Beitrag von Ottmar Beck, Vermögensverwalter / Schweiz
Wilen, den 2. April 2017
Sehr geehrte Damen und Herren,
lassen Sie uns heute einmal einen Blick auf die wichtigsten Einflussfaktoren der Märkte werfen. Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es zwischen den USA und Europa einen sehr starken wirtschaftlichen Zusammenhalt. Heute greifen in den USA Unsicherheit und Protektionismus um sich, während in Europa der Populismus auf dem Vormarsch ist. Auch die beiden Mächte Russland und China auf der Weltbühne selbstbewusster auf. Es könnte sein, dass wir uns in einer Ära befinden, in der sich die Weltmächte neu positionieren. Das ist – zumindest in der Vergangenheit – nie ohne militärische und politische Macht- proben ausgegangen. Ein zweiter wichtiger Faktor ist die „Trumphoria“. Die Erwartungen der Trump-Wähler sind so hoch, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie erfüllt werden. Seine Wähler erwarten die Entrümpelung der Regulationen, Steuererleichterungen, Restriktionen bei der Einwanderung, Einfuhrumsatzsteuern und höhere Staatsausgaben. Das ist einfach zu fordern, aber schwierig umzusetzen.
Die Situation von Trump wird immer mit der von Reagan verglichen, aber die folgende Aufstellung zeigt die völlig unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausgangspunkte deutlich:
Reagan | Trump | |||
1981 | 1989 | 2017 | ? | |
Arbeitslosigkeit | 7,2 % | 5,3 % | 4,7 % | ? |
Inflation | 12,5 % | 4,4 % | 2,1 % | ? |
Fed Funds Rate | 18 % | 8,75 % | 0,75 % | ? |
Anders verhält es sich bei der Entwicklung der Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA. Zu Beginn der Regierung Reagan machten die Schulden 30 Prozent des BIP aus, heute sind es rund 108 Prozent. Das bedeutet aber auch: Trumps Möglichkeiten, sie weiter deutlich zu erhöhen, sind wesentlich eingeschränkter als jene Reagans. In diesem Zusammenhang ist es sicher auch nicht verkehrt, sich in Erinnerung zu rufen, dass dieses Verhältnis für Italien bei 133 und für Spanien bei 100 Prozent liegt.
Ein weiterer wichtiger Punkt für Trump ist die Reduzierung des Handelsdefizits. Dieses lag 2015 bei 773 Milliarden US-Dollar, insgesamt lagen die Importe bei 2.242 und die Exporte bei 1.469 Milliarden US- Dollar. Interessant an dieser Statistik ist, dass auf der Importseite China Elektronik für 482, Mexiko Autos für 295 und Deutschland Autoteile für 124 Milliarden US-Dollar in die USA lieferten. Auf der anderen Seite standen 206 Milliarden Exporte an Mexiko für Maschinen, 145 Milliarden für Sojabohnen an China und 50 Milliarden US-Dollar für pharmazeutische Produkte an Deutschland. Allein diese Statistik zeigt, wie kompliziert es sein wird, das Problem des Handels- defizits zu lösen. Das lässt sich auch an dem viel- leicht im Moment bekanntesten amerikanischen Produkt, dem iPhone 7, zeigen. 92 Prozent der Produktionskosten entstehen im Ausland und nur 8 Prozent in den USA. In einem iPhone sollen bei einem Kaufpreis von 649 US-Dollar allerdings auch nur 255 US-Dollar Materialkosten stecken.
Auch an der Inflationsrate dürfte sich in den nächsten Jahren nichts wesentlich ändern: Die Kerninflationsrate ist seit Jahren relativ stabil. Für Ausschläge sorgten hauptsächlich die Energie- und Agrarpreise.
Fassen wir die wichtigsten Themen zusammen:
Die Weltordnung kann sich ändern.
Politische Risiken und Chancen gibt es zur- zeit viele, finanzpolitisch gibt es kaum Bewe- gungsspielraum, trotzdem wird die Ver- schuldung wachsen.
Das Wachstum wird weiter auf niedrigem Niveau bleiben.
Der weltweite Handel wird bestehen blei- ben, dabei aber kaum wachsen.
Die Inflation wird unter Nichtberücksichti- gung von Öl- und Agrarpreisen stabil und niedrig bleiben.
