Die digitalen Helfer beeinflussen zunehmend unser Leben. Man denke nur an die Navigationssysteme, welche uns mühelos auf den Meter genau durch fremde Städte in Europa lotsen und uns selbst zu den entlegensten Orten mühelos hinführen können. Oder denken Sie nur an die Internet-Suchmaschinen, welche auf die kleinsten Wortangaben in Millisekunden bereits mit tausenden von Vorschlägen reagieren.
Die Finanzindustrie nutzt diese digitalen Helfer schon sehr lange mit dem Ziel, schneller an Marktinformationen zu kommen, um damit gegenüber der Konkurrenz, aber auch gegenüber den eigenen Kunden im Vorteil zu sein und zu bleiben zwecks besserem Verkauf von Finanzprodukten, welche letztlich nur ein Weiterreichen von intransparenten Kreditrisiken aller Art darstellen, dessen sich die wenigsten Anleger aber bewusst sind. Wie schon mehrmals in den vorhergehenden Beiträgen dargelegt, ist das die Lizenz zur Ausbeutung der Anleger mit dem Segen der Bafin.
Hedgefonds und Investmentbanken bauen ihre Wertpapierexpertise bzw. Kauf- und Verkaufsentscheidungen nur noch auf ausgeklügelte Algorithmen auf, welche ohne die dahinter stehenden riesigen Rechnersysteme nicht umsetzbar wären. Das geht schon sogar so weit, dass man teilweise nicht mehr Herr dieser vielen Algorithmen ist und diese aufgrund der nicht mehr überschaubaren Komplexität zunehmend ein Eigenleben entwickeln. Ergebnis dieser Entwicklungen sind die immer häufiger auftretenden Mini-Flash-Crashs (Börsenabstürze), ein riesiges Damoklesschwert über unser gesamtes Finanzsystem, welches nur noch von wenigen Spezialisten überblickt und zurück gehalten werden kann.
Der Wertpapierhandel dieser Institute wird daher immer mehr über diese Rechnersysteme abgewickelt und ersetzt damit zunehmend deren Händler, welche mit der Geschwindigkeit dieser Rechnersysteme (bis zu 4.000 Deals + x pro Sekunde) einfach nicht mehr mithalten können. Letztlich ist das auch einer der wesentlichen Gründe für deren Personalabbau.
Diese Rechnersysteme haben auch den Hochfrequenzhandel ermöglicht, der zum einen ein weltweites und gigantisches Arbitragegeschäft (Ausnutzung von Preisunterschieden) ermöglicht und zum anderen in meinen Augen ein illegales Frontrunning ermöglicht, womit die Anleger ausgespäht und dann durch vorzeitigen Kauf- oder Verkauf der entsprechenden Wertpapiere durch die Hochfrequenzhändler benachteiligt werden. (siehe hierzu Ausführungen in dem Beitrag „Hochfrequenzhandel + Darkpools = Kundenmolkerei). Leider hat der Lobbyismus dieser Branche so gut gearbeitet, dass man nunmehr dieses Ausspähen und Betrügen als Beitrag zur Erhöhung der Marktliquidität betrachtet und daher nicht mehr als illegal ansieht. Dann könnte man einen Bankraub auch so betrachten, da die Bankräuber die geraubte Liquidität dem Markt sicherlich zuführen werden und somit Kaufkraft fördernd wirken (?).Verkehrte Welt.
Wie so oft im Leben, finden solche Systeme/Produkte immer mehr den Weg nicht nur zu den Superreichen sondern auch in die Niederungen des normalen Anlegers und greifen nunmehr den Berufsstand der Vermögensverwalter zunehmend an.
Anstatt mit einem Vermögensverwalter oder Bankberater die Vermögensanlagestrategie zu besprechen, wird dies ersetzt durch einen Fragebogen, in welchem alle relevanten Daten anzugeben sind wie Alter, gesetzlicher Güterstand, Einkommen bis hin zur Risikobereitschaft, deren Definitionen im Übrigen mehr als fragwürdig sind. Und innerhalb weniger Minuten liegt dann ein kompletter Anlagevorschlag vor.
Jetzt stellt sich aber die Frage, welcher Pool diese Informationen sammelt und was dieser Pool damit anfängt? Nutzt dieser Pool evtl. diese Informationen, um vorgegebene Anlagenentscheidungen in marketingähnlicher Weise dann zum empfehlen, besser gesagt zu verkaufen? Oder wird die dann fixierte Anlageentscheidung zu eigenen Anlageentscheidungen des Pools und zum Nachteil des Anlegers benutzt, so wie es die Hochfrequenzhändler mit dem legalisierten (illegalen) Frontrunning uns täglich vormachen und vollziehen.
Man stelle sich nur vor, Millionen von Anlegern würden ihre Anlageentscheidungen auf diese Art und Weise treffen, welche gigantischen Gewinnchancen würden damit für die Betreiber solcher Robo-Advisors zum Nachteil der Anleger entstehen? Außerdem könnte man damit auch aufgrund des Lemminge-Effektes gigantische Geldströme in Richtungen leiten, die nur den wenigen Inhabern solcher Maschinen nutzen würden, nicht aber der Mehrheit der Anleger. Insofern müssen große Fragezeichen an die Qualität solcher Anlageempfehlungen gesetzt werden.
Hier zeigt sich auch wieder, dass in Zukunft nicht mehr die Politiker und die Parlamente die Macht besitzen, sondern die Inhaber solcher virtuellen Maschinen, die letztlich alles damit beeinflussen können . Welche Macht der Meinungsbeeinflussung auf indirekte Weise google & Co bereits besitzen, ist vielen Menschen noch nicht klar.
Mit solchen Angeboten einer virtuellen Anlageberatung werden die Bürger noch gläserner und die Gefahr, dass intelligente Maschinen zunehmend unser Leben damit bestimmen, wird dadurch immer größer.
Ich muss immer mehr an die „Terminatorfilme“ mit Herrn Schwarzenegger zurückdenken, welche zur damaligen Zeit als weit hergeholt galten, nunmehr aber immer mehr zur Realität werden. Die Drohnen in den ausgeprägtesten Formen gibt es bereits schon.
19. April 2015
Elmar Emde
Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”
Siehe auch http://www.emde-fiveko.de