Die positiven Entwicklungen der Weltbörsen passen derzeit so gar nicht in das coronabedingte weltweite sehr negative wirtschaftliche Umfeld. Früher musste beispielsweise der DOW-Index bei ansteigenden Arbeitslosenzahlen in den USA von nur einigen Hunderttausend merkliche Kurseinbußen hinnehmen, im letzten Monat konnte dieser einen Anstieg von weit über 10% verzeichnen, obwohl die Arbeitslosenziffern auf ca. 40 Millionen angestiegen sind.
Ähnliches Bild gibt der DAX ab, welcher in den letzten Wochen zweistellig prozentual bzw. gestern beispielsweise um ca. 4% angestiegen ist, obwohl Deutschland und die Welt vor der größten weltweiten Rezession ever stehen, immense Konjunkturhilfen notwendige sind und manche Ökonomen sogar einen stärkeren wirtschaftlichen Einbruch als zu der Weltwirtschaftskrise in 1928 prognostizieren. Ganz zu schweigen von den massiven Staatsverschuldungen in der Welt, welche ungeahnte Höhen erreichen und Staatsschuldenkrisen nicht ausbleiben werden.
Selbst eingefleischte Optimisten unter den Wirtschaftsjournalisten warnen vehement vor diesen nicht mehr rational einzuschätzenden Entwicklungen und das schon seit Wochen. Dennoch steigen die Aktien jeden Tag, die Börsen geraten zunehmend außer Rand und Band.
Eine ähnliche Entwicklung konnte man während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 in den USA verfolgen. Ein an sich unmöglicher Kandidat namens Donald Trump, der derzeit alles unternimmt, um die Demokratie in den USA auszuhebeln, dem man damals keine Chancen für das Amt des Präsidenten in den USA eingeräumt hatte, wurde plötzlich in dieses Amt gewählt.
Wie sich später herausstellte, haben hierzu Datenwissenschaftler aus dem Hause Cambridge Analytica mit massiver Hilfe von Facebook (sollen ganze Teams dafür zur Verfügung gestellt haben) und anderer Analysefirmen mit Hilfe der „sozialen“ Medien diese Wahl manipuliert und dabei Milliarden US$ verdient. Grundlage hierfür war die Kategorisierung so gut wie aller US-Bürger nach verschiedenen Merkmalen, welche dann über diese „soziale“ Medien mit entsprechenden, auf die jeweilige Person zutreffenden Meinungsinhalten gefüttert wurden, negativ ausgedrückt einer perfiden Propaganda/Mini-Hirnwäsche unterzogen haben.
Ich will daher nicht ausschließen, dass ein ähnliches Verfahren im jetzigen US-Wahlkampf wieder angewendet wird und Donald Trump in den nächsten vier Jahren weiter die Welt in Unruhe versetzen kann. Die Weigerung von Mark Zuckerberg, die gewaltverherrlichenden Äußerungen dieses Präsidenten zumindest mit Klarstellungen zu versehen, spricht Bände.
Aber kommen wir zurück auf die Börsen. Von diversen Mandanten werde ich zunehmend auf Wirtschaftskommentare diverser, mir unbekannter Analysten mit Fondshintergrund aufmerksam gemacht, in welcher von einer schnellen wirtschaftlichen (V-)Erholung schwadroniert wird. Selbst diverse Wirtschaftsjournalisten spielen derzeit auf diesem Klavier.
Als Begründung wurde dabei stets aufgeführt, dass die Börsen die Zukunft abbilden, welche ja nach diesem lock-down nur positiv werden kann. Nur wo war dieser „Zukunftsgedanke“ Ende Februar/ Anfang März dieses Jahres? Obwohl der Corona-Virus und die Gefahren daraus sich schon sehr stark abzeichneten, stieg der DAX zu neuen Höhen auf. Und wie sieht die Zukunft jetzt nach dem wochenlangen lock-down und den massiven Staatsverschuldungen weltweit aus, bei sich abzeichnender sehr hoher Arbeitslosigkeit auch in Deutschland und einer sich somit nur langsam erholenden Wirtschaft, begleitet mit einer sukzessiv ansteigenden Insolvenzquote und damit einem Verschwinden diverser großer Gesellschaften (Hertz!!) ? Nicht zu vergessen dabei, dass das Corona Virus immer noch nicht besiegt ist und es noch keinen Impfstoff gibt, weitere lock-downs wie auch immer nicht auszuschließen sind.
