Warum, Herr Draghi?

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Morgen werden Herr Draghi und seine EZB über den Ankauf von Staatsanleihen vermutlich positiv entscheiden. Eine höchst umstrittene Maßnahme und viele  fragen sich warum?

Im Vorgriff auf diese Maßnahme hat die Schweizer Nationalbank die Bindung des Schweizer Franken zum Euro aufgegeben mit noch nicht absehbaren negativen Folgen für Europa, um zu verhindern, dass der Euro-Berg noch größer wird und damit das hohe Verlustpotenzial für die Schweiz durch den weiteren Verfall des Eurokurses.

Liquidität ist reichlich vorhanden. Früher waren die Banken froh, wenn sie hohe Einlagen verzeichnen konnten, jetzt winken sie  vor der übermäßig inflationierten Geldmenge ab. Die Zinsen sind somit auf dem historisch niedrigsten Stand, nach unten auf den Nullpunkt passt kaum noch ein Blatt Papier. Dennoch hat dieses Niveau nicht zu entsprechenden Investitionen geführt und die Konjunktur nur mäßig bis kaum bemerkbar in Europa anspringen lassen.

Ich habe auch noch keinen Unternehmer erlebt, der seine Investitionsentscheidung nur auf das Zinsniveau ausgerichtet hätte.

Jetzt könnte es folgende möglichen Gründe für diesen Schritt geben:

1.möglicher Grund:

Der Eurokurs soll noch weiter absinken, damit die Exporte der Euroländer ansteigen, um die Schulden  nach Anspringen der Konjunktur besser bedienen zu können. Das begünstigt aber nur die Industrieländer, welche über anerkannte Produkte verfügen und auf dem Weltmarkt verkauft werden können. Die Problemländer mit einer unterentwickelten Exportindustrie haben wenig davon und somit ein Problem mit den notwendigen Importen, letztlich der Grundstein ihrer Probleme. Die wichtigen Importe von Öl fallen aufgrund des Ölpreisverfalls derzeit nicht so ins Gewicht, aber wehe wenn dieser Gradmesser wieder nach oben schießt, dann werden sich die Schulden dieser Länder noch mehr und dann steil nach oben bewegen. Interessant wäre dann die Frage, ob die Energiepreise aus dem Warenkorb zur Inflationsmessung wieder herausfallen zur Verschönerung der Inflationsstatistik, wie schon einmal geschehen?

2.möglicher Grund:

Die Problemländer bekommen kein Geld mehr über den Kapitalmarkt. Der Ankauf würde Staatspleiten verhindern, aber nicht ganz ausschließen. Es wäre nur Zeit gewonnen, die dann hoffentlich genutzt wird. Allein mir fehlt der Glaube.

3.möglicher Grund:

Durch den Bankenstresstest hat die EZB bei nahezu allen Banken einen exklusiven Einblick in deren Bilanzen bekommen. Die europäischen Banken leiden insgesamt an einer zu hohen Bilanzsumme, welche zum einen durch den Ankauf von strukturierten Finanzprodukten u.a. aus den USA und zum anderen durch einen übermäßigen Ankauf von Staatsanleihen aufgebläht sind.

Ich befürchte, dass mit dieser Maßnahme wieder einmal den Banken aus der Bredouille geholfen werden muss, um Schlimmeres zu verhindern unter Inkaufnahme der damit weiter entstehenden Kollateralschäden.

Durch den Ankauf der Staatsanleihen verkürzt sich die Bilanzsumme dieser vermutlichen Problembanken, andererseits erhöht sich dadurch die Eigenkapitalquote und vermutlich auch das „harte“ Kernkapital, ein Fake der Bilanzanalyse, so dass das dadurch bessere Bonitätsbild dieser Problembanken evtl. eine Sanierung zulässt.

Fazit:

Unverändert sollten Anleihen der Problemländer und Bankpapiere nicht die Wertpapierdepots belasten. In diesen stecken viel zu viele Imponderabilien und damit Risiken.

Aber eines kann man aus dieser Maßnahme von Herrn Draghi herauslesen, dass die Eurokrise noch lange nicht vorbei ist. Wir fahren weiterhin mit einem Schnellzug gegen eine Mauer und die EZB und die Politik setzen alles daran, die Mauer weiter nach hinten zu schieben.

21. Januar 2015

Elmar Emde

Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”

Siehe auch http://www.emde-fiveko.de

 

 

 

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