 31.8.2015 Bayer Material Science AG / Umsatz 2014 € 11,761 Mrd), und des Werbeunternehmens Ströer (Umsatz 2014 721,1 Mio) rücken auf, dagegen fallen der Lastwagenkonzern MAN (Umsatz 14,286 Mrd.) und der Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland (Umsatz 2014 Umsatz 2,021 Mrd.) heraus.
Der Wechsel erfolgt jedoch nicht, weil Covestro und Ströer wertvollere Unternehmen sind, sondern wegen eines Spezifikums der Deutschen Börse, welche zu Gunsten der Investierbarkeit von Indizes dienen sollen. Die Unternehmen gehen seit 2002 nicht mehr mit Ihren eigentlichen Börsenwert in die Indizes der Deutschen Börse ein, sondern mit einem von ihr definierten , nach dem Streubesitz gewichteten Wert. Das soll den Vorteil haben, dass Aussenstehende den Index nicht mehr exakt nachvollziehen können und die Daten kaufen müssen. Ob diese damit entstandene Intransparenz ein Vorteil ist, muss bezweifelt werden, spielt aber den Konstrukteuren der strukturierten Finanzprodukte – wie die ETF´s – in die Hände.
Desweiteren ist die Voraussetzung für die Aufnahme in den Indizes – Adelsstand die Anwendung des streng regulierten Regelwerks des Prime Standards. Das bedeutet, dass das Unternehmen folgende Transparenz-Bedingungen erfüllen muss (lt. Wikipedia):
- Zum ersten und dritten Quartal Zwischenberichterstattungen in deutscher und englischer Sprache
- Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (IFRS oder US-GAAP/ Anmerkung: die alles andere als transparent sind!)
- Veröffentlichung eines Unternehmenskalenders
- Ad-hoc Mitteilungen
Außerdem
- ausführliche Zwischenberichterstattung zum ersten und dritten Quartal
- Ad-hoc Mitteilungen zusätzlich in englischer Sprache
- Mindestens eine Analystenkonferenz jährlich
- Unternehmenskalender und Finanzberichte sind in deutscher und englischer Sprache zu verfassen und zu veröffentlichen
- Unternehmenskalender und Finanzberichte müssen in elektronischer Form der Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse übermittelt werden.
Erfüllt ein Unternehmen nicht mehr dieses Regelwerk, oder weigert sich dieses teuere Regelwerk anzuwenden, wie übrigens das Schwergewicht Porsche sowie jetzt MAN und Kabel Deutschland, ebenso zwei Schwergewichte in der deutschen Unternehmenslandschaft, verwehrt die Börse die Aufnahme in die Indizes.
Wäre nicht die Anwendung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS oder US-GAAP eines der Voraussetzungen, würden die Vorschriften des Prime Standards eigentlich sinnvoll. Gerade aber diese sehr umstrittenen und mit allen Ausweichmanövern versehenen Rechnungslegungsvorschriften konterkarieren letztlich den Prime Standard. Außerdem werden die Unternehmen zu einem Kurzfristdenken von einem Quartal zum nächsten erzogen ohne eine langfristige Unternehmensdenke im Auge zu haben, ganz abgesehen von den immensen Kosten und dem damit garantierten Konjunkturprogramm für die Wirtschaftsprüfer. Es sei daran erinnert, dass selbst die Wirtschaftsprüfer die Bankenkrise nicht haben kommen sehen.
Insofern ist es fraglich, ob sich die Indizes aus wertvollen Unternehmen zusammensetzen. Viele glauben auch, dass der Fahrer eines Porsches reich und wohlhabend ist. Schaut man sich beispielsweise die Porsches in Kitzbühl oder St. Moritz an, fällt einem auf, dass viele gemietet wurden, der Fahrer hat aber ein für diese Orte entsprechendes Regelwerk erfüllt.
6. Dezember 2015
Elmar Emde
Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”
Siehe auch http://www.emde-fiveko.de