Aktien
Aufgrund der niedrigen Zinsen wurde in den letzten zwei Jahren verstärkt in Aktien mit hoher Dividendenrendite investiert. Auch viele Anleger, deren Sicherheitsbedürfnis eigentlich verlangt, nur in festverzinsliche Wertpapiere anzulegen, haben wegen der im Vergleich zu den niedrigen Zinsen hohen Dividendenrenditen in diese Aktien investiert. Die folgende Aufstellung mahnt indes zur Vorsicht:
Quelle: FactSet, S&P und AB
Die Norma-Gruppe, Spezialist für Verbindungselemente aus Maintal, hat für 2016 ein gutes Unternehmensergebnis präsentiert. Allerdings sprach Werner Deggim, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, von „Einbußen auf dem stark eingebrochenen Markt für Nutzfahrzeuge und landwirtschaftliche Maschinen“, die das Wachstum gebremst hätten. Probleme im Nutzfahrzeugbereich sind für die Wirtschaft jedoch immer kritisch zu sehen, denn: Transport und Bau sind nach wie vor die Hauptschlagadern der Wirtschaft.
Festverzinsliche Wertpapiere
EZB-Chef Mario Draghi hat kürzlich erklärt, das Deflationsrisiko in der Eurozone sei weitgehend verschwunden. Die Aufgabe der EZB ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Als Preisstabilität hat der EZB-Rat eine Preissteigerungsrate von unter, aber nahe 2 Prozent definiert. Bis vor drei Jahren lag die Kerninflationsrate bei knapp 1,5 Prozent, danach meist unter 1 Prozent. Diese Zahlen dürften zeigen, dass die Deflationsgefahr nie real war. Der Rückgang der Inflationsrate dürfte vielmehr auf die gesunkenen Ölpreise zurückzuführen sein. Außerdem gibt es keine Anzeichen dafür, dass die negativen Begleiterscheinungen einer Deflation – zum Beispiel Nachfragerückgang, Kapazitätsüberhang, Kreditverknappung und Investitionsstau – in den letzten Jahren aufgetreten sind. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Verfehlen des Inflationsziels nicht zu einer Deflation geführt hat. Auch dürfte sich mit der Annäherung an das Inflationsziel von 2 Prozent nichts zum Besseren wenden. Schließlich ist eine höhere Inflation kein Wachstumstreiber, denn Inflation löst kein Wachstum aus, sondern ist lediglich dessen Folge. Der befürchtete Renditeanstieg bei Anleihen dürfte deshalb auch geringer ausfallen als erwartet, da die Zahlungsfähigkeit der hoch verschuldeten Staaten in der Eurozone sonst gefährdet wäre. Ein Anstieg um mehr als 1 Prozent bei zehnjährigen Bundesanleihen erscheint mir daher unwahrscheinlich. Ohne eine nennenswerte Neuemissionstätigkeit des Bundes dürfte nur die Fortsetzung der EZB- Anleihenrückkäufe für einen Anstieg der Kurse sorgen. Geht man allerdings davon aus, dass sich die Konjunktur weltweit im zweiten Halbjahr abschwächen und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage insgesamt sehr niedrig sein wird, dann dürfte der Renditeanstieg begrenzt sein. Für die USA haben die Marktteilnehmer die erwarteten Zinsschritte der Notenbank bereits berücksichtigt. Daher dürfte es auch hier nicht zu überproportionalen weiteren Zinssteigerungen kommen.
Gold und Öl
Wir empfehlen Gold oder Goldminenaktien nicht, weil wir das totale wirtschaftliche Chaos, eine zweite Weimarer Republik oder den Kollaps des US-Dollars befürchten. Wir glauben nur, dass die finanziellen und wirtschaftlichen Ungleichgewichte die Anlageströme in nicht allzu ferner Zukunft von den teilweise überbewerten Finanzanlagen hin zu Gold und Goldminenaktien leiten werden. Betrachtet man das relativ kleine, frei zur Verfügung stehende Anlagevolumen der Edelmetallwerte sollte allein dies zu signifikant höheren Preisen führen. Zumindest in der Vergangenheit ist Gold nie in Konkurs gegangen oder wurde wie eine Papierwährung entwertet.
US-Dollar
Die Schweizer Nationalbank (SNB) ist mittlerweile einer der großen Aktionäre an der Wall Street: Zum Jahresende 2016 hatte sie insgesamt US-Aktien im Werte von 63 Milliarden US-Dollar in ihrem Besitz. Der Wert des gesamten Aktienportfolios der SNB beträgt 140 Milliarden Franken. Die SNB investiert ihre Devisenanlagen zu einem Fünftel in ausländische Aktien. Diese werden weltweit indexnah und breit diversifiziert angelegt. Eine der größten Beteiligungen der SNB ist Apple mit einem Wert von 1,7 Milliarden US-Dollar zum Jahresende 2016. Unter dem Strich ist dieses Portfolio in den letzten Jahren stetig gewachsen, da die SNB seit Jahren Fremdwährungsanlagen kauft, um den Franken zu schwächen. Die Frage ist: Was passiert, wenn die Börsen den Rückwärtsgang einschalten? Aber eine Nationalbank kann wahrscheinlich jeden Verlust verkraften.
