Kein gesunder Wettbewerb: Ein Leserbrief aus 2006

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Leserbrief des Herausgebers an die FAZ, welchen diesen am 15.09.2006 veröffentlichte.

Kein gesunder Wettbewerb

 Zu „Deutschlands Banken fallen zurück“ (F.A.Z.-Wirtschaft vom 2. September): Wie ich aus vielen Ihrer Kommentare entnehme, bedeutet für Sie (hier ist der Kommentator der FAZ angesprochen worden) die Konsolidierung der Banken die Schaffung großer „paneuropäischer Banken“, das heißt Zusammenschluss diverser Banken zu nur noch wenigen und Aufgabe der „Drei-Säulen-Struktur“, welche dann mit „ihrer schieren Größe“ Vorteile bei den niedrigen Abwicklungskosten (das heißt weiterer Abbau von Arbeitsplätzen) und eine bessere Streuung der Risiken (wie soll das denn gehen?) mit sich bringt. Bei dieser sehr fragwürdigen Feststellung bleibt für mich offen, welchen Nutzen solche „paneuropäischen Banken“ oder eine Bankenlandschaft mit nur noch wenigen Anbietern für den Bankkunden haben. Im obigen Kommentar wird zwar ein solcher Nutzen, zum Beispiel eine höhere Verzinsung von Spareinlagen, angedeutet, doch wie sieht es in der Praxis aus?

Die sehr oft von Ihnen als Beispiel aufgeführte Deutsche Bank ist in Deutschland eine sehr gut verdienende Bank, welche ihre Erträge zu zirka 80 Prozent aus dem Ausland bezieht, diese aber hauptsächlich aus dem sogenannten kapitalmarktnahen Geschäft und dem Eigenhandel. Hat sie aber deswegen ihre Konditionen gegenüber ihren Kunden verbessert? Nein, eben nicht. Aus meiner täglichen Arbeit (Familiy Office beziehungsweise Treasury Service für mittelständische Unternehmen) muss ich leider – und dies sehr oft – das Gegenteil feststellen. Paneuropäische Banken bedeuten einen sehr großen Einschnitt in ein Staatsgefüge wie die Soziale Marktwirtschaft aufgrund der sich aufbauenden zentral gelenkten monopolistischen Strukturen und somit Konzentration der Macht auf nur noch wenige Personen, womit die Gefahr der negativen Auswirkungen von Fehlentscheidungen sehr stark wächst. Es findet damit kein gesunder Wettbewerb mehr statt, der Verbraucher- und Datenschutz kann somit als nicht mehr vorhanden angesehen werden, und es wird unpersönlich und vor allem sehr teuer für die Bankkunden. Für jeden Banker ist die Konkurrenz Teufelszeug beziehungsweise eine monopolistische Struktur der Traum schlechthin, da man dadurch den Kunden die hohen Preise dann diktieren kann. Bestes Beispiel für eine solche negative Entwicklung sind die nur noch wenigen Energieversorger (und Ölgesellschaften) in der BRD, welche den deutschen Markt unter sich aufgeteilt haben und somit auch die (Gas)Preise diktieren können.

Die „Drei-Säulen-Struktur“ haben wir es zu verdanken, dass für die Bankkunden die Bankdienstleistungen noch bezahlbar bleiben. Beispiele in anderen europäischen Ländern mit nur wenigen Anbietern (zum Beispiel Großbritannien) belegen dies eindeutig. Darüber hinaus ist für die Banken eine breite und bunte Bankenlandschaft selbst viel gesünder, da eine solche Bankenstruktur eine in sich selbst kontrollierende Struktur ist und die menschliche Großmannssucht damit eingegrenzt wird. Die Vergangenheit hat doch gezeigt, dass die schiere Größe einer Bank zu unkontrollierten Geschäftsentwicklungen und zu enorm großen Klumpenrisiken geführt hat mit zum Teil erheblichen Belastungen für die gesamte Volkswirtschaft.

Ob mit großen Wirtschaftseinheiten die europäische Wirtschaft gestärkt wird, bezweifle ich in Kenntnis der bisherigen deutschen Erfolge, welche die Basis im föderalistischen System Deutschlands hatten. Leider wird diese Basis aus fragwürdigen Effizienz- und Kosteneinsparungsgründen immer mehr zu Gunsten eine zentral geführten und unpersönlichen Wirtschaftsstruktur aufgeweicht. Was uns diese schon eingesetzte zentrale Wirtschaftsstruktur bisher gebracht hat, kann man jeden Arbeitstag morgens und abends an den riesigen Staus rund um die Metropolen Deutschlands feststellen. Aus Kosten- und Fusionsgründen werden zwischenzeitlich solch Arbeitsplätze sehr stark zentralisiert mit der Folge, dass wertvolle Arbeitskraft in den Staus massiv verschwendet wird. Das ist volkswirtschaftlich ein absolutes Desaster.

Anmerkung des Herausgebers: Hat sich an dieser Situation in 2006 bis heute etwas geändert?

15. Juni 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

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