Ähnliche skeptische Fragen in Bezug auf die hellseherischen Fähigkeiten von Börsen muss man zu verschiedenen Krisen stellen. Wo war der Zukunftsgedanke 1927/ 1928 vor Beginn der Weltwirtschaftskrise, oder im Frühjahr 2000 oder im Juli 2007, nachdem man die Fehlinvestitionen der IKB aufgedeckt hatte, aber erst im Oktober 2008 die Auswirkungen erkannte und die Finanzkrise ihren Lauf nahm? Letztlich sind das alles Phrasen, die jeder Analyst als Begründung aufführt, wenn er nichts besseres mehr weiß.
Letztlich erinnert diese total von der Realität abgekoppelte Börsensituation sehr stark an die oben beschriebene Vorgehensweise der massiven Beeinflussung der Wähler während des US-Wahlkampfes in 2016. Nur sind es hier keine Wähler, welche über besondere Algorithmen angesprochen und beeinflusst werden, sondern bekannte Investoren (bei der heutigen Vernetzung schnell herauszufinden), Wirtschaftsjournalisten, Sparer und unbedarfte Politiker ohne wirtschaftliche Expertise.
Cambridge Analytica soll nach diesem für Trump gewonnenen Wahlkampf von der Wirtschaft mit Aufträgen überschwemmt worden sein. Ich möchte daher nicht ausschließen, dass dieselben Methoden wie bei der US-Wahl in 2016 jetzt von der Finanzindustrie bzw. den mächtigen Vermögensverwaltern wie Blackrock, Vanguard & Co. angewandt werden, zumal diese über ein riesiges Kundenvermögen in Billionenhöhe, hauptsächlich angelegt in “börsennotierten” Indexfonds, mit erheblichen Einflussmöglichkeiten auch technischer Art verfügen und bei Börseneinbrüchen sehr viel zu verlieren haben.
Ein Wirtschaftsjournalist einer renommierten Wirtschaftszeitung begründete diese derzeitige Börsenentwicklung u.a. mit folgendem Satz:
“In Wahrheit wird der Kapitalismus aus einem sich ständig wandelnden Zusammenspiel zwischen Politikern, den Technokraten der Notenbanken und privaten Investoren gesteuert“.
Dieser richtigen Erkenntnis wäre noch hinzuzufügen, dass sowohl die Politiker als auch die Technokraten der Zentralbanken von den Märkten und deren (Investment)Akteuren und ihren digitalen Helfern mehr als beherrscht werden. Folge: äußerst absurde Entscheidungen mit unabsehbaren negativen Entwicklungen.
Wenn nun die von den Regierungen und den Zentralbanken ausgeschütteten Milliarde/Billionen auf dem Aktienmarkt landen sollten, stellt sich die Frage nach der Funktionalität dieser Hilfsmaßnahmen und wir müssen uns auf V V V L Entwicklungen einstellen.
Den Anlegern wäre daher zur allergrößten Vorsicht zu raten, denn einen guten Ausgang wird diese Entwicklung keinesfalls haben.
Anmerkung: Eine maßgebliche Akteurin von Cambridge Analytica, Frau Brittany Kaiser veröffentlichte erst kürzlich ihr (sehr empfehlenswertes) Buch mit dem Titel „ Die Datendiktatur (Wie die Wahlen manipuliert werden)“.
Darin beschreibt sie u.a. die Vorgehensweise dieser Datenmanipulationen bei den US-Präsidentschaftswahlen und auch wie der BREXIT damit maßgeblich zustande kam.
Cambridge Analytika musste zwischenzeitlich nach dem Aufdecken dieser Praktiken Insolvenz anmelden, maßgebliche Mitarbeiter führen aber dieses Geschäft über neu gegründete Unternehmen unverändert – und wie zu vernehmen war – erfolgreich weiter.
4. Juni 2020
Elmar Emde
Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”