Gerne werfe ich einen Blick auf den Big-Mac-Index. Der Big-Mac-Index vergleicht die Preise eines Big Mac in verschiedenen Ländern, um damit den relativen Währungswert zu bewerten. Demnach ist der US-Dollar gegenüber seinen wichtigsten Handels- partnern zu teuer. Liegt der Big-Mac-Index richtig, muss der Euro an Wert gewinnen. Das heißt aber auch: Die Wirtschaft in Amerika verliert an Schwung und die Zinsen stagnieren oder fallen sogar wieder.
Der Index sagt allerdings wenig über den heutigen und morgigen Wechselkurs aus. Er zeigt eher auf, wohin sich die Kurse auf lange Sicht bewegen wer den. Zumindest in der Vergangenheit lag er besser als mancher Analyst.
Immobilen
Immobilien sind nicht mein Thema. Ich verstehe davon nicht genug. Aber letzte Woche erhielt ich ein Angebot, in einen amerikanischen Mall (Einkaufszentrum) REIT (Immobilienfonds) zu investieren. Auf dem Papier hat er eine gute Rendite. Nun leben viele Geschäfte in den Einkaufszentren davon, dass ein Ankermieter die Kunden anzieht. Meistens sind das große Kaufhäuser. Deren Kursentwicklung kenne ich:
J.C. Penny verlor seit 2007 94 Prozent, Macy’s in den letzten zwei Jahren 50 Prozent. Fakt ist: Die traditionellen Kaufhäuser verlieren Marktanteile an die Onlineanbieter. So will Macy’s 14 Prozent oder 100 Geschäfte und J.C. Penny 120 Geschäfte in diesem Jahr schließen. Gemäß Business Insider sollen 3.500 Einzelhandelsgeschäfte in diesem Jahr geschlossen werden. Das Immobilienberatungsunternehmen Green Street Advisors rechnet mit der Schließung von 340 Einkaufszentren in den Vereinigten Staaten. Das ist circa ein Drittel des Bestands. Dabei fällt mir ein, dass ich auch in Zürich im letzten halben Jahr leer stehende Geschäfte gesehen habe. Das ist mir in den letzten zehn Jahren noch nie aufgefallen.
Portfoliostrategie
Wir werden weiterhin in festverzinslichen Wertpapieren, Gold und Liquidität investiert bleiben. Die Positionen in Liquidität und liquiden festverzinslichen Wertpapieren geben uns genügend Spielraum, um unsere Aktienbestände bei günstigeren Kursen zu erhöhen. Das entspricht nicht unserer Basisstrategie aber unser Ziel ist nicht der maximale Gewinn, sondern der Werterhalt des Vermögens über die Zeit. Rückwirken wäre s besser gewesen der Strategie zu folgen und auch in diesem Jahr den Aktienanteil über den Winter zu halten. Aber lassen Sie mich die Gründe an einem kleinen Beispiel mit zwei Anleger und unterschiedlicher Strategie darstellen:
Anleger 1 | Anleger 2 | |||
Wertentwicklung | Portfolio | Wertentwicklung | Portfolio | |
100 | 100 | |||
Jahr 1 | 10% | 110 | -1% | 99 |
Jahr 2 | -30% | 77 | -5% | 94 |
Jahr 3 | 10% | 85 | 8% | 102 |
Jahr 4 | 10% | 93 | 6% | 108 |
dieses Beispiel zeigt deutlich, dass es vor allem gilt große Verluste zu vermeiden. Im Moment sind Aktien zumindest nach allen historischen Massstäben sehr hoch bewertet und die politischen Risiken sind imminent. Da wir nicht von Umsätzen und Gebühren leben, können wir geduldig abwarten bis die Risiken für den Aktienkauf sich wieder auf einem vertretbaren Niveau befinden.
Mit freundlichen Grüßen
O. Beck
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Dax: 7,25% – Euro Stoxx 50 P: 6,82% – SMI: 5,34% – RexP: -0,31% – SBI: -0,20% – Gold(in US$): 8,51%
per 31.03.2017