Früher, zu noch nicht so hochtechnisierten Zeiten wie heute, gab es eine Eigenart im Wertpapierhandel, welche man später als illegal deklarierte, nämlich das so genannten „front running“.
Erhielt ein Händler, sei es in einer Bank oder an der Börse, beispielsweise einen großen Kaufauftrag für ein bestimmtes Wertpapier, so kaufte er es selbst, bevor er diesen Kundenauftrag zur Ausführung gab mit der Folge, dass sich dadurch evtl. der Kurs schon erhöhte und der Kunde somit einen höheren Kurs bezahlen musste als davor. Danach gab der Händler den Kundenauftrag zur Ausführung, wodurch der Kurs dieses Wertpapiers weiter anstieg und dem Händler die Gelegenheit gab, seine zuvor gekauften Wertpapiere mit Gewinn wieder zu verkaufen. Letztlich ein sehr risikoloses aber dafür illegales Geschäft mit starkem Insidercharakter.
Diese Geschäftsart haben nunmehr die Hochfrequenzhändler übernommen mit Hilfe von enorm schnellen Computern und sehr leistungsfähigen Rechnersystemen mit sehr kurzen Kabeln zu den jeweiligen Börsen.
Kauf- und Verkaufsaufträge werden elektronisch, d.h. mit Lichtgeschwindigkeit von der Bank zu den jeweiligen Börsenplätzen weitergeleitet, womit eine entsprechende Kabellänge zu diesem Börsencomputer mit dieser Geschwindigkeit durchlaufen werden muss. Ist das Kabel der Auftrag gebenden Bank länger als das des Hochfrequenzhändlers, oder ist der Computer des Hochfrequenzhändler wesentlich schneller in der Ausführung, entscheiden millionstel Sekunden darüber, ob der Hochfrequenzhändler das „front running“ durchführen kann oder nicht und somit dem Auftrag zuvor kommen kann.
Aber wie kommen diese Hochfrequenz-Freibeuter z.B. an die Information dieses Kundenauftrags?
Gibt die Bank den Kundenauftrag an mehrere Börsen, durchläuft dieser Auftrag zumindest einen technischen Knotenpunkt, welcher diesen Auftrag zu den diversen Börsen gleichzeitig verteilt zwecks Findung des angeblich besten Wertpapierkurses. In diesen Knotenpunkten sitzen diese Hochfrequenzhändler, scannen diesen Auftrag ab und platzieren ihre Aufträge in millionsten Sekunden noch bevor der Kundenauftrag die Börsen erreicht, um nach Ausführung des Kundenauftrages ihre Papiere zum dann höheren Kurs sofort wieder verkaufen zu können. Am Ende des Tages könnten diese Freibeuter bis zu 4000 Kauf- und Verkaufsaufträge in der Sekunde abwickeln, ohne ein Wertpapier in den Bestand nehmen zu müssen.
Jetzt kann man sich vorstellen, dass die Nähe zum Börsencomputer äußerst begehrt ist. Das lassen sich die Börsen auch entsprechend honorieren, dreistellige Millionenbeträge gestaffelt nach Nähe bei solchen Mieten soll die Regel sein und sich für die Hochfrequenzhändler mehr als ausbezahlen. In der Branche selbst nennt man dieses Geschäftsgebaren ein „Melken der Kunden“. Diese müssen durch dieses technische “front running” grundsätzlich höhere Kurse bezahlen, als der Markt vorgegeben hat, werden somit still und leise und mit dem Segen der jeweiligen Börsen massiv benachteiligt /ausgenommen .
Etwas verwunderlich war bei den Anhörungen zu diesem Thema die Einstellung der SEC. Anstatt diese Illegalität dieses für meine Begriffe betrügerischen Handelns zu verbieten, soll es deren Meinung nach zur besseren Liquidität des Marktes beitragen.
Was hat das jetzt mit Dark Pools zu tun?
Um sich u.a. die Börsengebühren zu ersparen oder größere Aktienpakete marktschonender unterbringen zu können, haben diverse Großbanken, darunter die Deutsche Bank, die Barclays Bank, J.P. Morgan, Citibank, Goldman Sachs, UPS und Credit Suisse und viele andere Großbanken eigene Inhouse Börsen oder auch eigene Handelsplattformen, auch Dark Pools genannt, installiert. Zentrales Merkmal dieser Dark Pools ist die nicht vorhandene Transparenz. Weder die Höhe der darin getätigten Wertpapierumsätze noch die damit erzielten Preise werden nicht veröffentlicht und eröffnen damit diesen Banken enorme Handelsgewinne. Hierbei sind nicht alle Dark Pools gleich bzw. unterscheiden sich in ihrer Ausgestaltung in der Abrechnung. Meistens werden sie den Nutzern als kostenlose Plattform angeboten, die Dark Pools verdienen aber dafür in dem so genannten Spread, der Differenz zwischen Angebot und Nachfrage, welches für den Nutzer letztlich deutlich teurer sein kann als ein reguläres Börsengeschäft.
Zwecks Erhöhung des eigenen Ertrags, werden den Hochfrequenzhändlern von diesen Dark Pools ebenfalls die Nähe ihrer Computer zum Bankcomputer für sehr hohe Mieten angeboten /verkauft. Damit erhalten diese Räuber auch von dieser Seite die Möglichkeit, die unbedarften Wertpapierkäufer und – verkäufer zu melken, wie es im Fachjargon heißt.
Auch ist zu vermuten, dass offiziell angebotene Handelsplattformen in ähnlicher Weise agieren, wie die Hochfrequenzhändler. Ein Mandant berichtete mir, dass bei einem von ihm beabsichtigen Kauf eines Wertpapiers bei Eingabe dieser Absicht der Kurs plötzlich höher war. Ebenso machte er diese Erfahrung beim Verkauf des Wertpapiers, hier war er plötzlich niedriger als vorher angegeben.
Eine andere Form des Hochfrequenzhandels ist das Abscannen der Wertpapiere weltweit und die Ausnutzung der Kauf und Verkaufspreise aufgrund der enormen Rechnersysteme.
Letztlich sind der Hochfrequenzhandel und die Dark Pools Instrumente einer extremen und stillen Ausbeutungsmaschinerie weltweit mit Milliardengewinnen. Dringender Handlungsbedarf ist daher angezeigt.
25. Januar 2015
Elmar Emde
Autor des Buches “Die strukturierte Ausbeutung”
Siehe auch http://www.emde-fiveko.de