Zu den Plänen des von der Deutschen Bank geholten, aber relativ unbekannten neuen Vorstandschefs der Commerzbank, Herrn Manfred Knof, konnte man vor einigen Tagen einen interessanten Artikel der Welt am Sonntag mit der Überschrift „Aktienkurs statt Mitarbeiter“ lesen, welcher es in sich hat und von Seiten der Commerzbank bisher nicht dementiert worden war.
Demnach wollen Herr Knof und seine Vorstandskollegen mit den Milliarden, welche sie durch die Entlassung von 10.000 Mitarbeitern eingespart haben und mit dem freigesetzten Eigenkapital aus dem Abbau unrentabler Geschäftsbeziehungen u.a. ein Dividendenprogramm zu Gunsten der Aktionäre aufsetzen bzw. – und das ist ein Skandal – Aktienrückkäufe, ein beliebtes Instrument der Investmentbanker, vornehmen.
Wie schon in vielen Beiträgen in diesem Blog dargelegt und kritisiert, verringern Aktienrückkäufe das Eigenkapital eines Unternehmens und hieven die Vorstandsboni in die Höhe, da diese in den meisten Fällen von der Entwicklung des Aktienkurses abhängen, welche durch die Aktienrückkäufe meistens kurzfristig steigen. Mit anderen Worten, die so genannte Sanierung trägt zur Bereicherung der Vorstände und einer relativ kleinen Schar von Investoren bei, aber zu Lasten der Bonität und Stabilität des Unternehmens.
Ich bin daher auf die Reaktionen der Firmenkunden gespannt, denen man jahrein jahraus predigt, das Eigenkapital in einer profunden Höhe zu halten, um immer wieder entstehende Wellentäler der Wirtschaft besser überstehen zu können. Da die Banken mit dem Begriff Kernkapital sowieso eine falsche Eigenkapitalstärke suggerieren, das eigentliche Eigenkapital aber nur wenige Prozentpunkte im Verhältnis zur Bilanzsumme beträgt, muss man Aktienrückkäufe und damit Reduzierung des Eigenkapitals bei Banken, speziell aber bei der Commerzbank, als unseriös betrachten.
Es bleibt zudem zu befürchten, dass auch mit dem Abbau „unrentabler Geschäftsbeziehungen“ der Abbau eines relativ großen Anteils des Kreditgeschäftes gemeint ist, womit dann dadurch gebundenes Eigenkapital freigesetzt würde. Andererseits bleibt zu vermuten, dass dieses Kreditgeschäft mal wieder ersetzt wird durch den Kauf von Staatsanleihen diverser europäischer Pleitekandidaten, welche dem Kernkapital nicht angerechnet werden und welche – wenn es brenzlig wird – von der EZB über den Zweitmarkt abgekauft werden. Das ist ein typischer Rat der Boston Consult – “Experten”, welcher bei der Dresdner Bank auch nicht geklappt hat aber letztlich zu Lasten der Allgemeinheit geht.
Die Leidtragenden sind dann wieder einmal die Privatkunden und der Mittelstand, der aber ein sehr langes Gedächtnis hat und der Commerzbank in besseren Zeiten dies besonders spüren lassen wird, womit nicht die Saat einer Gesundung gelegt wird.
Aktienrückkäufe mögen zwar die Aktienkurse kurzfristig nach oben bewegen, zeigen aber auch, wie unternehmerisch phantasielos diese Aktienrückkäufer und hier Herr Knof und seine Vorstandskollegen sowie deren Förderer im Aufsichtsrat der Commerzbank damit sind. Auch hat sich gezeigt, dass die Unternehmen mit Aktienrückkäufen auf Dauer keine befriedigende Performance ausgewiesen haben, in weitere Verschuldungsszenarien hineinschliddern und irgendwann in der Versenkung verschwunden sind.
Interessant wird auch, wie die Commerzbank die Schließung der 450 Filialen in so kurzer Zeit bewältigen will. Entweder diese Immobilien befinden ich im Eigentum der Commerzbank oder es wurden langfristige Mietverträge abgeschlossen, die viele Jahre noch bedient werden müssen, ohne daraus einen entsprechenden Nutzen ziehen zu können, zumal eine Weitervermietung derzeit Corona bedingt so gut wie nicht möglich ist.
Sollten sie sich im Eigentum der Commerzbank befinden, bleibt zu befürchten, dass man sie in irgendwelchen hauseigenen Immobilienfonds unterbringen wird mit dem Ziel, sie den Commerzbankkunden als „lukrative“ Anlage verkaufen zu können.
Diese Praxis konnte ich in den vergangenen Jahren schon mehrfach bei den geschlossenen Fonds der Commerzbank beobachten. Da wurden einige in naher Zukunft nicht mehr benötigte Immobilien der Commerzbank in Frankfurt von hauseigenen geschlossenen Immobilienfonds mit Mietverträgen von 5- 10 Jahren übernommen und nach Ablauf der Mietverträge standen diese Immobilien dann lange Zeit leer mit der Folge von enormen Vermögensverlusten der unbedarften und betagten Anleger.
Verwundert hat mich auch der Sanierungshinweis, dass Auslandsfilialen geschlossen werden sollen und der Zahlungsverkehr eine Reduzierung erfahren soll. Hat man nicht ständig von starken Banken gesprochen, welche ihre Exportkunden ins Ausland begleiten sollen, gerade bei der Commerzbank, welche im Exportgeschäft bisher ein entsprechendes Gewicht hatte? Anscheinend spielt das keine Rolle mehr, das will man vermutlich der Deutschen Bank überlassen, welche gerade im Auslandszahlungsverkehr eine überragende Rolle spielt und über die ein nahezu monopolartiger Zahlungsverkehrstrom aus dem Ausland eingeht, welche sie mit teuren Gebühren an die Kunden mit anderen Kontoverbindungen weiterleitet. Letztlich eine Gelddruckmaschine.
Abfindungen für die Mitarbeiter, jahrelange Folgekosten durchs Schließung der Filialen, hohe notwendige Investitionen in die Digitalisierung der Bank, Verlust von Marktanteilen und somit Rückgang der Erträge nebst nicht ausbleibenden, u.a. Corona bedingten Wertberichtigungen des Kreditgeschäftes, Reduzierung der Auslandstätigkeiten zu Gunsten der Deutsche Bank usw. usw. Ob das alles zusammenpasst somit großes Fragezeichen?
Resümierend bleibt daher festzuhalten, dass die von Herrn Knof ausgerufene Strategie wiederum nur alte Muster einer Sanierung bedient und somit die Commerzbank von den Sanierern jetzt kleinsaniert bzw. abgebaut wird mit künftig weniger Bedeutung auf dem Finanzmarkt. Die Digitalisierung wird fortschreiten, aber gerade die Unternehmen, welche von der Digitalisierung profitieren, sind die größten Unternehmen der Welt mit den meisten Beschäftigten, nur mit dem Unterschied, dass dort keine phantasielosen Sanierer mit einer Schubladenstrategie und Abbauer das Wort führten, sondern Menschen mit Phantasie und extremen Unternehmergeist und einem maßvollen Risikoverständnis. Eine Bank abzubauen ist letztlich keine allzu große Kunst und für die Sanierer ohne Risiko, eine solche dagegen aufzubauen sehr wohl.
Aprospos Deutsche Bank. Man wird irgendwie das Gefühl nicht los, dass mit diesen Sanierungsmaßnahmen die Commerzbank sturmreif geschossen werden soll für eine Fusion mit der Deutsche Bank. Eine solche Möglichkeit wurde bereits vom Investmentbanker und Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Herrn Kukies, vor einigen Jahren allerdings erfolglos angeregt. Dieser hatte dann Herrn Hans Joerg Vetter zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Commerzbank gemacht, welcher als ausgesprochener Bankensanierer gilt und mit dem Verkauf von Banken über eine entsprechende Erfahrung verfügt.
Herr Vetter kommt selbst von der Deutsche Bank und wird diese Wurzel irgendwie nicht los. Ihm folgte nach der Sanierung der LBBW Herr Rainer Neske, ehemaliger Vorstand der Deutsche Bank, und nun holte er den Sanierer, Herrn Manfred Knof, welcher ebenfalls zuletzt CEO bei der Deutsche Bank Privat- und Firmenkundenbank AG tätig war.
Und wie läuft es bei der Deutsche Bank. Für 2020 konnte sie nach Jahren hoher Milliardenverluste wieder einen Gewinn von € 113 Mio. – jedoch nach Abzug von Zinszahlungen für Nachrangdarlehen – ausweisen, allerdings nach einem Ergebnisbeitrag (vor Steuern) der Investmentbanker von 3,171 Milliarden. Letztlich bedeutet das, dass die Deutsche Bank in Zukunft ohne die Zockerabteilung Investmentbanking nicht mehr auskommen wird und daher zu befürchten bleibt, dass alles, d.h. Skandale, Benachteiligung der Kunden und deswegen hohe Strafzahlungen usw. wieder von vorne beginnen wird.
Obwohl Herr Sewing darlegt, dass das Investmentbanking jetzt nachhaltig und neu aufgestellt worden sei, wurden bereits die ersten Vorwürfe von Firmenkunden aus Spanien bekannt, wonach ihnen die Investmentbanker der Deutsche Bank durch falsche Risikoeinstufung Finanzprodukte verkauft hätten, die eigentlich zu komplex und damit zu risikoreich wären.
Solche fraglichen Einstufungen sind im Übrigen auch bei Anlagekunden bei allen Banken üblich und man muss sich wundern, wie durch eine unsaubere Fragestellung den Kunden plötzlich eine profunde Expertise bei strukturierten Finanzprodukten (ebenfalls Investmentbankprodukte) unterstellt werden kann, die nicht einmal die Verkäufer dieser Produkte selbst haben.
Auch der Deutsche Bank scheint sich somit wieder alles zu wiederholen. Firmenkäufe und Firmenverkäufe, genannt M&A-Geschäft mit produzierten hochriskanten Anleihen zwecks Refinanzierung, hohe Eigenkapitalrendite zu Lasten der Bankkunden, noch stärkerer Verkauf von komplexen Investmentbank- Finanzprodukten nicht nur an die Firmenkunden, sondern auch an unbedarfte Kleinanleger usw. usw.
Wer die Vergangenheit vergisst, läuft Gefahr, diese wieder zu erleben. Das sollten sich die Kunden der Deutsche Bank sowie aller Banken hinter die Ohren schreiben, nur leider ist die Vergesslichkeit hierfür zu groß. usw.
Ohlsbach, den 7. Februar 2021
Elmar Emde
Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”